Beschluss vom 16.12.2009 -
BVerwG 3 B 73.09ECLI:DE:BVerwG:2009:161209B3B73.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.12.2009 - 3 B 73.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:161209B3B73.09.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 73.09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Dezember 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin begehrt eine Heilpraktikererlaubnis. Im schriftlichen Teil der Prüfung beantwortete sie nach Feststellung der Prüfer nur 39 von 60 multiple-choise-Fragen richtig und erreichte damit nicht die Bestehensgrenze von 75% (entspr. 45 von 60 Fragen). Ihre Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat neun Prüfungsfragen als unzulässig angesehen, weil sie zu speziell seien oder nach den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten nicht richtig hätten beantwortet werden können, die verbleibenden 51 zulässigen Fragen aber als eine taugliche Beurteilungsgrundlage angesehen. Es hat offen gelassen, ob alle unzulässigen Fragen und deren Beantwortung unberücksichtigt bleiben oder davon wenigstens die (sechs) richtig beantworteten berücksichtigt oder sogar alle unzulässigen Fragen als richtig beantwortet gewertet werden müssten, weil die Klägerin in jedem Fall die Bestehensgrenze, jeweils bezogen auf die Gesamtzahl der gewerteten Fragen, nicht erreiche. Ausgeschlossen sei jedenfalls, die unzulässigen Fragen unberücksichtigt zu lassen, die teilweise richtigen Antworten auf diese Fragen aber zu werten - also 39 von 51 Fragen und damit über 75% als richtig anzusehen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

2 Die Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu. Die Klägerin wirft - zusammengefasst - die Frage auf, in welcher Weise Prüfungsbeeinträchtigungen aufgrund unzulässiger Fragen auszugleichen sind, und spricht sich für eine - von ihr so bezeichnete – „Doppelbegünstigung“ im Sinne des vom Berufungsgericht verworfenen Berechnungsmodells aus; ergänzend plädiert sie dafür, die Bestehensgrenze im Einzelfall abzusenken, eine „fließende Annäherung“ an die Bestehensgrenze in Abhängigkeit von der Anzahl der unzulässigen Fragen zuzulassen oder als letztes Mittel die gesamte Prüfung zu verwerfen.

3 Diese Erwägungen können die Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht begründen. Da die Klägerin die Prüfung selbst dann nicht bestanden hätte, wenn alle unzulässigen Fragen als richtig beantwortet in die Bewertung eingeflossen wären, käme es (auch) in einem Revisionsverfahren nicht darauf an, in welchem Umfang solche Fragen und ihre richtige oder unterstellt richtige Beantwortung zu berücksichtigen sind. Eindeutig und nicht erst in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig ist jedenfalls, dass das von der Klägerin favorisierte Berechnungsmodell ausscheidet. Die Unzulässigkeit einer Frage kann nicht dazu führen, zwar die Antwort zu zählen, nicht aber die Frage. Wenn auf der einen Seite die Antwort als richtig berücksichtigt wird, muss auf der anderen Seite auch die Frage in die Ermittlung der Bestehensgrenze einfließen.

4 Die ergänzenden Erwägungen der Klägerin führen ebenfalls nicht weiter. Mit der vorgeschlagenen Absenkung der Bestehensgrenze - nichts anderes bedeutete auch das Ausreichenlassen einer Annäherung an diese Grenze - will sie berücksichtigt wissen, dass fehlerhaft gestellte Aufgaben den Prüfungsablauf unter Umständen insgesamt stören und den Kandidaten übermäßig aufhalten, also auch seine Chancen auf die richtige Beantwortung der verbleibenden zulässigen Prüfungsfragen mindern könnten. Für derartige Erwägungen ist jedoch von vornherein kein Raum, wenn der Anteil unzulässiger Fragen - wie hier - eher gering ist und der Kandidat die Prüfung selbst dann nicht bestanden hätte, wenn er sämtliche unzulässigen Prüfungsfragen richtig beantwortet hätte. Andere Fallkonstellationen sind hier nicht zu entscheiden und wären im Übrigen einer grundsätzlichen Klärung auch nicht zugänglich; denn die Folgen von Mängeln im Prüfungsverfahren sind regelmäßig von den Einzelumständen der jeweiligen Prüfung, hier insbesondere von der Art und Anzahl der unzulässigen Fragen abhängig.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.