Beschluss vom 16.12.2008 -
BVerwG 3 B 25.08ECLI:DE:BVerwG:2008:161208B3B25.08.0

Beschluss

BVerwG 3 B 25.08

  • VG Greifswald - 10.12.2007 - AZ: VG 5 A 212/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 10. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Kläger legt keinen Zulassungsgrund schlüssig dar.

2 1. Der Kläger stützt seine Beschwerde an erster Stelle auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Er legt indessen nicht hinreichend dar, dass das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Hierzu wäre erforderlich gewesen, einen rechtlichen Obersatz aus der Rechtsprechung eines dieser Divergenzgerichte zu bezeichnen und ihm einen rechtlichen Obersatz des Verwaltungsgerichts gegenüberzustellen, der davon abweicht und der die angefochtene Entscheidung trägt. Das leistet der Kläger nicht. Er bezieht sich zwar auf die Urteile des Senats vom 21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16.01 - (BVerwGE 116, 42) und vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 18.06 - (Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr. 9). Er rügt jedoch nicht, dass das Verwaltungsgericht sich mit einem tragenden Satz aus diesen Urteilen in Widerspruch gesetzt hätte. Stattdessen behauptet er eine innere Widersprüchlichkeit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbst, die sich in dem angefochtenen Urteil widerspiegele. Damit bemängelt er in Wahrheit, dass das Verwaltungsgericht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt ist.

3 2. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht schlüssig dargetan. Hierzu wäre erforderlich gewesen, eine Rechtsfrage, die sich dem Verwaltungsgericht gestellt hatte, zu bezeichnen und näher darzulegen, inwiefern diese Frage der - ggf. erneuten oder weiteren - Klärung bedarf, inwiefern mit dieser Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu rechnen ist und inwiefern hiervon eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den entschiedenen Einzelfall hinaus zu erwarten steht. Auch dies leistet der Kläger nicht. Zwar bezeichnet er eine Reihe von Fragen zur Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwRehaG und zu § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG, zu beider rechtlichem Verhältnis und zur Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Regelung - zumal in der Auslegung, die sie in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefunden hat - mit deutschem Verfassungsrecht und mit dem Völkerrecht. Wie er selbst einräumt, sind alle diese Fragen aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. insbesondere die Urteile vom 21. Februar 2002 und vom 28. Februar 2007 a.a.O. sowie Beschluss vom 1. Juli 1999 - BVerwG 7 B 2.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 5) und des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00 u.a. - BVerfGE 112, 1) bereits geklärt. Der Kläger zeigt nicht auf, welche Umstände dazu führten, dass diese Fragen einer erneuten oder weitergehenden Klärung bedürften. Stattdessen erschöpft sich sein umfangreicher Vortrag in einer kritischen Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung. Damit ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan.

4 3. Auch der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger rügt zwar am Rande, das Urteil des Verwaltungsgerichts habe ihn überrascht; nach dem Gang der mündlichen Verhandlung habe er nicht mehr damit gerechnet, dass sich der Einzelrichter dann doch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anschließe. Damit ist weder eine Verletzung des Gebots, der Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), noch eine Verletzung des weiteren Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), dargetan. Ausweislich der Niederschrift wurde die Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgericht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erörtert. Der Kläger hatte hierbei auch nach seinem eigenen Beschwerdevorbringen ausführlich Gelegenheit, seinen Rechtsstandpunkt darzulegen. Aus seinem Vortrag ergibt sich nicht, dass das Gericht ihn durch rechtliche Hinweise in einer bestimmten Richtung von weiterem Vortrag abgehalten hätte, der für die dann ergangene Entscheidung erheblich gewesen wäre. Ebenso wenig behauptet er, das Gericht habe seiner Entscheidung Umstände zugrunde gelegt, die nicht erörtert worden wären und auch nicht zum Prozessstoff gehört hätten. Dann aber lässt sich ein Verfahrensmangel nicht erkennen. Ob der Kläger aus der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen hat, das Gericht werde sich seiner Rechtsauffassung anschließen, betrifft allein seine subjektive Einschätzung; ein diesbezüglicher Irrtum könnte einen Verfahrensmangel für sich gesehen nicht begründen.

