Verfahrensinformation

Der Kläger beansprucht als Mitglied einer Erbengemeinschaft eine Ausgleichsleistung für den Verlust eines Komplementäranteils an einer enteigneten Kommanditgesellschaft. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat der Erbengemeinschaft diesen An-spruch auf der Grundlage einer Gesellschaftsbeteiligung des Komplementärs in Höhe von 61,57 % zugebilligt. Mit seiner Klage erstrebt der Kläger eine höhere Ausgleichsleistung, und zwar ausgehend von einem Geschäftsanteil in Höhe von 72,22 %, weil die Behörde bei der Berechnung der Kommanditanteile zu Unrecht die Gewinnkonten berücksichtigt und deshalb den Komplementäranteil zu niedrig angesetzt habe. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Diese hat das Bundesverwaltungsgericht zur Klärung der Frage zugelassen, wie bei der nach § 2 Abs. 6 des Ausgleichsleistungsgesetzes vorzunehmenden Ermittlung der Bemessungsgrundlage für solche Anteilsrechte Gewinnkonten zu berücksichtigen sind.


Urteil vom 19.10.2006 -
BVerwG 3 C 35.05ECLI:DE:BVerwG:2006:191006U3C35.05.0

Leitsätze:

Die Regelung des § 2 Abs. 6 AusglLeistG über die Bemessung der Ausgleichsleistung für Rechte, die einen Anteil am Kapital eines Unternehmens vermitteln, gilt auch für die Beteiligung an Personengesellschaften.

Bei der Ermittlung der „Nennbeträge“ nach § 2 Abs. 6 AusglLeistG sind die Gewinnkonten von Kommanditisten jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn sie in die Berechnung des als Bemessungsgrundlage heranzuziehenden Einheitswertes oder Ersatzeinheitswertes eingeflossen sind.

  • Rechtsquellen
    AusglLeistG § 2 Abs. 6
    EntschG § 4 Abs. 1

  • VG Dresden - 25.11.2004 - AZ: VG 7 K 1727/01

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.10.2006 - 3 C 35.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:191006U3C35.05.0]

Urteil

BVerwG 3 C 35.05

  • VG Dresden - 25.11.2004 - AZ: VG 7 K 1727/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 25. November 2004 wird geändert.
  2. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme
  4. der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die
  5. diese selbst tragen.

Gründe

I

1 Der Kläger beansprucht für die Erbengemeinschaft nach M. H. S. einen höheren Anteil an der Ausgleichsleistung für die Enteignung der M. H. S. KG, als ihr bisher zuerkannt worden ist.

2 Die Kommanditgesellschaft betrieb eine Fabrik in C. Das Unternehmen wurde aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 124 beschlagnahmt und durch Beschluss der Landeskommission vom 27. Mai 1946 enteignet. Die Enteignung wurde durch den SMAD-Befehl Nr. 64 bestätigt.

3 Gesellschafter zum Zeitpunkt der Enteignung waren der Komplementär M. H. S. sowie die Kommanditisten M. L. und Dr. W. S. mit einer Kapitaleinlage in Höhe von jeweils 33 333 RM. Der Kläger ist Mitglied der Erbengemeinschaft nach M. H. S.

4 Mit Bescheid vom 30. Juli 1976 stellte der Oberkreisdirektor des Kreises L. H. einen Wegnahmeschaden am Betriebsvermögen der Kommanditgesellschaft in Höhe von 238 624,31 RM fest, von dem 142 445,67 RM auf M. H. S. und 45 472,72 RM auf Dr. W. S. entfielen. Ein Schadensanteil von M. L. wurde nicht festgestellt, weil ihre Erben wegen des Wohnsitzes der Erblasserin nicht anspruchsberechtigt im Lastenausgleichsverfahren waren. Der Berechnung der Schadensanteile wurden ausgehend von der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1944 die Kapitalkonten der Kommanditisten einschließlich der ausgewiesenen Gewinnanteile zuzüglich eines Anteils an den aufgelösten stillen Reserven zugrunde gelegt. Der Anteil der Gesellschafter an den stillen Reserven wurde anhand ihrer Beteiligungsverhältnisse ermittelt, welche die Lastenausgleichsbehörde in Höhe von 72,22 % für den Komplementär und jeweils 13,89 % für die Kommanditisten durch Bilanzen und sonstige Urkunden als bewiesen ansah.

