Beschluss vom 19.10.2015 -
BVerwG 5 P 11.14ECLI:DE:BVerwG:2015:191015B5P11.14.0

Ausschluss eines Personalratsmitglieds wegen Befangenheit

Leitsatz:

Ein Personalratsmitglied ist von der Mitwirkung an einer Entscheidung des Personalrats über die Besetzung einer Stelle auch dann ausgeschlossen, wenn es sich selbst um diese Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde. Ein dennoch unter seiner Mitwirkung gefasster Personalratsbeschluss ist nichtig und damit unwirksam.

  • Rechtsquellen
    ZPO § 256
    VwVfG §§ 9, 13, 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 43 Abs. 3,
    § 44 Abs. 1, 2 und 3

  • VG Berlin - 12.03.2013 - AZ: VG 72 K 1.13 PVB
    OVG Berlin-Brandenburg - 31.07.2014 - AZ: OVG 62 PV 5.13

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.10.2015 - 5 P 11.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:191015B5P11.14.0]

Beschluss

BVerwG 5 P 11.14

  • VG Berlin - 12.03.2013 - AZ: VG 72 K 1.13 PVB
  • OVG Berlin-Brandenburg - 31.07.2014 - AZ: OVG 62 PV 5.13

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Oktober 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Fleuß
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 31. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Personalratsbeschlusses hinsichtlich der Besetzung einer Beförderungsstelle, an dem ein Personalratsmitglied mitgewirkt hat, das sich selbst um die Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde.

2 Um eine von der Agentur für Arbeit B. ausgeschriebene, mit der Besoldungsgruppe A 13 bewertete Stelle im Jobcenter B. hatten sich unter anderem der freigestellte beamtete Vorsitzende des Antragstellers und eine Beamtin beworben, die aufgrund eines Auswahlverfahrens von der zuständigen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit für die Stelle ausgewählt wurde. In dem Auswahlvermerk waren diese und zwei weitere Bewerberinnen als "geeignet", der Vorsitzende des Antragstellers sowie die anderen Bewerber nur als "bedingt geeignet" eingeschätzt worden. Der am 17. Oktober 2012 von der Beteiligten vorgelegten Entscheidung über die Besetzung der Stelle mit der ausgewählten Beamtin stimmte der Antragsteller unter Mitwirkung des Vorsitzenden nicht zu.

3 Die Beteiligte rügte unter anderem die Mitwirkung des Vorsitzenden, die den Personalratsbeschluss rechtswidrig, möglicherweise nichtig mache. Im Januar 2013 unterrichtete sie den Antragsteller, dass die Trägerversammlung, der sie die Sache vorgelegt hatte, der Maßnahme zugestimmt habe. Die ausgewählte Beamtin wurde auf den Dienstposten umgesetzt und verblieb dort zumindest bis Mai 2014.

4 Der Antragsteller beschloss unter Mitwirkung des Vorsitzenden, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Sein Antrag festzustellen, dass die Übertragung der Stelle auf die Beamtin trotz beachtlicher Zustimmungsverweigerung des Antragstellers dessen Mitbestimmungsrecht verletzt habe, hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg.

5 Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde. Er beantragte nunmehr die Feststellung, dass der Beschluss des Personalrats auch dann wirksam sei, wenn an der Beschlussfassung ein Personalratsmitglied teilnimmt, das selbst als Bewerber am Auswahlverfahren beteiligt war, jedoch nicht ausgewählt wurde. Hilfsweise beschränkte er die begehrte Feststellung auf den Fall, dass mehrere Bewerber/innen als besser geeignet eingeschätzt wurden. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde zurück. Der abstrakte Feststellungsantrag sei zulässig, aber nicht begründet. Der Senat folge den Regeln zum Globalantrag, der insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sei, wenn es Fallgestaltungen gebe, in denen sich der Antrag als unbegründet erweise. Die Mitwirkung des Vorsitzenden des Antragstellers stelle jedenfalls entsprechend § 44 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG einen besonders schwerwiegenden offensichtlichen Verfahrensfehler dar, so dass der Personalratsbeschluss nichtig sei. Dem stehe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht entgegen.

