Verfahrensinformation

Der damals als Leitender Senatsrat (Besoldungsgruppe B 4) im Dienst des Beklagten stehende Kläger wurde 2001 im Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer bis zum Eintritt in den Ruhestand zum Senatsdirigenten (Besoldungsgruppe B 5) ernannt. Nach seiner Pensionierung 2004 erhielt er Ruhegehalt, das nach seinem früheren Amt der Besoldungsgruppe B 4 bemessen war. Gesetzlich ist vorgesehen, dass auf Zeit ernannte Beamte in leitenden Funktionen nur dann nach ihrem letzten Amt versorgt werden, wenn sie das Führungsamt vor ihrer Pensionierung mindestens fünf Jahre innegehabt haben. Das Bundesverwaltungsgericht wird zu prüfen haben, ob diese Bestimmung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.


Pressemitteilung Nr. 93/2009 vom 17.12.2009

Keine Versorgung aus Führungsamt auf Zeit

Wer nach dreijähriger Ausübung eines Amtes mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit in den Ruhestand tritt, kann Versorgung nicht nach dem Beförderungsamt, sondern nur nach dem auf Lebenszeit innegehabten niedrigeren Amt erhalten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger war im Jahre 2001 vom Leitenden Senatsrat zum Senatsdirigenten befördert worden, im Hinblick auf die damals geltende Berliner Rechtslage für Beamte mit leitender Funktion allerdings nur im Beamtenverhältnis auf Zeit. Nach seiner Pensionierung im Jahre 2004 begehrte er Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung seiner Ernennung zum Senatsdirigenten. Das beklagte Land hat dies abgelehnt, weil er das auf Zeit übertragene Amt nicht, wie das Beamtenversorgungsgesetz es vorsieht, fünf Jahre, sondern nur etwas mehr als drei Jahre ausgeübt hat.


Die Ernennung eines Beamten in leitender Position im Beamtenverhältnis auf Zeit für mehr als zwei Jahre ist zwar verfassungswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht zu einer vergleichbaren Regelung in Nordrhein-Westfalen 2008 festgestellt hat. Die darauf abgestimmte Regelung des Beamtenversorgungsgesetzes muss aber nicht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Sie trifft für den Kläger keine ungünstigere Regelung als die allgemeinen Bestimmungen. Danach wird ein Ruhegehalt nur gewährt, wenn der Beamte eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren abgeleistet hat. Da der Kläger - wenn auch zu Unrecht - im Beamtenverhältnis auf Zeit ernannt war, kommt es auf die Dauer dieses Beamtenverhältnisses an. Ein Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu, weil das Land kein Verschulden trifft. Es hatte durch Gesetz von einer Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, die ihm durch Bundesrecht eingeräumt war.


BVerwG 2 C 71.08 - Urteil vom 17.12.2009


Urteil vom 17.12.2009 -
BVerwG 2 C 71.08ECLI:DE:BVerwG:2009:171209U2C71.08.0

Leitsätze:

Die Berufung eines bereits auf Lebenszeit ernannten Beamten in ein Amt mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit ist auch dann wirksam, wenn die Berufung auf Zeit wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig ist.

Der auf Zeit berufene Beamte erhält nur dann Versorgung nach dem Führungsamt, wenn er dieses Amt mindestens fünf Jahre lang ausgeübt hat.

Urteil

BVerwG 2 C 71.08

  • VG Berlin - 09.07.2008 - AZ: VG 7 A 264.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Hartung
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der am ... 1939 geborene Kläger stand als Leitender Senatsrat (Besoldungsgruppe B 4) im Dienst des Beklagten. Am 24. Juli 2001 ernannte ihn der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer vom 1. August 2001 bis zum Eintritt in den Ruhestand, längstens bis zum 31. Juli 2006, zum Senatsdirigenten (Besoldungsgruppe B 5). Gegen die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage, die er jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im Juli 2008 zurücknahm. Zum 1. Dezember 2004 trat er wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand.

