Beschluss vom 16.02.2012 -
BVerwG 1 D 2.11ECLI:DE:BVerwG:2012:160212B1D2.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.02.2012 - 1 D 2.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:160212B1D2.11.0]

Beschluss

BVerwG 1 D 2.11

  • VG Dresden - 31.05.2011 - AZ: VG 10 K 1605/09

In dem Disziplinarverfahren
hat der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Februar 2012
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgerichtsgericht Dr. Maidowski
beschlossen:

  1. Auf die Berufung des Polizeimeisters a.D. ... wird das Urteil des Verwaltungsgerichts D. vom 31. Mai 2011 aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht D. zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

1 1. Der angeschuldigte Ruhestandsbeamte wendet sich mit der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts D. vom 31. Mai 2011, durch das ihm erneut das Ruhegehalt aberkannt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat dem alkoholkranken Ruhestandsbeamten zur Last gelegt, er sei von Januar 2003 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. Juni 2004 über längere Zeit alkoholbedingt nicht imstande gewesen, Dienst zu leisten. Daran treffe ihn ein Verschulden, weil er aufgrund einer erfolgreichen stationären Entziehungsbehandlung imstande gewesen sei, seine Alkoholsucht unter Kontrolle zu halten, und über die Folgen eines Rückfalls belehrt worden sei.

2 Das Verwaltungsgericht hat das erste die Aberkennung des Ruhegehalts aussprechende Urteil vom 25. Januar 2007 aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens erlassen, das es nicht nach der hier anwendbaren Bundesdisziplinarordnung, sondern nach der Verwaltungsgerichtsordnung geführt hatte. Daher hat der Senat dieses Urteil durch Beschluss vom 6. Oktober 2009 aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung hatte der angeschuldigte Ruhestandsbeamte gegen das Urteil Berufung zum ... Oberverwaltungsgericht eingelegt. Dieses hatte sich mit Beschluss vom 21. Juli 2009 für unzuständig erklärt und die Sache dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

3 Der Ruhestandsbeamte hat an der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 31. Mai 2011 nicht teilgenommen. Das Verwaltungsgericht hatte ihn nicht persönlich geladen. Auch der Verteidiger, der seine Vertretung gegenüber dem Verwaltungsgericht angezeigt und erklärt hatte, das Mandatsverhältnis zu dem bisherigen Verteidiger sei beendet, ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. In der Hauptverhandlung ist der erste Verteidiger für den Ruhestandsbeamten aufgetreten, ohne eine neue Vollmacht vorzulegen. Aus der Sitzungsniederschrift ergibt sich nicht, dass er eine Erklärung zu den Vertretungsverhältnissen abgegeben hat.

4 Das Verwaltungsgericht hat das mit Gründen versehene Urteil vom 31. Mai 2011 nur dem ersten Verteidiger zugestellt. Es hat den Ruhestandsbeamten hiervon weder unterrichtet noch ihm eine Urteilsabschrift übersandt. Nachdem der Ruhestandsbeamte im September 2011 Kenntnis von dem Urteil erlangt hatte, hat er hiergegen Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist beantragt. Der Senat hat dem Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluss vom 2. November 2011 stattgegeben.

5 2. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat insoweit Erfolg, als das erstinstanzliche Urteil nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO aufzuheben und die Sache erneut zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist.

6 Der Senat hat bereits in dem Beschluss vom 6. Oktober 2009 - BVerwG 1 D 1.09 - dargelegt, dass das gerichtliche Disziplinarverfahren nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung durchzuführen ist. Nach § 25 Satz 1 BDO sind ergänzend die Vorschriften der Strafprozessordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des Disziplinarverfahrens entgegensteht. Das gerichtliche Disziplinarverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung ist dem Strafprozess vergleichbar; es stellt kein kontradiktorisches Verfahren dar, wie es nunmehr für Disziplinarklageverfahren und Anfechtungsklagen gegen Disziplinarverfügungen durch die Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehen ist (vgl. § 3 BDG).

7 Die Voraussetzungen des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO liegen vor, weil auch das Urteil vom 31. Mai 2011 an einem schweren Mangel des Verfahrens leidet und weitere Aufklärungen erforderlich sind.

8 a. Der schwere Verfahrensmangel im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO liegt darin, dass das Verwaltungsgericht den angeschuldigten Ruhestandsbeamten nicht zur Hauptverhandlung geladen hat. Dies widerspricht § 71 Abs. 1 Satz 1 BDO, wonach der Vorsitzende den Termin zur Hauptverhandlung festsetzt und hierzu die Einleitungsbehörde, den Beamten und seinen Verteidiger lädt. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ist der angeschuldigte Beamte auch dann zwingend persönlich zu laden, wenn sich ein Verteidiger bestellt hat. Das Unterlassen der Ladung des Beamten stellt selbst dann einen schweren Verfahrensmangel dar, wenn sein Verteidiger zur Hauptverhandlung erschienen ist (Claussen/Janzen, BDO, Kommentar, 8. Auflage <1995>, § 71 Rn. 2; Behnke, BDO, Kommentar, 2. Auflage <1969>, § 71 Rn. 4 mit Nachweisen zur disziplinargerichtlichen Rechtsprechung). Daher kann der erschienene Verteidiger in der Hauptverhandlung auch nicht auf die Ladung des Beamten verzichten, wie die Einleitungsbehörde in dem Schriftsatz vom 15. Februar 2012 meint.

9 Ungeachtet dessen hätte das Verwaltungsgericht die Abwesenheit des Ruhestandsbeamten in der Hauptverhandlung einer für ihn existenziell wichtigen Angelegenheit und die unklaren Vertretungsverhältnisse zum Anlass nehmen müssen, den Gründen für die Abwesenheit nachzugehen, insbesondere den anwesenden Verteidiger zu befragen und die Ladungen zu überprüfen. Indem das Verwaltungsgericht in Abwesenheit des vorschriftswidrig nicht geladenen und nicht erschienenen Ruhestandsbeamten verhandelt und entschieden hat, hat es dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Es hat ihm die Möglichkeit genommen, sich in der Hauptverhandlung zu wesentlichen Aspekten des Verfahrens, etwa zu dem Verlauf der stationären Entziehungsbehandlungen, zu seinen Bemühungen, alkoholabstinent zu leben, und zu den Gründen für deren Scheitern zu äußern.

10 Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Verwaltungsgericht dem Ruhestandsbeamten entgegen § 23a Abs. 1 Satz 1 BDO keine Abschrift des dem ersten Verteidiger zugestellten Urteils übersandt hat. Der Ruhestandsbeamte gibt an, er habe von der Existenz des Urteils erst erfahren, nachdem er sich nach den Gründen für die Einstellung der Zahlung des Ruhegehalts erkundigt habe.

11 2. Die Erforderlichkeit weiterer Aufklärungen im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO folgt zum einen daraus, dass die disziplinarrechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts, der Ruhestandsbeamte habe durch die Rückfälle in die sog. nasse Phase der Alkoholabhängigkeit seit Januar 2003 vorsätzlich gegen die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf verstoßen, von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen wird. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht auch seine Bemessungsentscheidung, dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen, nicht auf eine vollständige, alle bemessungsrelevanten Umstände einbeziehende Tatsachengrundlage gestützt.

12 a) Der Rückfall eines alkoholabhängigen Beamten in die Alkoholsucht stellt für sich genommen noch keine Dienstpflichtverletzung dar. Vielmehr setzt ein Verstoß gegen die Pflicht, sich mit vollem Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 54 Satz 1 BBG a.F.; § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG 2009), voraus, dass der Rückfall dienstliche Auswirkungen hat. Der Beamte muss aufgrund des Rückfalls außer Stande sein, seinen dienstlichen Aufgaben nachzukommen. Dies ist der Fall, wenn er alkoholbedingt entweder überhaupt nicht oder in einem dienstunfähigen Zustand zum Dienst erscheint.