6 Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Die Bewerbung in einem Auswahlverfahren begründe keine Beteiligtenstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei auch im Personalvertretungsrecht Befangenheit nur bei einer unmittelbaren eigenen Betroffenheit von der Personalmaßnahme anzunehmen. Die Fehlerhaftigkeit des Personalratsbeschlusses sei wegen dieser Entscheidung jedenfalls nicht offensichtlich. Die mögliche Befangenheit eines Ausschussmitglieds führe im Übrigen gemäß § 44 Abs. 2 und 3 VwVfG nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses. Mit den Einschränkungen des Hilfsantrages liege jedenfalls keine Interessenkollision mehr vor.

7 Die Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II

8 Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass ein Beschluss des Personalrats über die Besetzung einer Beförderungsstelle nichtig ist, wenn ein Mitglied des Personalrats mitgewirkt hat, das sich selbst um die Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde. Das gilt auch dann, wenn in dem Auswahlverfahren mehrere Bewerber oder Bewerberinnen als besser geeignet bewertet wurden.

9 1. Der Hauptantrag ist als abstrakter Feststellungsantrag zulässig.

10 a) Hat sich ein konkretes Feststellungsbegehren - wie hier - erledigt, kann der Antragsteller einen vom konkreten Fall losgelösten abstrakten Feststellungsantrag zu den Rechtsfragen stellen, die hinter dem anlassgebenden Vorgang stehen, dem konkreten Vorgang zugrunde liegen oder durch den konkreten Anlass als entscheidungserheblich aufgeworfen werden. Der abstrakte Feststellungsantrag muss sich auf künftige Sachverhalte beziehen, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt des anlassgebenden konkreten Vorgangs entsprechen und im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen. Es können nur solche Rechtsfragen einer Klärung zugeführt werden, die sich an dem konkreten Vorgang ausrichten, durch ihn ausgelöst und auch begrenzt werden (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 23. März 1999 - 6 P 10.97 - BVerwGE 108, 347 <354> und vom 24. Juli 2008 - 6 PB 18.08 - Buchholz 251.7 § 79 NWPersVG Nr. 7 S. 3, jeweils m.w.N.; ebenso BAG, Beschlüsse vom 29. Juli 1982 - 6 ABR 51/79 - BAGE 39, 259 <264, 267> und vom 11. Juli 1990 - 7 ABR 23/89 - BAGE 65, 270 <275 f.>). Ein solcher allgemeiner Feststellungsantrag muss spätestens in der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Juni 1993 - 6 P 3.92 - BVerwGE 92, 295 <297>, vom 11. März 2014 - 6 PB 41.13 - IÖD 2014, 132 und vom 1. April 2015 - 5 P 8.14 - ZfPR 2015, 66, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der in der mündlichen Anhörung am 31. Juli 2014 gestellte und im Rechtsbeschwerdeverfahren wiederholte Antrag des Antragstellers.

11 Aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme "wie im Ausgangsfall" ist dem im Präsens formulierten Hauptantrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Antragsteller die Klärung der sich in dem anlassgebenden Fall stellenden abstrakten Rechtsfrage begehrt, ob seine Beschlüsse über eine von der Beteiligten beabsichtigte Stellenbesetzung auch dann wirksam sind, wenn daran ein Personalratsmitglied mitgewirkt hat, das sich selbst um die Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde.

12 b) Der Antragsteller hat ein berechtigtes Interesse an der geltend gemachten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die Frage nach der Wirksamkeit eines Personalratsbeschlusses über die Besetzung einer Beförderungsstelle, an der ein Personalratsmitglied mitgewirkt hat, das sich selbst um die Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde, wird sich auch künftig mit einiger, mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit zwischen denselben Verfahrensbeteiligten stellen (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 5 PB 16.14 - juris Rn. 12 ff. m.w.N.). In einer größeren Dienststelle wie dem Jobcenter B., in dem regelmäßig Beförderungen vorgenommen werden, wird es auch in absehbarer Zukunft Personalratsmitglieder geben, die sich um eine solche Beförderungsstelle bewerben. Zwischen den Beteiligten ist nach wie vor streitig, ob ihre Mitwirkung an der Entscheidung des Personalrats über die Beförderungsmaßnahme zur Unwirksamkeit des Personalratsbeschlusses führt.

13 2. Der Hauptantrag ist hingegen nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht wendet zwar zu Unrecht die Regeln über den Globalantrag an (a). Es geht aber im Ergebnis zutreffend davon aus, dass ein Personalratsbeschluss in der dem Anlassfall zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation nichtig und damit unwirksam ist (b).

