Beschluss vom 22.01.2004 -
BVerwG 20 F 14.03ECLI:DE:BVerwG:2004:220104B20F14.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.01.2004 - 20 F 14.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:220104B20F14.03.0]

Beschluss

BVerwG 20 F 14.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts
für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 22. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S i l b e r k u h l und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n und Dr. K u g e l e
beschlossen:

  1. Der Antrag, in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - festzustellen, dass die Verweigerung der Vorlage des Berichts "Orbit" vom 2. Juni 1998 und der Prüfberichte der Prüfgruppe OA 5/PG ZvPF durch das Bundesministerium des Innern rechtswidrig ist, wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4 000 € festgesetzt.

Der Antrag ist unzulässig. Die Entscheidung des Senats vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - steht einem rechtskräftigen Zwischenurteil gleich, so dass eine erneute Entscheidung über die Berechtigung der Antragsgegnerin zur Verweigerung der Aktenvorlage nicht mehr ergehen darf (Beschluss vom 26. Januar 1968 - BVerwG 7 B 75.67 - BVerwGE 29, 72 <73>; vgl. auch BVerfGE 101, 106 <120>).
Zwar enthält die Vorschrift des § 323 ZPO nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte (BGH, Urteil vom 12. November 1958 - V ZR 124/57 - BGHZ 28, 330 <336>) einen allgemeinen Rechtsgedanken und kann daher entsprechend angewendet werden, wenn eine nicht mehr abänderbare Entscheidung einschließlich eines Feststellungsurteils, dessen auf einer Prognose beruhende (RG, Urteil vom 12. Februar 1936 - I 95/35 - RGZ 150, 247 <253/254>), in einem anderen Verfahren ergangene Feststellung wegen einer wesentlichen Änderung der für sie maßgebend gewesenen Verhältnisse abgeändert werden soll. Eine Änderung des Senatsbeschlusses vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - kommt aber auch nicht auf der Grundlage dieser Rechtsprechung in Betracht. Denn die für die Senatsentscheidung vom 29. Juli 2002 maßgebend gewesenen Verhältnisse haben sich nicht geändert.
Der Senat hat in jenem Beschluss die Verweigerung der Aktenvorlage für rechtmäßig erachtet, weil ein Einblick in die Akten Rückschlüsse auf die Fahndungsmethoden und die Quellen erlaubt, mittels derer die deutschen Sicherheitsbehörden ihre Erkenntnisse zu Tätern und Begehungsweisen des Drogenhandels gewinnen. Die Eignung der zurückgehaltenen Akten, Einsicht nehmenden Personen derartige Rückschlüsse zu ermöglichen, und die darin gründende Geheimhaltungsbedürftigkeit der Akten haben sich nicht dadurch geändert, dass die Antragsgegnerin der Staatsanwaltschaft Auskunft über einzelne in den Akten festgehaltene Tatsachen und Einschätzungen erteilt hat. Diese Erteilung von Auskünften aus den Akten steht als Maßnahme, die Auswirkungen auf die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit der Akten hat, der Überlassung der Akten nicht gleich. Derjenige, dem die Akten ausgehändigt werden und der in sie Einsicht nimmt, erfährt den Akteninhalt vollständig und umfassend, etwa eine in den Akten dokumentierte polizeiliche Fahndungsaktion in ihrem gesamten Ablauf einschließlich der Überlegungen der Beteiligten und etwaiger Schwachstellen des Vorgehens. Demgegenüber sind durch die Auskunftserteilung an die Staatsanwaltschaft nur einzelne isolierte Tatsachen offenbart worden. Die mitgeteilten Tatsachen sind überdies von der Antragsgegnerin ausgewählt worden. Nicht der authentische Text, so wie er sich in den Akten findet, wurde der Staatsanwaltschaft zugänglich gemacht, sondern die Antragsgegnerin konnte durch entsprechende Formulierung der Auskunft sicherstellen, dass geheimhaltungsbedürftige Gesichtspunkte oder Zusammenhänge nicht oder allenfalls umrisshaft offenbar wurden. Deshalb hat die Auskunftserteilung, anders als es bei einer Überlassung der Akten an die Staatsanwaltschaft der Fall gewesen wäre, die Geheimhaltungsbedürftigkeit der Akten als den für die Senatsentscheidung vom 29. Juli 2002 maßgebenden Umstand nicht beseitigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.