Beschluss vom 19.08.2008 -
BVerwG 10 B 43.08ECLI:DE:BVerwG:2008:190808B10B43.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.08.2008 - 10 B 43.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:190808B10B43.08.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 43.08

  • Sächsisches OVG - 03.04.2008 - AZ: OVG A 2 B 36/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. August 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und Richter
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. April 2008 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar.

2 1. Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
„ob iranische Staatsangehörige, die in einem Fernsehprogramm für iranische Exilanten in Deutschland eine gegenüber dem iranischen Staat oppositionelle Haltung offenbaren und durch eine damit verbundene oppositionelle Tätigkeit in das Blickfeld der iranischen Sicherheitsbehörden rücken, bei einer Rückkehr in ihr Heimatland politisch verfolgt werden“ (Beschwerdebegründung S. 1).

3 Damit wirft sie indes keine der Klärung in einem Revisionsverfahren zugängliche Rechtsfrage auf. Denn bei der Frage, ob iranische Staatsangehörige aufgrund eines bestimmten exilpolitischen Engagements bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland politisch verfolgt werden, handelt es sich um keine Rechts-, sondern um eine Tatsachenfrage. Diese lässt sich nur aufgrund der dem Tatrichter vorbehaltenen Feststellung und Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Iran beantworten und entzieht sich damit einer verbindlichen Klärung im Revisionsverfahren.

4 2. Die Beschwerde sieht einen Verfahrensfehler darin, dass das Berufungsgericht dem Beweisangebot der Vernehmung von Herrn I... als Zeugen für die exilpolitischen Tätigkeiten des Klägers nicht nachgegangen ist, obwohl sein exilpolitisches Engagement von zentraler Bedeutung für die ihm drohende Gefahr politischer Verfolgung sei (Beschwerdebegründung S. 2 f.). Darin liege eine Gehörsverletzung wegen mangelnder Sachaufklärung, die zugleich eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes darstelle.

5 Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen zur Revisionszulassung führenden Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht auf. Eine Verletzung des Rechts des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO) läge nämlich allenfalls dann vor, wenn das Berufungsgericht ein aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Beweisangebot nicht zur Kenntnis genommen hätte. Zwar hat sich das Berufungsgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils nicht ausdrücklich mit dem schriftsätzlich angebotenen Zeugenbeweis auseinander gesetzt. Die Nichterwähnung einer Tatsache oder eines Beweisangebots in den Urteilsgründen lässt jedoch für sich genommen nicht darauf schließen, dass das Gericht dies nicht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Vorbringens nicht nachgekommen ist, kann im Einzelfall ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden (vgl. etwa BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.). Der Beschwerde lässt sich indes schon nicht entnehmen, dass die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen für das Berufungsgericht entscheidungserheblich waren. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten oder Flüchtling wegen exilpolitischer Aktivitäten wurden vom Berufungsgericht schon deshalb abgelehnt, weil dem nach seiner Rechtsauffassung die Versagungsgründe nach § 28 Abs. 1 und 2 AsylVfG entgegen stehen (UA S. 6). Auf den Umfang des exilpolitischen Engagements des Klägers brauchte das Berufungsgericht bei Erörterung des Asyl- und Flüchtlingsschutzes unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung daher nicht einzugehen, auch nicht auf das hierzu schriftsätzlich unterbreitete Beweisangebot. Aus den gleichen Gründen fehlt es an einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO), die sich nur auf entscheidungserhebliche Tatsachen erstreckt.

6 Soweit sich die Beschwerde mit ihrer Verfahrensrüge der unterlassenen Beweiserhebung auch auf die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7
AufenthG beziehen sollte, fehlt es insoweit ebenfalls an der Darlegung einer Gehörs- und Aufklärungspflichtverletzung. Denn das Berufungsgericht hat seiner Prüfung der Sache nach die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen zugrunde gelegt, ohne daraus aber eine relevante Rückkehrgefährdung nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG abzuleiten. Dies hat es unter anderem damit begründet, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht ausdrücklich erklärt habe, nach 2004 keine weiteren exilpolitischen Aktivitäten mehr ausgeübt zu haben (UA S. 7).

7 Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.