Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten um die Rückübertragung eines Unternehmens nach dem Vermögensgesetz. Der Rechtsvorgänger der Klägerin war ab 1945 Geschäftsführer einer im pharmazeutischen Bereich tätigen GmbH. 1946 übertrug ihm der Alleingesellschafter der GmbH einen Teil der Gesellschaftsanteile, die übrigen Gesellschaftsanteile 1951 auf die Gesellschaft selbst. Im Jahr 1952 verließ der Rechtsvorgänger der Klägerin die DDR ohne die erforderliche Erlaubnis, woraufhin das Unternehmen als sein Eigentum enteignet wurde. Auf den Antrag der Rechtsnachfolger des ursprünglichen Alleingesellschafters wurde das Unternehmen 1992 zurückübertragen. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen ging dabei, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil, von einem Treuhandverhältnis aus. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile sei seinerzeit nur zur Abwendung einer Schädigung geschehen. Die Klägerin begehrt nun die Rückübertragung des Unternehmens auf sich. Das Verfahren beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Rechtsfrage, wer bei der Schädigung treuhänderisch gebundenen Eigentums Ansprüche nach dem Vermögensgesetz hat, Treugeber oder Treuhänder.


Beschluss vom 13.06.2006 -
BVerwG 8 C 16.05ECLI:DE:BVerwG:2006:130606B8C16.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.06.2006 - 8 C 16.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:130606B8C16.05.0]

Beschluss

BVerwG 8 C 16.05

  • VG Magdeburg - 15.03.2005 - AZ: VG 5 A 43/04 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juni 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

Die P. GmbH, D.weg 35, ... W., wird beigeladen.

Gründe

1 Die P. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, D.weg 35, ... W., ist als jetzige Verfügungsberechtigte zum Verfahren beizuladen (§ 142 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Abs. 2 VwGO), da eine Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis i.S. des § 65 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Urteil vom 16.08.2006 -
BVerwG 8 C 16.05ECLI:DE:BVerwG:2006:160806U8C16.05.0

Leitsatz:

Die vermögensrechtliche Berechtigung steht bei der Schädigung eines treuhänderisch übertragenen Vermögenswertes dem Treugeber zu, wenn er als wirtschaftlicher Eigentümer nur die formale Rechtsposition auf den Treunehmer übertragen hatte.

  • Rechtsquellen
    VermG § 2 Abs. 1 Satz 1

  • VG Magdeburg - 15.03.2005 - AZ: VG 5 A 43/04 MD

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 16.08.2006 - 8 C 16.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:160806U8C16.05.0]

Urteil

BVerwG 8 C 16.05

  • VG Magdeburg - 15.03.2005 - AZ: VG 5 A 43/04 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der senat1 \* MERGEFORMAT 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf, die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Hauser
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 15. März 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2.

Gründe

I

1 Die Klägerin begehrt die anteilige Rückübertragung des ehemaligen Unternehmens der J. B. Ysatfabrik Wernigerode a. Harz GmbH (im Folgenden: Ysatfabrik).

2 Seit 1920 war die Ysatfabrik im Handelsregister eingetragen. Alleingesellschafter war bis 1946 der Fabrikbesitzer K. B., der Rechtsvorgänger des Beigeladenen zu 1. Er hatte seinen Wohnsitz ab 1945 in Westdeutschland. Mit zwei notariell beurkundeten Erklärungen aus dem Jahre 1946 trat er Anteile an der Gesellschaft im Umfang von 220 000 RM des Stammkapitals an A. R., den Rechtsvorgänger der Klägerin, ab. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug zu diesem Zeitpunkt 1 200 000 RM. Nach einer undatierten und nicht notariell beurkundeten Vereinbarung sollte A. R. hierfür eine Gegenleistung von 220 000 RM erbringen, die in 15 gleichen Jahresraten zu begleichen war. Für den Fall schlechten Geschäftsgangs oder einer Wirtschaftsrezession verpflichteten sich die Parteien zu einer Neuverhandlung über die Höhe der Gegenleistung. 1946 reduzierte die Gesellschafterversammlung das Stammkapital der Gesellschaft auf 605 000 RM. Auf K. B. entfiel danach ein Anteil am Stammkapital von 385 000 RM, auf A. R. 220 000 RM. 1951 trat A. R. von seinem Anteil an der Gesellschaft einen Teilbetrag von 60 000 RM an die Gesellschaft ab. Als Generalbevollmächtigter des K. B. übertrug er gleichzeitig dessen Anteil in voller Höhe auf die Gesellschaft. In der Urkunde heißt es hierzu, die Veräußerung des Geschäftsanteils des K. B. erfolge, um jeden ausländischen Einfluss auf die Gesellschaft auszuschließen. Vorbehaltlich einer noch einzuholenden Genehmigung nach dem Gesetz zur Regelung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs sei als Gegenleistung beabsichtigt, für K. B. eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft in Höhe von 270 000 DM zu begründen. Dieser Betrag ergab sich aus dem Wert des Stammkapitalanteils von 385 000 DM abzüglich einer offenen Darlehensforderung der Gesellschaft von 115 000 DM.

3 Im Dezember 1952 verließ A. R. die DDR ohne Beachtung der dortigen Meldevorschriften. Das Unternehmen wurde unmittelbar danach in Anwendung der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 beschlagnahmt und später in Volkseigentum überführt. Die Umschreibung der zum Unternehmen gehörenden Grundstücke im Grundbuch geschah im Juni 1953. Die Rechtsträgerschaft über das Unternehmen erhielt der VEB Ysat B. Wernigerode.

4 Im Jahre 1956 verklagte A. R. den K. B. vor dem Landgericht Braunschweig auf Zahlung einer Treuhändervergütung. Er trug im Verfahren vor, die Anteile an der Gesellschaft nur treuhänderisch für K. B. gehalten zu haben. Hiervon ging das Landgericht auch in seinem Urteil aus.

5 Der 1960 verstorbene A. R. wurde durch eine Erbengemeinschaft beerbt, der die Klägerin angehörte. Nach Abtretung des Erbanteils eines Miterben und einer Erbauseinandersetzung steht ihr nunmehr ein Anteil von 31/48 an dem Erbe zu.

6 Am 2. Juli 1990 entstand aus dem streitgegenständlichen Unternehmen die P. Wernigerode GmbH, die Beigeladene zu 3.

7 Am 10. September 1990 meldete der Beigeladene zu 1 vermögensrechtliche Ansprüche am Unternehmen an. Für die genannte Erbengemeinschaft beantragte D. R. als Miterbe bei der Stadt Wernigerode, dem Rat des Kreises Wernigerode und dem Rat des Bezirkes Magdeburg mit Schreiben vom 10. Mai, 16. Juli und 6. August 1990 die Restitution verschiedener Vermögenswerte, wobei das Unternehmen nicht namentlich bezeichnet wurde.

8 Mit Bescheid vom 25. Februar 1992 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Vereinbarung zwischen der Treuhandanstalt und dem Beigeladenen zu 1 über die Rückübertragung des Unternehmens fest. Danach verpflichtete sich die Treuhandanstalt zur Übertragung von 40 % der Gesellschaftsanteile an der P. Wernigerode GmbH. Auf die restlichen Anteile verzichtete der Beigeladene zu 1. Sie sollten an eine KG sowie Führungskräfte der GmbH veräußert werden, was bereits mit notarieller Urkunde vom 18. Dezember 1991 geschehen war.

9 Nach Abgabe des Verfahrens betreffend den Antrag der Erbengemeinschaft auf Restitution des streitgegenständlichen Unternehmens an das zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen im Jahre 1993 wurde es mit der Begründung eingestellt, die Erbengemeinschaft habe keinen Antrag auf Rückübertragung des Unternehmens gestellt. Bereits in einem Aktenvermerk vom 20. Februar 1992 hatte ein Sachbearbeiter des Landesamtes festgehalten: „Herr RA R. hat ausdrücklich tel. bestätigt, daß er keinen Anspruch auf die Fa. B. erhebt.“

10 Mit Bescheid vom 23. August 1994 lehnte das Landesamt die Rückübertragung eines ehemals zum Unternehmen gehörenden Grundstücks an den Beigeladenen zu 1 ab. Zur Begründung wurde auf die erfolgte Unternehmensrestitution verwiesen, die eine nachfolgende Übertragung einzelner Unternehmensbestandteile ausschließe. Die Klage des Beigeladenen zu 1 gegen den Bescheid blieb erfolglos.

11 Am 27. November 2001 beantragte die Klägerin beim Landesamt, den Feststellungsbescheid vom 25. Februar 1992 aufzuheben und die Berechtigung der Erbengemeinschaft nach A. R. am Unternehmen festzustellen.