5 Nachdem die Rückübertragung des Unternehmens unter Hinweis auf § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG abgelehnt worden war, beantragten die Erben nach M. H. S. die Gewährung von Ausgleichsleistungen für den Verlust des Komplementäranteils. Entsprechende Anträge stellten die Rechtsvorgänger der Beigeladenen im Hinblick auf die Kommanditanteile.

6 Mit Bescheid vom 21. Juni 2001 stellte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen fest, dass die Erbengemeinschaft nach M. H. S. Berechtigte im Sinne des Ausgleichsleistungsgesetzes - AusglLeistG - hinsichtlich des Gesellschaftsanteils des Erblassers sei und die gekürzte Bemessungsgrundlage dieses Anteils 40 773,85 DM betrage. Der Berechnung dieses Betrages legte das Landesamt nach § 2 Abs. 6 AusglLeistG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 des Entschädigungsgesetzes - EntschG - den von der Lastenausgleichsbehörde festgestellten Ersatzeinheitswert von 238 624,31 RM zugrunde, den es nach § 25 Abs. 2 des Reichsbewertungsgesetzes auf 238 600 RM abrundete und nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EntschG mit 1,5 multiplizierte. Von dem sich so ergebenden und auf DM umgestellten Betrag von 357 900 sprach das Landesamt den Rechtsnachfolgern des Komplementärs einen Anteil von 61,57 % und somit 220 359,03 DM zu. Diesen Prozentsatz ermittelte es, indem es ausgehend von der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1944 den Kapitalanteil des Komplementärs und die Kommanditeinlagen einschließlich der Gewinnanteile der Kommanditisten addierte und den Bruchteil des Kapitalanteils des Komplementärs an diesem Gesamtkapital bestimmte. Da den Erben nach M. H. S. auch Ausgleichsleistungen für ein Privatgrundstück zugesprochen worden waren, wobei die ungekürzte Bemessungsgrundlage 344 000 DM betrug, rechnete das Landesamt nach § 7 Abs. 2 Satz 1 EntschG die Berechnungsgrundlagen zusammen, unterwarf die Summe der Degression nach § 7 Abs. 1 EntschG und zog anschließend die bereits festgestellte gekürzte Bemessungsgrundlage in Höhe von 95 880 DM für das erwähnte Privatgrundstück ab. Auf diese Weise ergab sich die gekürzte Bemessungsgrundlage für den Komplementäranteil in Höhe von 40 773,85 DM.

7 Mit seiner gegen die Festsetzung der gekürzten Bemessungsgrundlage für den Komplementäranteil gerichteten Klage hat der Kläger sich unter anderem darauf berufen, dass bei der Berechnung der jeweiligen Geschäftsanteile die Gewinnanteile der Kommanditisten nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, so dass der Geschäftsanteil seines Rechtsvorgängers nicht 61,57 % sondern - wie im Lastenausgleichsverfahren festgestellt - 72,22 % betragen habe.

8 Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit - unter Abweisung im Übrigen - mit Urteil vom 25. November 2004 stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, die gekürzte Bemessungsgrundlage mit 46 491,31 DM (= 23 770,60 €) festzustellen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Gesellschaftsanteil des M. H. S. an der Kommanditgesellschaft habe, wie im Lastenausgleichsverfahren bestandskräftig festgestellt worden sei, 72,22 % betragen. Die hiervon abweichende Berechnung des Beklagten sei fehlerhaft, weil er die Gewinnanteile der Kommanditisten aus nicht nachvollziehbaren Gründen „um deren Kapitaleinlagen“ erhöht habe.

