Beschluss vom 14.09.2004 -
BVerwG 3 B 24.04ECLI:DE:BVerwG:2004:140904B3B24.04.0

Beschluss

BVerwG 3 B 24.04

  • VG Potsdam - 15.12.2003 - AZ: VG 15 K 2673/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Klägerin wirft sinngemäß die Frage auf, ob vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden, auch dann gemäß § 1 Abs. 8 Buchstabe b VermG von jeder Restitution nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen sind, wenn der individuell Geschädigte durch den Vertragspartner der DDR - hier durch die Republik Österreich - nicht entschädigt worden ist. Wegen dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, genügt es für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 8 Buchstabe b VermG, dass der fragliche Vermögenswert in ein zwischenstaatliches Entschädigungsabkommen wirksam einbezogen worden ist; unter dieser Voraussetzung ist der vermögensrechtliche Anspruch bereits seitens der DDR „geregelt“ worden. Ob der durch den Verlust des einbezogenen Vermögenswerts individuell Geschädigte durch den Vertragspartner der DDR tatsächlich entschädigt wurde, ist keine Anwendungsvoraussetzung des § 1 Abs. 8 Buchstabe b VermG; denn die Vorschrift knüpft an die für Vermögenswerte bestimmter Art getroffene Vereinbarung einer Globalentschädigung und nicht an die Leistung einer darauf beruhenden individuellen Entschädigung an, die ohnedies der innerstaatlichen Regelung des entschädigten Heimatstaats obliegt (Urteil vom 31. Juli 1997 - BVerwG 7 C 43.96 - Buchholz 428. § 1 VermG Nr. 115 <S. 356 f.>).
Das Vorbringen der Klägerin bietet keinen Anlass, diese Rechtsprechung zu überprüfen. Namentlich ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass § 1 Abs. 8 Buchstabe b VermG mit Art. 14 GG vereinbar ist. Dafür kann dahinstehen, ob der Anspruchsverlust für die Klägerin schon mit dem rechtswirksamen Abschluss der zwischenstaatlichen Vereinbarung zwischen der DDR und ihrem Vertragspartner (hier: 1988) oder erst mit deren vollständiger Vollziehung (hier: 1993) anzunehmen ist. Schon der vollständige Entzug sämtlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte durch die DDR hat, lange bevor das Grundgesetz für deren Gebiet Geltung erlangte, die Rechtsstellung der ausländischen Vermögensinhaber derart ausgehöhlt, dass vom Fortbestand eines materiellen Eigentumsrechts keine Rede mehr sein konnte. In Ermangelung eines substantiellen Vermögenssubstrats stellte die allein noch vorhandene Buchposition der Klägerin kein Eigentum im Sinne des Art. 14 GG mehr dar (Urteil vom 28. September 1995 - BVerwG 7 C 50.94 -
BVerwGE 99, 276 <278 f.>; Beschluss vom 16. August 2000 - BVerwG 3 B 103.00 -). Der Bundesrepublik Deutschland war auch nicht verwehrt, die durch die DDR begründeten völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Republik Österreich noch 1993 zu erfüllen. Sie durfte davon ausgehen, dass die von der DDR mit der Republik Österreich ausgehandelten Beträge eine aus den wechselseitigen Interessenlagen - einschließlich des Interesses der von Österreich vertretenen Privatpersonen - ableitbare Gewähr für eine völkerrechtskonforme Entschädigung boten (Urteil vom 31. Juli 1997, a.a.O. <357>; BVerfG, Beschluss vom 31. Juli 2004 - 2 BvR 1881/00 - Umdruck S. 8). