Beschluss vom 18.04.2012 -
BVerwG 10 B 8.12ECLI:DE:BVerwG:2012:180412B10B8.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.04.2012 - 10 B 8.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:180412B10B8.12.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 8.12

  • Bayer. VG Regensburg - 22.10.2010 - AZ: VG RO 8 K 10.30293
  • Bayerischer VGH München - 02.02.2012 - AZ: VGH 13a B 11.30335

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. April 2012
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski
beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Februar 2012 wird verworfen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil seine Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2 Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt den geltend gemachten Zulassungsgrund nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.

3 Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird, die sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde. Eine solche Rechtsfrage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.

4 Die Beschwerde hält im Rahmen des vom Kläger im Berufungsverfahren verfolgten Verpflichtungsbegehrens auf Feststellung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG, hilfsweise eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak die Fragen für klärungsbedürftig,
„ob ein irakischer Staatsangehöriger yezidischen Glaubens, der in Mosul 3 1/2 Jahre lang als Polizist gearbeitet hat, im Falle seiner Rückkehr in den Irak eine individuelle Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG droht" (Schriftsatz vom 31. März 2012)“
und
„inwieweit irakischen Staatsangehörigen yezidischen Glaubens, die aus dem Sinjar stammen, unter Berücksichtigung der ihnen tatsächlich offen stehenden Fluchtalternativen religiös motivierte Verfolgungshandlungen seitens nichtstaatlicher Akteure i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Satz 4 lit.c) AufenthG drohen“ (Schriftsatz vom 4. April 2012).

5 Mit diesen Fragen zielt die Beschwerde im Kern nicht auf eine Rechtsfrage, sondern auf die dem Tatsachengericht vorbehaltene Prognose, ob dem Kläger aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse angesichts der politischen Gegebenheiten in seiner Heimat bei einer Rückkehr eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG bzw. Verfolgung nach § 60 Abs. 1 AufenthG droht. Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass das Berufungsgericht weder in der Zugehörigkeit des Klägers zur Religionsgemeinschaft der Yeziden noch in seiner vormaligen Tätigkeit bei der Polizei individuelle gefahrerhöhende Umstände gesehen hat, die die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr für den Kläger als Angehörigen der Zivilbevölkerung rechtfertigen könnten. Sie greift damit der Sache nach die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu den Prognosegrundlagen sowie die darauf aufbauende Prognose als Teil der Beweiswürdigung an und stellt dem ihre eigene Einschätzung der Sachlage entgegen, ohne insoweit eine konkrete Rechtsfrage aufzuzeigen. Der Kläger selbst bezeichnet die von ihm aufgeworfenen Fragen jeweils als „Tatsachenfrage von grundsätzlicher Bedeutung“.

6 Soweit die Beschwerde auf das Zusammenspiel zweier aus Sicht des Klägers gefahrerhöhender Merkmale verweist, legt sie im Übrigen nicht dar, warum sich diese Frage in einem Revisionsverfahren stellen sollte. Denn in diesem Verfahren wäre das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden, das nach seiner Würdigung der Auskunftslage zu der Überzeugung gelangt ist, dass weder in der Zugehörigkeit des Klägers zur Gruppe der Yeziden noch in seiner vormaligen Tätigkeit bei der Polizei Umstände liegen, die zu einer hinreichende Gefahrenverdichtung führen. Mit ihrem Vorbringen kann die Beschwerde deshalb die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erreichen.

7 Soweit sich die mit Schriftsatz vom 4. April 2012 aufgeworfene Frage auf die Gewährung von Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG bezieht, verkennt sie überdies, dass dieser schon nicht (mehr) Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Berufungsgericht gewesen ist. Das Berufungsgericht hat in seinem Beschluss vom 23. August 2011 - 13a ZB 10.30433 - die Berufung nur „hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zugelassen“ und den Zulassungsantrag im Übrigen abgelehnt. Damit ist die Versagung von Flüchtlingsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG in Rechtskraft erwachsen.

8 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.