14 a) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts können auf einen abstrakten Feststellungsantrag nicht die Regeln über den Globalantrag angewandt werden. Während der von einer abgeschlossenen Maßnahme losgelöste Globalantrag auf die umfassende und alle denkbaren Fallgestaltungen einbeziehende (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 6 P 1.14 - Buchholz 251.8 § 73 RhPPersVG Nr. 1 Rn. 8 und Dörner, in: GK-ArbGG, § 81 Rn. 34 ff., jeweils m.w.N.) gerichtliche Klärung einer Rechtsfrage gerichtet ist, ist Gegenstand eines abstrakten Feststellungsantrags nur die Sachverhaltskonstellation, die dem anlassgebenden Sachverhalt zugrunde liegt und diesem in seinen Grundzügen entspricht.

15 b) Ein Personalratsbeschluss über die Besetzung einer Beförderungsstelle, an dem ein Personalratsmitglied mitgewirkt hat, das sich selbst um die Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde, ist nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen, die § 43 Abs. 3, § 44 und § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG zugrunde liegen, nichtig und damit unwirksam.

16 aa) Die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten für das Personalvertretungsrecht weder unmittelbar noch entsprechend. Das Verwaltungsverfahrensgesetz regelt die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden nach außen, insbesondere im Verhältnis zum Bürger. Dementsprechend definiert § 9 VwVfG das Verwaltungsverfahren als die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Dagegen wirkt der Personalrat durch das Mitbestimmungsverfahren an der internen Willensbildung der Behörde mit, so dass eine unmittelbare Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder auf die Rechtsstellung und Tätigkeit der Personalvertretungsorgane ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1982 - 2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 <294 f.>;Beschlüsse vom 21. Juni 1982 - 6 P 13.79 - BVerwGE 66, 15 <18> und vom 13. Oktober 1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE 75, 62 <65>). Das Verwaltungsverfahrensgesetz gilt im Personalvertretungsrecht auch nicht entsprechend. Das Mitbestimmungsverfahren ist - wie dargelegt - nicht wie das Verwaltungsverfahren auf den Erlass von hoheitlichen Regelungen mit Rechtswirkungen gegenüber dem Bürger gerichtet, so dass es an der für eine analoge Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes erforderlichen Vergleichbarkeit der Sach- und Interessenlage fehlt.

17 bb) Soweit die Personalvertretungsgesetze - wie hier - keine Regelungen über das Verfahren und die Folgen von Verfahrensmängeln enthalten, ist für das Mitbestimmungsverfahren auf die allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze für das Handeln der öffentlichen Verwaltung zurückzugreifen, die dem Verwaltungsverfahrensgesetz zugrunde liegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE 75, 62 <65>). Das folgt bereits daraus, dass das Personalvertretungsrecht Teil des Rechts des öffentlichen Dienstes und damit Verwaltungsrecht ist (vgl. GmS-OBG, Beschluss vom 12. März 1987 - GmS-OBG 6/86 - BVerwGE 77, 370 <375>). Hinzu kommt, dass die Beteiligung der Personalvertretung - abhängig von dem Gegenstand der Beteiligung - typischerweise die Wahrnehmung des Amtsauftrages und damit die Ausübung von Staatsgewalt gegenüber dem Bürger berühren kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <70 ff.>). Auch dies spricht dafür, dass die für Verwaltungstätigkeit geltenden allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze Anwendung finden.

18 cc) Für die Verfahrensmängel der von der Beteiligten geltend gemachten Art ist an die Regelungen in § 43 Abs. 3 und § 44 VwVfG über die Nichtigkeit von Verwaltungsakten anzuknüpfen, die jeweils Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze sind (vgl. z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 43 Rn. 1c, § 44 Rn. 6). Gemessen daran sind nichtige Personalratsbeschlüsse unwirksam (vgl. § 43 Abs. 3 VwVfG). Nichtigkeit kann bei Beschlüssen der Personalvertretungen ebenso wie bei Verwaltungsakten dann angenommen werden, wenn sie bei Berücksichtigung der Aufzählungen in § 44 Abs. 2 und 3 VwVfG, die insoweit Anhaltspunkte bieten, unter einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE, 75, 62 <65>). So liegt es hier.