9 Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Er stellt in Abrede, dass das Lastenausgleichsamt einen Anteil des Komplementärs in Höhe von 72,22 % festgestellt habe. Der Prozentsatz sei lediglich für die Auflösung stiller Reserven von Bedeutung gewesen, also nur für die Verteilung von Gewinnen und Verlusten. Maßgeblich für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sei § 2 Abs. 6 AusglLeistG. Der Wortlaut dieser Norm erfasse - trotz der Verwendung des Begriffs „Nennbetrag“ - auch Anteile an Personengesellschaften, weil diese ebenfalls einen Anteil am Kapital eines Unternehmens vermittelten. Letztlich könne die Anwendbarkeit dieser Norm jedoch offenbleiben, weil der darin genannte Maßstab mit dem im Lastenausgleich verwendeten Maßstab übereinstimme. Dieser beruhe auf der Heranziehung unverändert geltender steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Grundsätze. Da der Gesetzgeber auf den Einheitswert Bezug nehme, seien zudem die bewertungsrechtlichen Vorschriften heranzuziehen. Demnach sei davon auszugehen, dass das der Ermittlung des Einheitswerts zugrunde liegende Vermögen der Gesellschaft für den Bewertungsstichtag als Auflösungsvermögen unter die Gesellschafter zu verteilen sei. Das bedeute, dass die Kapitalkonten entsprechend der nach § 155 HGB auf den gleichen Stichtag aufgestellten Handelsbilanz als Ausgangswerte zugrunde zu legen seien. Die Aufteilung des Auflösungserfolges regele sich nach der Gewinnverteilungsbestimmung des § 121 Abs. 3 HGB. Dies sei nunmehr auch im Bewertungsgesetz geregelt. Nach dessen § 3 Satz 2 sei der Wert auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Nach § 97 Abs. 1a BewG seien die Kapitalkonten aus der Steuerbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen. Der verbleibende Wert des Betriebsvermögens sei nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen. Zur Ermittlung der Höhe der Kapitalkonten der Kommanditisten seien jeweils die Kommanditeinlage und der Gewinnanteil zusammenzurechnen; dies ergebe sich aus § 120 Abs. 2 HGB. Nach § 167 Abs. 2 HGB werde der einem Kommanditisten zukommende Gewinn seinem Kapitalanteil allerdings nur solange zugeschrieben, bis dieser den Betrag der bedungenen Einlage erreiche. Das bedeute jedoch nicht, dass hier die Kapitalanteile der Kommanditisten nur bis zu einer Höhe von 33 333 RM Berücksichtigung finden könnten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Gesellschafter diese Vorschrift abbedungen hätten; denn die Gewinnanteile seien in der Bilanz bei den Kapitalanteilen geführt worden. Die Höhe der Kapitalkonten betrage somit insgesamt 280 628,89 RM, wovon M. H. S. mit einem Kapitalkonto in Höhe von 172 781,27 RM 61,57 % gehalten habe.

10 Der Kläger beantragt - nach Rücknahme einer zunächst eingelegten „Anschlussrevision“ -, die Revision zurückzuweisen, und verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts in dem von der Revision angegriffenen Punkt. Der Geschäftsanteil des Komplementärs sei - wie bereits im Lastenausgleichsverfahren festgestellt - mit 72,22 % anzusetzen. Dies entspreche auch den seinerzeitigen tatsächlichen Beteiligungsverhältnissen. Die von den Gesellschaftern vorgenommene Gewinnverteilung ergebe bei Rückrechnung einen deutlich höheren Geschäftsanteil des Komplementärs als der Beklagte angenommen habe. Jedenfalls seien die Einlagen der Kommanditisten nur zum Buchwert zu berücksichtigen. Im Übrigen finde die Behauptung des Beklagten, die Bestimmung des § 167 Abs. 2 HGB sei seinerzeit abbedungen worden, in den tatrichterlichen Feststellungen keine Grundlage.

11 Die Beigeladenen machen sich die Ausführungen des Beklagten zu eigen und verweisen darauf, dass es für die Höhe der Beteiligung der Gesellschafter auf den Bestand ihrer Kapitalkonten unabhängig von deren Bezeichnung zum Zeitpunkt der Enteignung ankomme.

II

12 Die Revision ist begründet. Soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, verletzt das angegriffene Urteil Bundesrecht; denn es beruht auf einer fehlerhaften Anwendung des § 2 Abs. 6 AusglLeistG. Der Beklagte hat die Gewinnkonten der Kommanditisten zu Recht bei der Berechnung des auf den Komplementäranteil entfallenden Teilbetrages der nach § 4 EntschG zu ermittelnden Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts muss daher aufgehoben und - da weitere tatsächliche Feststellungen für eine Sachentscheidung nicht erforderlich sind - die Klage in vollem Umfang abgewiesen werden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).

