Beschluss vom 21.07.2008 -
BVerwG 6 B 33.08ECLI:DE:BVerwG:2008:210708B6B33.08.0

Beschluss

BVerwG 6 B 33.08

  • OVG Berlin-Brandenburg - 05.02.2008 - AZ: OVG 12 B 5.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn
und Dr. Graulich
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 44 993 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.

3 Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

4 Wie die Beschwerde nicht verkennt, hat der Senat in seinem Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 6 C 27.06 - (BVerwGE 129, 129 = Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 48) die Problematik der einfachgesetzlichen, verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit eines Ausschlusses von Lebenspartnern freiberuflich Tätiger von der Hinterbliebenenversorgung eines Versorgungswerkes bereits rechtsgrundsätzlich behandelt. Die Beschwerde vermag nicht aufzuzeigen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht erneut mit dieser Frage befassen müsste.

5 a) Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass der Senat den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. September 2007 - 2 BvR 855/06 - (NJW 2008, 209) noch nicht berücksichtigen konnte. Sein Hinweis auf die Ausführungen in Rn. 21 und 22 dieses Beschlusses, dass durch Leistungen, die mit dem Bestand einer Ehe verknüpft sind und bei Bestand einer Lebenspartnerschaft nicht gewährt werden, Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung ungleich behandelt werden, da die Ehe typischerweise von heterosexuellen, die Lebenspartnerschaft typischerweise von Homosexuellen eingegangen wird, und der Normgeber bei einer solchen Ungleichbehandlung von Personengruppen grundsätzlich einer strengen Bindung unterliegt, kann jedoch nicht eine Zulassung der Grundsatzrevision rechtfertigen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in dem angeführten Kammerbeschluss die ungleiche Behandlung verheirateter und lebenspartnerschaftlich verbundener Beamter als durch Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt angesehen (Rn. 23). Dem entsprechen die Ausführungen des Senats in Rn. 26 des Urteils vom 25. Juli 2007. Das Bundesverfassungsgericht hat überdies im Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - erneut eine ungleiche Behandlung von verheirateten Beamten und solchen Beamten, die eine Lebenspartnerschaft geschlossen haben, in Bezug auf eine beamtenrechtliche Besoldungsregelung für verfassungsgemäß erachtet. Es hat dabei ähnlich wie der beschließende Senat in dem angeführten Urteil (Rn. 28) auf den in der Lebenswirklichkeit anzutreffenden typischen Befund hingewiesen, dass in der Ehe ein Ehegatte namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Einschränkungen bei der Erwerbstätigkeit tatsächlich vom anderen Ehegatten Unterhalt erhält, während bei der Lebenspartnerschaft typischerweise nicht von einem Unterhaltsbedarf eines der Partner ausgegangen werden muss (Rn. 17). Damit ist die von dem Kläger aufgeworfene Frage, ob der ausnahmslose Ausschluss hinterbliebener Lebenspartner von einer Hinterbliebenenversorgung, die hinterbliebenen Ehepartnern auch bei kinderlos gebliebener Ehe gewährt wird, mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebot zu vereinbaren ist, beantwortet, soweit sie sich unter den Umständen des Falles stellt. Dass der Kläger und sein Lebenspartner ein Kind adoptiert haben, ist nicht festgestellt.

6 b) Der Kläger wirft ferner einige Fragen zur Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG auf. Auch diese können nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen. Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 25. Juli 2007 mit der aufgeworfenen Problematik befasst. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass eine erneute Befassung des Revisionsgerichts damit erforderlich ist. Das vom Kläger angeführte Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06 - (NVwZ 2008, 537) gibt dazu keine Veranlassung.

7 Der Senat hat entschieden, dass die angeführte Richtlinie auf Versorgungssysteme der hier bestehenden Art nicht anwendbar ist (Rn. 42). Dass der Gerichtshof die Richtlinie auf das Versorgungssystem der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (und vergleichbare Systeme) für anwendbar gehalten hat, beruht auf dem Umstand, dass dieses Versorgungssystem auf eine Ergänzung der allgemeinen Sozialleistungen zielt, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird und von Beschäftigten in Anspruch genommen wird (Rn. 49 bis 51). Diese Voraussetzungen liegen bei der Ärzteversorgung nicht vor, die unabhängig von einem Beschäftigungsverhältnis allen Ärzten zugutekommt und von diesen finanziert wird. Es besteht daher nach wie vor kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Richtlinie auf ein Versorgungswerk der vorliegenden Art nicht anwendbar ist. Denn auch der von dem Kläger angeführte Art. 3 Abs. 1 Buchst. d) RL 2007/78/EG muss vor dem Hintergrund des Erwägungsgrundes 13 der Richtlinie gesehen werden. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht in dem Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zum Diskriminierungsverbot in der Entscheidung vom 1. April 2008 nur auf die Hinterbliebenenversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem beziehen, die als Entgelt in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt.

8 Selbst wenn die Richtlinie anwendbar wäre, läge eine unzulässige Diskriminierung nicht vor. Denn überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner befinden sich, wie das Oberverwaltungsgericht dargelegt hat (UA S. 13 und 16), in Bezug auf die Hinterbliebenenversorgung nicht in einer vergleichbaren Situation (zu diesem Erfordernis EuGH, Urteil vom 1. April 2008 a.a.O. Rn. 72 und 73).

9 Damit sind auch die von der Beschwerde zu der Richtlinie 2000/78/EG aufgeworfenen Fragen beantwortet, ohne dass dafür ein Revisionsverfahren durchgeführt werden müsste.

10 c) Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass das Revisionsgericht sich erneut mit der Frage der Anwendbarkeit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes befassen müsste. Der Senat hat in dem Urteil vom 25. Juli 2007 dazu das Notwendige ausgeführt. Im Hinblick auf die differenzierte Behandlung überlebender Ehepartner und überlebender Lebenspartner liegt keine unzulässige Diskriminierung vor, weil sich deren Situation in Bezug auf die Hinterbliebenenversorgung typischerweise erheblich unterscheidet.

11 2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 42 Abs. 3 GKG.