Beschluss vom 20.01.2003 -
BVerwG 7 B 34.02ECLI:DE:BVerwG:2003:200103B7B34.02.0

Beschluss

BVerwG 7 B 34.02

  • VG Leipzig - 14.12.2001 - AZ: VG 1 K 1413/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 14. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22 800 € festgesetzt.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Ablösebeträgen in einem Bescheid über die Rückübertragung eines Grundstücks nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes (VermG). Sie hält drei bei der Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangene Aufbaugrundschulden für nicht berücksichtigungsfähig, weil die Grundpfandrechte ohne Beteiligung der Eigentümerin bestellt worden seien und mit den entsprechenden Krediten - wie sich aus dem Zustand der zurückübertragenen Gebäude ergebe - keine Baumaßnahmen an dem Grundstück durchgeführt worden seien. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil bei der Festsetzung des Ablösebetrages nach § 18 Abs. 3 VermG von dem Nennbetrag des früheren Rechts auszugehen sei; die dinglichen Rechte seien nicht durch einen staatlichen Verwalter bestellt worden. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu (1.); auch liegt kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor (2.).
1. Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob und unter welchen Voraussetzungen die Tatsache einer Verwahrlosung einer Immobilie alleine oder in Verbindung mit dem nachgewiesenen Widerspruch der Grundstückseigentümerin gegen die Aufnahme weiterer Verbindlichkeiten die Anwendung der gesetzlichen Beweislastverteilung nach § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG in Frage stellt oder zu einer Beweislastumkehr führt. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde.
§ 18 Abs. 2 VermG, der vom staatlichen Verwalter bestellte und damit im Zuge einer Schädigungsmaßnahme dem Eigentümer aufgedrängte Grundpfandrechte betrifft, kommt nicht zur Anwendung. Diese Vorschrift erfasst dingliche Belastungen, die erst nach Eintritt der schädigenden Maßnahme, nämlich nach der Anordnung der staatlichen Verwaltung (vgl. § 1 Abs. 4 VermG), ohne Willen des Berechtigten dem Grundstück auferlegt wurden. Für diese ihm aufgedrängten Grundpfandrechte hat der Berechtigte oder sein Rechtsnachfolger nur dann einzustehen, wenn sich die dadurch gesicherten Aufwendungen heute noch wertsteigernd oder werterhaltend auf das zurückzuübertragende Grundstück auswirken. Aus diesem Grund sind die betreffenden Grundpfandrechte überhaupt nicht zu berücksichtigen, wenn der Berechtigte gemäß § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG nachweist, dass eine der Kreditaufnahme entsprechende Baumaßnahme an dem Grundstück nicht durchgeführt wurde (Beschluss vom 6. März 1996 - BVerwG 7 B 358.95 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 2). Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts unterlag das Grundstück jedoch keiner staatlichen Verwaltung im Sinne des § 1 Abs. 4 VermG und des § 18 Abs. 2 VermG, bis es in Volkseigentum überführt wurde. Diese Feststellung hat die Klägerin nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen. Bei Grundpfandrechten, die nicht von einem staatlichen Verwalter bestellt wurden, ist gemäß § 18 Abs. 3 VermG von dem Nennbetrag auszugehen, von dem (lediglich) die erbrachten Tilgungsleistungen abgezogen werden können. Dagegen kann der Berechtigte oder sein Rechtsnachfolger nicht geltend machen, dass eine der Kreditaufnahme entsprechende Baumaßnahme nicht durchgeführt wurde. Der Gesetzgeber hat in § 18 Abs. 3 Satz 2 VermG die entsprechende Anwendung auf § 18 Abs. 2 Satz 4 VermG beschränkt; § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG, an den die Erwägungen der Klägerin zu einer "Beweislastumverteilung" anknüpfen, findet für Grundpfandrechte im Sinne des § 18 Abs. 3 VermG keine entsprechende Anwendung. Im Unterschied zu der staatlichen Verwaltung als teilungsbedingtem Unrecht (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 47) soll es in den Fällen, in denen sich mit der Eintragung des Grundpfandrechts lediglich ein Risiko verwirklichte, dem Bürger der DDR und Gebietsfremde gleichermaßen ausgesetzt waren, bei dem Grundgedanken des Vermögensgesetzes bleiben, dass der Berechtigte in die Rechtsposition einzusetzen ist, die zum Zeitpunkt der Schädigung bestand (vgl. Beschluss vom 21. Mai 1997 - BVerwG 7 B 70.97 - Buchholz 428 § 16 VermG Nr. 1).
2. Die Verfahrensrüge greift ebenfalls nicht durch. Die Rüge, die Nichtzulassungsentscheidung des Verwaltungsgerichts sei von diesem nicht begründet worden, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Das angefochtene Urteil enthält für diese Entscheidung eine Begründung. Selbst wenn man diese Begründung für unzureichend halten sollte, vermag dies nicht zur Zulassung der Revision zu führen; denn auf einem derartigen Mangel kann die Entscheidung, nämlich das klageabweisende Urteil, nicht beruhen, wie es § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO voraussetzt.
Die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) geht fehl. Es kann hier offen bleiben, ob die Aufklärungsrüge ordnungsgemäß dargelegt ist. Auf die Aufklärung der beanstandeten Sachverhalte kam es nach der zugrunde zu legenden und mit der Rechtsauffassung des Senats übereinstimmenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht an. Dieses hat die Abweisung der Klage in erster Linie auf die Tatsache gestützt, dass das zurückübertragene Grundstück zum Zeitpunkt der Bestellung der Aufbaugrundschulden keiner staatlichen Verwaltung unterlag. Nach dieser Rechtsauffassung war es, wie dargelegt, nicht entscheidungserheblich, ob die Aufbaugrundschulden zur Durchführung von Baumaßnahmen an dem Grundstück aufgenommen worden waren oder ob dies nicht der Fall war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG. Bei der Streitwertfestsetzung sind nur die Aufbaugrundschulden (Nr. 15, 16 und 18) berücksichtigt, die Gegenstand der Beschwerde sind. Der Streitwert entspricht dem Anteil, den diese Aufbaugrundschulden an dem Ablösebetrag haben, der für alle Aufbaugrundschulden in dem Bescheid vom 19. September 1997 berechnet worden ist.