Verfahrensinformation

Ändert sich ein für die Leistung von Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand, so wird der Bewilligungsbescheid geändert (§ 53 BAföG). Eine Änderung zuungunsten des Auszubildenden erfolgt vom Beginn des Monats an, der auf den Eintritt der Änderung folgt. Zu den maßgeblichen Umständen gehört die Beendigung der Ausbildung durch Abschlussprüfung oder durch Abbruch (§ 15 b Abs. 3 und 4 BAföG). Im hier gegebenen Fall des letztmaligen Nichtbestehens einer notwendigen Zwischenprüfung will das Berufungsgericht revisionsgerichtlich geklärt wissen, welcher von vier in Frage kommenden Zeitpunkten maßgeblich ist: das Datum der Prüfungsleistung, die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, der Zeitpunkt der Kenntnisnahme hiervon oder das Datum der zwangsweisen Exmatrikulation.


Urteil vom 19.02.2004 -
BVerwG 5 C 10.03ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U5C10.03.0

Leitsatz:

Im Falle endgültigen Nichtbestehens einer Zwischenprüfung (hier: Vordiplom) ist eine Hochschulausbildung förderungsrechtlich im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Bewertung der Prüfungsleistungen durch Aushang beendet, sofern das maßgebliche Prüfungsrecht nicht eine konstitutive Feststellung des Nichtbestehens vorsieht.

  • Rechtsquellen
    BAföG § 15 b Abs. 3 Satz 2, § 53 Satz 1 Nr. 2, Satz 3

  • München - 26.02.2003 - AZ: VGH 19 B 02.2822 -
    Bayerischer VGH München - 26.02.2003 - AZ: VGH 19 B 02.2822

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 5 C 10.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U5C10.03.0]

Urteil

BVerwG 5 C 10.03

  • München - 26.02.2003 - AZ: VGH 19 B 02.2822 -
  • Bayerischer VGH München - 26.02.2003 - AZ: VGH 19 B 02.2822

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t h k e g e l , Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

I


Der Kläger hatte vom Beklagten für sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule D. auf Grund eines Bewilligungsbescheides, der den Zeitraum von Oktober 2001 bis September 2002 umfasste, Ausbildungsförderung zuletzt für die Monate Februar, März und April 2002 erhalten. Am 31. Januar 2002 hatte er die Vordiplomprüfung im Fach Betriebsstatistik endgültig nicht bestanden, was nach seinen Angaben durch Aushang in der Fachhochschule Ende Februar 2002 bekannt gegeben worden war und durch Bescheid vom 14. März 2002 mit Wirkung vom selben Tage zu seiner Zwangsexmatrikulation geführt hatte. Daraufhin hob der Beklagte die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum Februar bis September 2002 auf und forderte u.a. die bereits ausgezahlten Förderbeträge für die Monate Februar bis April 2002 zurück. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass er erst im März 2002 exmatrikuliert worden sei, so dass der Bewilligungsbescheid nicht schon ab 1. Februar 2002 geändert werden dürfe. Nach Zurückweisung seines Widerspruchs hat der Kläger gegen den Änderungs- und Rückforderungsbescheid Klage erhoben, soweit ihm Ausbildungsförderung für die Monate Februar und März entzogen und Erstattung der für diese Zeit geleisteten Zahlungen verlangt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die Ausbildungsförderung für Februar 2002 nicht bewilligt und der hierfür ausgezahlte Betrag vom Kläger zurückverlangt worden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Gemäß § 53 Satz 1 BAföG werde ein Bewilligungsbescheid geändert, wenn sich ein für die Leistung der Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand ändere; zu solchen Umständen gehöre die Beendigung der Ausbildung. Der Zeitpunkt der Beendigung einer Ausbildung nach erfolgloser letztmaliger Zwischenprüfung sei gesetzlich nicht geregelt; eine entsprechende Verwaltungsvorschrift (Tz 15b 4.1 BAföGVwV), wonach der Anspruch auf Förderung mit Ablauf des Monats des endgültigen erfolglosen Ablegens einer erforderlichen Zwischenprüfung ende, sei für das Gericht nicht bindend. § 15b Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BAföG sei als spezielle Regelung für den Abschluss einer Hochschulausbildung auf Zwischenprüfungen nicht entsprechend anwendbar. Der Zeitpunkt der Ablegung der Prüfung sei hier nicht maßgeblich, weil der Auszubildende nach einer Zwischenprüfung weiterhin für den Fortgang seines Studiums zu sorgen habe; solange das Nichtbestehen der Prüfung nicht feststehe, müsse der Studierende weiter am Studienbetrieb teilnehmen, um keine für eine eventuelle Fortsetzung der Ausbildung relevante Lehrveranstaltung zu versäumen. Maßgeblich sei deshalb der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, denn erst ab diesem Zeitpunkt werde für den Auszubildenden erkennbar, dass er sich nicht mehr um den Fortgang seines Studiums zu kümmern brauche, sondern sich anderweitig orientieren müsse. Maßgeblich sei die objektive Möglichkeit, das Prüfungsergebnis zu erfahren; Zeitpunkt und Ort der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses könnten von der Hochschule organisiert werden; dem Auszubildenden sei zuzumuten, sich - in Erwartung des Zwischenprüfungsergebnisses - um eine ihm mögliche Kenntnisnahme zu bemühen und dann seine weitere Lebensplanung danach auszurichten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung von § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG rügt.
Der Kläger tritt der Revision entgegen.

