Beschluss vom 18.12.2012 -
BVerwG 1 WB 2.12ECLI:DE:BVerwG:2012:181212B1WB2.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.12.2012 - 1 WB 2.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:181212B1WB2.12.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 2.12

  • BMVg - 26.10.2011 - AZ: PSZ I 7 25-05-10 513/11

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Gerhartz und
den ehrenamtlichen Richter Major Rausch
am 18. Dezember 2012 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die fristgerechte Einplanung und Einsteuerung zur Fortsetzung seiner Facharztausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin bis spätestens 1. Juli 2013.

2 Der 1976 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit einer auf 17 Jahre festgesetzten Dienstzeit, die mit Ablauf des 31. Dezember 2014 enden wird. Zum Oberstabsarzt wurde er am 25. Juli 2008 ernannt. Er wird beim Fachsanitätszentrum ... in der Arztgruppe ... in B... auf einem Dienstposten als Sanitätsstabsoffizier Arzt verwendet.

3 Aufgrund seiner Verpflichtungserklärung vom 23. Oktober 1997, die sich auf eine Dienstzeit von 17 Jahren bezog, stellte das Personalamt der Bundeswehr den Antragsteller mit Verfügung vom 29. Dezember 1997 zum 5. Januar 1998 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in die Bundeswehr ein. Am 8. Januar 1998 nahm der Antragsteller die Ernennungsurkunde zum Soldaten auf Zeit entgegen. Seine Dienstzeit setzte das Personalamt mit Verfügung vom 21. März 2005 auf insgesamt 17 Jahre fest. Mit Verfügung vom 28. Juli 1998 hatte das Personalamt den Antragsteller ab 1. Oktober 1998 zur Durchführung des Studiums der Humanmedizin beurlaubt. Der Antragsteller bestand am 20. Oktober 2004 die Ärztliche Prüfung und erhielt am 22. Oktober 2004 die Approbation als Arzt.

4 Am 13. Mai 2004 führte das Personalamt mit dem Antragsteller ein Personalgespräch über dessen Einplanung für die von ihm angestrebte Weiterbildung im Fachgebiet Allgemeinmedizin. Einvernehmlich wurde für den ersten klinischen Weiterbildungsabschnitt die Verwendung im Bundeswehrzentralkrankenhaus K... in den Abteilungen ... für den Zeitraum vom 1. November 2004 bis zum 31. Januar 2007 festgelegt. Ausweislich des Vermerks vom 7. Juli 2004 über dieses Personalgespräch erhielt der Antragsteller den ausdrücklichen Hinweis, dass weitere Strukturveränderungen der Bundeswehr sowie Änderungen der Bundesärzteordnung und der Weiterbildungsordnungen der zuständigen Ärztekammern möglich seien und dies Einfluss auf die vorgesehene Verwendungsplanung haben könne.

5 Am 5. August 2004 wurde dem Antragsteller ein „Informationsblatt zur Ersteinplanung von Studienabsolventen der Studienfachrichtung Humanmedizin“ vom 23. Juli 2004 bekanntgegeben, in dem das Personalamt darlegte, dass der 106. Deutsche Ärztetag in Köln 2003 eine Novellierung der Muster-Weiterbildungsordnung beschlossen habe. Auf dieser Grundlage würden die zuständigen Landesärztekammern voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2004 neue Weiterbildungsordnungen erlassen. Die derzeit seit 1997 gültige Erlasslage lege einen Weiterbildungszeitraum von insgesamt drei Jahren fest, der jedem ehemaligen Sanitätsoffizieranwärter unabhängig von der eingeschlagenen Fachrichtung gewährt werde. Darüber hinaus gehende Weiterbildungszeiten seien grundsätzlich nur in Verbindung mit einer Statusänderung oder einer Dienstzeitverlängerung möglich. Voraussetzung für die Gewährung der Weiterbildung im Fachgebiet Allgemeinmedizin bleibe grundsätzlich die Übernahme in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin/eines Berufssoldaten bzw. bei Verbleib im Dienstverhältnis SaZ die Verlängerung der Dienstzeit.

