Beschluss vom 17.02.2009 -
BVerwG 1 WB 76.08ECLI:DE:BVerwG:2009:170209B1WB76.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 1 WB 76.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:170209B1WB76.08.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 76.08

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Kling und
den ehrenamtlichen Richter Stabsfeldwebel Jäger
am 17. Februar 2009 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen eine Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr - Offizierbewerberprüfzentrale - in der Gestalt des dazu ergangenen Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung, mit dem sein Antrag auf Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes abgelehnt worden ist.

2 Der 1985 geborene Antragsteller war Soldat auf Zeit mit einer festgesetzten Dienstzeit von zwei Jahren, die mit Ablauf des 30. Juni 2008 endete. Er wurde nach seiner Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes zuletzt mit Wirkung vom 1. April 2008 zum Fähnrich (Reserveoffizieranwärter) ernannt. Vom 28. September 2006 bis zum Ende seiner Dienstzeit war er im Stab der Division ... in R. eingesetzt.

3 Mit Antrag vom 15. April 2007 bewarb sich der Antragsteller um Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Heer, alternativ in der Luftwaffe oder Marine, im Ausbildungsgang mit Hochschulstudium (Fachrichtung Bauingenieurwesen, alternativ Sportwissenschaften oder Maschinenbau) zum gewünschten Einstellungstermin (GEWET) 1. Juli 2008. Als Verwendungswünsche gab er die Fallschirmjägertruppe, alternativ die Artillerie- oder die Flugabwehrtruppe an.

4 Als Ergebnis seiner Eignungsfeststellung bei der Offizierbewerberprüfzentrale vom 20. bis 22. August 2007 erhielt der Antragsteller den Eignungsgrad „RG“ (= geeignet); sein „Index der Bewährungswahrscheinlichkeit“ betrug 313. Seine Studienerfolgswahrscheinlichkeit wurde für insgesamt 21 Studiengänge, darunter Bauingenieurwesen, Maschinenbau und Sportwissenschaften, jeweils mit dem Studieneignungsindex 7,00 (keine Studieneignung) bewertet. Die einzigen für den Antragsteller ermittelten Studiengänge mit einem besseren Studieneignungsindex als 7,00 waren Politikwissenschaften und Geschichte (jeweils 5,38). Die Sportsonderprüfung am 22. August 2007 bestand der Antragsteller nicht.

5 Nach Abschluss der Eignungsfeststellung wurde ausweislich des darüber gefertigten Protokolls am 22. August 2007 mit dem Antragsteller ein Einplanungs- und Beratungsgespräch mit dem Ergebnis geführt, dass seine Einplanung im Ausbildungsgang mit Studium Bauingenieurwesen und Maschinenbau derzeit nicht möglich sei, weil die Studierfähigkeit nicht nachgewiesen sei. Für die alternativ gewünschte Truppengattung enthielt das Protokoll die Weisung, der Bewerber solle bis zum 4. Oktober 2007 melden, ob er ohne Studium eingestellt werden wolle. Diese vom Einplanungs- und Beratungsoffizier Hauptmann B. und vom Antragsteller unterzeichnete Niederschrift übermittelte das Personalamt dem Antragsteller mit Schreiben vom 22. August 2007 und wies darauf hin, dass eine abschließende Entscheidung erst nach Auswahl in den Eignungsreihenfolgen unter Berücksichtigung seines Prüfergebnisses - spätestens im Juni 2008 - getroffen werden könne.

6 Die ihm eröffnete Option, (nur) im Ausbildungsgang ohne Studium eingestellt zu werden, lehnte der Antragsteller mit E-Mail-Schreiben vom 26. September 2007 ab, bat aber um Prüfung der Möglichkeit, auf die Warteliste für die Studiengänge Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Pädagogik oder Volkswirtschaftslehre gesetzt zu werden. Mit E-Mail vom 15. Oktober 2007 erklärte Hauptmann B. dem Antragsteller, er werde in die Warteliste aufgenommen, stehe aber in dieser Liste dann am Ende. Ca. 100 Bewerber stünden heute vor ihm.