13 1. Rechtlicher Maßstab für die Berechnung des auf die Rechtsnachfolger des Komplementärs entfallenden Anteils an der Ausgleichsleistung für den Verlust des Unternehmens ist § 2 Abs. 6 AusglLeistG. Danach ist die Bemessungsgrundlage für Rechte, die einen Anteil am Kapital eines Unternehmens vermitteln, der Teilbetrag der nach § 4 des Entschädigungsgesetzes zu ermittelnden Bemessungsgrundlage, der dem Verhältnis des Nennbetrages des Anteils zum Gesamtnennbetrag des Kapitals entspricht.

14 Zwar ist umstritten, ob diese Vorschrift überhaupt für die Anteile an Personengesellschaften - wie die hier betroffene Kommanditgesellschaft - gilt. Die Einwände gegen die Anwendbarkeit der Norm sind jedoch nicht berechtigt. Sie knüpfen an die Verwendung des Begriffs „Nennbetrag“ an, der aus dem Aktienrecht stammt. Es herrscht allerdings Einigkeit darüber, dass trotz des aktienrechtlichen Sprachgebrauchs auch Anteile an anderen Kapitalgesellschaften erfasst werden. Insoweit wird auch von denen, welche die Anwendung des § 2 Abs. 6 AusglLeistG auf Personengesellschaften ablehnen, eingeräumt, dass die verwendeten Begriffe „Nennbetrag“ und „Gesamtnennbetrag“ irreführend sind (vgl. Zimmermann, in: Rechtshandbuch, B 115, Ausgleichsleistungsgesetz, § 2 Rn. 17). Weshalb dann aber das in dieser Vorschrift niedergelegte Prinzip nicht auch bei Personengesellschaften anwendbar sein soll, ist angesichts des übrigen Wortlauts der Norm schwer nachvollziehbar; denn auch bei einer solchen Gesellschaftsform vermittelt der Gesellschaftsanteil eine anteilige Berechtigung am Kapital des von der Gesellschaft gehaltenen Unternehmens (so zu Recht Meixner, in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 2 AusglLeistG, Rn. 77 a; Schulte, in: Motsch/Rodenbach, § 2 AusglLeistG Rn. 106; Weskamm, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, § 2 AusglLeistG, Rn. 46). Eine unterschiedliche Behandlung der Anteile an Kapital- und Personengesellschaften ist daher nicht gerechtfertigt. Sie war offenbar auch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Nach den Gesetzgebungsmaterialien (BRDrucks 244/93, S. 39) sollte die Bemessungsgrundlage von Ausgleichsleistungen für „Anteilsrechte“ an „Unternehmen“ geregelt werden. Für eine bewusste Differenzierung zwischen Kapital- und Personengesellschaften gibt die Gesetzesbegründung nichts her. Im Einklang damit gehen auch das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen und die beigetretenen Länder wie selbstverständlich davon aus, dass auch Personengesellschaften von der Regelung des § 2 Abs. 6 AusglLeistG erfasst werden; denn in Teil C Abschnitt IV 2. Buchst. b der von ihnen erlassenen „Gemeinsamen Arbeitshilfe zum Entschädigungsgesetz und Ausgleichsleistungsgesetz“ wird dargelegt, wie bei Anwendung dieser Vorschrift die Beteiligungsverhältnisse an solchen Gesellschaften zu ermitteln sind.

15 2. a) Der somit einschlägige § 2 Abs. 6 AusglLeistG bestimmt als Bemessungsgrundlage für den Anteil an einem geschädigten Unternehmen einen nach einer Verhältnisberechnung festzustellenden Teilbetrag der nach § 4 EntschG zu ermittelnden Bemessungsgrundlage. Gemäß § 4 Abs. 1 EntschG ist Bemessungsgrundlage der Entschädigung für Unternehmen oder Anteile an Unternehmen die - wie hier - bis einschließlich 31. Dezember 1952 enteignet wurden, das 1,5-fache des im Hauptfeststellungszeitraum vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswertes (Satz 1). Ist ein Einheitswert nicht festgestellt worden oder nicht mehr bekannt und ist ein Ersatzeinheitswert nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz ermittelt worden, ist das 1,5-fache dieses Wertes maßgebend (Satz 2). Einheitswert und Ersatzeinheitswert sind nicht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wenn Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 580 ZPO vorliegen und deren Berücksichtigung bei einer Bemessung des Unternehmenswertes nach § 4 Abs. 2 EntschG zu einem Wert führt, der mehr als 1/5, mindestens aber 1 000 Mark vom Einheitswert oder Ersatzeinheitswert abweicht (Satz 3).

