Beschluss vom 17.03.2016 -
BVerwG 4 BN 6.16ECLI:DE:BVerwG:2016:170316B4BN6.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.03.2016 - 4 BN 6.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:170316B4BN6.16.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 6.16

  • VGH Mannheim - 01.12.2015 - AZ: VGH 8 S 2751/11

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Decker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Antragstellerin legt entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht dar, dass die Rechtssache die von ihr behauptete grundsätzliche Bedeutung hat. Sie formuliert keine entscheidungserhebliche und fallübergreifend bedeutsame Rechtsfrage des revisiblen Rechts, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten wäre (vgl. zu den Darlegungsanforderungen bei einer Grundsatzrüge BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Eine solche Rechtsfrage aus dem Beschwerdevorbringen zu extrahieren, ist nicht Sache des Senats.

3 Selbst wenn sich dem Beschwerdevorbringen eine sinngemäß gestellte Frage zur Antragsbefugnis eines an einem Grundstück dinglich Berechtigten entnehmen ließe, könnte die Revision nicht zugelassen werden. Unabhängig davon, in welchen Wortlaut die Frage zu kleiden wäre, könnte sie bereits im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beantwortet werden: Der Senat hat die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bejaht, wenn sich ein Antragsteller, der an einem Grundstück dinglich berechtigt ist, gegen eine Festsetzung in einem Bebauungsplan zur Wehr setzt, die unmittelbar das dingliche Recht betrifft. Das setzt bei einem dinglich gesicherten Geh- und Fahrrecht voraus, dass dessen Ausübung durch die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans möglicherweise Beschränkungen unterworfen wird, das Geh- und Fahrrecht mithin (möglicherweise) nicht mehr so ausgeübt werden kann, wie es zivilrechtlich eingeräumt wurde (BVerwG, Beschluss vom 25. September 2013 - 4 BN 15.13 - BauR 2014, 90 Rn. 3). Damit hat es sein Bewenden. Die von der Antragstellerin ins Feld geführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Oktober 1965 - V ZR 77/63 - (NJW 1965, 2398 und juris) stellt den Prüfungsmaßstab nicht in Frage, weil sie sich, soweit sie die Antragstellerin für einschlägig hält (juris Rn. 28), zu der - hier nicht interessierenden - Thematik äußert, welche Rechte der Eigentümer eines belasteten Grundstücks nach § 1020 BGB gegen den Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat.

4 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anforderungen an die Antragsbefugnis nicht überspannt.

5 a) Der Verwaltungsgerichtshof hat sich der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung aufgestellten Behauptung gewidmet, eine durch die Planung hervorgerufene Verkehrszunahme auf der H.-Straße könne dazu führen, dass die Ausübung des dinglich gesicherten Fahrrechts der Antragstellerin erschwert wäre. Er hat der Behauptung allerdings entgegengehalten, dass die Breite der im Bebauungsplan festgesetzten Verkehrsfläche genau diejenige der Ausübungsfläche der die Antragstellerin begünstigten Grunddienstbarkeit sei (UA S. 15) und im Übrigen die Behauptung als unsubstantiiert behandelt (UA S. 17).

6 Dagegen ist nichts zu erinnern. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind grundsätzlich dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten (BVerwG, Beschluss vom 20. November 2007 - 7 BN 4.07 - juris Rn. 7). Ausreichend, aber auch erforderlich ist danach, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinen Rechten verletzt ist (stRspr; BVerwG, Urteile vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217> und vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 S. 137). Tatsachenbehauptungen, die bereits auf den ersten Blick unzutreffend sind oder für deren Richtigkeit keine greifbaren Anhaltspunkte geliefert werden (Behauptungen ins Blaue hinein), genügen nicht.

7 b) Der Verwaltungsgerichtshof ist ferner auf die Behauptung der Antragstellerin eingegangen, der angegriffene Bebauungsplan führe voraussehbar zu einem Trading-Down-Effekt bezogen auf ihre Grundstücke, was einen konzeptionellen Zusammenhang mit einer zukünftigen Planung herstelle und damit eine Abwägung auch der Belange der Eigentümer angrenzender Grundstücke erforderlich mache. Auch diese Behauptung ist nach Ansicht der Vorinstanz nicht geeignet, die Antragsbefugnis zu begründen. Denn es sei bereits rein tatsächlich nichts für einen drohenden Trading-Down-Effekt ersichtlich. Weder liege es auf der Hand, dass mit Inkrafttreten des Bebauungsplans die weitere Ausnutzung der bestehenden Baugenehmigung für die Grundstücke der Antragstellerin unmöglich oder unrentabel geworden sei - die Gründe der nunmehr erklärten Kündigung der Mieterin der Antragstellerin seien nicht bekannt -, noch liege es auch nur nahe, dass es infolge einer möglichen Aufgabe der Nutzung als Baumarkt und Gartencenter zu einem Leerstand oder einer Nutzung durch Billiganbieter anstelle einer - aus stadtplanerischer Sicht - hochwertigen Nutzung kommen werde (UA S. 24 f.).

8 Hiergegen ist ebenfalls nichts einzuwenden. Zum einen trifft es zu, dass die Gründe für die Kündigung der ... GmbH nicht bekannt sind. Das Kündigungsschreiben vom 1. Dezember 2014 nennt keine Gründe. Aufgrund der Stellungnahme vom 27. Juli 2011 lässt sich allenfalls vermuten, dass der befürchtete Umsatzrückgang als Folge der Realisierung des Bebauungsplans durch Ansiedlung eines weiteren Baumarkts der Kündigungsgrund ist. Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof - seine Erwägungen selbständig tragend - darauf abgestellt, dass auch eine Nachfolgenutzung hochwertig sein werde. Mit dieser Einschätzung findet sich die Antragstellerin ab.

9 c) Die Rüge der Antragstellerin, der Verwaltungsgerichtshof habe die Prüfung der Antragsbefugnis unter dem Aspekt möglicher Verstöße gegen das Abwägungsgebot auf den Seiten 19 bis 22 des Urteils in einem Umfang und einer Intensität vorgenommen, die sich von einer Begründetheitsprüfung kaum unterscheide, genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne der Vorschrift bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1998 - 6 B 67.98 - juris Rn. 2). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerde nicht, weil sie auf die Einzelheiten der Urteilsgründe nicht eingeht, sondern sich auf einen pauschalen Vorwurf beschränkt.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.