Beschluss vom 20.01.2004 -
BVerwG 8 B 139.03ECLI:DE:BVerwG:2004:200104B8B139.03.0

Beschluss

BVerwG 8 B 139.03

  • VGH Baden-Württemberg - 01.07.2003 - AZ: VGH 9 S 1504/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r , die
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g und den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 194 802 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu noch liegt ein Fall der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) vor.
Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,
ob es mit der in Art. 28 Abs. 2 GG verankerten Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung vereinbar ist, im Rahmen einer beantragten Investitionshilfe Beteiligungsvermögen der Gemeinde bei der Ermittlung deren Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen und diese dadurch zumindest mittelbar zu einer Veräußerung zu zwingen, damit die Gemeinde ihren Aufgaben nachkommen kann,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Zwar garantiert Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht der kommunalen Selbstverwaltung. Dazu gehört auch die Finanzhoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG). Die Garantie besteht aber nur im Rahmen der Gesetze (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; 91, 228 <238>). Zu diesen gehört auch das - als Landesrecht nicht revisible - Finanzausgleichsgesetz (FAG), auf dessen § 13 die Klägerin ihren Anspruch auf Gewährung einer Investitionshilfe stützt. Die Länder haben bei der ihnen obliegenden Regelung des kommunalen Finanzausgleichs (BVerfGE 83, 363 <391 ff.>) ihre Gemeinden und Gemeindeverbände grundsätzlich gleich zu behandeln (Beschluss vom 3. März 1997 - BVerwG 8 B 130.96 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 109). Die darauf gestützte Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs, dass für die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 FAG zu berücksichtigende Leistungskraft der antragstellenden Gemeinde nicht nur die Erträge, sondern auch die Substanz des Gemeindevermögens zu berücksichtigen seien und dies nicht nur
für Sach- sondern ebenso für Beteiligungsvermögen gelte, berührt jedenfalls nicht den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, der dem Gesetzgeber eine Grenze setzt (vgl. BVerfGE 79, 127 <143, 146>; 91, 228 <238> jeweils m.w.N.). Denn gegen die Auferlegung einzelner Ausgabepflichten bietet Art. 28 Abs. 2 GG keinen Schutz, solange die Finanzausstattung nicht in Frage gestellt wird (vgl. BVerfGE 83, 363 <386> m.w.N.).
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass Gemeinden nicht erwarten können, Mindereinnahmen, die durch nicht überzeugend motivierte Nichtinanspruchnahme eigener Einnahmequellen entstehen, durch höhere Landeszuweisungen ausgeglichen zu erhalten. Denn damit würde eine Gemeinde angesichts der begrenzten Mittel für Finanzzuweisungen letztlich auf Kosten anderer Gemeinden ihre finanziellen Möglichkeiten nicht ausschöpfen und es bestände die Gefahr einer gegen den Gleichheitssatz verstoßenden Praxis bei der Zuweisung von Finanzmitteln (vgl. Beschluss vom 27. Januar 1989 - BVerwG 7 B 12.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 82). Das ist hier entsprechend anzuwenden. Soweit die Beschwerde ausführt, hier handele es sich um eine motivierte Nichtinanspruchnahme eigener Mittel, ist nicht nachvollziehbar, worin - außer einem Gemeinderatsbeschluss, die eigenen Mittel zu schonen - die Motivation liegen soll. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Veräußerung der Aktien tatsächlich möglich und mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren gewesen wäre, sind von der Beschwerde nicht angegriffen worden. Die Beschwerde legt auch nicht dar, für welche sonstigen Aufgaben die Klägerin das Vermögen benötigen würde.
Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO entsprechenden Form dargelegt. Dies setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde trägt vielmehr vor, der Verwaltungsgerichtshof habe keine hinreichend tragfähige Abwägung zur Beschränkung der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde getätigt und rügt damit, der Verwaltungsgerichtshof habe die Rechtssätze des Bundesverfassungsgerichts im Einzelfall unzutreffend angewandt. So kann aber der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht erfolgreich begründet werden (vgl. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13, 14 GKG.