Beschluss vom 16.04.2008 -
BVerwG 4 B 24.08ECLI:DE:BVerwG:2008:160408B4B24.08.0

Beschluss

BVerwG 4 B 24.08

  • Bayerischer VGH München - 12.12.2007 - AZ: VGH 14 B 05.2165

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. April 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung, das vom Kläger geplante Bauvorhaben falle nicht in den Kreis der nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB begünstigten Vorhaben, selbstständig tragend doppelt begründet. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das geplante Vorhaben nicht als Erweiterung eines Wohngebäudes im Sinne dieser Vorschrift einzustufen sei. Selbst wenn man jedoch das geplante Vorhaben als Erweiterung eines Wohnhauses ansehen wollte, handelte es sich jedenfalls nicht um eine „angemessene“ Erweiterung im Sinne der vorgenannten Vorschrift.

3 Ist eine Entscheidung wie hier auf mehrere, jeweils für sich selbstständig tragfähige Gründe gestützt worden, kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur Erfolg haben, wenn ein Zulassungsgrund für jeden der entscheidungstragenden Gründe gegeben ist (Beschluss vom 3. Juli 1973 - BVerwG 4 B 92.73 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 109, stRspr). Die von der Beschwerde zum Begriff der „Erweiterung eines Wohngebäudes“ aufgeworfene Rechtsfrage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die zum Begriff der „Angemessenheit“ einer Erweiterung erhobenen Grundsatzrügen könnten der Beschwerde selbst dann nicht zum Erfolg verhelfen, wenn sie zulässig und begründet wären. Ein Eingehen auf diese Grundsatzrügen erübrigt sich daher.

4 Der Kläger möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob die Errichtung eines mit einem vorhandenen Wohngebäude baulich-konstruktiv verbundenen Anbaus, der seinerseits keine Funktionsräume enthält, keine eigenständige Wohnung bildet und der überdies keine qualitative Veränderung des vorhandenen Gebäudes bewirkt, eine Erweiterung eines bestehenden und genehmigten Wohngebäudes im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB darstellt.

5 Diese Fragestellung geht von einem Sachverhalt aus, den der Verwaltungsgerichtshof so nicht festgestellt hat und der deshalb in einem Revisionsverfahren auch nicht zugrunde gelegt werden könnte. Die Vorinstanz hat das Bauvorhaben des Klägers nicht als eine „Erweiterung“ des bestehenden Wohngebäudes, sondern als ein eigenständiges, d.h. ein von dem vorhandenen Wohngebäude konstruktiv unabhängiges und auch selbstständig nutzbares Gebäude angesehen, das - mit dem bestehenden Wohngebäude über einen „Zwischentrakt“ verbunden - räumlich abgesetzt als ein zweites Bauwerk errichtet werden solle. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsurteil zum Begriff der „Erweiterung eines Wohngebäudes“ im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB Rechtsfragen aufwirft, die in einer über den konkreten Streitfall hinausreichenden, verallgemeinerungsfähigen Weise rechtsgrundsätzlich beantwortet werden könnten.

6 In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits geklärt, dass § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB tatbestandlich jedenfalls dann nicht erfüllt ist, wenn ein zweites Bauwerk, vom bestehenden Wohngebäude räumlich abgesetzt, als eigenständige bauliche Anlage errichtet wird. Die Vorschrift dient dem Schutz des Außenbereichs vor einer verstärkten Zersiedelung. Die zusätzliche Beeinträchtigung des Außenbereichs hält sich in Grenzen, wenn das ohnehin Vorhandene zwar erweitert wird, die Zahl der baulichen Anlagen sich hierdurch aber nicht erhöht (vgl. Urteil vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228 <231> m.w.N.). Ob eine zweite bauliche Anlage errichtet werden soll, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und hängt von den konkreten Gegebenheiten im Einzelfall ab. Allgemeingültige Aussagen lassen sich insoweit nicht treffen. Soweit die Beschwerde ausführt, zwischen dem bestehenden Wohngebäude und dem geplanten „Erweiterungsbau“ bestehe eine „baulich-konstruktive Verbindung“ in Gestalt eines Durchbruchs bzw. des Einbaus einer Verbindungstür, greift sie der Sache nach die tatrichterliche Würdigung des geplanten Bauvorhabens an. Die einzelfallbezogene Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.