16 Das bedeutet, dass der Beklagte seinen Berechnungen zutreffend den mit Bescheid des Kreises Land Hadeln vom 30. Juli 1976 festgestellten Ersatzeinheitswert in Höhe von 238 624,31 RM zugrunde gelegt hat, weil er einen Wiederaufnahmegrund, der nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EntschG zur Unanwendbarkeit dieses Wertes hätte führen können, nicht hat feststellen können. Von diesem bindend vorgegebenen Ersatzeinheitswert entfällt nach § 2 Abs. 6 AusglLeistG auf den umstrittenen Komplementäranteil der Teilbetrag, der dem Wert des Nennbetrages dieses Anteils zum Gesamtnennbetrag des Kapitals der Kommanditgesellschaft entspricht.

17 b) Eine eigenständige Feststellung der Beteiligungsverhältnisse nach den Vorschriften des Ausgleichsleistungsrechts erübrigt sich hier nicht deswegen, weil die Lastenausgleichsbehörde in ihrem später zum Teilbescheid erklärten ersten Bescheid vom 8. August 1973 als bewiesen angesehen hat, dass zum Zeitpunkt der Enteignung der Komplementär zu 72,22 % und die Kommanditisten zu jeweils 13,89 % Eigentümer gewesen seien. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die im Lastenausgleichsverfahren „bestandskräftig“ festgestellten Beteiligungsverhältnisse ist nicht dahin zu verstehen, dass das Gericht eine rechtliche Bindungswirkung dieser Feststellung für die Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Komplementäranteil angenommen hat. Andernfalls wäre es nicht verständlich, warum das Gericht die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der vom Beklagten festgestellten Beteiligungsverhältnisse mit der Berücksichtigung bestimmter Konten der Kommanditisten begründet, anstatt sich mit einem Hinweis auf die Abweichung von der bestandskräftigen Feststellung des Lastenausgleichsamts zu begnügen. Das mag jedoch dahingestellt bleiben, weil die Frage einer Bindungswirkung dieser Feststellung eine vom Revisionsgericht eigenständig zu beantwortende Rechtsfrage ist. Sie muss verneint werden, weil es an einer gesetzlichen Bestimmung fehlt, welche die Verbindlichkeit einer solchen Feststellung für das Verfahren nach dem Ausgleichsleistungsgesetz vorschreibt.

18 Der Senat ist auch nicht deswegen an die Feststellung dieser Quote durch das Verwaltungsgericht gebunden, weil es sich dabei um eine Tatsachenfeststellung handelte, die nur im Wege einer begründeten Verfahrensrüge überwunden werden könnte; denn diese Tatsachenfeststellung ist - jedenfalls soweit sie im Streit ist - das Resultat einer Subsumtion, nämlich der rechtlichen Einordnung der in der Bilanz für die Kommanditisten ausgewiesenen Beträge.

19 c) Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die „Kapitaleinlagen“ der Kommanditisten (gemeint sind offenbar die Gewinnkonten) seien bei der Ermittlung der Teilbeträge nach § 2 Abs. 6 AusglLeistG nicht zu berücksichtigen, geht an der Systematik der gesetzlichen Bestimmungen und dem konkreten Verfahrensablauf vorbei.

20 Die Gewinnkonten der Kommanditisten mussten schon deswegen zur Ermittlung der „Nennbeträge“ ihrer Anteile, also der auf sie entfallenden Eigenkapitalquote des Unternehmens, herangezogen werden, weil diese Konten bei der Feststellung des - im Verfahren nach dem Ausgleichsleistungsgesetz als Bemessungsgrundlage heranzuziehenden - Ersatzeinheitswerts des Unternehmens berücksichtigt worden sind. Das Lastenausgleichsamt des Kreises L. H. hat der Feststellung des Ersatzeinheitswerts sowohl die Einlagen der Kommanditisten als auch ihre jeweiligen Gewinnanteile zugrunde gelegt und diese nicht als Fremdverbindlichkeiten abgezogen. Dies lässt sich den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Verwaltungsvorgängen ohne weiteres entnehmen und ist auch unter den Beteiligten nicht streitig. Sind diese Posten aber in die Berechnung des Ersatzeinheitswerts eingeflossen - also bewertungsrechtlich als Unternehmensbestandteil eingeordnet worden - müssen sie bei der an die Stelle einer Unternehmensrückgabe tretenden anteiligen Ausgleichsleistung notwendigerweise zugunsten der Kommanditisten berücksichtigt werden. Nur so lässt sich eine systemwidrige Kapitalaufteilung vermeiden. Da der Ersatzeinheitswert die Bemessungsgrundlage für die Ausgleichsleistung bildet, die Höhe dieser Leistung somit durch die Höhe des in der Ersatzeinheitswertberechnung berücksichtigten Eigenkapitals des Unternehmens bestimmt wird, muss sich die Aufteilung der Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs. 6 AusglLeistG folgerichtig an den in die Berechnung eingeflossenen Kapitalanteilen und deren Zuordnung ausrichten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die ermittelten Quoten die Beteiligungsverhältnisse an dem den Unternehmenswert repräsentierenden Ersatzeinheitswert korrekt abbilden.