II


Die Revision ist unbegründet. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Abänderung der Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Monat Februar 2002 und die Rückforderung des auf diesen Zeitraum geleisteten Förderungsbetrages rechtswidrig seien, steht mit dem Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) im Einklang.
Kein Streit besteht unter den Beteiligten darüber, dass der Beklagte die bis einschließlich September 2002 erfolgte Bewilligung von Ausbildungsförderung nach § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG ändern und Erstattung gemäß § 53 Satz 3 Halbsatz 2 BAföG in Verbindung mit § 50 SGB X verlangen durfte, nachdem der Kläger seine Ausbildung infolge endgültigen Nichtbestehens der Vordiplomprüfung beendet hatte, und dass die Änderung vom Beginn des auf die Beendigung der Ausbildung folgenden Monats zu erfolgen hatte. Die Beteiligten sind sich jedoch uneinig darüber, zu welchem Zeitpunkt der Kläger seine Ausbildung "beendet" hatte. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses abgestellt.
Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass der Beendigungszeitpunkt hier nicht aus § 15b Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BAföG folgt, wonach für den Abschluss einer Hochschulausbildung stets der Zeitpunkt des letzten Prüfungsteils maßgebend ist. Diese Bestimmung ist - worin sich die Beteiligten ebenfalls einig sind - hier nicht unmittelbar anzuwenden, weil der Kläger seine Fachhochschulausbildung gerade nicht abgeschlossen hat; denn unter "Abschluss" ist nur ein erfolgreicher Abschluss, nicht aber ein Scheitern der Ausbildung infolge endgültigen Nichtbestehens der Abschlussprüfung, und unter dem Abschluss "einer Hochschulausbildung" nicht der Abschluss eines ihrer Ausbildungsabschnitte oder -teile zu verstehen. § 15b Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BAföG ist aber - entgegen der Ansicht des Beklagten - im Falle der Beendigung einer Ausbildung infolge endgültigen Nichtbestehens der Vordiplomprüfung auch nicht entsprechend anwendbar; denn eine solche Prüfung ist nicht mit einer Abschlussprüfung, die vorzeitige Beendigung einer Ausbildung infolge des Scheiterns des Auszubildenden in der Vor-(Zwischen)prüfung nicht mit einem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zu vergleichen.
Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass für das Ende der Ausbildung hier der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses in Form des Aushangs der Prüfungsnoten maßgeblich ist, den der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die Angaben des Klägers, als Ende Februar 2002 erfolgt, angenommen hat. Erst zu diesem Zeitpunkt stand im vorliegenden Fall fest, dass der mit seinem letztmöglichen Prüfungsversuch erfolglose Auszubildende - was auch für die Vorinstanz der entscheidende Gesichtspunkt war - nicht weiterhin für den Fortgang seines Studiums zu sorgen hatte. Ein späterer Zeitpunkt wäre hierfür nur dann in Betracht gekommen, wenn das für die Ausbildung des Klägers maßgebliche Prüfungsrecht eine förmliche und konstitutive Entscheidung über das Nichtbestehen der Prüfung vorgeschrieben hätte, also nicht schon mit der Bekanntgabe der Bewertung der Prüfungsleistung das (endgültige) Nichtbestehen festgestanden hätte.
Die Revision war deshalb mit der Kostenfolge für den Beklagten aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO.