Beschluss vom 17.12.2010 -
BVerwG 9 B 60.10ECLI:DE:BVerwG:2010:171210B9B60.10.0

Beschluss

BVerwG 9 B 60.10

  • Bayerischer VGH München - 02.03.2010 - AZ: VGH 8 BV 08.3320

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Dezember 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Prof. Dr. Korbmacher
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. März 2010 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage mit doppelter Begründung abgewiesen: Der Kläger sei nicht klagebefugt, da eine Rechtsverletzung allein durch die angegriffene Straßenumbenennung ausgeschlossen sei. Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handele es sich bei der Straßenbenennung um keinen begünstigenden Verwaltungsakt; sie gewähre niemandem eine geschützte Rechtsposition. Selbst wenn sich aus dem postmortalen Persönlichkeitsrecht des Großvaters des Klägers eine Klagebefugnis gegen die Straßenumbenennung ergäbe, wäre die Klage jedenfalls nicht begründet. Dem Kläger könnten auch in diesem Falle keine weitergehenden Rechte als den betroffenen Anliegern zustehen.

3 Ist eine Entscheidung - wie hier - auf mehrere, jeweils für sich selbständig tragende Gründe gestützt worden, kann eine Beschwerde nach § 132 Abs. 2 VwGO nur Erfolg haben, wenn der Zulassungsgrund bei jedem der Urteilsgründe geltend gemacht und gegeben ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Die gegenüber der „Hauptbegründung“ allein erhobene Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greift nicht durch, so dass es auf sämtliche die „Hilfsbegründung“ betreffenden Rügen nicht weiter ankommt.

4 Die Verfahrensrüge hinsichtlich der „Hauptbegründung“ wird schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gerecht. Danach ist ein Verfahrensverstoß nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Daran fehlt es.

5 Die Rüge, das Berufungsgericht habe nicht über den Streitgegenstand, die Umbenennung der Mstraße, entschieden und dadurch seine Verpflichtung nach § 107 VwGO zur Entscheidung durch Urteil verletzt, zielt im Gewand einer Verfahrensrüge auf die Rechtsauffassung der Vorinstanz, eine Überprüfung der Umbenennungsentscheidung vom 20. Februar 2008 könne der Kläger mangels Klagebefugnis nicht im Klagewege durchsetzen. Dies gilt gleichermaßen für die weitere Kritik, die Entscheidung verletze mit der Verneinung der Klagebefugnis des Klägers § 42 Abs. 2 VwGO. Zwar kann in der Entscheidung durch Prozessurteil anstatt durch Sachurteil ein Verfahrensfehler liegen (vgl. Beschluss vom 4. Juli 1968 - BVerwG 8 B 110.67 - BVerwGE 30, 111 <113>). Dies ist der Fall, wenn eine solche Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht, z.B. einer Verkennung ihrer Begriffsinhalte (vgl. zu § 42 Abs. 2 VwGO Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 S. 1 f.). Die Beschwerde hat jedoch nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise einen solchen Verstoß dargetan. Sie hat nicht dargelegt, inwiefern das Gericht von einem unzutreffenden Verständnis des Prozessrechts geleitet gewesen sei, sondern beanstandet vielmehr in Wahrheit lediglich, dass die Vorinstanz die dem Kläger zukommende materiellrechtliche Position nicht richtig gewertet habe. Ein solcher Vortrag reicht für die Bezeichnung eines Verstoßes gegen § 42 Abs. 2 VwGO nicht aus (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2007 - BVerwG 8 B 97.07 - juris Rn. 5).

6 Schließlich beschränkt sich auch die Rüge, die Vorinstanz habe sich durch die Ausführungen in der „Hauptbegründung“ hinsichtlich der materiellen Rechtsposition vollständig festgelegt, darauf, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs als rechtsfehlerhaft anzugreifen, ohne die angeblich verletzte Verfahrensvorschrift zu benennen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.