7 Ausweislich eines Vermerks in den vorgelegten Beschwerdeakten führte Hauptmann B. am 10. April 2008 ein Telefongespräch mit dem Antragsteller, in dem dieser erklärt hat, nur den Ausbildungsgang mit Studium anzustreben. Diese Äußerung des Antragstellers interpretierte Hauptmann B. als Rücknahme der Bewerbung um den Laufbahnwechsel; sie war Grundlage für den Bescheid des Personalamts vom 14. April 2008, mit dem die weitere Bearbeitung der Bewerbung eingestellt wurde.

8 Gegen diesen ihm am 29. April 2008 eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Mai 2008 Beschwerde ein und bat unter anderem um Aufklärung, welcher Studieneignungsindex bei ihm ermittelt worden sei und für welche Studiengänge in Kombination mit welcher Truppengattung die erfolgreiche Übernahme als Offizier des Truppendienstes möglich sei.

9 Mit Beschwerdebescheid vom 24. Juni 2008 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Er führte aus, dass die am 10. April 2008 getätigte Aussage des Antragstellers, er wolle nur in den Ausbildungsgang mit Studium übernommen werden, ohne Rechtsfehler als Rücknahme seiner Bewerbung mit der Folge der Einstellung des Bewerbungsverfahrens habe interpretiert werden dürfen. Seine Bewerbung sei auch ohne diese Rücknahme endgültig abzulehnen gewesen. Eine übergreifende Betrachtung der Studieneignungsindizes aller Bewerber habe bereits im April 2008 zu der abschließenden Feststellung geführt, dass sich der Antragsteller für den gewünschten Einstellungstermin 1. Juli 2008 im Rahmen der Bestenauslese nicht werde durchsetzen können. Dazu erläuterte der Bundesminister der Verteidigung im Einzelnen die vom Antragsteller erreichten Studieneignungsindizes und das zugrunde liegende Verfahren.

10 Gegen diesen am 26. Juni 2008 eröffneten Bescheid richtet sich der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 5. Juli 2008, den der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 16. Oktober 2008 dem Senat vorgelegt hat.

11 Zwischenzeitlich hatte das Personalamt mit Bescheid vom 10. Juni 2008 seinen Bescheid vom 14. April 2008 aufgehoben und entschieden, dass dem Antrag des Antragstellers auf Übernahme als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zum 1. Juli 2008 nicht stattgegeben werde. Zur Begründung legte das Personalamt dar, der Antragsteller habe an einer Einstellung im Ausbildungsgang ohne Studium kein Interesse gehabt. Seine Einplanungswünsche (mit Studium) für eine Übernahme im Einstellungsjahr 2008 hätten unter Berücksichtigung der Bestenauslese nicht erfüllt werden können. Der Antragsteller wurde gebeten mitzuteilen, ob er seine Bewerbung für den nächstmöglichen Einstellungstermin 1. Juli 2009 aufrechterhalten wolle. Dies bejahte der Antragsteller mit Schreiben vom 5. Juli 2008.

12 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Sein Ziel sei nach wie vor die Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. Dies werde durch § 15 WBO nicht ausgeschlossen. Zum Abschluss der Eignungsfeststellung sei ihm seine Eignung zum Offizier bescheinigt worden. Bis jetzt habe er noch keine nachvollziehbare Antwort auf die Frage erhalten, warum die „Bestimmungen zur Methodik der Eignungsfeststellungen bei Offizierbewerbern“ in der Fassung vom 3. Juni 1996 (im Folgenden: BestME OB) nicht auf ihn angewandt, sondern nach Gutdünken durch das Personalamt der Bundeswehr verändert worden seien. Weiterhin sei für ihn offen, nach welchem Verfahren sein Studieneignungsindex erstellt worden sei; insbesondere sei für ihn unverständlich, warum er nicht hinreichend auf seine Studieneignung geprüft worden sei. Auch eine individuelle Studienberatung habe nicht stattgefunden. Schließlich bitte er um Aufklärung der Frage, warum schon im August 2007 die „Bestimmungen zur Methodik der Eignungsfeststellungen“ in der Fassung vom 15. November 2007 (im Folgenden: BestME EF OB) angewendet worden seien. Sein Ziel sei es, seine Dienstzeit zu verlängern und die Laufbahn eines Truppenoffiziers mit Studium durchzuführen. Er stehe nach dem Bescheid des Personalamts vom 10. Juni 2008 nach wie vor auf der Warteliste für den Einstellungstermin 1. Juli 2009. Sollte er von der Bundeswehr keine rückwirkende Wiedereinstellung erhalten, werde er in einem weiteren Schritt bei einem Verwaltungsgericht seinen entstandenen Anspruch einklagen.