19 (1) Die Mitwirkung eines Personalratsmitglieds an einem Beschluss des Personalrats über die Besetzung einer Beförderungsstelle, um die es sich selbst beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde, verstößt gegen das § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG zugrunde liegende allgemeine Gebot der Unbefangenheit. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG gebietet, dass in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde nicht tätig werden darf, wer selbst Beteiligter ist. Diese Regelung ist Ausdruck des Gebots der Unbefangenheit von Amtsträgern und des damit einhergehenden Grundsatzes, dass niemand "Richter in eigener Sache" sein darf. Die Pflicht zur Unparteilichkeit findet ihre Grundlage im Rechtsstaatsgebot und den daraus abzuleitenden Prinzipien der Verfahrensgerechtigkeit sowie der Gewährleistung eines fairen Verfahrens (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 20 Rn. 6 m.w.N.). Es handelt sich um einen allgemeinen Grundsatz des rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens, der wegen des Fehlens einer eigenen Befangenheitsregelung im Bundespersonalvertretungsgesetz auch im personalvertretungsrechtlichen Verfahren Geltung beansprucht. Dies gilt gleichermaßen für seine Konkretisierung, wie sie in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG ihren Ausdruck findet. Dieses Prinzip ist wegen seines allgemeinen Charakters nicht auf Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 13 VwVfG beschränkt. Es findet in personalvertretungsrechtlichen Verfahren bei Fallgestaltungen Anwendung, die mit dem in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG geregelten Sachverhalt gemessen an dem Zweck dieser Regelung vergleichbar sind. Dies ist (auch) der Fall, wenn - wie hier - dem Personalrat in einem Auswahlverfahren über eine beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme eine Auswahlentscheidung mit dem Ersuchen um Zustimmung unterbreitet wird und ein Mitglied des Personalrates sich in dem Auswahlverfahren beworben hatte. Dieses Mitglied ist mit Blick auf das Gebot der Unbefangenheit - wie ein Beteiligter in einem Verwaltungsverfahren - von der Teilnahme an der Beratung und der Beschlussfassung über die Mitbestimmungsvorlage auch dann ausgeschlossen, wenn er von der Auswahlentscheidung nicht begünstigt ist (so auch Ilbertz, ZfPR 2015, 72; a.A. Welkoborsky, ArbRAktuell 2014, 597). Es ist unerheblich, ob er tatsächlich befangen ist. Mit seinem Ausschluss soll bereits dem "bösen Schein" einer Befangenheit vorgebeugt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Mai 1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 <266> und vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230>). Die Befangenheit wird gleichsam unwiderleglich vermutet.

20 (2) Ein Verstoß gegen den in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz der Unbefangenheit bewirkt die Nichtigkeit eines Personalratsbeschlusses, wenn es sich dabei um einen besonders schwerwiegenden Fehler handelt und dies bei Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist (vgl. § 44 Abs. 1 VwVfG). Es kann hier dahinstehen, ob im Fall einer solchen Rechtsverletzung der Beschluss "stets" (vgl. z.B. Peuker, in: Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, § 44 Rn. 51), "im Zweifel" (vgl. z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 20 Rn. 66c), "grundsätzlich" (vgl. z.B. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 178) oder nur dann an einem offensichtlich besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG leidet, wenn dies eine Prüfung im Einzelfall ergibt (vgl. z.B. Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 1. Aufl. 2010, § 44 Rn. 34). Im vorliegenden Fall führt auch eine am Einzelfall ausgerichtete Prüfung zu der Annahme eines offensichtlich besonders schwerwiegenden Fehlers.

21 (a) Ein Fehler ist besonders schwerwiegend im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG zugrunde liegenden allgemeinen Grundsatzes, wenn er ein Handeln als schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in so erheblichem Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, das Handeln als verbindlich anzuerkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1997 - 8 C 1.96 - Buchholz 401.0 § 125 AO Nr. 1 S. 3 f. sowie Beschlüsse vom 11. Mai 2000 - 11 B 26.00 - Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 12 S. 4 und 5. April 2011 - 6 B 41.10 - Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 102 Rn. 4). Das ist hier der Fall.

