Beschluss vom 17.01.2003 -
BVerwG 1 DB 15.02ECLI:DE:BVerwG:2003:170103B1DB15.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.01.2003 - 1 DB 15.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:170103B1DB15.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 DB 15.02

In dem Beschwerdeverfahren hat der 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s , die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n und den Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H. M ü l l e r
beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bundesdisziplinargerichts, Kammer I - ... -, vom 10. Juli 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

I


1. Mit Verfügung vom 7. September 2001 stellte das Bundeseisenbahnvermögen, ..., den Verlust der Dienstbezüge der Antragstellerin seit dem 15. August 2001 wegen schuldhaft ungenehmigten Fernbleibens vom Dienst fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beamtin könne aus medizinischen Gründen nicht alle dem Laufbahnspektrum ihrer Laufbahn zuzuordnenden Tätigkeiten verrichten, sei jedoch für die vorgesehene Tätigkeit in der Zugansage nach amtsärztlicher Feststellung vollschichtig tauglich und dienstfähig. Mit Schreiben vom 14. August 2001 habe die Beamtin unter Hinweis auf fortgesetzte Krankschreibungen ihres Orthopäden Dr. K. ausdrücklich erklärt, den Dienst nicht aufzunehmen und habe dies auch in der Folgezeit nicht getan. Die Beurteilung der Dienstfähigkeit durch den Amtsarzt Dr. H. vom 6. August 2001 stütze sich u.a. auf das umfassende fachorthopädische Gutachten der Orthopädischen Klinik ... vom 30. Mai 2001, in der die Beamtin am 17. April 2001 eingehend untersucht worden sei. Aus dem Gutachten sei zu entnehmen, dass neben weiteren Vorbefunden auch der Bericht des die Beamtin behandelnden Orthopäden Dr. K. vom 10. Mai 2000, auf den sie sich berufe, einbezogen worden sei. Gleichwohl habe sich die Beamtin weiterhin krankschreiben lassen. Die Beamtin habe in Kenntnis des amtsärztlichen Untersuchungsergebnisses und trotz Hinweises auf die Rechtslage dem privatärztlichen Attest einen diesem nicht zukommenden Vorrang eingeräumt und bleibe daher seit dem 15. August 2001 dem Dienst schuldhaft fern. Mit Schreiben vom 9. November 2001 hat das Bundeseisenbahnvermögen der Antragstellerin mitgeteilt, dass in Ergänzung des Verlustfeststellungsbescheids vom 7. September 2001 im Zeitraum vom 21. September 2001 bis einschließlich 28. Oktober 2001 wegen anerkannt krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit kein Besoldungsverlust eingetreten sei.
2. Gegen den Verlustfeststellungsbescheid hat die Antragstellerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und geltend gemacht, sie sei nicht schuldhaft dem Dienst ferngeblieben, da sie dienstunfähig und damit nicht dienstleistungspflichtig sei. So habe ihr behandelnder Arzt Dr. K. seit dem 11. Dezember 1999 ununterbrochen ihre Dienstunfähigkeit festgestellt. Die entsprechenden Atteste habe sie vorgelegt. Eine Dienstleistungspflicht könne demgegenüber nicht aus der Begutachtung des Amtsarztes beim Gesundheitsamt des Landkreises ... Dr. H. hergeleitet werden, nach dessen Auffassung sie dienstfähig sein solle. Diesem amtsärztlichen Gutachten sei kein Vorrang vor der Beurteilung durch ihren Facharzt Dr. K. einzuräumen. Dr. H. habe bei ihrem Vorstellungstermin am 18. Januar 2001 zu erkennen gegeben, dass er überhaupt keine Kenntnisse von ihrem Arbeitsgebiet, der Zugansage, habe. Er habe sich auch verwundert darüber gezeigt, dass bei der Begutachtung ihrer Person kein Bahnarzt beauftragt worden sei. Der Amtsarzt habe die Schwere ihrer Erkrankung offensichtlich nicht selbst beurteilen können, da er eine orthopädische Fachklinik in ... mit einer weiteren Begutachtung beauftragt habe. Im Ergebnis gehe sie daher nach wie vor davon aus, dass für sie wegen der vorliegenden Dienstunfähigkeit keine Dienstleistungspflicht bestanden habe.