13 Dieses Verhalten ist dem Beamten vorzuwerfen, wenn er den hierfür ursächlichen Rückfall in die Alkoholsucht verschuldet hat, d.h. ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dies setzt voraus, dass er vor dem Rückfall in der Lage war, seine Alkoholsucht unter Kontrolle zu halten, d.h. dauerhaft alkoholabstinent zu leben. Dies kann nur angenommen werden, wenn der Beamte eine stationäre Entziehungsbehandlung erfolgreich absolviert hat. Aufgrund der Behandlung muss die Prognose berechtigt sein, er sei derart gefestigt, dass er Alkoholkonsum dauerhaft widerstehen könne. Dies ist aufgrund einer Würdigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, wobei besonderes Gewicht dem Bericht der behandelnden Ärzte über das Verhalten und die Entwicklung des Beamten während der Behandlung sowie der Länge der abstinenten Phase nach der Entlassung zukommt (stRspr, vgl. Urteile vom 15. März 1994 - BVerwG 1 D 42.93 - juris Rn. 14 f.; vom 21. September 1994 - BVerwG 1 D 62.93 - juris Rn. 16 f. und vom 27. November 2001 - BVerwG 1 D 64.00 - juris Rn. 24 f.).

14 Begeht ein als gefestigt geltender Beamter alkoholbedingte Pflichtenverstöße, kann ihm Vorsatz regelmäßig nur angelastet werden, wenn er zuvor über die Folgen eines Rückfalls belehrt worden ist. Die dienstliche Belehrung muss sich sowohl auf die medizinischen Folgen eines erneuten Alkoholkonsums als auch auf die dienst-, insbesondere disziplinarrechtlichen Folgen alkoholbedingter Pflichtenverstöße erstrecken. Dem Beamten muss unmissverständlich klargemacht werden, dass er auf jeden Genuss von Alkohol verzichten sollte, weil dieser die Dienstleistung akut oder dauerhaft beeinträchtigen oder ausschließen kann. Warnungen, Empfehlungen und Hinweise, die auf die gesundheitlich abträglichen Folgen aufmerksam machen und an Vernunft und Verantwortungsbereitschaft des Betroffenen appellieren, genügen diesen Erfordernissen nicht. Ohne inhaltlich ausreichende Belehrung kann dem Beamten regelmäßig kein vorsätzliches alkoholbedingtes Fehlverhalten angelastet werden (stRspr, vgl. Urteile vom 10. Januar 1984 - BVerwG 1 D 13.83 - BVerwGE 76, 128 <130 f.> und vom 21. Juli 1986 - BVerwG 1 D 137.84 - DVBl 1987, 250). Die Ausführungen der Einleitungsbehörde in dem Schriftsatz vom 15. Februar 2012 geben Anlass zu dem Hinweis, dass die Belehrungspflicht für alle bekannten Typen der Alkoholsucht gleichermaßen gilt.

15 Nach diesen Rechtsgrundsätzen kann dem angeschuldigten Ruhestandsbeamten die schuldhafte Verletzung der Pflicht, sich in einem dienstfähigen Zustand zu halten, nur zur Last gelegt werden, wenn nach der zweiten stationären Entziehungsbehandlung von September bis Dezember 2001 die Prognose berechtigt war, der Beamte werde seine Alkoholsucht dauerhaft unter Kontrolle haben. Nach erschöpfender Sachaufklärung und Würdigung aller fallbezogenen Umstände darf kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass der Beamte durch die Behandlung in die Lage versetzt worden ist, dauerhaft alkoholabstinent zu leben. Dies folgt aus dem Grundsatz „in dubio pro reo“ (vgl. Urteile vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>, vom 21. Juni 2000 - BVerwG 1 D 49.99 - juris Rn. 17 und vom 4. Mai 2006 - BVerwG 1 D 13.05 - Rn. 19).

16 Diesen Anforderungen genügen Sachaufklärung und rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts nicht. Das Gericht hat den Schluss, die zweite stationäre Entwöhnungsbehandlung sei erfolgreich gewesen, auf den positiven Entlassungsbericht und auf die Dauer der danach folgenden abstinenten Phase gestützt. Es hat nicht berücksichtigt, dass der Entlassungsbericht inhaltlich weitgehend mit dem Entlassungsbericht der ersten stationären Entziehungsbehandlung von April bis August 1999 übereinstimmt, dessen positive Prognose sich innerhalb kurzer Zeit als falsch herausgestellt hat. Darüber hinaus hat es nicht in die Gesamtwürdigung einbezogen, dass der Ruhestandsbeamte Jahre lang immer wieder rückfällig geworden ist. So hat etwa der massive Rückfall im Juli 2002 zu einer mehrtägigen Dienstunfähigkeit geführt.

17 Gelangt das Verwaltungsgericht nach erschöpfender Sachaufklärung bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Verhaltens des Ruhestandsbeamten zu dem Ergebnis, dass diesen ein Verschulden an den alkoholbedingten Pflichtenverstöße seit Januar 2003 trifft, weil er nach der Entlassung aus der zweiten stationären Entwöhnungsbehandlung als gefestigt gelten konnte, reichen die bisherigen Feststellungen nicht aus, um vorsätzliches Handeln anzunehmen. Diese lassen nicht den vom Verwaltungsgericht gezogenen Schluss zu, der Ruhestandsbeamte sei über die Folgen eines erneuten alkoholbedingten Fehlverhaltens in medizinischer und rechtlicher Hinsicht belehrt worden. Das Verwaltungsgericht hat keine Feststellungen zu dem Inhalt dieser Belehrungen getroffen, sodass nicht beurteilt werden kann, ob sie den rechtlichen Anforderungen genügt haben. Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ kann nicht von einer ausreichenden Belehrung ausgegangenen werden, wenn deren Inhalt nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden kann.

18 b) Welche Disziplinarmaßnahme für ein festgestelltes Dienstvergehen angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Daraus folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies setzt voraus, dass sie die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einbeziehen. Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ dürfen nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (stRspr, vgl. nunmehr Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 17).

19 Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Bemessungsentscheidung des Verwaltungsgerichts schon deshalb nicht, weil es nicht aufgeklärt hat, ob eine Verletzung der Fürsorgepflicht als Mitursache des Fehlverhaltens mildernd berücksichtigt werden muss. Angesichts der jahrelang wiederkehrenden massiven Rückfälle des Ruhestandsbeamten in die Alkoholsucht stellt sich die Frage, ob nicht früher, spätestens nach dem Rückfall im Juli 2002 die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit hätte in Erwägung gezogen werden müssen. Aufgrund dieses Rückfalls stand fest, dass auch die zweite stationäre Entwöhnungsbehandlung keinen dauerhaften Erfolg hatte. Berechtigte Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit wären insbesondere angebracht gewesen, wenn sich der Ruhestandsbeamte über die Jahre nach Kräften um Alkoholabstinenz bemüht hätte. Auch in diesem Zusammenhang sind insbesondere das festgestellte Rückfallverhalten seit Ende 1999 weiter aufzuklären und zu würdigen. Dem Ruhestandsbeamten ist Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen.

20 Gelangt das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass dem Ruhestandsbeamten an den Dienstpflichtverletzungen aufgrund der Rückfälle seit Januar 2003 zwar ein Verschulden, mangels Nachweises einer richtigen und vollständigen Belehrung aber nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, kann die Aberkennung des Ruhegehalts nicht verhängt werden. Stellt die Kürzung des Ruhegehalts die angemessene Disziplinarmaßnahme dar (§ 5 Abs. 2, § 12 Abs. 1, § 9 Abs. 1 BDO), so ist zusätzlich die lange Dauer des Disziplinarverfahrens als mildernder Umstand zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 14. November 2007 - BVerwG 1 D 6.06 - NVwZ 2008, 1375 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235 § 4 BDO Nr. 3>; Beschlüsse vom 5. März 2010 - BVerwG 2 B 22.09 - juris Rn. 15 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.2 Landesdisziplinarrecht Nr. 10> und vom 11. Mai 2010 - BVerwG 2 B 5.10 - juris Rn. 3).