13 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

14 Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für unzulässig, weil der Antragsteller gemäß § 54 Abs. 1 SG durch sein Ausscheiden aus der Bundeswehr mit Ablauf des 30. Juni 2008 kraft Gesetzes den Status eines Soldaten verloren habe. Damit habe sich die Frage einer Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes in der Hauptsache erledigt. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für einen möglicherweise in Betracht kommenden Feststellungsantrag habe der Antragsteller nicht dargelegt.

15 Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2009 hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - ergänzend erklärt, der Antragsteller werde aufgrund seiner mit Schreiben vom 5. Juli 2008 aufrechterhaltenen Bewerbung in der Auswahlentscheidung für 2009 mitbetrachtet; sein Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis hindere seine Einbeziehung als Bewerber für die Auswahlentscheidung nicht. Eine entsprechende Entscheidung über seine Zulassung bzw. Wiedereinstellung werde der Antragsteller zeitgerecht erhalten. Mit weiterem Schriftsatz vom 27. Januar 2009 hat der Bundesminister dargelegt, das Fachaufsicht führende Referat PSZ ... habe am 30. Juli 2007 den Dezernatsleiter des Personalamts/Offizierbewerberprüfzentrale angewiesen, den Entwurf der neuen (erst am 15. November 2007 förmlich erlassenen) BestME EF OB bereits mit Wirkung für den gesamten GEWET 2008, also ab 1. August 2007, anzuwenden, um für diesen Einstellungstermin die Durchführung eines einheitlichen Verfahrens sicherzustellen. Diese Fassung sei auch auf das Eignungsfeststellungsverfahren des Antragstellers angewendet worden.

16 Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat im Übrigen mit Bescheid vom 8. September 2008 seinen Beschwerdebescheid vom 24. Juni 2008 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dass mit der Aufhebung des angefochtenen Ausgangsbescheids des Personalamts vom 14. April 2008 der Gegenstand des bisherigen Beschwerdebescheids entfallen sei. Zusätzlich ist er in diesem Bescheid detailliert auf die verfahrensrechtlichen Fragen des Antragstellers eingegangen.

17 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - ... -, die Bewerberakte ... und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

19 Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers in seinen Schriftsätzen vom 28. November 2008 und vom 14. Dezember 2008 ist dahin auszulegen, dass er vorrangig die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung begehrt, ihn, den Antragsteller, entweder rückwirkend zum 1. Juli 2008 oder zum nächstmöglichen Termin 1. Juli 2009 in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Ausbildungsgang mit Studium zu übernehmen.

20 Zwar steht das Ausscheiden des Antragstellers aus dem Wehrdienstverhältnis gemäß § 15 WBO der Fortführung des Verfahrens nicht entgegen (vgl. Beschlüsse vom 22. Dezember 2004 - BVerwG 1 WB 41.03 - DokBer 2005, 239, vom 28. März 2006 - BVerwG 1 WB 5.06 - und vom 20. Dezember 2006 - BVerwG 1 WB 4.06 -). Mit dem Ausscheiden aus der Bundeswehr hat der Antragsteller aber für sein Verpflichtungsbegehren kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, weil ihm die mit diesem Antrag angestrebte unmittelbare Fortsetzung seiner militärischen Laufbahn in Ermangelung des Status eines aktiven Soldaten nicht mehr möglich ist. Dieses Rechtsschutzziel hat sich mit Ablauf des 30. Juni 2008 erledigt. Daran ändert auch die vom Bundesminister der Verteidigung angesprochene Möglichkeit einer - nachträglichen - Wiedereinstellung nichts.