22 Das besondere Gewicht des Rechtsverstoßes folgt hier schon daraus, dass Gegenstand der Beteiligung des Personalrates eine beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme war. Derartige Maßnahmen berühren den jeweils Betroffenen unmittelbar in seinen staatsbürgerlichen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 und 5 GG oder in seinen Grundrechten, insbesondere in seinen Rechten aus Art. 3 GG, und stellen sich mithin insoweit als Ausführung des Amtsauftrages dar. Zudem ist die Bestellung der Amtsträger für die Erfüllung der Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger von zentraler Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvR 1/92 - BVerfGE 93, 37 <77>). Es liegt auf der Hand, dass bei der Beteiligung des Personalrates an der Erfüllung des Amtsauftrages der Wahrung des in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der Unbefangenheit besonderes Gewicht zukommt. Wird dieses Gebot - wie hier - dadurch verletzt, dass an einem Personalratsbeschluss zu einer Entscheidung des Dienstherrn über eine beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme ein Mitglied des Personalrates mitwirkt, das sich an dem Auswahlverfahren zu dieser Maßnahme beteiligt hatte, erweist sich dieser Mangel wegen der besonderen Bedeutung des Gebots der Unbefangenheit bei einer solchen Fallgestaltung als besonders schwerwiegend. Dem steht nicht entgegen, dass mit Blick auf personelle Einzelmaßnahmen von Verfassungs wegen allenfalls eine eingeschränkte Mitbestimmung in Betracht kommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <78 f.>).

23 (b) Der Fehler ist auch bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich. "Offenkundig" oder "offensichtlich" ist die schwere Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung nur dann, wenn sie für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE 75, 62 <65>). Für einen mit der Personalratstätigkeit und den rechtsstaatlichen Grundsätzen für die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich vertrauten verständigen Betrachter ist ohne Weiteres ersichtlich, dass die Mitwirkung eines Personalratsmitglieds, das sich selbst um eine Stelle beworben hatte, aber nicht ausgewählt wurde, an der Entscheidung über die Besetzung dieser Stelle mit dem § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG zugrunde liegenden Gebot der Unbefangenheit nicht vereinbar ist. Der Annahme der Offensichtlichkeit des Fehlers steht nicht entgegen, dass das Bundesarbeitsgericht die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses zu einer beabsichtigten Versetzung bejaht hat, obwohl an dieser Entscheidung ein Betriebsratsmitglied mitwirkte, das sich um die Versetzung beworben hatte, jedoch von dem Arbeitgeber insoweit nicht ausgewählt wurde. Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, dass ein Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds von der Ausübung seines Amtes nur dann geboten und gerechtfertigt sei, wenn es von der im Rahmen der Mitbestimmung zu treffenden Entscheidung individuell und unmittelbar betroffen sei. Dies sei dann der Fall, wenn das Betriebsratsmitglied gerade die Person sei, auf die sich das Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers unmittelbar richte (BAG, Beschluss vom 24. April 2013 - 7 ABR 82/11 - BAGE 145, 55 <58>). Jener Beschluss betrifft nicht den hier einschlägigen Anwendungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes und ist aus den nachstehenden Gründen auf diesen nicht zu übertragen.

24 Trotz mancher Gemeinsamkeiten unterscheidet sich das Personalvertretungsrecht vom Betriebsverfassungsrecht wesentlich dadurch, dass es als Teil des Rechts des öffentlichen Dienstes den kollektivrechtlichen Schutz derjenigen regelt, die in den öffentlichen Dienst eingegliedert sind und die - anders als Beschäftigte in der Privatwirtschaft - an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirken. Das Personalvertretungsrecht ist daher seit jeher durch ein mit der Mitbestimmung in Betrieben der Privatwirtschaft nicht vergleichbares System der abgestuften Beteiligung der Personalvertretungen gekennzeichnet, das im Vergleich zum Betriebsverfassungsrecht sachlichen Einschränkungen unterliegt (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 12. März 1987 - GmS-OGB 6/86 - BVerwGE 77, 370 <375, 377 f.>). Diese Besonderheiten gebieten es, zur Konkretisierung des Gebots der Unbefangenheit im Personalvertretungsrecht an die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrens anzuknüpfen. Soweit diese sich von den Regeln des Betriebsverfassungsrechts unterscheiden, ist dies den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsbereichs geschuldet.

25 3. Der zulässige Hilfsantrag erweist sich aus den vorstehenden Gründen ebenfalls als unbegründet. Für die Unwirksamkeit des Personalratsbeschlusses ist ohne Bedeutung, ob mehrere Bewerberinnen oder Bewerber als besser geeignet eingeschätzt wurden.