12 Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 30. Dezember 2003 ab. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG LSA sei nicht zulässig. Es fehle der Klägerin an der Antragsbefugnis, da sie nicht Betroffene im Sinne des Gesetzes sei. Hinsichtlich des Unternehmens liege keine rechtzeitige Anmeldung des Anspruchs vor. Der Bescheid vom 25. Februar 1992 sei dementsprechend zutreffend und ausschließlich gegenüber dem Beigeladenen zu 1 als einzigem Antragsteller ergangen. Eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin erscheine damit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar. Zudem fehle es an einem Wiederaufnahmegrund. Die Klägerin habe schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, über welche neuen Belege sie zum Nachweis ihrer Ansprüche verfüge. Den benannten Urkunden fehle es zumindest an der Neuheit im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG LSA. Da die Klägerin mit ihrem Antrag deutlich gemacht habe, die Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 1992 anzustreben, sei eine Rücknahme des Bescheides zu erwägen. Sie scheide aber wegen dessen Rechtmäßigkeit aus. Der Bescheid sei nach § 31 Abs. 5 Satz 6 VermG sofort bestandskräftig geworden. Er sei auch materiell rechtmäßig. Maßgeblich hierfür sei das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 1956. Danach habe A. R. lediglich als Treuhänder über die Gesellschaftsanteile verfügt. An der Eigentümerposition von K. B. habe sich nichts geändert. Aufgrund der Anteilsübertragungen seien die Behörden der DDR in Verkennung der richtigen Tatsachen von anderen Eigentumsverhältnissen ausgegangen. Damit seien Vermögenswerte des K. B. von der Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG betroffen gewesen. Ein Anspruch der Klägerin an ihnen scheide aus.

13 Soweit der Antrag der Klägerin vom 27. November 2001 auf die Feststellung ihrer Berechtigung gerichtet sei, müsse ebenfalls von der Unzulässigkeit ausgegangen werden, da die materielle Ausschlussfrist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG nicht beachtet worden sei. Aus den Anträgen des D. R. seien zudem Ansprüche hinsichtlich des Unternehmens nicht zu erkennen. Die Anlegung einer Akte hinsichtlich dieses Anspruchs sei seinerzeit irrtümlich geschehen. Pauschal formulierte Anträge, wie der vom 10. Mai 1990, genügten nicht zur Wahrung der Ausschlussfrist.

14 Mit ihrer am 6. Februar 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin u.a. geltend gemacht, die Antragsschreiben vom 10. Mai und 16. Juli 1990 bezögen sich schon nach ihrem Inhalt auch auf das streitgegenständliche Unternehmen. Im Ergebnis der Antragsauslegung habe sich das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen für unzuständig erklärt und die Angelegenheit wegen des Unternehmensbezugs an das Landesamt weitergeleitet. Vor Ablauf der Ausschlussfrist des § 30a VermG sei dies Herrn D. R. auch mitgeteilt worden. Dementsprechend seien die Beteiligten jederzeit davon ausgegangen, dass sich der Antrag auch auf das Unternehmen beziehe. Wegen dieses Sachverhalts könne nunmehr nicht behauptet werden, es fehle bereits an einem Antrag. Auch fehle es nicht an der hinreichenden Identifizierbarkeit der begehrten Vermögenswerte. Ansonsten hätte das Vermögensamt Wernigerode nicht in der Lage sein können, den Antrag einem bestimmten Vermögenswert zuzuordnen. Es sei zu beachten, dass die Erbengemeinschaft etliche im gesamten Stadtgebiet verteilte Vermögenswerte beanspruchen wollte, so dass bewusst eine allgemein gehaltene Formulierung gewählt werden musste. In Anbetracht der Vielzahl der Vermögenswerte und des engen zeitlichen Rahmens sei eine Präzisierung der denkbaren Ansprüche auch gar nicht möglich gewesen. Für eine Antragsrücknahme sei nichts erkennbar. Zunächst sei zu bestreiten, dass D. R. überhaupt am 20. Februar 1992 mit dem zuständigen Bearbeiter telefoniert habe. Zudem habe ein vitales Interesse der Behörde an der Richtigkeit der zuvor festgestellten Vereinbarung bestanden. Es dränge sich damit der Verdacht auf, dass hier nachträglich die Rechtslage den geschaffenen Tatsachen angepasst werden sollte. Unabhängig hiervon sei der Inhalt des Aktenvermerks aber nicht eindeutig.

15 Zudem sei die materiellrechtliche Auffassung des Beklagten unzutreffend. Er stütze sich maßgeblich auf das Urteil des Landgerichts Braunschweig. Dieses könne aber keinerlei Rechtskraftwirkungen entfalten. Ihm komme allenfalls Indizwirkung zu. Eine treuhänderische Übergabe der Gesellschaftsanteile ergebe sich jedenfalls nicht aus den notariellen Vertragsurkunden. Auch habe A. R. für die Abtretung der Gesellschaftsanteile einen Kaufpreis zahlen müssen. In den Verwaltungsvorgängen des Beklagten fänden sich zudem unzählige Hinweise, dass sich A. R. auch nach der Flucht in den Westen als alleiniger Gesellschafter der GmbH fühlte. Dem Urteil des Landgerichts Braunschweig komme hingegen nur untergeordnete Bedeutung zu. Das Verfahren habe seine Ursache darin gehabt, dass A. R. nach der Flucht in den Westen dringend finanzielle Mittel benötigt und deswegen den Versuch unternommen habe, durch die wahrheitswidrige Behauptung des Treuhandverhältnisses eine Vergütung zu erlangen.

16 Der Beklagte hat auf die verfristete Anmeldung des Anspruchs hingewiesen. Die Anlage einer Verfahrensakte sei seinerzeit irrtümlich geschehen. Vor diesem Hintergrund sei der Beklagte bemüht gewesen, den Willen des Antragstellers zu erkunden. D. R. habe in diesem Zusammenhang den fehlenden Unternehmensbezug bestätigt, wovon der Aktenvermerk Zeugnis ablege.

17 Der Beigeladene zu 1 hat vorgetragen, in den Antragsschreiben des D. R. seien die begehrten Vermögenswerte ausdrücklich aufgezählt worden. Ein wie auch immer gearteter Unternehmensbezug lasse sich diesen Aufzählungen nicht entnehmen. Auch in weiteren Schreiben sei nie die Rückgabe des Unternehmens verlangt worden, was bei einem dahingehenden Begehren kaum zu erklären sei. Hinsichtlich der treuhänderischen Übertragung von Gesellschaftsanteilen sei anzumerken, dass an der Vereinbarung eines Kaufpreises Zweifel bestünden. Möglicherweise habe A. R. das Schriftstück selbst gefertigt, um notfalls die Ernsthaftigkeit der Übertragung gegenüber den Behörden nachweisen zu können. Jedenfalls seien nie Zahlungen an K. B. erfolgt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass mit notariellem Vertrag vom 17. Februar 1953 A. R. die Gesellschaftsanteile auf K. B. zurückübertragen habe.

18 Die Beigeladene zu 2 hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.

19 Mit Urteil vom 15. März 2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin fehle die Berechtigung im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG. Ihr Rechtsvorgänger sei lediglich formeller Eigentümer des geschädigten Unternehmens gewesen, das weiterhin im wirtschaftlichen Eigentum des K. B. gestanden habe. Für ein Treuhandverhältnis sprächen der Vortrag der Beteiligten im Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig und Äußerungen des A. R. aus dem Jahre 1953. Schließlich sei zu bemerken, dass dieser für das Unternehmen keinen Lastenausgleich beantragt habe. Als Indiz sei außerdem anzusehen, dass der Sohn von A. R. für die Erbengemeinschaft keinen Antrag hinsichtlich des Unternehmens stellen wollte. Aus dem Treuhandverhältnis bestehe nach wie vor die Verpflichtung, das Treugut bzw. dessen Surrogate an K. B. und dessen Rechtsnachfolger herauszugeben. Demzufolge dürfe die vermögensrechtliche Rückgabe nur zugunsten von K. B. geschehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies bereits für jene Fälle bestätigt, bei denen der Treuhänder den Vermögensgegenstand veräußerte. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG LSA sei unzulässig, da die Klägerin keine Betroffene sei. Antragsbefugt sei nur ein durch den Verwaltungsakt Beschwerter. Die Beschwer setze eine mögliche Rechtsverletzung voraus, die bei der Klägerin auszuschließen sei.

20 Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

21 Mit ihrer Revision geht die Klägerin gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts mit Verfahrens- und Sachrügen vor.

