Beschluss vom 18.08.2003 -
BVerwG 9 B 51.03ECLI:DE:BVerwG:2003:180803B9B51.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.08.2003 - 9 B 51.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:180803B9B51.03.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 51.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. August 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Prof. Dr. R u b e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. März 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 204,72 € festgesetzt.

Die auf den Revisionszulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Einen Verfahrensmangel sieht die Beschwerde zunächst darin, dass der Vorsitzende des erkennenden Senats des Verwaltungsgerichtshofs gegen die ihm obliegende Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO verstoßen habe, weil das Gericht in seinen Entscheidungsgründen ohne vorherigen Hinweis und mithin überraschend die Gebührenkalkulation der Beklagten nicht als Beleg dafür angesehen habe, dass die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung unter 12 % der Gesamtentwässerungskosten liegen. Diese Rüge greift nicht durch. Zwar verbietet die genannte Vorschrift, dass ein bis dahin nicht erörterter rechtlicher oder tatsächlicher Gesichtspunkt zur Grundlage einer Entscheidung gemacht wird und der Rechtsstreit damit eine Wendung erhält, mit der die Beteiligten nicht gerechnet haben und nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerfGE 86, 133 <144 f.> m.w.N.). Gegen dieses Verbot hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht verstoßen. Wie sich aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 25. März 2003 ergibt, hat der Vorsitzende ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass es nicht ausgeschlossen sei, (das Gericht) könnte im Hinblick auf den bisherigen Sachvortrag zu dem Ergebnis gelangen, dass die Erheblichkeitsschwelle von 12 % für die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung unter- oder überschritten sei". Das schließt die dem Urteil zugrunde liegende tatsächliche Würdigung ersichtlich mit ein. Aus dem Umstand, dass der Vorsitzende für den nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht gegebenen Fall unklarer Beweislage, nämlich einer lediglich nicht auszuschließenden Überschreitung der 12 %-Grenze, (nur) dem Kläger zu einem entsprechenden Beweisantrag geraten hat, konnte die Beklagte nichts anderes und insbesondere keinen Hinweis auf die Erfüllung ihrer Darlegungslast herleiten. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat damit erkennbar und in Übereinstimmung mit der jüngsten Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 17. April 2002 - BVerwG 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188) lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es sich in diesem Fall nicht auf "ungefragte Fehlersuche" begeben werde.
Soweit die Beschwerde darüber hinaus rügt, der Verwaltungsgerichtshof hätte über die Einhaltung der 12 %-Grenze Beweis erheben müssen, und darin einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht sieht, verkennt sie, dass der Verwaltungsgerichtshof aufgrund einer konkreten Würdigung der von der Beklagten vorgelegten Kalkulation und nicht lediglich aufgrund einer bloßen Beweislastentscheidung die tatsächliche Grundlage seiner Entscheidung gewonnen hat. Von daher kann sich lediglich die Frage stellen, ob der Verwaltungsgerichtshof zu weiterer Sachverhaltsaufklärung verpflichtet gewesen wäre. Insoweit erfüllt die Beschwerde die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO jedoch nicht. Denn sie beschränkt sich mit ihren Rügen, der Verwaltungsgerichtshof hätte zum Beweis der Tatsache, dass der Grundstücksoberflächenentwässerungsanteil nur 10,57 % betrage, ein Sachverständigengutachten einholen und zur Behauptung, dass die Kostenanteile der einzelnen Bauwerke auf Grundlage der Verwendungsnachweise korrekt zugeordnet worden seien, einen bestimmten Zeugen hören müssen, auf eine pauschale Kritik der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs, ohne sich mit den entsprechenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auseinander zu setzen und ohne konkret deutlich zu machen, hinsichtlich welcher, nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblicher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. zu den Anforderungen näher BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Ebenso wenig sind in diesem Zusammenhang Verstöße gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs oder die gerichtliche Hinweispflicht substantiiert dargetan (vgl. auch insoweit BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2 GKG.