6 Mit Schreiben vom 8. März 2006 teilte das Personalamt dem Antragsteller mit, dass die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer für die Gebietsbezeichnung Allgemeinmedizin in den Jahren 1996 und 2003 geändert worden sei. Die Übergangsbestimmungen für den Weiterbildungsabschluss nach einer dreijährigen Weiterbildung könnten nicht mehr genutzt werden. Aus Gründen der Sicherstellung einer dem fachlichen Standard des zivilen Bereichs vergleichbaren medizinischen Versorgung der Soldatinnen und Soldaten seien im Truppensanitätsdienst tätige Sanitätsoffiziere Arzt grundsätzlich im Gebiet Allgemeinmedizin bzw. zukünftig im Gebiet Innere Medizin und Allgemeinmedizin weiterzubilden. Als Voraussetzung für die Gewährung der fünfjährigen Weiterbildung im Fachgebiet Allgemeinmedizin bzw. Innere Medizin und Allgemeinmedizin sei für Sanitätsoffiziere Arzt bei Verbleib im Status eines Soldaten auf Zeit grundsätzlich die Verlängerung der Dienstzeit um zwei Jahre erforderlich. Dieses Schreiben nahm der Antragsteller am 28. März 2006 zur Kenntnis.

7 Im Personalgespräch am 7. Juni 2006 wurde der Antragsteller erneut darauf hingewiesen, dass für die Gewährung der fünfjährigen Weiterbildung im Gebiet Allgemeinmedizin bei Verbleib im Status eines Soldaten auf Zeit grundsätzlich die Verlängerung der Dienstzeit erforderlich sei. Mit dem Ende des klinischen Weiterbildungsabschnittes werde er über 12 Monate Innere Medizin, sechs Monate Chirurgie und sechs Monate Anästhesiologie als anrechenbare Weiterbildungszeit verfügen. Seine Einsteuerung in die Weiterbildung erfolge bedarfsgerecht im Rahmen von Auswahlverfahren nach Eignung, Leistung und Befähigung zeitnah nach der ersten Beurteilung aus der truppenärztlichen Verwendung.

8 Nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 (nunmehr: R II 2 ) - machte der Antragsteller in einer Eingabe an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages vom 5. August 2009 unter anderem geltend, dass ausweislich der Broschüre „Laufbahn der Sanitätsoffizieranwärter“ in der zur Zeit seiner Verpflichtung im Jahr 1997 geltenden Fassung jeder Truppenarzt grundsätzlich zum Facharzt für Allgemeinmedizin ausgebildet werden solle. Dies bedeute, dass, solange in der Person des Sanitätsoffiziers kein Grund für eine Ausnahme bestehe, dieser auch zum Facharzt für Allgemeinmedizin ausgebildet werden müsse, ohne seine Verpflichtungszeit zu verlängern. Er erwarte, dass das Personalamt die in der genannten Werbebroschüre zugesagte Weiterbildung auch dann gewähre, wenn die Weiterbildungszeit für Allgemeinmedizin durch einen Beschluss der Europäischen Union von drei Jahren auf fünf Jahre verlängert worden sei. Jede Abweichung von der bei seiner Einstellung bestehenden Situation werde er als einseitige Vertragsänderung zu seinen Lasten empfinden. Diese Eingabe schloss der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung - ... - mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 ab.