3. Das Bundesdisziplinargericht hat mit Beschluss vom 10. Juli 2002 die angegriffene Verfügung mit Ausnahme des Zeitraums vom 21. September bis einschließlich 28. Oktober 2001 aufrecht er-
halten, eine Kostenquotelung vorgenommen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung habe nur für den Zeitraum vom 21. September bis einschließlich 28. Oktober 2001 Erfolg, da die Beamtin in diesem Zeitraum dienstunfähig gewesen sei. Für diesen Zeitraum halte die Antragsgegnerin ihrer Mitteilung zufolge die Verlustfeststellung nicht mehr aufrecht. Für den übrigen Zeitraum ab dem 15. August 2001 sei die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge zu Recht erfolgt. Nach § 9 Satz 1 BBesG verliere ein Beamter, der ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fernbleibe, für die Zeit des Fernbleibens seine Dienstbezüge. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift seien für den übrigen Zeitraum erfüllt. Die Antragstellerin sei nachweislich für die ihr abgeforderte Tätigkeit als Zugansagerin dienstfähig. Diese Feststellung beruhe auf den wiederholten Stellungnahmen des Oberbahnarztes Dr. R. vom 27. November 2001, 19. Dezember 2001, 16. Januar 2001 (richtig: 2002) und 4. Juni 2002 sowie dem amtsärztlichen Gutachten Dr. H. vom 17. Oktober 2001. Insbesondere die jüngsten oberbahnärztlichen Ausführungen bedeuteten für das Gericht, dass sich Dr. R. ausführlich mit allen Vorbefunden sowie dem Krankheitsbild der Fibromyalgie auseinandergesetzt habe und die Wertung, ob die Beamtin mit dem vorhandenen Krankheitsbild in der Lage sei, die vorgesehene Tätigkeit in der Zugansage auszuüben, den Vorrang vor der privatärztlichen Einschätzung des Dr. K. abgegeben habe. Ferner trete hinzu, dass auch das amtsärztliche Gutachten des Kreisausschusses des Landkreises ... vom 4. September 2001 unter Einbeziehung der Bewertungen des Dr. K., aber auch nach Einholung eines fachorthopädischen Zusatzgutachtens vom 30. Mai 2001 zu dem Ergebnis komme, dass sich eine wesentliche Veränderung der Leistungsfähigkeit wie in den Beurteilungen vom 30. Mai 2001 und 6. August 2001 nicht ergeben habe und daraus folgend die Antragstellerin für den vorgesehenen Tätigkeitsbereich als Zugansagerin dienstfähig sei. Insgesamt sei die Dienstfähigkeit der Beamtin im Hinblick auf die vorrangig zu beachtenden betriebs- bzw. amtsärztlichen Beurteilungen nachgewiesen mit Ausnahme des ausgenommenen Zeitraums. Während dieser Zeit habe bei der Beamtin ein ihre Dienstunfähigkeit begründender Reizzustand im linken Knie vorgelegen. Die Beamtin habe auch schuldhaft und zwar zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt. So sei sie unter dem 10. August 2001 nicht nur unmissverständlich zum Dienstantritt aufgefordert, sondern ihr sei auch deutlich vor Augen geführt worden, dass die Beurteilung der Dienstfähigkeit durch einen Amtsarzt Vorrang vor privatärztlichen Stellungnahmen habe.
4. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Bundesdisziplinargericht gehe fehl in der Auffassung, dass dem amtsärztlichen Gutachten vom 6. August 2001 des Kreisgesundheitsamtes Vorrang einzuräumen sei vor anders lautenden Bescheinigungen ihres Facharztes. Der beauftragte Amtsarzt sei nicht in der Lage, ihren Gesundheitszustand selbstständig zu beurteilen. Er gründe sein Gutachten vielmehr im Wesentlichen auf das Ergebnis eines von ihm eingeholten Gutachtens der fachorthopädischen Klinik ... und ignoriere dabei vollkommen, dass die von dieser Klinik unterstellten Voraussetzungen für eine vollschichtige Dienstfähigkeit nicht vorlägen. Der Amtsarzt kenne ihr Arbeitsumfeld nicht aus eigener Anschauung, wie er ihr gegenüber zu erkennen gegeben habe; hierüber habe er erst durch die Antragsgegnerin informiert werden müssen. Sie habe die Dienstaufnahme auch nicht schuldhaft verweigert, weil sie davon habe ausgehen müssen, dass die Dienstunfähigkeitsbescheinigungen ihres Facharztes nach wie vor gelten würden. Der mangelnde Rechtsgrund jener Entscheidung habe auch nicht durch nachträgliches Einholen weiterer amts- bzw. bahnärztlicher Gutachten geheilt werden können. Schließlich übersehe das Bundesdisziplinargericht, dass das amtsärztliche Gutachten vom 6. August 2001 wie auch die weiteren sie betreffenden Gutachten nicht den vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Gewichtung amtsärztlicher Dienstfähigkeitsbeurteilungen genügten. Es sei nicht Sache der Amts- oder Bahnärzte zu beurteilen, ob einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukomme. Ihren gutachterlichen Stellungnahmen komme nur insoweit Vorrang zu, als sie die festgestellten Krankheitsbilder umzusetzen hätten auf die dienstlichen Aufgaben des zu beurteilenden Beamten. Darauf gründend sei zu beurteilen, ob und inwieweit eine festgestellte Krankheit zur Dienstunfähigkeit führe. Keines der hier in Rede stehenden amts- bzw. bahnärztlichen Gutachten habe sich in diesem Sinne mit den Ausführungen ihres Arztes auseinandergesetzt. Allein in dem Gutachten der amtsärztlich beauftragten orthopädischen Klinik in ... setze sich der dortige Gutachter mit den Diagnosen ihres Arztes auseinander und stelle ihre Dienstfähigkeit fest, allerdings vorbehaltlich unter Bedingungen, die weder an ihrem Arbeitsplatz gegeben noch von der Antragsgegnerin geschaffen worden seien.

II


Die nach § 85 Abs. 5 BDG, § 121 Abs. 5 BDO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge der Antragstellerin seit dem 15. August 2001 erweist sich als rechtmäßig, soweit die Verlustfeststellung noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Das ist insoweit nicht der Fall, als die Antragsgegnerin bereits durch Schreiben vom 9. November 2001, d.h. vor Rechtshängigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, gegenüber der Antragstellerin den Zeitraum vom 21. September 2001 bis einschließlich 28. Oktober 2001 von der Verlustfeststellung ausgenommen hatte. Gleiches gilt für den Zeitraum vom 23. Januar 2002 bis einschließlich 20. Februar 2002, in dem sich die Antragstellerin in einer Reha-Klinik aufgehalten hat. Mit Schreiben an die Antragstellerin vom 22. Februar 2002 hat die Antragsgegnerin unverzüglich mitgeteilt, dass in jenem Zeitraum ebenfalls kein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst vorliegt. Durch beide Mitteilungsschreiben ist der Verlustfeststellungsbescheid vom 7. September 2001 sinngemäß abgeändert worden. Soweit die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdeerwiderung rügt, das BDiG habe diesen Umstand übersehen, kann dies schon deshalb nicht zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zu Lasten der Antragstellerin führen, da die Antragsgegnerin kein Rechtsmittel eingelegt hat.
Nach § 9 Satz 1 BBesG verliert ein Beamter, der ohne Genehmigung dem Dienst schuldhaft fern bleibt, für die Zeit des Fernbleibens seine Dienstbezüge. Der Verlust der Dienstbezüge ist nach § 9 Satz 3 BBesG - wie hier geschehen - vom Dienstvorgesetzten festzustellen. Diese Feststellung ist auch rückwirkend möglich (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 23. April 2001 - BVerwG 1 DB 13.01 -).
1. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Antragstellerin mit Ausnahme der von der Antragsgegnerin selbst anerkannten Zeiträume dienstfähig war. Dies folgt aus dem vorliegenden amtsärztlichen Gutachten vom 17. Oktober 2001. Nach dem Inhalt dieses Gutachtens waren dem Amtsarzt Dr. H. die von der Antragstellerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des sie behandelnden Orthopäden Dr. K. bekannt. Zur Klärung der zugrunde liegenden Problematik hatte der Amtsarzt eine erneute fachorthopädische Befunderhebung veranlasst. Im Rahmen der durch die Orthopädische Klinik ... durchgeführten Begutachtung und der hierüber unter dem 1. Oktober 2001 erstellten fachärztlichen Stellungnahme habe eine Dienstunfähigkeit längstens bis zum 26. Oktober 2001 vorgelegen. In dieser fachärztlichen Stellungnahme vom 1. Oktober 2001 werde keine wesentliche weitergehende fachorthopädische, die Leistungsfähigkeit einschränkende Diagnose festgestellt. Günstig werden als Therapiemaßnahme eine Gewichtsreduktion und die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen angesehen. Die Beamtin sei hiernach weiterhin leistungsfähig für vollschichtig leichte Tätigkeiten unter Beachtung mehrerer Einschränkungen, nämlich: keine Arbeiten in Zwangshaltungen, keine Arbeiten in ständig stehender Position, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft sowie keine Arbeiten mit Heben und Tragen über 10 kg und ständigem Heben und Tragen von 5 kg als Dauerleistung. Die in den zurückliegenden Monaten angeführten Diagnosen seien in den amtsärztlichen und in den orthopädischen Zusatzbegutachtungen mehrfach untersucht und hinsichtlich einer eventuell gegebenen Leistungseinschränkung eingeschätzt und beurteilt worden. Das daraus resultierende positive und negative Leistungsbild sei in den verschiedenen Stellungnahmen amtsärztlich und fachärztlich festgestellt und wiederholt bestätigt worden. Kurzfristig auftretende Begleiterkrankungen, die in ausreichender Weise therapiert werden könnten und nur befristet Leistungsunfähigkeit bedingten, seien und könnten bei einer prognostischen längerfristigen Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt werden. In Kenntnis der vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen und unter besonderer Berücksichtigung der bestehenden orthopädischen Symptomatik werde die Beamtin auf Dauer amtsärztlicherseits für vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten eingeschätzt. Dies schließe - da bei einer Tätigkeit im Wechseldienst mit der Wahrnehmung der Aufgabe der Informationsweitergabe, insbesondere der Zugansage, keinerlei größere körperliche Belastungen anfielen und wechselnde Körperhaltungen möglich seien, auch im Rahmen des Dienstablaufs - längere Dienstzeiten ein, die arbeitsbedingt an besonderen Dienstzeiten (Nacht- und Wochenendzeiten) anfielen, auch über das übliche Maß einer Acht-Stunden-Tätigkeit hinaus. Da die Tätigkeit keinerlei größere körperliche Belastung beinhalte und vollständig und umfassend den Arbeitsanforderungen hinsichtlich des positiven und negativen Leistungsbildes
gerecht werde, sei die Beamtin aus gesundheitlichen Gründen aus amtsärztlicher Einschätzung und Beurteilung in der Lage, diese Tätigkeit wahrzunehmen. Nach amtsärztlicher Einschätzung sei keine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Situation in weiterer Zukunft, sofern nicht aktuelle Ereignisse wie Unfallschäden oder anderweitige akute gesundheitliche Probleme aufträten, zu erwarten. Die Einschätzung der Leistungsfähigkeit bleibe daher auch für die weitere Zukunft unberührt. Amtsärztlicherseits werde bei der derzeit gegebenen gesundheitlichen Situation der Beamtin, wie sie bereits mehrfach gutachterlich festgestellt worden sei, deren Leistungsfähigkeit durch die vorgesehene Tätigkeit im Zugansagedienst in der Wechselschicht unter Einhaltung des bekannten positiven und negativen Leistungsbildes bestätigt.
Der Senat misst der Stellungnahme eines Amtsarztes hohen Beweiswert zu, sofern seine Stellungnahme - wie hier - in sich schlüssig, nachvollziehbar und begründet ist. Der Aussagewert dieser Stellungnahme wird erhärtet durch die von dem Amtsarzt veranlasste fachorthopädische Begutachtung in einer Klinik. Kommen amtsärztliche Stellungnahmen einerseits und privatärztliche Atteste andererseits hinsichtlich desselben Krankheitsbildes mit Blick auf die Dienstfähigkeit eines Beamten zu unterschiedlichen Ergebnissen, kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats den Feststellungen des Amtsarztes grundsätzlich höherer Beweiswert zu (vgl. Beschluss vom 28. März 2001 - BVerwG 1 DB 12.01 - m.w.N.). Hierfür sind in der Regel die besseren Kenntnisse des Amtsarztes hinsichtlich der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von der Beamtin zu verrichtenden Tätigkeiten sowie seine größere Erfahrung bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit maßgebend. Für Gutachten, in denen Fragen des Dienstrechts aus medizinischer Sicht zu beurteilen sind, ist ein spezieller zusätzlicher Sachverstand erforderlich, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich liegenden Fällen beruht. Ob und wann einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukommt, mag ein Privatarzt, zumal ein Facharzt, besser beurteilen können. Ob und wann hingegen eine Störung mit Krankheitswert die Dienstfähigkeit beeinträchtigt, ist eine Frage, deren Entscheidung vorrangig dem Amtsarzt zusteht.
Der hohe Beweiswert eines amtsärztlichen Gutachtens wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Amtsärzte organisationsrechtlich zum öffentlichen Dienst gehören. Die Amtsärzte sind als Beschäftigte im öffentlichen Dienst an Gesetz und Recht gebunden und als Mediziner den Regeln der ärztlichen Heilkunst verpflichtet. Im Rahmen dieser Tätigkeit erstatten sie ihre Gutachten unabhängig und frei von Weisungen der sie beauftragenden Behörden oder mit öffentlichen Befugnissen ausgestatteten Unternehmen. Die Stellung der Amtsärzte gewährleistet insofern ein hohes Maß an Objektivität, das zu ihrer besonderen Sachkunde im Hinblick auf die Belange der öffentlichen Verwaltung hinzukommt. Allerdings genießen amtsärztliche Beurteilungen nicht stets einen Vorrang gegenüber entgegenstehenden privatärztlichen Feststellungen. Hat der private Arzt im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen er die Dienstunfähigkeit eines Beamten annimmt, sind diese Darlegungen dem Amtsarzt bekannt und will er gleichwohl die Dienstfähigkeit feststellen, so ist er gehalten, sich mit den entgegenstehenden Erwägungen des privaten Arztes auseinanderzusetzen und darzulegen, warum er diesen nicht folgt (vgl. Beschluss vom 8. März 2001, - BVerwG 1 DB 8.01 - DVBl 2001, 1079 = DÖV 2001, 735 = ZBR 2001, 297).