22 Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 15. März 2005 und des Bescheides des Beklagten vom 30. Dezember 2003 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin gemäß den Anträgen ihres Rechtsvorgängers vom 10. Mai 1990 sowie vom 16. Juli 1990 unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 1992 das Unternehmen J. B. Ysat-Fabrik Wernigerode GmbH entsprechend ihrem Erbanteil zurückzuübertragen,
hilfsweise
die Klägerin zu entschädigen und
hilfsweise
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Dezember 2003 (gemeint wohl: 30. Dezember 2003) zu verpflichten, das Verfahren hinsichtlich der bestandskräftigen Entscheidungen bezüglich des ehemaligen Unternehmens J. B. Ysat-Fabrik Wernigerode GmbH vom 25. Februar 1990 wieder aufzugreifen und den Beklagten unter Aufhebung des angegriffenen Bescheides vom 31. Dezember 2003 zu verpflichten, die Verfahren unter den Aktenzeichen 52 R 1830 sowie 52 R 2277 wieder aufzugreifen und eine neue Entscheidung zu treffen.

23 Der Beklagte, der Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen und verteidigen das ergangene Urteil. Sie beantragen jeweils,
die Revision zurückzuweisen.

II

24 Die Revision der Klägerin bleibt erfolglos.

25 Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des A. R. nicht Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG ist.

26 Der von der Revision geltend gemachte Verstoß gegen § 2 Abs. 1 VermG ist nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis den richtigen Standpunkt eingenommen, dass bei einem Treuhandverhältnis, das durch ein Auseinanderfallen von wirtschaftlicher und rechtlicher Zuordnung gekennzeichnet ist, nur der Treugeber als Berechtigter einzustufen ist, auch wenn der Treuhänder über das Treugut im eigenen Namen verfügen darf. Durch ein Treuhandverhältnis geht die formale Rechtsposition vom Treugeber auf den Treunehmer über. Es bleibt aber wirtschaftlich gesehen der Treugeber Eigentümer. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht deshalb den Rechtsvorgänger der Klägerin lediglich als formalen Eigentümer des geschädigten Unternehmens eingestuft.

27 Der Übergang der Rechtsposition von Treugeber auf Treunehmer ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt worden. In dem vom Verwaltungsgericht angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 23.03 - (BVerwGE 122, 85 <88 f.> = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 27) wird für eine Schädigung treuhänderisch gehaltenen Eigentums die Berechtigung des Treugebers angenommen. Denn wenn der Treuhänder die schuldrechtliche Pflicht hat, sein (formales) Eigentumsrecht nach Maßgabe eines Treuhandverhältnisses auszuüben, liegt eine rechtliche Konstruktion vor, die zu einem Rückübertragungsanspruch des wirtschaftlichen Eigentümers führt. Zu Recht ist dabei auf die Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte hingewiesen worden, nach der in Treuhandfällen, in denen das Eigentum des Verfolgten zu Verschleierungszwecken auf nichtjüdische Treuhänder übertragen wurde, der Rechtsverlust in der Person des verfolgten Treugebers entstand (vgl. ORG BrZ, Entscheidung vom 26. Mai 1955 - SRC 52/510 - RzW 1955, 270; OLG Frankfurt, Entscheidung vom 23. Januar 1950 - 2 W 235/49 - RzW 1949/50, 144). Nach dieser Rechtsprechung ist der Treugeber als aktivlegitimiert angesehen worden, da es bei der Berücksichtigung der Verfolgungssituation nicht auf den formalen Rechtstitel, sondern entsprechend dem Wiedergutmachungszweck der Rückerstattungsgesetze auf den wahren Rechtsinhaber ankomme. Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in der genannten Entscheidung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Konnexität in der Rückübertragung von Vermögenswerten auf den Treugeber verneint, da bei einem Treuhandverhältnis die Gleichartigkeit von Schädigungs- und Restitutionsgegenstand außer Frage steht. Die Sachverhaltskonstellation, die der Entscheidung des 7. Senats zugrunde lag, zeichnete sich durch die Besonderheit aus, dass es um einen erzwungenen Verkauf durch den Treuhänder ging, der selbst den Schädigungstatbestand erst ausmachte. Diese Besonderheit hat das Verwaltungsgericht nicht näher gewürdigt, was im Ergebnis jedoch unschädlich ist. Die genannte Rechtsprechung des 7. Senats steht nämlich auch mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Einklang. Nach dem Urteil vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 C 11.02 - (Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 77) ist für den Fall, dass der Treuhänder mit Mitteln und auf Veranlassung des Treugebers ein Grundstück direkt von einem Dritten erworben hatte, so dass der Treugeber nie selbst eine formale Eigentümerposition innehatte, eine Berechtigung des Treugebers als wirtschaftlicher Eigentümer von vornherein nicht näher in Betracht gezogen worden. Hier konnte der oben genannte Grundgedanke, dass durch das Treuhandverhältnis die Rechtsposition vom Treugeber auf den Treunehmer übergehen muss, damit der Treugeber wirtschaftlicher Eigentümer sein kann, gar nicht eingreifen. Die Beendigung des Treuhandverhältnisses durch ein schädigendes Ereignis gemäß § 1 VermG konnte in dem entschiedenen Fall auf die Rechtsposition des Treugebers, der nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf die erstmalige Verschaffung des Eigentums hatte, als wirtschaftlichen Eigentümer von vornherein keinen Einfluss haben.