9 Mit Schreiben vom 14. März 2011 beantragte der Antragsteller seine fristgerechte Einplanung und Einsteuerung zur Fortsetzung seiner Facharztausbildung für Allgemeinmedizin bis spätestens 1. Juli 2013, damit diese in der festgesetzten Verpflichtungszeit bis zum 31. Dezember 2014 abgeschlossen werden könne. Zur Begründung legte er dar, dass er nach seiner ursprünglich für SaZ 16 abgegebenen Verpflichtungserklärung auf Anforderung im Oktober 1997 eine neue Verpflichtungserklärung unterschrieben habe, mit der eine Verpflichtungszeit auf 17 Jahre festgesetzt worden sei. Das sei aus seiner Sicht unter der Prämisse erfolgt, dass er entsprechend der im Gesundheitsstrukturgesetz für die Niederlassung als Vertragsarzt in der Kassenärztlichen Vereinigung geforderten Mindestqualifikation grundsätzlich zum Arzt für Allgemeinmedizin weitergebildet werde. Dies sei in den Werbebroschüren der Bundeswehr „Laufbahn der Sanitätsoffiziere“ im Dezember 1995, im März 1997 und im Juli 1998 so erklärt worden.

10 Den Antrag lehnte das Personalamt mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. März 2011 mit der Begründung ab, dass im Sinne eines angemessenen Verhältnisses von Ausbildungs- und Verwendungszeit im Rahmen einer 17-jährigen Dienstzeit neben dem sechsjährigen Hochschulstudium eine dreijährige Weiterbildungszeit vorgesehen gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Einstellung des Antragstellers als SaZ 17 in die Laufbahn der Sanitätsoffiziere im Januar 1998 sei der Abschluss der Gebietsweiterbildung Allgemeinmedizin noch mit einer dreijährigen Weiterbildungszeit möglich gewesen. Mit Inkrafttreten der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Rheinland-Pfalz am 3. Januar 2006 sei an die Stelle der Weiterbildung Allgemeinmedizin die Weiterbildung Innere Medizin und Allgemeinmedizin getreten. Seitdem sei der Abschluss der Gebietsweiterbildung Innere Medizin und Allgemeinmedizin mit einer fünfjährigen Weiterbildungszeit verbunden. Unter Berücksichtigung dieser geänderten Rahmenbedingungen sei der Abschluss der Gebietsweiterbildung Innere Medizin und Allgemeinmedizin grundsätzlich nur im Rahmen einer Dienstzeitverlängerung um zwei Jahre auf 19 Jahre möglich. Eine Zusage zum Abschluss der Gebietsweiterbildung Innere Medizin und Allgemeinmedizin könne dem Antragsteller nur unter der Voraussetzung einer Dienstzeitverlängerung um zwei Jahre erteilt werden.

11 Mit seiner Beschwerde vom 27. April 2011 machte der Antragsteller im Wesentlichen geltend, die Werbebroschüren der Bundeswehr aus Dezember 1995, März 1997 und Juli 1998 enthielten eine verbindliche Zusage, innerhalb der festgesetzten Dienstzeit die gewünschte Weiterbildung und ihren Abschluss zu ermöglichen. Die in den Werbebroschüren insoweit enthaltenen Aussagen stellten Umstände dar, die aus seiner Sicht in den „Vertrag“ einbezogen worden seien. Er habe seine Verpflichtungserklärung im Vertrauen auf diese Zusagen und nur unter der Voraussetzung unterzeichnet, dass die von ihm angestrebte Weiterbildung gewährleistet werde. Im Übrigen sei die Neuregelung der Weiterbildungszeit im Jahr 2005 in Kraft getreten, ohne dass bis zum heutigen Tag eine Übergangsregelung vorhanden sei, die einen sachgerechten Ausgleich zuließe. Die angebotene Verlängerung der Dienstzeit um zwei Jahre trage den Interessen der Sanitätsoffiziere nicht genügend Rechnung.