Auch unter Berücksichtigung dieser Anforderungen der Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall der amtsärztlichen Beurteilung zu folgen. Der die Antragstellerin behandelnde Orthopäde Dr. K. hat sich in einem Attest vom 24. April 2001 zu den Beschwerden der Antragstellerin ausführlich geäußert. Hierin bescheinigt er der Beamtin eine eingeschränkte Beweglichkeit der Wirbelsäule ohne Funktionsdefizite der Gelenke und ohne neurologische Ausfallerscheinungen. Es bestünden jedoch typische Schmerzen im Bereich von sog. tender points wie über Trapezius, Supraspinatus, Epicondylus lateralis beiderseits, Trochanter major beiderseits und gelegentlich im Bereich der suboccipitalen Muskulatur. Auch die Querfortsätze der Halswirbelsäule seien immer wieder schmerzhaft. Im Laufe der Behandlungsjahre habe sich gezeigt, dass nur eine Minderung der Beschwerden zu erreichen sei, wenn ständige Bewegungstherapie erfolge. Seines Erachtens sei es unstrittig, dass es sich hier um ein Fibromyalgiesyndrom handele. Aus seiner fachorthopädischen-rheumathologischen Sicht sei die Beamtin aufgrund ihres chronischen Schmerzsyndroms "erheblich in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert". Zu bemerken sei, dass das Nichtvorhandensein von Funktionseinschränkungen nur darauf zurückzuführen sei, dass die Beamtin intensivst Bewegungstherapie betreibe. Zu diesem privatärztlichen Attest ist eine weitere Äußerung des Oberbahnarztes Dr. R. vom 4. Juni 2002 eingeholt worden, der sich eingehend mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beamtin auseinandersetzt und abschließend zu dem Ergebnis kommt, soweit Dr. K. die Diagnose Fibromyalgiesyndrom stelle, werde damit das schon länger bekannte Beschwerdebild der Beamtin bezeichnet. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass eine Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik eingetreten sei, weshalb die Beamtin aus amtsärztlicher Sicht weiterhin als dienstfähig zu bezeichnen sei. Aus der Sicht des Senats stellt die ärztliche Bescheinigung von Dr. K. die von der Antragsgegnerin eingeholten Stellungnahmen nicht in Frage, zumal eine "Minderung der Erwerbsfähigkeit", ja nicht einmal eine - hier nicht attestierte - "Erwerbsunfähigkeit" nicht mit einer vorübergehenden oder dauernden Dienstunfähigkeit im Sinne des Beamtenrechts gleichgesetzt werden kann (vgl. z.B. Urteile vom 3. Juni 1977 - BVerwG 1 D 64.76 - DokBer B 1977, 285 und 21. Februar 1984 - BVerwG 1 D 58.83 - BVerwGE 76, 135; Beschlüsse vom 6. März 1998 - BVerwG 1 DB 33.97 - und 2. Dezember 1999 - BVerwG 1 DB 19.99 und 1 DB 29.99 -). Zu den entscheidungserheblichen Fragen, für welche Art Tätigkeit die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin "erheblich gemindert" sein soll und für welche nicht, insbesondere aber zu den Möglichkeiten und Grenzen eines Einsatzes im Zugansagedienst, äußert sich der behandelnde Arzt in keiner Weise. Damit sind seine Aussagen nicht geeignet, die spezifischen Äußerungen des Amtsarztes und des von diesem hinzugezogenen Gutachters in Frage zu stellen.
2. Die Antragstellerin ist dem Dienst auch schuldhaft, und zwar zumindest bedingt vorsätzlich, ferngeblieben. Mit Schreiben vom 7. September 2001 hat die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf ein früheres Schreiben und auf das Ergebnis der amtsärztlichen Begutachtung einschließlich des Ergebnisses der fachorthopädischen Begutachtung der orthopädischen Klinik ... der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie aus der Sicht des Dienstherrn dienstfähig sei. Sie wurde deshalb zum Dienstantritt aufgefordert und darauf hingewiesen, dass die von ihr vorgelegten privatärztlichen Atteste keine weitere Gültigkeit beanspruchen könnten, da das amtsärztliche Gutachten höher zu bewerten sei. Indem die Antragstellerin in Kenntnis des amtsärztlichen Begutachtungsergebnisses und des Umstandes, dass ihre privatärztlichen Krankschreibungen von ihrem Arbeitgeber nicht anerkannt wurden, dem Dienst fernblieb, handelte sie wissentlich und willentlich; das Ergebnis, dass sich letztlich ihre Dienstfähigkeit erweisen könnte, hat sie zumindest billigend in Kauf genommen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BDO.