Beschluss vom 15.03.2004 -
BVerwG 3 B 116.03ECLI:DE:BVerwG:2004:150304B3B116.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.03.2004 - 3 B 116.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:150304B3B116.03.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 116.03

  • VG Berlin - 27.08.2003 - AZ: VG 27 A 86.01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. August 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene behält ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der allein in Anspruch genommene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht schlüssig dargelegt.
Die Klägerin wirft sinngemäß die Frage auf, ob der polytechnische Unterricht in der DDR mit dem allgemeinbildenden Unterricht im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar ist oder ob er - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - stattdessen dem berufsbildenden Unterricht gleichzuerachten ist. Das angestrebte Revisionsverfahren würde indes nicht zur Beantwortung dieser Frage führen. Auf sie käme es nämlich nur dann an, wenn die Schulträgerschaft für derartigen Unterricht, sollte er allgemeinbildend sein, nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes zum Aufgabenbereich kleinerer kreisangehöriger Gemeinden wie der Klägerin zählen würde. Davon ist jedoch nicht auszugehen. Das Gebäude auf dem einen der beiden streitbefangenen Grundstücke diente nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts als Polytechnisches Kabinett in der Trägerschaft einer Zwischengenossenschaftlichen Einrichtung, in dem einzelne Fächer des polytechnischen Unterrichts gelehrt wurden, und zwar, wie sich aus der vom Verwaltungsgericht und von der Klägerin selbst in Bezug genommenen "Schulchronik" ergibt, an Schüler der Klassen 7 bis 10. Das entspricht der Sekundarstufe I nach dem Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland, welche Hauptschule, Realschule und Gymnasium (ohne Oberstufe) umfasst. Wie das Verwaltungsgericht weiter festgestellt hat, sind kleinere kreisangehörige Gemeinden in den alten Ländern regelmäßig lediglich Träger der Grundschulen, nur gelegentlich auch der Hauptschulen und - so ist zu ergänzen - noch weniger der Realschulen und Gymnasien. Das wird von der Klägerin nicht angegriffen. Es trifft im Großen und Ganzen auch zu: Kleinere kreisangehörige Gemeinden sind nur in Schleswig-Holstein und - bei hinreichender Gemeindegröße - in Bayern Träger der Hauptschulen, während in allen anderen Ländern die Schulträgerschaft bei Verbandsgemeinden oder Gemeindeverbänden liegt oder regelmäßig vom Kreis ausgeübt wird; die Schulträgerschaft für Realschulen und Gymnasien obliegt kleineren kreisangehörigen Gemeinden praktisch nirgends (vgl. Art. 8 Abs. 1 BaySchFG; § 28 BWSchG; § 138 Abs. 1 HSchG; § 10 Abs. 2 NWSchVG; § 102 Abs. 2 NSchG; § 63 Abs. 1 RPSchulG; § 38 Abs. 2 SaarlSchG; §§ 67 ff. SHSchulG). Dann aber käme ein Erfolg der Klage auch dann nicht in Betracht, wenn die als klärungsbedürftig bezeichnete Frage im Sinne der Klägerin zu beantworten sein sollte.
Die von der Klägerin bezeichnete Frage lässt auch die nötige Differenzierung vermissen und wird damit der angefochtenen Entscheidung nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der polytechnische Unterricht als allgemeinbildender Unterricht nach dem Verständnis der DDR zu den Verwaltungsaufgaben gehörte, dass es aber ein Gegenstück im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland nicht gibt. Daher hat es sich um eine differenzierende Würdigung bemüht, welche vor allem die jeweiligen Inhalte der unterrichteten Fächer in den Blick nimmt. Auf dieser Grundlage ist es zu der Einschätzung gelangt, dass jedenfalls die in dem streitbefangenen Gebäude unterrichteten Fächer nach dem Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland berufsbildenden Charakter besäßen, und zwar obendrein nicht zur theoretischen, sondern zur praktischen Ausbildung zu rechnen seien, die in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt nicht als Verwaltungsaufgabe angesehen werde, sondern - im dualen Berufsbildungssystem - den Ausbildungsbetrieben obliege. Mit dieser differenzierenden Würdigung setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Stattdessen behauptet sie, auf die einzelnen Fächer könne es nicht ankommen. Sie legt indes nicht dar, weshalb eine nach Unterrichtsinhalten differenzierende Betrachtung unzulässig sei, noch formuliert sie eine diesbezügliche Rechtsfrage, die ihrerseits höchstrichterlicher Klärung hätte zugeführt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.