12 Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Beschwerdebescheid vom 26. Oktober 2011 zurück. Er legte dar, dass der Antragsteller aus den von ihm zitierten Werbebroschüren keinen Anspruch auf die Fortsetzung der verlängerten Weiterbildung zum Facharzt herleiten könne. Aus den Werbebroschüren lasse sich kein das Soldatenverhältnis prägender oder das Personalamt verpflichtender Rechtsbindungswille entnehmen. Sie enthielten keine Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG, sondern seien dazu bestimmt gewesen, Interessenten für den Dienst in den Streitkräften zu gewinnen. Darüber hinaus sei der Dienstherr gemäß § 38 Abs. 3 VwVfG an eine zuvor erteilte Zusage nicht mehr gebunden, wenn - wie hier mit der Änderung der Weiterbildungsordnung geschehen - eine spätere wesentliche Veränderung der Rahmenbedingungen eintrete, die den Dienstherrn veranlasst hätte, die Aus- und Weiterbildung in Kenntnis der Änderung abweichend zu gestalten.

13 Gegen diese ihm am 2. November 2011 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller am 25. November 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 11. Januar 2012 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

14 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und macht insbesondere geltend, dass ihm die beantragte Einsteuerung zur Fortsetzung seiner Weiterbildung aufgrund eines eingetretenen Vertrauensschutzes durch die mehrmaligen Informationen in den Werbebroschüren gewährt werden müsse. Insoweit liege eine bindende Zusage des Bundesministeriums der Verteidigung vor. Die angestrebte Fortsetzung der Weiterbildung sei ihm auch unter dem Aspekt zu bewilligen, dass ein vorrangiger militärisch-personeller Bedarf dafür bestehe. Insoweit berufe er sich auf den Beschluss vom 30. September 2008 - BVerwG 1 WB 31.08 -, dem zu Folge im Fall einer angestrebten Promotion maßgeblich sei, ob ein dienstliches Interesse an der Promotion des Offiziers bestehe. Im Übrigen habe der Bundesminister der Verteidigung die Nutzen-/Kostenrelation zwischen Ausbildungs- und Nutzungszeit falsch berechnet. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass mit der Ermöglichung der Weiterbildung auch den Pflichten des Dienstherrn aus §§ 3 ff. und § 7 SVG Rechnung getragen werde. Er verfüge inzwischen außer der klinischen Weiterbildungszeit über eine weitere einjährige Weiterbildung beim Fachsanitätszentrum I....

15 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

16 Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheides und weist darauf hin, dass von 1993 bis 2005 das Curriculum für die Weiterbildung der Allgemeinmediziner durch die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer auf drei Jahre festgelegt worden sei, um die Voraussetzung für die Anerkennung als Facharzt zu erlangen. Diesem Umstand habe die zitierte Broschüre Rechnung getragen und bestätigt, dass Sanitätsoffiziere, die zum damaligen Zeitpunkt zum Facharzt für Allgemeinmedizin hätten ausgebildet werden sollen, dies im Rahmen der zustehenden Weiterbildungszeit grundsätzlich hätten erreichen können. Vor dem Hintergrund der geänderten Rahmenbedingungen durch europarechtliche Vorgaben bestehe kein dienstliches Interesse, den Antragsteller innerhalb der festgesetzten Dienstzeit von 17 Jahren nunmehr fünf Jahre lang zum Facharzt weiterzubilden. Die Dienstjahre der Sanitätsstabsoffiziere Arzt nach der dreijährigen Weiterbildungszeit dienten vorrangig der Nutzung als Truppenarzt. Ein Weiterbildungsassistent stehe im Weiterbildungszeitraum für seine eigentliche und planerisch bis zu seinem Dienstzeitende festgelegte Aufgabe als Truppenarzt nicht zur Verfügung. Im Sanitätsdienst der Bundeswehr bestehe derzeit eine personelle Unterdeckung von 20 %. Außerdem werde im Rahmen der fünfjährigen Weiterbildungszeit von den Ärztekammern ein ziviler Weiterbildungsanteil von mindestens sechs Monaten gefordert, in dem der auszubildende Sanitätsoffizier dem Dienstherrn nicht zur Verfügung stehe.