2 Mit Bescheid vom 26. Oktober 2004 setzte der Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers auf der Grundlage des zuvor bekleideten Amtes eines Leitenden Senatsrates (Besoldungsgruppe B 4) fest. Den Widerspruch des Klägers wies er mit der Begründung zurück, das Amt des Senatsdirigenten sei ihm nicht mindestens fünf Jahre übertragen gewesen. Mit seiner Klage begehrt der Kläger, ihm rückwirkend zum 1. Dezember 2004 Versorgungsbezüge der Besoldungsgruppe B 5 zu gewähren, hilfsweise, ab diesem Datum den Differenzbetrag zwischen der Versorgung aus der Besoldungsgruppe B 4 und B 5 zu zahlen.

3 Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Einer Versorgung aus dem letzten Amt der Besoldungsgruppe B 5 stehe die Regelung des § 15a Abs. 4 BeamtVG entgegen. Die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit setze voraus, dass dem Beamten das Amt mindestens fünf Jahre übertragen worden sei. Dem Kläger sei das Amt des Senatsdirigenten aber nur bis zum Eintritt in den Ruhestand und damit für etwas mehr als drei Jahre übertragen worden. Der Kläger sei wirksam zum Beamten auf Zeit ernannt worden, und zwar selbst dann, wenn die Übertragung von Ämtern mit leitenden Funktionen im Beamtenverhältnis auf Zeit wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig gewesen sein sollte.

4 Der Wortlaut des § 15a Abs. 4 BeamtVG sei eindeutig. Der Gesetzgeber habe Beamte, die wegen Erreichens der Altersgrenze vor Ablauf der fünfjährigen Frist in den Ruhestand treten, nicht planwidrig in die Regelung einbezogen. Es sei nicht möglich, diese Gruppe von Beamten im Wege der teleologischen Reduktion von der Regelung auszunehmen.

5 § 15a Abs. 4 BeamtVG sei auch nicht verfassungswidrig. Der vom Gesetzgeber gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtende Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt lasse zwar eine Wartefrist von mehr als zwei Jahren nicht zu. Der Gesetzgeber sei aber nicht gehindert, für das Beamtenverhältnis auf Zeit abweichende versorgungsrechtliche Regelungen zu treffen. Der Beamte auf Zeit werde gerade nicht auf Lebenszeit alimentiert. Soweit der Beamte erstmals in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen werde, stehe ihm eine Versorgung erst nach einer Dienstzeit von fünf Jahren zu. Die Regelung des § 15a Abs. 4 BeamtVG weiche daher nicht von dem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums ab, die Versorgung von einer gewissen Dauer der Dienstzeit abhängig zu machen.

6 Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Dem Kläger stehe kein Ausgleichsanspruch aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung, des Schadensersatzes oder des enteignungsgleichen Eingriffs zu. Für den Folgenbeseitigungsanspruch fehle es bereits an einem rechtswidrigen Eingriff bzw. Unterlassen. Die Ernennung zum Beamten auf Zeit sei eine Begünstigung, der Zusatz „auf Zeit“ sei keine isoliert anfechtbare Nebenbestimmung. Dem Anspruch auf Beförderung zum Senatsdirigenten auf Lebenszeit habe die frühere Regelung des § 10b LBG entgegengestanden. Zum Zeitpunkt der Aufhebung dieser Vorschrift im November 2005 habe sich der Kläger bereits im Ruhestand befunden. Eine rückwirkende Ernennung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sei gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LBG unzulässig und unwirksam.

7 Ein Anspruch auf Schadensersatz scheitere daran, dass sich der Dienstherr nicht rechtswidrig und schuldhaft verhalten habe. Der Kläger habe nach damals geltendem Recht nur zum Beamten auf Zeit ernannt werden können. Auch wenn § 10b LBG verfassungswidrig gewesen sein sollte, scheide ein Anspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs wegen der nachteiligen Folgen legislativen Unrechts aus.

8 Gegen dieses Urteil richtet sich die Sprungrevision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Juli 2008 sowie den Versorgungsfestsetzungsbescheid des Landesverwaltungsamts Berlin vom 26. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger ab dem 1. Dezember 2004 Versorgung aus dem Amt eines Senatsdirigenten (Besoldungsgruppe B 5) zu gewähren,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger ab dem 1. Dezember 2004 den Differenzbetrag zwischen den Versorgungsbezügen für die Besoldungsgruppen B 4 und B 5 zu zahlen.