21 Der Verpflichtungsantrag ist deshalb unzulässig.

22 Bei dieser Sachlage kann das Verfahren des Antragstellers nur in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsverfahrens weiterverfolgt werden. Da der Antragsteller nach wie vor die Rechtmäßigkeit der angefochtenen, allerdings bereits aufgehobenen Bescheide des Personalamts der Bundeswehr und des Bundesministers der Verteidigung bezweifelt, kann - in seinem Interesse und weil er nicht anwaltlich vertreten ist - sein Vorbringen im Schriftsatz vom 28. November 2008 der Sache nach dahin ausgelegt werden, dass er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der (aufgehobenen) Bescheide des Personalamts vom 14. April 2008 und des Bundesministers der Verteidigung vom 24. Juni 2008 anstrebt. Diese Auslegung hat der Senat dem Antragsteller mit Verfügung vom 21. Januar 2009 bekanntgegeben.

23 Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die - wie hier - keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt (für den Fall eines ausgeführten oder anders erledigten Befehls siehe § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO), so entscheidet das Wehrdienstgericht, ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Statthaftigkeit eines solchen Fortsetzungsfeststellungsantrags ergab sich für die Zeit bis einschließlich 31. Januar 2009 aus der im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 38.07 - m.w.N. und vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 11.07 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen, m.w.N.). Ab dem 1. Februar 2009 findet das Fortsetzungsfeststellungsverfahren für „sonstige Maßnahmen oder Unterlassungen“ - also solche, die keinen Befehl betreffen - seine Rechtsgrundlage in der durch Art. 5 Nr. 15 des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften vom 31. Juli 2008 (BGBl I S. 1629) eingefügten Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO n.F. (Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 2009, BGBl I S. 81). Dabei verlangt diese Vorschrift nicht (mehr) die förmliche Stellung eines Feststellungsantrages durch den jeweiligen Antragsteller.

24 In gerichtlichen Verfahren, in denen die Entscheidung - wie in der Regel im Wehrbeschwerdeverfahren (§ 18 Abs. 2 Satz 3, ggf. i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) - ohne mündliche Verhandlung ergeht, müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen (noch) in dem Zeitpunkt erfüllt sein, in dem letztmöglich Anträge gestellt werden können. Da dies grundsätzlich bis zur Entscheidung des Gerichts möglich ist, bemisst sich die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrags im vorliegenden Fall bereits nach der Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO n.F. Insbesondere für die Frage des Feststellungsinteresses ergeben sich hieraus jedoch keine sachlichen Unterschiede zur bisherigen Rechtslage und zu der dazu ergangenen Rechtsprechung, weil sich § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO n.F. nach Wortlaut und Zweck an § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO orientiert und die Vorbildregelung des allgemeinen Verwaltungsprozessrechts in die Wehrbeschwerdeordnung übernimmt (vgl. auch BTDrucks 16/7955 S. 35 <zu Nr. 15> i.V.m. S. 34 <zu Nr. 10 Buchst. b>).

25 Das hiernach weiterhin erforderliche Feststellungsinteresse kann sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht. Dieses Interesse muss der jeweilige Antragsteller substanziiert geltend machen (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 52 = NZWehrr 2004, 163 und vom 8. August 2007 - BVerwG 1 WB 18.07 - m.w.N.).

26 Es kann offenbleiben, ob sich der Antragsteller erfolgreich auf ein Feststellungsinteresse wegen eines beabsichtigten Schadensersatz- oder Folgenbeseitigungsanspruchs berufen kann. Seinem Vorbringen ist jedenfalls die hinreichende Darlegung einer Wiederholungsgefahr zu entnehmen.