17 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - .../11 und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18 Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt.

19 Unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung vom 6. Juni 2011 und des Antragsschreibens vom 25. November 2011 ist sein Rechtsschutzbegehren dahin auszulegen, dass der Antragsteller die Aufhebung der Bescheide des Personalamts der Bundeswehr vom 31. März 2011 und des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 26. Oktober 2011 sowie die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung beantragt, ihn zur Fortsetzung seiner Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin bis spätestens 1. Juli 2013 einzuplanen und einzusteuern, ohne die bis zum 31. Dezember 2014 festgesetzte Dienstzeit von 17 Jahren um zwei Jahre zu verlängern.

20 1. Dieser Antrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

21 Für ihn ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet. Der Antragsteller strebt in der Sache eine Änderung seiner dienstlichen Verwendung an. Für Streitigkeiten, die die dienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen, sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO die Wehrdienstgerichte - hier nach § 21 Abs. 1 WBO das Bundesverwaltungsgericht - sachlich zuständig (stRspr, vgl. zuletzt: Beschluss vom 26. Oktober 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 6.12 und BVerwG 1 WDS-VR 7.12 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>).

22 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23 Der Bescheid des Personalamts vom 31. März 2011 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 26. Oktober 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die angestrebte Einplanung und Einsteuerung zur Fortsetzung seiner Facharztausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin bis spätestens 1. Juli 2013 ohne Verlängerung seiner bis zum 31. Dezember 2014 festgesetzten Dienstzeit von 17 Jahren.

24 a) Der Antragsteller leitet seinen geltend gemachten Anspruch aus einer von ihm behaupteten schriftlichen Zusage in den oben zitierten Werbebroschüren der Bundeswehr her.

25 aa) Diese Werbebroschüren enthalten keine rechtsverbindliche Zusage des Bundesministeriums der Verteidigung, speziell dem Antragsteller ohne Verlängerung seiner auf 17 Jahre festgesetzten Dienstzeit innerhalb dieser Dienstzeit den Abschluss der nunmehr fünfjährigen Weiterbildung zum Arzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin zu ermöglichen.

26 Eine Zusicherung, die das Ermessen der zuständigen Stelle über die Verwendung eines Soldaten rechtswirksam bindet, liegt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann vor, wenn eine zur Überzeugung des Gerichts feststehende eindeutige und auf ein bestimmtes Verhalten gerichtete Erklärung mit Bindungswillen von einem Vorgesetzten abgegeben worden ist oder wird, der zu dieser Erklärung aufgrund der Handlungszuständigkeit seiner Dienststelle und seiner eigenen Stellung in dieser Dienststelle rechtlich befugt ist. Die Zusicherung muss zwar, insoweit abweichend von § 38 Abs. 1 VwVfG, nicht notwendig schriftlich erfolgen; sie muss aber entweder von einer Dienststelle der Bundeswehr oder von einer/einem bestimmten (militärischen) Vorgesetzten erklärt werden, der bzw. dem auch die Entscheidungskompetenz in der Sache zugewiesen ist (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 30. September 2008 - BVerwG 1 WB 31.08 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 48>). Eine derartige Erklärung enthalten die in Rede stehenden Werbebroschüren der Bundeswehr über die „Laufbahn der Sanitätsoffiziere“ nicht. Die exemplarisch dem Senat vorgelegte Broschüre ist nicht von der für die Personalführung der Sanitätsoffiziere zuständigen Stelle herausgegeben worden, sondern vom „Bundesministerium der Verteidigung, Presse und Informationsstab, Referat Nachwuchswerbung“. Diese Stelle hat keine Entscheidungskompetenzen zu der Frage, in welchem Umfang ärztliche Weiterbildungszeiten innerhalb der regulären Dienstzeit der Sanitätsoffiziere zugelassen werden. Die Broschüre bezeichnet sich außerdem ausdrücklich als „Merkblatt“. Sie weist damit lediglich Informationscharakter ohne Rechtsbindungswillen auf. Ihre Erläuterungen stehen unter der Voraussetzung einer Einstellung der pauschal angesprochenen Interessenten für eine Tätigkeit im Sanitätsdienst der Bundeswehr; die Einstellung erfolgt dann jeweils nur einzelfallbezogen. Schon deshalb fehlt es an einer auf einen individuellen Soldaten bezogenen rechtsverbindlichen Zusicherung.