28 Die Annahme der Berechtigung des Treugebers entspricht auch der Rechtslage im Lastenausgleichsrecht. Dort war für die Geltendmachung der Kriegssachschäden gemäß § 359 Abs. 2 LAG immer der wirtschaftliche Eigentümer als Anspruchsberechtigter angesehen worden (Urteil vom 10. August 1961 - BVerwG 3 C 359.59 - Buchholz 427.3 § 359 LAG Nr. 14). Nach Änderung der Gesetzesfassung ist der wirtschaftliche Eigentümer schließlich auch als Geschädigter im Sinne des § 229 Abs. 2 LAG eingestuft worden, der allgemein die Anspruchsmerkmale für Leistungen des Lastenausgleichsrechts aufstellte (vgl. Urteil vom 7. September 1962 - BVerwG 3 C 281.58 - BVerwGE 13, 63 = Buchholz 427.3 § 359 LAG Nr. 15; vgl. auch Urteil vom 10. Dezember 1959 - BVerwG 3 C 111.58 - Buchholz 427.3 § 359 LAG Nr. 6). Die mit dem Lastenausgleichsrecht konvergierende Betrachtungsweise ist auch deshalb gerechtfertigt, weil die vermögensrechtliche Rückübertragung in den Fällen, in denen früher lastenausgleichsrechtliche Leistungen gewährt wurden, Rückzahlungspflichten der Leistungsempfänger begründen kann. Es ist daher eine unterschiedliche Zuordnung der Berechtigung am selben Vermögenswert zwischen dem Rechtsgebiet des Lastenausgleichsrechts und dem viel später in Kraft getretenen Vermögensrecht zu vermeiden. Das hat zur Folge, dass der wirtschaftliche Eigentümer, der früher für seinen Vermögenswert Lastenausgleich erhalten hatte, nunmehr auch den Rückübertragungsanspruch nach dem Vermögensgesetz geltend machen kann. Es wäre nicht verständlich, nunmehr auf der Basis des Vermögensgesetzes dem Treuhänder anstelle des wirtschaftlichen Eigentümers einen Rückübertragungsanspruch zuzugestehen. Falls nämlich der formale Eigentümer den Vermögenswert zurückerhielte, hätte dies im Hinblick auf den Schadensausgleich keine lastenausgleichsrechtlichen Folgen.

29 Das Verwaltungsgericht hat damit im Ergebnis zutreffend die Berechtigteneigenschaft des Treugebers als wirtschaftlichen Eigentümer anerkannt. Daran ändert nichts, dass der Zugriff auf das Unternehmen damit begründet wurde, A. R. als Treuhänder habe die DDR ohne Beachtung der entsprechenden Meldevorschriften verlassen. Denn unter den Gegebenheiten des vorliegenden Falles bleibt wahrer Geschädigter der Treugeber.

30 Bei diesem Ergebnis kann der Senat die Frage dahinstehen lassen, ob das Verwaltungsgericht auch deshalb richtig in der Sache entschieden hat, weil keine rechtzeitige Anmeldung im Sinne des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG vorliegt.