9 Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

10 Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung auf der Grundlage des Amtes eines Senatsdirigenten (Besoldungsgruppe B 5).

11 Rechtsgrundlage für die Versorgung eines ehemaligen Beamten ist § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG. Maßgebend ist danach zum einen die ruhegehaltfähige Dienstzeit, zum anderen die Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Letztere richten sich grundsätzlich nach dem vor dem Eintritt in den Ruhestand innegehabten Amt.

12 1. Der Kläger ist am 24. Juli 2001 wirksam zum Senatsdirigenten (Besoldungsgruppe B 5) ernannt worden.

13 Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes des Landes Berlin (LBG) in der Fassung vom 22. Juli 1999 (GVBl S. 422) konnte dieses Amt als sogenanntes Amt mit leitender Funktion zunächst nur im Beamtenverhältnis auf Zeit für fünf Jahre verliehen werden. Eine Verlängerung war nicht, eine erneute Übertragung einmal zulässig (§ 10b Abs. 1 Satz 2 LBG). Regelmäßig waren solche Ämter somit erst nach Ablauf zweier je fünfjähriger Amtsperioden, also nach zehn Jahren, im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erreichbar. Lediglich bei „herausragenden Führungsleistungen“ konnten sie gemäß § 10b Abs. 1 Satz 3 LBG bereits nach der ersten fünfjährigen Amtsperiode im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen werden. Allerdings fällt die mit dem Amt eines Senatsdirigenten verbundene Aufgabe unter den Begriff der Führungsaufgaben mit Ergebnisverantwortung im Sinne des § 5 Abs. 1 des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes vom 17. Mai 1999 (GVBl S. 171). Darunter fallen unter anderem in den Senatsverwaltungen die Leitung der Abteilung als Leistungs- und Verantwortungszentrum und die Leitung einer Serviceeinheit. Nach § 10b Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 LBG konnten solche Aufgaben auch bei „herausragender Führungsleistung“ erst nach erneuter Übertragung, im Ergebnis also erst nach Ablauf von zehn Jahren, im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen werden. Der Kläger konnte daher nach den damals geltenden Bestimmungen nicht im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Senatsdirigenten befördert werden.

14 Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 10b LBG bestehen durchgreifende Bedenken.

15 § 10b LBG beruht auf der bundesrechtlichen Ermächtigung des § 12b BRRG. Die vergleichbare, auf derselben Ermächtigung beruhende nordrhein-westfälische Regelung über die Vergabe der Ämter mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von zehn Jahren (§ 25b LBG NW) hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - (BVerfGE 121, 205 <219 ff.>) für verfassungswidrig erklärt. Aus den Gründen dieses Beschlusses und des zugrunde liegenden Vorlagebeschlusses des Senats vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06 , 26.06 und 29.07 - (BVerwGE 129, 272 <279 ff.>) hat der Senat keine Zweifel daran, dass auch § 10b LBG verfassungswidrig ist.

16 Die Verfassungswidrigkeit der Regelung berührt jedoch nicht die Wirksamkeit der Ernennung des Klägers zum Senatsdirigenten.

17 § 7 Abs. 1 Nr. 2 LBG sieht vor, dass der Beamte im Beamtenverhältnis auf Zeit zu ernennen ist, wenn er auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften nur auf bestimmte Dauer für derartige Aufgaben verwendet werden darf (Buchst. a) oder wenn dem Beamten ein Amt mit leitender Funktion im Sinne des § 10b übertragen wird (Buchst. b).

18 Der Kläger ist nach der zweiten Alternative ernannt worden. Für eine Ernennung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a LBG bestand keine Möglichkeit, weil hier Beamtenverhältnisse gemeint sind, die - wie etwa die Ämter kommunaler Wahlbeamter oder bestimmte Hochschulämter - ausnahmsweise nur für eine bestimmte, häufig an der Dauer der Wahlperiode orientierte Dauer übertragen werden dürfen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BRRG). Zu diesen Ämtern zählt das dem Kläger übertragene Amt eines Senatsdirigenten nicht. Die Aufgaben eines Senatsdirigenten sind Querschnittsaufgaben, die auf Dauer wahrzunehmen sind.

19 Es bedarf keiner Entscheidung, ob die hier anzunehmende Nichtigkeit des § 10b LBG auch § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b LBG erfasst, der auf diese Vorschrift ausdrücklich Bezug nimmt. Es liegt kein Grund vor, diese Ernennung über die insoweit gesetzlich abschließend vorgesehenen Gründe des § 8 Abs. 2 Satz 3 LBG hinaus als Nichternennung anzusehen - etwa weil das Amt oder das Dienstverhältnis vom Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. Urteile vom 9. Juni 1983 - BVerwG 2 C 31.80 - Buchholz 237.7 § 8 LBG NW Nr. 1 und vom 23. Februar 1989 - BVerwG 2 C 25.87 - BVerwGE 81, 282 <287> = Buchholz 237.6 § 18 NdsLBG Nr. 2). Überdies könnte ein Amt in leitender Funktion ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht auch im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen werden, wenn die Zeit dieser Übertragung zwei Jahre nicht übersteigt (vgl. zum vergleichbaren Fall der auf zwei Jahre befristeten Übertragung einer Führungsposition im Beamtenverhältnis auf Probe: Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 2 C 10.06 - BVerwGE 128, 231 <236 ff.> = Buchholz 237.7 § 25a NWLBG Nr. 1). Der Kläger ist durch die Ernennung vom 24. Juli 2001 unter Einhaltung der in § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 LBG vorgeschriebenen formellen Voraussetzungen in ein Amt und in ein Beamtenverhältnis berufen worden, die jeweils gesetzlich vorgesehen waren. Selbst wenn der Kläger bei der Beförderung zum Senatsdirigenten aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für mehr als zwei Jahre in ein Beamtenverhältnis auf Zeit hätte berufen werden dürfen, ändert dies nichts daran, dass er tatsächlich in dieses Beamtenverhältnis berufen worden ist.

20 Es liegen auch keine Gründe vor, die Ernennung als nichtig anzusehen. Die insoweit in § 14 LBG aufgeführten Nichtigkeitsgründe sind mit Rücksicht auf den Grundsatz der Rechtssicherheit und der Ämterstabilität abschließend (vgl. Urteil vom 1. Februar 1978 - BVerwG 6 C 9.77 - BVerwGE 55, 212 <216> = Buchholz 232 § 6 BBG Nr. 5 und Beschluss vom 22. März 1985 - BVerwG 2 B 17.85 - Buchholz 238.5 § 19 DRiG Nr. 1). Sie knüpfen an besonders schwerwiegende Mängel an. Selbst eine Ernennung unter Verstoß gegen ein rechtliches Verbot führt nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Rücknehmbarkeit der Ernennung (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 LBG). Das muss erst recht gelten, wenn die Ernennung im Einklang mit Rechtsvorschriften steht, die zwar materiell verfassungswidrig sind, aber formell ordnungsmäßig zustandegekommen und bisher in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht für nichtig erklärt worden sind. Hierfür spricht auch § 82 Abs. 1 i.V.m. § 79 Abs. 2 BVerfGG. Danach bleiben vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt.

21 2. Bei der Bemessung der dem Kläger zustehenden Versorgung ist allerdings zu berücksichtigen, dass ihm die Dienstbezüge der Besoldungsgruppe B 5 nur in seinem Beamtenverhältnis auf Zeit zugestanden haben. Für diesen Fall regelt § 15a Abs. 2 BeamtVG, dass sich aus Beamtenverhältnissen auf Zeit, die nach § 12b BRRG begründet worden sind, kein selbstständiger Anspruch auf Versorgung ergibt. Tritt ein Beamter auf Zeit nach Ablauf der ersten Amtszeit wieder in sein vorheriges Amt im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ein, berechnen sich die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Zusätzlich erhält der Versorgungsempfänger einen Unterschiedsbetrag, sofern er das Beförderungsamt mindestens fünf Jahre innehatte (§ 15a Abs. 3 BeamtVG). Tritt der Beamte auf Zeit wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand, berechnen sich die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit, wenn dem Beamten das Amt mindestens fünf Jahre übertragen war (§ 15a Abs. 4 BeamtVG).