27 bb) Selbst wenn in dem Abschnitt über die Fort- und Weiterbildung in der Broschüre eine förmliche Zusage des Bundesministeriums der Verteidigung zu sehen wäre, speziell dem Antragsteller ohne Verlängerung seiner auf 17 Jahre festgesetzten Dienstzeit innerhalb dieser Dienstzeit den Abschluss der Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin zu ermöglichen, würde sich daraus eine endgültige Ermessensbindung für das Personalamt nicht ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann eine Zusage ihre Bindungswirkung nach § 38 Abs. 3 VwVfG (in analoger Anwendung) verlieren, wenn sich die ihr zugrundeliegenden Verhältnisse nachträglich in wesentlichen Punkten ändern. Die Bindungswirkung entfällt dann grundsätzlich bereits mit der objektiven Änderung der Sach- und Rechtslage, unabhängig von der Bekanntgabe dieser Änderung an den Betroffenen. Von einer solchen wesentlichen nachträglichen Änderung der der unterstellten Zusage zugrundeliegenden Verhältnisse ist auszugehen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage, die die „Geschäftsgrundlage“ für die Zusage bildete, in einer Weise geändert hat, dass die Behörde bei Kenntnis dieser Änderung die Zusage nicht erteilt hätte oder ihr die Einhaltung dieser Zusage nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. z.B. Beschlüsse vom 22. März 1995 - BVerwG 1 WB 81.94 - BVerwGE 103, 219 = Buchholz 316 § 38 VwVfG Nr. 12, vom 4. November 2004 - BVerwG 1 WB 29.04 - und vom 6. Juli 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 5.12 - Rn. 35).

28 Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine mögliche Bindungswirkung aus den Werbebroschüren entfallen, weil die Geschäftsgrundlage im Zeitpunkt der Einstellung des Antragstellers darin bestand, dass die Weiterbildungszeit für die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin drei Jahre umfasst. Insoweit hat der Bundesminister der Verteidigung detailliert dargelegt, dass von 1993 bis 2005 das Curriculum für die Weiterbildung der Allgemeinmediziner durch die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer auf drei Jahre festgelegt war. Eine hiervon abweichende Weiterbildungszeit für den Zeitpunkt seiner Einstellung in die Bundeswehr hat auch der Antragsteller nicht behauptet. Mit dem von ihm in Empfang genommenen Informationsblatt vom 23. Juli 2004 hat der Antragsteller überdies vom Personalamt den Hinweis erhalten, dass die seit März 1997 gültige Erlasslage einen Weiterbildungszeitraum von insgesamt drei Jahren unabhängig von der eingeschlagenen Fachrichtung zugrunde lege.