27 Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt die konkret absehbare Möglichkeit voraus, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme zu Lasten des Antragstellers zu erwarten ist. Dabei müssen im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie bei der erledigten Entscheidung oder Maßnahme (stRspr, vgl. Beschluss vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 11.07 - DokBer 2008, 323 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Mit der Erklärung, der Antragsteller werde zum 1. Juli 2009 erneut als Bewerber für die angestrebte Offizierlaufbahn betrachtet, hat der Bundesminister der Verteidigung die Aufrechterhaltung der Bewerbung des Antragstellers für den GEWET 2009 bestätigt. Bei der für Mai/Juni 2009 angekündigten neuerlichen Entscheidung des Personalamts werden die Ergebnisse der Eignungsfeststellung des Antragstellers aufgrund der streitbefangenen BestME EF OB in der Fassung vom 15. November 2007 wieder maßgeblich sein. Dazu hat das Personalamt in seinem Bescheid vom 10. Juni 2008 mitgeteilt, dass „unter Berücksichtigung des Prüfungsergebnisses auch für den GEWET 2009 eine Einstellung mit Studium sehr unwahrscheinlich“ sei. Auf diesen Bescheid hat sich der Antragsteller in seinem Schreiben vom 28. November 2008 ausdrücklich bezogen.

28 Der Feststellungsantrag ist danach zulässig; er ist jedoch in der Sache unbegründet.

29 Der Bescheid des Personalamts vom 14. April 2008 in der Fassung des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 24. Juni 2008, mit dem die beantragte Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Ausbildungsgang mit Studium für den GEWET 2008 abgelehnt worden ist, war rechtmäßig und verletzte den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

30 Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Das gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes bzw. über einen Laufbahnwechsel im Wege der Übernahme (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 24.03 - <insoweit nicht veröffentlich in Buchholz 236.110 § 6 SLV 2002 Nr. 1>). Die Ermessensentscheidung über die Ablehnung der Zulassung oder der Übernahme kann vom Wehrdienstgericht nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Die hier angefochtene Entscheidung weist keine Ermessensfehler auf.

31 Die Übernahme eines bereits Wehrdienst leistenden Soldaten als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 23 Abs. 2 SLV hat das Bundesministerium der Verteidigung in Kap. 6 der ZDv 20/7 sowie gemäß Nr. 634 ZDv 20/7 in Kap. 9 der ZDv 20/7 näher geregelt und ergänzende Bestimmungen in den „Annahmebestimmungen für Offizierbewerber“ sowie in den „Bestimmungen zur Methodik der Eignungsfeststellungen bei Offizierbewerbern“ getroffen (vgl. Nr. 912 und 929 ZDv 20/7). Die Übernahme in die Laufbahn steht im Ermessen des Bundesministeriums der Verteidigung und setzt Bedarf und Eignung der Bewerber voraus (Nr. 605 i.V.m. Nr. 601 ZDv 20/7).

32 Für die maßgebliche Eignungsfeststellung beim Personalamt/Offizierbewer-berprüfzentrale (Nr. 901, 902 ZDv 20/7) waren im Falle des Antragstellers nicht mehr die BestME OB in der Fassung vom 3. Juni 1996 anzuwenden, sondern die BestME EF OB in der durch Weisung des Referates BMVg PSZ ... vom 30. Juli 2007 bekanntgegebenen Entwurfsfassung, die - abgesehen von Modifikationen in Nr. 105 Abs. 12 und Nr. 403, die allein den Sanitätsdienst betreffen (vgl. dazu auch die Email BMVg PSZ ... vom 26. Januar 2009) - am 15. November 2007 inhaltlich unverändert in Kraft traten.

33 Bei den genannten Bestimmungen zur Methodik der Eignungsfeststellungen handelt es sich um ermessensregelnde und ermessensbindende Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums der Verteidigung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine durch Verwaltungsvorschriften oder durch eine ständige Verwaltungspraxis vorgenommene Ermessensbindung jederzeit aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden (Beschlüsse vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 12.07 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 19.07 - DokBer 2008, 330 jeweils m.w.N.). Sowohl bei der Anwendung derartiger Verwaltungsvorschriften bzw. bei einer ständigen Verwaltungspraxis als auch bei deren Änderung ist das Bundesministerium der Verteidigung im Außenverhältnis zu dem einzelnen Soldaten zur Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes verpflichtet (Beschluss vom 28. Mai 2008 a.a.O. m.w.N.).