22 § 15a Abs. 4 BeamtVG ist auf den Fall des Klägers anwendbar. Die Bestimmung gilt ausdrücklich gerade auch dann, wenn der Beamte auf Zeit wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand tritt. Mit Recht ist das Verwaltungsgericht der Überlegung des Klägers nicht gefolgt, der Gesetzgeber habe den Fall eines vor Ablauf von fünf Jahren in den Ruhestand tretenden Beamten in leitender Position nur versehentlich oder planwidrig in die Regelung einbezogen. Vielmehr privilegiert die Vorschrift diesen Personenkreis: Hat der auf Zeit ernannte Beamte das Amt zumindest fünf Jahre lang innegehabt und tritt dann in den Ruhestand, so erhält er entgegen der Grundregel des § 15a Abs. 2 BeamtVG Versorgungsbezüge nach dem auf Zeit verliehenen Amt. Das ist eine Besserstellung gegenüber den Beamten, die nach Ablauf der Zeit, für die ihnen das Führungsamt verliehen worden ist, nicht auf Lebenszeit ernannt werden, sondern als aktive Beamte in ihr altes Amt zurückkehren. Sie erhalten im Ruhestand nur Versorgungsbezüge nach dem auf Lebenszeit verliehenen Amt, auch wenn sie das auf Zeit verliehene Führungsamt zehn Jahre lang innegehabt haben. Sie erhalten - allenfalls - zusätzlich einen Unterschiedsbetrag, bei dessen Berechnung die Höhe der unterschiedlich hohen Dienstbezüge berücksichtigt wird, und dies auch nur in Höhe eines Viertels bis maximal zur Hälfte (§ 15a Abs. 3 BeamtVG).

23 Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 15a Abs. 4 BeamtVG nicht. Bei der Anwendung der Vorschrift ist die Dauer der tatsächlichen Wahrnehmung des Amts maßgebend; sie betrug etwas mehr als drei Jahre. Ohne Bedeutung ist es, dass dem Kläger das Amt „vom 1. August 2001 bis zum Eintritt in den Ruhestand, längstens bis zum 31. Juli 2006“, also nominell für bis zu fünf Jahren übertragen worden ist. Die volle Dauer der Übertragung wäre erst wirksam geworden, wenn der Kläger über die gesetzliche Altersgrenze hinaus bis zum 31. Juli 2006 hätte Dienst leisten dürfen, was nicht der Fall gewesen ist.

24 Der Senat kann offenlassen, ob § 15a BeamtVG ganz oder teilweise verfassungswidrig ist.

25 Soweit sich die Vorschrift auf Ämter mit leitender Funktion bezieht, die im Beamtenverhältnis auf Zeit für mehr als zwei Jahre übertragen worden sind, sprechen gute Gründe für die Annahme, dass sie ebenfalls verfassungswidrig und damit nichtig ist. Sie ist insgesamt eine Annexbestimmung, die ihre Daseinsberechtigung nur daraus herleiten kann, dass in § 12b BRRG die Vergabe von Führungsämtern im Beamtenverhältnis auf Zeit für zulässig erklärt worden war. Sie regelt die versorgungsrechtlichen Konsequenzen dieser gesetzgeberischen Entscheidung. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. Mai 2008 (a.a.O.) die nordrhein-westfälische Regelung über die Vergabe der Ämter mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von zehn Jahren (§ 25b LBG NW) für verfassungswidrig erklärt hat, spricht viel dafür, dass auch die bundesrechtliche Ermächtigungsnorm des § 12b BRRG und die ergänzende versorgungsrechtliche Regelung des § 15a BeamtVG, die speziell auf die Ämter in leitender Funktion zugeschnitten ist und gerade deren Inhaber versorgungsrechtlich vom Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt ausnehmen soll, verfassungswidrig sind.

26 Einer Vorlage der Bestimmung an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG bedarf es nicht, weil es auf ihre Gültigkeit nicht ankommt. Dem Kläger steht auch ohne Anwendung des § 15a BeamtVG keine höhere Versorgung als diejenige zu, die er bezieht.