5 Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Beschluss vom 16.06.2009 -
BVerwG 3 B 3.09ECLI:DE:BVerwG:2009:160609B3B3.09.0

Beschluss

BVerwG 3 B 3.09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 3 B 25.08 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Rüge des Klägers ist unbegründet. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.

2 Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (BVerfG, u.a. Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>). Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, u.a. Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>; 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>). Solche Umstände sind hier nicht erkennbar.

3 Der Kläger rügt unter Bezugnahme auf zahlreiche Einzelheiten seines Beschwerdevorbringens, dass der Senat sich nicht mit den in der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegten Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auseinander gesetzt habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde zeige die grundsätzliche und ungeklärte Frage auf, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG einfach- wie verfassungsrechtlich so ausgelegt werden dürfe, dass er die Aufhebung des Enteignungsaktes der Bodenreform gegenüber dem Vater des Klägers nach § 1 VwRehaG verhindere und wenn ja, ob dieser Ausschluss die Grundrecht in Art. 1, 2, 3 und 14 GG verletze oder verfassungsgemäß sei. Weiter habe die Nichtzulassungsbeschwerde erhebliche, neue und vom Bundesverwaltungsgericht nicht berücksichtigte Gründe gezeigt. Vor allem die Verkennung von § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG als Ausschluss- statt als Kollisionsnorm sei ungeklärt. Die Nichtzulassungsbeschwerde habe weiterhin gezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht zwei Obersätze gebildet habe. Im Urteil vom 21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16/01 - (BVerwGE 116, 42) folge es dem Bundesverfassungsgericht, wonach die Bodenreformenteignung die Menschenwürde verletzt habe, und sage daher, sie falle unter § 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG (Art. 1 GG). Dagegen sage es im Urteil vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 18/06 - (Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr 9), sie habe nur der Landbeschaffung gedient und falle damit unter das Vermögensgesetz (Art. 14 GG). Wegen dieser „inneren Widersprüchlichkeit“, auf welche die Nichtzulassungsbeschwerde hinweise, habe keine Divergenz zu beiden einander widersprechenden Obersätzen gerügt werden können.

4 Eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich aus diesen Rügen nicht. Der Senat hat sich in seinem Beschluss mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt und begründet, warum der Kläger in der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde keinen Zulassungsgrund schlüssig dargelegt hat. Hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung hat der Senat unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung dargelegt, dass die für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Fragen bereits geklärt sind und der Kläger nicht aufgezeigt hat, welche Umstände dazu führten, dass diese Fragen einer erneuten oder weitergehenden Klärung bedürften. Auch bezüglich der Divergenz hat der Senat belegt, dass der Kläger dem Erfordernis nicht gerecht geworden ist, einen rechtlichen Obersatz aus der Rechtsprechung eines der Divergenzgerichte zu bezeichnen und ihm einen rechtlichen Obersatz des Verwaltungsgerichts gegenüberzustellen, der davon abweicht und der die angefochtene Entscheidung trägt. Die von dem Kläger behauptete Widersprüchlichkeit der von ihm angeführten Entscheidungen hätten einer ordnungsgemäßen Begründung der Abweichungsrüge im Übrigen nicht entgegengestanden, sondern sie allenfalls erleichtert; denn genügt hätte die Darlegung einer Divergenz zu einer der genannten Entscheidungen. Abgesehen davon besteht die geltend gemachte Widersprüchlichkeit nicht; der Senat hatte lediglich den jeweiligen Unterschieden im Einzelfall Rechnung zu tragen.

5 Damit hat der Senat dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in dem gebotenen Umfang gewährleistet; insbesondere erfordert der Anspruch nicht, dass das Gericht bei der Würdigung des von ihm pflichtgemäß zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Prozessstoffs den Vorstellungen der Beteiligten folgt. Der Anhörungsrüge des Klägers liegt offenbar das Missverständnis zugrunde, das Verfahren nach § 152a VwGO eröffne den Weg zu einer Überprüfung der dem angegriffenen Beschluss zugrunde liegenden Rechtsauffassung des Senats hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen nach § 133 Abs. 3 VwGO.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.