31 Die von der Revision geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist nicht verletzt. Eine erforderliche substantiierte Darlegung dessen, was bei ausreichender Gehörsgewährung in der Vorinstanz noch vorgetragen worden wäre, hat die Klägerin nicht bewerkstelligt. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs verlangt auch Ausführungen dazu, dass der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre. Hierzu sind die Darlegungen der Klägerin nicht ergiebig. Die Ansicht, dass ein Überraschungsurteil vorliege, weil das Verwaltungsgericht in einem rechtlichen Hinweis vor der mündlichen Verhandlung in erster Linie auf die Frage der rechtzeitigen Antragstellung hingewiesen habe und erst in der mündlichen Verhandlung die Frage der Berechtigteneigenschaft problematisiert habe, greift ebenfalls nicht durch. Denn nach dem gesamten, in der mündlichen Verhandlung ausgebreiteten Sach- und Streitstand, aber auch in den vorbereitenden Schriftsätzen der Beteiligten sind das Treuhandverhältnis und dessen Auswirkungen auf eine vermögensrechtliche Rechtsposition von Bedeutung gewesen. Auch der angefochtene Bescheid befasst sich mit dem Treuhandverhältnis. Wie wenig die Klägerin überrascht sein konnte, zeigen auch die Anträge ihres Prozessbevollmächtigten am Ende der mündlichen Verhandlung, die sich ausdrücklich auf die Existenz eines Treuhandverhältnisses beziehen.

32 Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung, soweit es die Motive für die Übertragung der Gesellschaftsanteile und die Verfolgungssituation des K. B. betrifft, greift nicht durch. Die Revision hat es versäumt, auf die erreichbaren Beweismittel hinzuweisen. Es genügt nicht, dass die Klägerin nur Behördenakten benennt. Sie hätte vielmehr darlegen müssen, welche konkreten Unterlagen sich in den Behördenakten befinden sollen und zum Beweis welcher Tatsachen diese geeignet sind. Soweit sie die Beiziehung der Akten der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes begehrt hat, lässt dieses Begehren nicht erkennen, welche Beweismittel mit welchen mutmaßlichen Ergebnissen in Betracht gekommen wären und inwieweit dieses Ergebnis zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätte führen müssen.

33 Soweit die Revision einen Verstoß gegen die Denkgesetze geltend machen will und diesen darin sieht, dass das Verwaltungsgericht einem falschen methodischen Ansatz gefolgt sei, indem es aus dem Verhalten der Rechtsnachfolger im vermögensrechtlichen Verfahren Anfang der 90er Jahre auf ein Treuhandverhältnis in den 40er Jahren des Jahrhunderts geschlossen habe, so werden die Anforderungen für die Rüge eines Verstoßes gegen die Denkgesetze verkannt. Es ist im vorliegenden Fall kein aus Gründen der Logik schlechthin unmöglicher Schluss gezogen worden. Davon abgesehen handelt es sich bei den Indizien überwiegend um Vorgänge aus den 50er und 60er Jahren, wie das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 4. Oktober 1956, das Schreiben des A. R. vom 8. Juli 1953 und das Unterbleiben eines Antrags auf Lastenausgleich.

34 Auch bezüglich der Abweisung des Hilfsantrages ist dem Verwaltungsgericht kein Bundesrechtsverstoß unterlaufen. Das Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG LSA bezieht sich als ein verfahrensrechtliches Institut nur auf die Beseitigung bestandskräftiger Verwaltungsakte. Darum geht es im vorliegenden Fall aber gerade nicht. Denn die Erbengemeinschaft hatte Ansprüche auf Rückübertragung angemeldet. Daraus folgt ihre Beteiligung im Restitutionsverfahren und die Pflicht zur Zustellung des Bescheides vom 25. Februar 1992 gemäß § 33 Abs. 4 VermG. Das gilt auch, wenn eine wirksame Antragstellung selbst im Streit steht. Der maßgebliche Bescheid hätte damit den Rechtsvorgängern der Klägerin zugestellt werden müssen. Er entfaltet zwar mit der Kenntnisnahme durch die Klägerin auch ihr gegenüber Wirkung. Allerdings ist es ausgeschlossen, dass er bestandskräftig werden kann, da die Klagefrist noch nicht zu laufen begonnen hat. Anstelle einer Wiederaufnahme des Verfahrens musste die Klägerin den Bescheid anfechten, was sie mit den vorliegenden Klageverfahren getan hat.

35 Abgesehen von den vorstehenden Überlegungen ist darauf hinzuweisen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG LSA erkennbar nicht gegeben sind, da sich weder die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat noch neue Beweismittel vorliegen, die zu einer günstigeren Entscheidung führen könnten, noch liegen die Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO vor.

36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.