27 Wäre die Bestimmung nichtig und deshalb nicht anzuwenden, würde sich die Berechnung der Versorgungsbezüge des Klägers nach den sonstigen Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes richten. Nach § 4 Abs. 2 BeamtVG entsteht ein Anspruch auf Ruhegehalt mit dem Beginn des Ruhestandes, also nur dann, wenn der Beamte aus dem aktiven Dienst in den Ruhestand tritt oder versetzt wird. In den Ruhestand treten (oder können versetzt werden) nur Beamte auf Lebenszeit und Beamte auf Probe. Beamte auf Zeit treten mit Ablauf der Amtszeit nur dann in den Ruhestand, wenn dies gesetzlich bestimmt ist (§ 96 Abs. 1 BRRG), andernfalls sind sie aus dem Beamtenverhältnis entlassen mit der Folge, dass ihnen keine Versorgungsansprüche zustehen (§ 96 Abs. 2 BRRG).

28 Der „bis zum Eintritt in den Ruhestand, längstens bis zum 31. Juli 2006“ in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufene Kläger ist mit Ablauf des 31. Juli 2006 nicht aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit, sondern lediglich aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in den Ruhestand getreten. Die Formulierung „bis zum Eintritt in den Ruhestand“ stellt die für die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit unerlässliche zeitliche Befristung dar. Das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit endet, weil der Beamte das entsprechende Lebensalter vollendet und dadurch in den Ruhestand tritt. Das Zeitbeamtenverhältnis endet zwar am Tag vor dem Eintritt in den Ruhestand, aber nicht wegen des Eintritts in den Ruhestand, sondern deshalb, weil es bis zu diesem Tag befristet ist. Es endet also durch Fristablauf und nicht durch Eintritt in den Ruhestand, auch wenn beide Ereignisse - wie hier - zeitlich zusammenfallen. Im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit war dem Kläger lediglich ein Amt der Besoldungsgruppe B 4 übertragen worden, aus dem er Versorgung erhält.

29 Sofern Beamten auf Zeit überhaupt eine Versorgung zusteht, verweist § 66 Abs. 1 BeamtVG auf die für die Beamten auf Lebenszeit geltenden Vorschriften. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG setzt jede Versorgung eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren voraus. Eine solche Dienstzeit hat der Kläger im Beamtenverhältnis auf Zeit nicht erreicht.

30 Da der Kläger die Versorgung nach der Besoldungsgruppe B 5 beansprucht, die ihm nur im Beamtenverhältnis auf Zeit zugestanden hat, ist bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften auf dieses Beamtenverhältnis und nicht auf das gleichzeitig gegebene, ruhende Beamtenverhältnis auf Lebenszeit abzustellen. Das Gesetz unterscheidet bei der Versorgung zwischen Beamten, die auf Lebenszeit, und solchen, die auf Zeit ernannt worden sind. Zwar sind die sonstigen versorgungsrechtlichen Vorschriften für die Versorgung der Beamten auf Zeit nicht auf solche Beamte zugeschnitten, denen dieses Beamtenverhältnis lediglich im Hinblick auf ihre leitende Funktion und zusätzlich zum fortbestehenden Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verliehen worden ist. Der Grundsatz der strikten Gesetzesbindung bei der Besoldung und Versorgung der Beamten zwingt jedoch auch hier zur Anwendung der für Beamte auf Zeit geltenden Vorschriften (hier des § 66 Abs. 1 BeamtVG) und verbietet es, den Kläger versorgungsrechtlich so zu behandeln, „als ob“ ihm das Amt des Senatsdirigenten im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen worden wäre. Es war Sache des Klägers, gegen die nicht verfassungskonforme Beförderung anzugehen und seinen Anspruch auf Beförderung im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gerichtlich durchzusetzen. Der Kläger hat diesen Weg zwar beschritten, ihn aber nach Erreichen des Ruhestandes wieder aufgegeben; seine entsprechende Klage hat er in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2008 zurückgenommen.

31 Der Gesichtspunkt, dass der Kläger in diesem Verfahren nicht so behandelt werden kann, „als ob“ er im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit befördert worden wäre, schließt es auch aus, ihm den geltend gemachten Anspruch aus der Erwägung heraus zuzubilligen, er dürfe versorgungsrechtlich nicht Opfer einer verfassungswidrigen Regelung sein, die ihn zu Unrecht von der Geltung des Grundsatzes abgeschnitten hat, dass die Versorgung nach dem letzten Amt zu bemessen ist.