21 Ein Abweichen von dieser durch die Ersatzeinheitswertberechnung vorgegebenen Systematik würde zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führen. Sind die Gewinnkonten der Kommanditisten mit der zwangsläufigen Folge einer Erhöhung der Ausgleichsleistung in den Einheitswert eingeflossen, berücksichtigte man diese Konten aber nicht bei Berechnung der Quoten, ergäbe sich für die Inhaber der Konten eine geringere Quote an einer höheren Ausgleichsleistung oder - aus anderem Blickwinkel - erhielten die anderen Gesellschafter eine höhere Quote an einer höheren Ausgleichsleistung, obwohl der höhere Unternehmenswert allein auf die Einbeziehung dieser Konten zurückzuführen ist und daher folgerichtig auch deren Inhabern zugute kommen müsste. Den Inhabern der Gewinnkonten wäre zudem der Ausweg eines gesonderten Ausgleichsleistungsbegehrens für den Verlust ihrer Forderungen aus dem Gewinnkonto versperrt, weil diese Guthaben in die Einheitswertberechnung eingeflossen sind und damit bereits Berechnungsgrundlage der Ausgleichsleistung für das Unternehmen waren, mit anderen Worten: Ebenso wie das Unternehmen und seine Bestandteile nur einmal zurückgegeben werden können, kann auch eine entsprechende Ausgleichsleistung nur einmal gewährt werden.

22 Im umgekehrten Fall, wenn bei der Berechnung des Ersatzeinheitswerts die Gewinnkonten nicht werterhöhend berücksichtigt, sondern als Fremdverbindlichkeiten angesehen worden sind, können sie auch bei der Quotierung nicht in Ansatz gebracht werden. Andernfalls ergäbe sich eine höhere Quote des Konteninhabers an einer geringeren Ausgleichsleistung für das Unternehmen, obwohl die niedrigere Ausgleichsleistung auf der Nichtberücksichtigung seines Guthabens beruht. In einem solchen Fall muss das Guthaben bei der Quotenbildung für die zu gewährende Ausgleichsleistung für das Unternehmen unberücksichtigt bleiben, weil es von der bindenden Bemessungsgrundlage nicht erfasst wird. Der Forderungsinhaber ist darauf verwiesen, eine gesonderte Ausgleichsleistung für den Verlust seiner Forderung gegen das geschädigte Unternehmen zu beantragen.

23 Die konkrete Einheitswert- oder Ersatzeinheitswertberechnung kann selbstverständlich nur dann Maßstab für die bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs. 6 AusglLeistG zu berücksichtigenden Konten sein, wenn ein bindender Einheitswert oder Ersatzeinheitswert festgestellt ist und darüber hinaus feststellbar ist, welche Konten der Kommanditisten in die Einheitswertbildung eingeflossen sind. In allen anderen Fällen wird zu ermitteln sein, ob es sich bei dem Guthaben auf dem variablen Konto des Gesellschafters bewertungsrechtlich um eine Fremdverbindlichkeit oder um Eigenkapital der Gesellschaft handelte.

24 3. Soweit der Kläger „Anschlussrevision“ eingelegt und diese nach Belehrung zurückgenommen hat, ist kein Entscheidungsausspruch veranlasst. Dem Kläger ging es mit seinem vermeintlichen Anschlussrechtsmittel ausschließlich darum, die Revision abzuwehren. Der Wille, ein eigenständiges Begehren zu verfolgen, ließ sich seiner Rechtsmittelschrift nicht entnehmen.

25 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.