29 Durch europarechtliche Vorgaben und die Änderung der maßgeblichen Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Rheinland-Pfalz - mithin durch Faktoren, die außerhalb der Einflusssphäre des Bundesministeriums der Verteidigung lagen - hat sich die Weiterbildungszeit im Jahr 2006 auf fünf Jahre verlängert. Darüber ist der Antragsteller zeitnah durch Schreiben des Personalamts vom 8. März 2006 informiert worden. Die Einhaltung der unterstellten Zusage kann dem Bundesministerium der Verteidigung angesichts dieser geänderten Sach- und Rechtslage nicht mehr zugemutet werden, weil sich bei einer Ausbildungs- und Weiterbildungszeit von sechs Jahren für das Studium und von nunmehr fünf Jahren für die Weiterbildung im Verhältnis zur Gesamtdienstzeit des Antragstellers von 17 Jahren eine erhebliche Verschiebung der Kosten-/Nutzen-Relation zulasten des Dienstes als Truppenarzt ergeben würde. Dauer und Kostenintensität der Offizierausbildung mit Studium nötigen den Bundesminister der Verteidigung, eine vernünftige Relation zwischen Ausbildungszeit und praktischer Verwendung in der Truppe zu schaffen. Aufwand und Nutzen der Ausbildung müssen sich in etwa die Waage halten. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildung keinen Selbstzweck darstellt, sondern an dienstlichen Bedürfnissen ausgerichtet werden muss (grundlegend: Beschluss vom 1. April 1976 - BVerwG 1 WB 98.74 - BVerwGE 53, 163, 165). Diese Grundsätze gelten auch für die ärztliche Weiterbildung im Rahmen einer Facharztausbildung.

30 b) Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, eine Ermessensentscheidung des Bundesministers der Verteidigung über die Fortsetzung seiner Weiterbildung sei deshalb geboten, weil daran ein dienstliches Interesse bestehe, wie es der Senat als Voraussetzung für die Zulassung zu einer Promotion im Beschluss vom 30. September 2008 - BVerwG 1 WB 31.08 - formuliert habe. Diese Senatsentscheidung entfaltet für den hier vorliegenden Sachverhalt keine präjudizierende Wirkung. Der Antragsteller verkennt, dass die Promotion grundsätzlich nicht Teil des Studiums ist und deshalb nur bei einem dienstlichen Interesse im Ausnahmefall genehmigt werden kann, wenn die Gesamtstudiendauer dadurch nicht wesentlich erhöht wird und die bisherigen Studienleistungen Aussicht auf Erfolg versprechen. Diese Voraussetzungen sind für die vom Antragsteller hier angestrebte Weiterführung seiner Facharztausbildung irrelevant. Die Weiterbildung zum Facharzt für - nunmehr - Innere Medizin und Allgemeinmedizin ist innerhalb der Dienstzeit grundsätzlich möglich, bedarf aber bei einer drei Jahre überschreitenden Weiterbildungszeit einer Verlängerung der Dienstzeit.

31 c) Der Antragsteller trägt pauschal und ohne nähere Verknüpfung mit seinem Rechtsschutzbegehren vor, dass „die Antragsgegnerin mit der Ermöglichung der Weiterbildung den ihr aus §§ 3 ff., § 7 SVG obliegenden Pflichten Rechnung trägt“. Sollte er insoweit seinen Sachantrag dahin verstanden wissen wollen, dass er - im Hinblick auf die angestrebte Einsteuerung spätestens 18 Monate vor seinem Dienstzeitende - gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 SVG die Bewilligung der Fortsetzung seiner Weiterbildung als Berufsförderung am Ende der Dienstzeit beantragt, bliebe seinem Antrag auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt der Erfolg versagt.