32 3. Der mit dem Hilfsantrag der Sache nach geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist ebenfalls unbegründet.

33 Ein solcher Anspruch setzt neben einer schädigenden Handlung oder Unterlassung deren Rechtswidrigkeit, einen Schaden sowie ein Verschulden voraus. Außerdem ist Voraussetzung, dass der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schadenseintritt durch Rechtsmittel abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB). Der Anspruch scheitert hier sowohl am Fehlen eines Verschuldens auf Seiten des Beklagten als auch daran, dass der Kläger den Primärrechtsschutz nicht in Anspruch genommen hat.

34 Hier liegt die schädigende Handlung in der rechtswidrigen Unterlassung, den Kläger zum Senatsdirigenten auf Lebenszeit zu ernennen, worauf er nach Durchlaufen entsprechender Auswahlverfahren im Sinne der Bestenauslese materiellrechtlich einen konkreten Anspruch gehabt hätte (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06 , 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 <278> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 90, jeweils Rn. 45). Bei der Frage des Verschuldens ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Dienstherr an Recht und Gesetz gebunden war und das formell geltende Beamten- und Versorgungsrecht strikt anzuwenden hatte. Eine Kompetenz, verfassungswidrige Bestimmungen zu verwerfen oder nicht anzuwenden, stand ihm nicht zu; es ist deshalb nicht entscheidend, ob er wusste oder wissen konnte oder musste, dass § 10b LBG verfassungswidrig war und eine Berufung des Klägers im Beamtenverhältnis auf Zeit nicht zu rechtfertigen vermochte. Das Instrument des Führungsbeamten auf Zeit war zwar in der Literatur heftig umstritten, eine Gerichtsentscheidung hierzu lag jedoch im Zeitpunkt der Ernennung des Klägers noch nicht vor. Der Bundesgesetzgeber hatte das Modell in § 12b BRRG vorgegeben. Unter diesen Umständen trifft den Beklagten kein Verschulden.

35 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts steht bei legislativem Unrecht in erster Linie die Initiative des Geschädigten im Vordergrund, dem Schaden vorzubeugen. Der Bundesgerichtshof spricht von einer Obliegenheit des Betroffenen, gegen den Vollzug verfassungswidriger Gesetze grundsätzlich primären Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Daneben vertritt er die Auffassung, dass die beteiligten Mitglieder des jeweiligen Gesetzgebungsorgans ausschließlich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnehmen, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise, also die Drittgerichtetheit, fehlt (vgl. BGH, Urteile vom 29. März 1971 - III ZR 110/68 - BGHZ 56, 40 <44 f.>, vom 30. Mai 1983 - III ZR 195/81 - BGHZ 87, 321 <335> und vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30 <32>). Etwas anderes kann nur ausnahmsweise bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen gelten. Der Bundesgerichtshof betont die Haushaltsprärogative des Parlaments und bezeichnet deswegen die Zuerkennung von Entschädigungsansprüchen für legislatives Unrecht als „umso problematischer, als verschiedene, nicht unerheblich voneinander abweichende Lösungen denkbar sind“ (vgl. zum Vorstehenden BGH, Urteil vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.>).

36 An diesen Maßstäben gemessen ist ein Anspruch des Klägers wegen legislativen Unrechts ohne Weiteres zu verneinen. Der Kläger hat zwar zunächst Widerspruch gegen seine Ernennung im Beamtenverhältnis auf Zeit eingelegt, sich dann aber damit einverstanden erklärt, dass über diesen Widerspruch über Jahre nicht entschieden worden ist, anstatt eine zügige Entscheidung vor seiner Pensionierung zu verlangen und auch zu versuchen, Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Seine Klage hat er vor dem Verwaltungsgericht zurückgenommen.

37 Auch ein Anspruch aus Folgenbeseitigung scheidet aus. Er kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil er auf die Beseitigung der unmittelbaren Folgen rechtswidrigen Handelns abzielt und deshalb auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gerichtet ist, der vor der Amtshandlung bestanden hat (vgl. Urteil vom 19. Juli 1984 - BVerwG 3 C 81.82 - BVerwGE 69, 366 <370> = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 142).

38 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.