Beschluss vom 18.02.2008 -
BVerwG 6 C 45.07ECLI:DE:BVerwG:2008:180208B6C45.07.0

Beschluss

BVerwG 6 C 45.07

  • VG Köln - 26.10.2005 - AZ: VG 21 K 4639/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn
und Dr. Bier
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Oktober 2005 ist wirkungslos.
  2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Das von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärte Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 141 Satz 1 VwGO einzustellen. Die vorinstanzliche Entscheidung ist analog § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO wirkungslos.

2 Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In der Regel entspricht es billigem Ermessen, gemäß dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten dem Beteiligten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung voraussichtlich unterlegen wäre. Jedoch befreit der dem § 161 Abs. 2 VwGO zugrunde liegende Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit das Gericht von dem Gebot, anhand eingehender Erwägungen abschließend über den Streitstoff des in der Hauptsache erledigten Verfahrens zu entscheiden. Wirft der Rechtsstreit schwierige Fragen auf, so entspricht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig billigem Ermessen, die Verfahrenskosten in Anlehnung an § 155 Abs. 1 VwGO zu teilen. Dies gilt auch im vorliegenden Fall.

3 Zwar steht nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2007 - C-262/06 - (EuZW 2008, 54) fest, dass der angefochtene Beschluss der Beklagten vom 18. Juli 2005 fehlerhaft ist. Denn § 43 Abs. 6 Satz 1 TKG 1996, dessen übergangsweise Fortgeltung gemäß § 150 Abs. 1 TKG 2004 nach dem vorgenannten Urteil nicht zweifelhaft ist, sah im Unterschied zu § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG 2004 die Pflicht zur Gewährung der Betreiberauswahl und der Betreibervorauswahl unmittelbar kraft Gesetzes vor und enthielt keine Ermächtigung, die betreffende Verpflichtung durch Verwaltungsakt aufzuerlegen. Dies schließt aber die Möglichkeit nicht aus, den angefochtenen Beschluss unter den in § 47 VwVfG genannten Voraussetzungen in einen - die vorübergehend fortbestehende Pflicht zur Betreiber(vor)auswahl - feststellenden Verwaltungsakt umzudeuten. Die Umdeutung hängt u.a. davon ab, ob der fehlerhafte Verwaltungsakt auf das gleiche Ziel gerichtet ist wie der andere Verwaltungsakt (s. auch Urteil vom 14. Februar 2007 - BVerwG 6 C 28.05 - Buchholz 242.066 § 150 TKG Nr. 3 Rn. 28 zur Umdeutung des Widerrufs einer Regulierungsverpflichtung in die Feststellung ihres Erlöschens).

4 Im vorliegenden Fall lässt sich die Frage der Zielgleichheit beider Verwaltungsakte ohne eingehende Prüfung nicht eindeutig beantworten: Hinsichtlich des Ausspruchs, dass die Klägerin (weiterhin) verpflichtet ist, Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl zu ermöglichen, wäre zwar der feststellende Verwaltungsakt auf das gleiche Ziel gerichtet wie der verpflichtende Verwaltungsakt. Andererseits zielte die auf § 40 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG 2004 gestützte vorläufige Regulierungsverfügung darauf, auch hinsichtlich etwaiger missbrauchsaufsichtlicher oder sonstiger Anordnungsbefugnisse neues Recht zur Anwendung zu bringen, während sich eine nach § 43 Abs. 6 TKG 1996 i.V.m. § 150 Abs. 1 TKG 2004 einstweilen fortbestehende Pflicht zur Betreiber(vor)auswahl auch hinsichtlich solcher Befugnisse noch nach altem Recht richtete (s. auch Urteil vom 19. September 2007 - BVerwG 6 C 34.06 - NVwZ 2008, 84 Rn. 16). Ob vor diesem Hintergrund Zielgleichheit i.S.v. § 47 Abs. 1 VwVfG bestand, ließe sich nur aufgrund eingehender rechtlicher Erwägungen entscheiden, wie sie nach Erledigung der Hauptsache nicht mehr geboten sind.

5 Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.