34 Danach war das Bundesministerium der Verteidigung berechtigt, durch Weisung des (zuständigen) Referates PSZ ... vom 30. Juli 2007 für die Zukunft und generell auch schon für den ab 1. August 2007 zu bearbeitenden GEWET 2008 anzuordnen, nicht mehr die BestME OB in der alten Fassung vom 3. Juni 1996, sondern den Entwurf der BestME EF OB in der später am 15. November 2007 förmlich erlassenen neuen Fassung anzuwenden. Dass dieser Entwurf - abgesehen vom Sanitätsdienst - nicht gleichmäßig auf alle Bewerber des GEWET 2008 angewendet worden wäre und daher ihm gegenüber ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorläge, macht der Antragsteller selbst nicht geltend. Dies ist auch für den Senat nicht ersichtlich.

35 Nach Nr. 104 Abs. 4 BestME EF OB werden bei Offizierbewerbern, deren angestrebte Laufbahn ein Studium erfordert, zusätzlich zur allgemeinen Eignung zum Offizier die Eignung für die gewünschten Studiengänge und mögliche Alternativen als Grundlage einer qualifizierten Beratung geprüft. Dabei wird beurteilt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Offizierbewerber ein Studium an den Universitäten der Bundeswehr (bei Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen) erfolgreich abschließen können. Die Studieneignung wird in Form von Studieneignungsindizes bewertet (Nr. 309). Die maßgebliche, aus mindestens zwei Personen bestehende Prüfgruppe der Offizierbewerberprüfzentrale und die Diplom-Psychologen (Nr. 105 Abs. 1, 5 und 6) prüfen unter Einbeziehung der Studieneignungsprüfer (Nr. 105 Abs. 10) in der Phase II der Eignungsfeststellung neben den charakterlichen Eigenschaften der Bewerber in der Interaktion mit den Mitbewerbern und den Prüferinnen/Prüfern unter anderem die Studieneignung der Bewerber (Nr. 206 Abs. 1). Der Studieneignungsindex wird nach Nr. 309 Abs. 2 BestME EF OB aus verschiedenen Kriterien (unter anderem Schulnoten, Studieneignungstests, Testblock CAT 1, Studieninteresse, ausgewählte Eignungsmerkmale) berechnet, die die Studieneignungsprüfer sowie die Diplom-Psychologen und die Prüfgruppe zum Teil unabhängig voneinander bewertet haben. Die Erfolgswahrscheinlichkeit der Studienfachrichtung wird anhand der Studieneignungsindizes auf einer Notenskala von 1,00 bis 6,99 (geeignet) und 7,00 (nicht geeignet) bewertet (Nr. 309 Abs. 3).

36 Die generelle Beratung der Offizierbewerber auch zu Möglichkeiten und Alternativen der gewünschten Studienfachrichtung obliegt dem Einplanungs- und Beratungsoffizier (Nr. 206 Abs. 6 d). Diese (Neu-)Regelung weicht von Nr. 211 Abs. 2 BestME OB in der Fassung vom 3. Juni 1996 ab, wonach dem Personalberater nur die Beratung der Bewerber über Wünsche, Vorstellungen und Voraussetzungen hinsichtlich der militärischen Verwendung zugewiesen war; deshalb war - getrennt - in Nr. 211 Abs. 3 BestME OB eine originäre und individuelle Beratungszuständigkeit des Studienberaters für die Modalitäten der Universitätsausbildung festgelegt.

