Beschluss vom 17.02.2005 -
BVerwG 5 B 8.05ECLI:DE:BVerwG:2005:170205B5B8.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.02.2005 - 5 B 8.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:170205B5B8.05.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 8.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt ... beizuordnen, wird abgelehnt.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin, die im vorliegenden Verfahren allein die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung als Abkömmling eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 BVFG begehrt, hat sich zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, ohne weitergehende eigene Zulassungsgründe geltend zu machen, auf die von ihrem Vater gegen das Urteil des Berufungsgerichts vom 20. Oktober 2004 - 19 B 01.15 16 - eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bezogen. Diese Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage (BVerwG 5 B 9.05 ) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
"Die Revision kann nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden.
Auf Verfahrensfehlern, die der Kläger in Bezug auf den Teil des Berufungsurteils rügt, in dem das Berufungsgericht ausführt, es habe erhebliche Zweifel an dessen deutscher Volkszugehörigkeit, kann die Berufungsentscheidung nicht beruhen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Denn das Berufungsurteil ist selbständig tragend damit begründet, der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Benachteiligung oder Nachwirkung einer früheren Benachteiligung aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, liegen nicht vor.
Das Berufungsgericht hat die erstinstanzliche Beweiserhebung nicht außer Acht gelassen. Es ist auf die Zeugenaussage vor dem Verwaltungsgericht zur Frage von Benachteiligungen aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit eingegangen und hat sich mit ihr auseinander gesetzt. Dass es anders als das Verwaltungsgericht diese Zeugenaussage, der Kläger habe nach Auflösung der Kollektive anders als Rumänien und Ungarn von enteignetem Land nur 2 ha bekommen, nicht für die Glaubhaftmachung einer relevanten Benachteiligung hat ausreichen lassen, beruht auf der berufungsgerichtlichen Gesamtschau der im Laufe des Verfahrens unterschiedlichen Angaben und Aussagen zur Landenteignung und -rückgabe. Auf einem Verfahrensfehler beruht diese Beweiswürdigung nicht.
Die Revision kann nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden.
Die vom Kläger als klärungsbedürftig geltend gemachte Frage: 'Erfordert die zweite Alternative des § 4 Abs. 2 BVFG, also der Tatbestand der Nachwirkungen früherer Benachteiligungen, dass nicht nur die frühere Benachteiligung kausal durch die Volkszugehörigkeit verursacht ist, sondern auch (zusätzlich) die Nachwirkung im kausalen Zusammenhang zu der deutschen Volkszugehörigkeit steht?' stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Denn das Berufungsgericht setzt für § 4 Abs. 2 BVFG nicht voraus, dass die deutsche Volkszugehörigkeit Grund nicht nur für eine frühere Benachteiligung war, sondern auch zusätzlich für deren Nachwirkung ist. Es hat im Berufungsurteil nicht eine frühere Benachteiligung des Klägers auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit bejaht und dann gleichwohl einer infolge davon noch nach dem 30. Dezember 1992 bestehenden Nachwirkung die Relevanz mit der Begründung abgesprochen, die Nachwirkung selbst stehe nicht in kausalem Zusammenhang zur deutschen Volkszugehörigkeit. Vielmehr hat das Berufungsgericht bereits auf der Ebene früherer Benachteiligungen differenziert. Zum Begriff der Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, jemanden benachteiligen bedeute, ihm einen Nachteil zuzufügen; das setze ein auf die betreffende Person gerichtetes Handeln voraus, das bei ihr persönlich zu dem beabsichtigten konkreten Erfolg, nämlich der Benachteiligung, geführt habe; die Benachteiligung müsse gerade in Anknüpfung an die deutsche Volkszugehörigkeit zugefügt worden sein (BVerwGE 106, 191, 198, 200). Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Berufungsgericht zwischen dem Nachteil der Verschleppung des Klägers nach Russland einschließlich der jahrelangen Zwangsarbeit einerseits und dem Nachteil der dortigen Unfallverletzung andererseits unterschieden. Während dem Kläger der Nachteil der Verschleppung und Zwangsarbeit wegen seines Volkstums zugefügt worden sein könne, verneint das Berufungsgericht für den Unfall im Bergwerk mit dem Bruch beider Beine eine Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG. Es sei nicht nachvollziehbar, in dem erlittenen Unfall eine gewollte Verletzung des Klägers wegen seines Volkstums zu sehen. Ist aber nach der Auffassung des Berufungsgerichts der Unfall bereits keine (frühere) Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG, so können schon deshalb Folgen dieses Unfalls nicht Nachwirkungen einer früheren Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sein."
Aus den dargelegten Gründen hat auch die von der Klägerin erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision keinen Erfolg; der Klägerin kann daher mangels (hinreichender) Erfolgsaussicht auch nicht Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl S. 718).