32 Für den Antragsteller ist § 5 SVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. September 2009 (BGBl I S. 3054) zugrunde zu legen, der nach § 102 Abs. 1 SVG in der Fassung des Art. 14 Nr. 20 des Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz) vom 21. Juli 2012 (BGBl I S. 1583, 1595) für die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufenen Soldaten weiter gilt. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SVG beträgt die Gesamtdauer der Förderung am Ende und nach der Wehrdienstzeit für Soldaten mit einer Wehrdienstzeit von 12 und mehr Jahren maximal 60 Monate. Für diese Soldaten sind als Förderungszeit am Ende der Wehrdienstzeit (mit einem Freistellungsanspruch) in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 SVG 24 Monate festgelegt. Die in § 5 Abs. 5 Satz 1 SVG geregelten Förderungszeiten unterliegen nach Maßgabe der Absätze 6 bis 10 der Minderung; vermindern sie sich oder entfallen sie vollständig, führt dies auch zur entsprechenden Herabsetzung der Gesamtförderungsdauer nach Absatz 4 (§ 5 Abs. 5 Satz 2 SVG). Nach § 5 Abs. 9 Satz 1 SVG entfallen für Soldaten auf Zeit in der Laufbahngruppe der Offiziere die Förderungszeiten am Ende der Wehrdienstzeit nach Absatz 5 vollständig, wenn sie nach einem nach den Laufbahnvorschriften geforderten Hochschulabschluss im Sinne des § 1 des Hochschulrahmengesetzes in die Bundeswehr eingestellt worden sind oder im Rahmen ihrer militärischen Ausbildung einen solchen Hochschulabschluss auf Kosten des Bundes erworben haben. Der Antragsteller hat das Studium der Humanmedizin mit der Abschlussprüfung in diesem Sinne auf Kosten des Bundes erworben. Eine Förderungszeit in den letzten 24 Monaten der Dienstzeit steht dem Antragsteller deshalb nicht zu.

33 d) Der vom Antragsteller angestrebte Anspruch lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines „Vertrages“ zwischen ihm und dem Bundesministerium der Verteidigung begründen. Die Rechtsbeziehungen des Antragstellers zum Bundesministerium der Verteidigung als Dienstherrn gründen sich auf § 37 ff. SG. Danach ist das Statusverhältnis des Antragstellers kein Arbeitsvertrag, sondern ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit, in dessen Rahmen dem Bundesministerium der Verteidigung ein Verwendungsermessen nach § 3 Abs. 1 SG zukommt. Dieses Verwendungsermessen für die Ausbildung der Sanitätsoffiziere hatte das Bundesministerium der Verteidigung im Zeitpunkt der Einstellung des Antragstellers dahin gebunden, dass sich Soldaten auf Zeit innerhalb einer maximal zulässigen zwanzigjährigen Dienstzeit bei einer Verwendung im Sanitätsdienst der Bundeswehr für mindestens 17 Jahre zum Dienst in der Bundeswehr verpflichten mussten (§ 40 Abs. 1 SG in der Fassung des Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 <BGBl. I S. 1726>, § 24 Abs. 1 Nr. 3 und § 35 SLV in der Fassung der Bekanntmachung des Gesetzes vom 28. Januar 1998 <BGBl. I S. 326> in Verbindung mit Nr. 320 Satz 1 3. Spiegelstrich, Fn. 2, ZDv 20/7 <1997> in weiterer Verbindung mit dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung - InSan II 3 - Az 16-05-13 - vom 3. März 1997). Die Weiterbildung zum Facharzt war nicht Teil der Ausbildung. Dies folgte aus Nr. 326 ZDv 20/7 (1997), wonach die Ausbildung zum Sanitätsoffizier mit der Beförderung zum Stabsarzt, Stabsveterinär oder Stabsapotheker endet. Die Beförderung zum Stabsarzt oder Stabsveterinär setzte nach Nr. 325 Satz 1 ZDv 20/7 (1997) die Approbation als Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt voraus. Das entspricht in der Sache unverändert auch der geltenden Rechtslage gemäß § 40 Abs. 1 SG, § 30 Abs. 1 Nr. 3 und § 44 SLV in Verbindung mit Nr. 618 3. Spiegelstrich und Nr. 625 Satz 1, Nr. 624 ZDv 20/7.

34 Die Frage, ob und unter welchen zeitlichen und inhaltlichen Voraussetzungen dem Soldaten auf Zeit zusätzlich zu dieser Ausbildung während der Dienstzeit eine Weiterbildung zum Facharzt ermöglicht werden kann, oblag und obliegt der Ermessensentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung. Für diese Ermessensentscheidung gibt es keine vertraglichen Aspekte im Sinne eines arbeitsrechtlichen Vertrages.