37 Besondere Beratungsgespräche als Einzelgespräche über die Studieneignung werden - insoweit ebenfalls abweichend von Nr. 211 Abs. 3 BestME OB in der Fassung vom 3. Juni 1996 - nach Nr. 105 Abs. 11 BestME EF OB in der Fassung vom 15. November 2007 vom Studienberater nur dann geführt, wenn die gewünschte Studienfachrichtung einen festgelegten Risiko-Schwellenwert überschreitet.

38 Die vorgenannten Regelungen sind bei der Ablehnung der vom Antragsteller gewünschten Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im GEWET 2008 nicht verletzt worden.

39 Die unter Abschnitt I genannten Studieneignungsindizes des Antragstellers für insgesamt 23 Studienfachrichtungen ergeben sich aus der Anlage zum Ergebnisbericht der Offizierbewerberprüfzentrale vom 21. August 2007. Diese Ergebnisse (21 mal 7,00 und 2 mal 5,38) und ihr Zustandekommen hat der Bundesminister der Verteidigung in seinen Bescheiden vom 24. Juni 2008 und vom 8. September 2008 im Einzelnen erläutert. Die Ermittlung dieser Eignungsindizes ist Teil der gesamten Eignungsfeststellung, bei der den beteiligten Prüfern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. Beschluss vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 24.03 - Buchholz 236.110 § 6 SLV 2002 Nr. 1). Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die Prüfer diesen Beurteilungsspielraum überschritten hätten, zumal der Antragsteller den festgestellten Indizes in der Sache nicht substanziiert entgegengetreten ist. Er hat lediglich geltend gemacht, aus seiner inzwischen erfolgten Zulassung zu allgemeinen (zivilen) Hochschulen müsse sich auch eine Bindung des Personalamts hinsichtlich seiner Studieneignung für die Universitäten der Bundeswehr ergeben. Dabei verkennt der Antragsteller jedoch, dass diese Studieneinrichtungen der Bundeswehr der - vom Dienstherrn finanzierten - Ausbildung der Offiziere des Truppendienstes im Rahmen ihres militärischen Verwendungsaufbaus dienen; für sie gelten (deshalb) eine andere, wesentlich straffere Struktur (Trimester statt Semester) und eine stringente Befristung im Sinne einer einzuhaltenden Regelstudienzeit. Darauf weist auch ausdrücklich das Prüfprogramm in Nr. 104 Abs. 4 BestME EF OB hin. Diese erheblichen Unterschiede stellen einen sachlichen Grund dafür dar, die Studieneignung für die allgemeinen (zivilen) Hochschulen nicht als inhaltlich gleichwertig mit der oder präjudizierend für die Studieneignung eines Offizierbewerbers im Sinne der Nr. 104 Abs. 4 BestME EF OB anzusehen.

40 Eine auch und gerade auf seine Studienwünsche bezogene Beratung hat der Antragsteller durch seinen Einplanungs- und Beratungsoffizier erhalten. Dabei hatte der Antragsteller ausführlich Gelegenheit, Alternativen zu seinen ursprünglich gewünschten Studienfachrichtungen zu äußern und diese zu erörtern. Eine spezielle Beratung durch einen Studienberater musste nicht durchgeführt werden, weil diese seit dem GEWET 2008 nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Bundesministers der Verteidigung im Bescheid vom 8. September 2008 und in der Vorlage an den Senat nur stattfindet, wenn der Bewerber einen schlechteren Studieneignungsindex als 3,75 erzielt und dennoch eine realistische Einplanungschance besteht oder wenn der Bewerber die Studienberatung beantragt. Diese Voraussetzungen erfüllte der Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahren nicht. Zwar hatte der Antragsteller einen schlechteren Studieneignungsindex als 3,75 erzielt, es bestand aber keine realistische Einplanungschance, weil ihm eine Vielzahl von Bewerbern mit besserem Index vorgingen. Ausweislich des Protokolls über das Einplanungs- und Beratungsgespräch vom 22. August 2007 (dort insbesondere Nr. 6) hat der Antragsteller auch keinen Antrag auf gesonderte Studienberatung gestellt. Auch die Prüfungskommission hat ein solches spezielles Beratungsgespräch nicht angeregt.