Beschluss vom 17.11.2008 -
BVerwG 8 B 68.08ECLI:DE:BVerwG:2008:171108B8B68.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 68.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:171108B8B68.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 68.08

  • VG Potsdam - 14.05.2008 - AZ: VG 6 K 3578/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. November 2008
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Mai 2008 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 107 371,30 € festgesetzt.

Gründe

1 Die mit Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründete Beschwerde der Beigeladenen hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat sich seine Überzeugung davon, dass die vor der Eigentumsaufgabe erzielten Mieten die Kosten nicht gedeckt hatten, falsch gebildet (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht auch auf dem Verfahrensmangel. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit der Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht Gebrauch (§ 133 Abs. 6 VwGO).

2 Für das Verwaltungsgericht war nichts dafür ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Erbausschlagung im Jahre 1977 die Mieteinnahmen entgegen den generellen Verhältnissen kostendeckend gewesen sein könnten. Diese Vermutung hat das Verwaltungsgericht mit Tatsachen belegt, die weder tragfähig noch nachvollziehbar ermittelt worden sind. Das Verwaltungsgericht stützt sich zum einen auf eine Rentabilitätsberechnung der Sparkasse aus dem Jahre 1969, ohne zu berücksichtigen, dass sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Erbausschlagung die Mieteinnahmen erhöht hatten. Die von den Eigentümern bewohnte Wohnung war inzwischen vermietet worden. Die Klägerin selbst ist in ihrem Widerspruchsschreiben vom 7. August 2003 statt von 1 560,72 M von 2 015 M Mieteinnahmen ausgegangen. Das Verwaltungsgericht scheint das übersehen zu haben, jedenfalls hat es sich darauf nicht eingelassen. Unter Berücksichtigung der von ihm angesetzten Betriebskosten in Höhe von 673 M verblieb danach ein Betrag von 1 342 M an Mietüberschuss.

3 Die Schlussfolgerung, dass eine Vermutung nicht widerlegt ist, gehört zwar selbst nicht der Empirie an, muss aber dann dem Tatsachenbereich zugeordnet werden, wenn sich der Fehler bei der Überzeugungsbildung eindeutig von der rechtlichen Subsumtion und damit von der korrekten Anwendung des materiellen Rechts abgrenzen lässt. Diese Abgrenzung ist möglich, wenn die zugrunde gelegten tatsächlichen Annahmen aus logischen Gründen ungeeignet sind, die Schlussfolgerung zu tragen. So liegt der Fall hier. Die zur Stützung der Vermutung herangezogene Rentabilitätsberechnung der Sparkasse war im Zeitpunkt der Erbausschlagung veraltet. Es ist nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des vorgenannten Mietüberschusses zu einer Widerlegung der Vermutung von der regelmäßigen Kostenunterdeckung der Mieten in der DDR gelangt wäre.

4 Zu Recht rügt die Beigeladene ferner die Behauptung des Verwaltungsgerichts, dass für den Einbau neuer Öfen und Gasherde bestimmte Beträge (800 bzw. 400 M) aufzuwenden gewesen seien, ohne die Kenntnis von diesen Preisen erläutert zu haben. Eine Überzeugungsbildung, welche nicht nachvollziehbar ist, stellt einen Verfahrensfehler dar.

5 Da das Verwaltungsgericht Tatsachen herangezogen hat, die nicht verwertbar sind, ist die Überzeugung, dass die Mieten nicht kostendeckend waren, fehlerhaft gebildet worden. Auf die weiteren Rügen der Beigeladenen, dass auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zur Überschuldung auf Verfahrensmängeln beruhen, kommt es nicht mehr an.

6 Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 GKG.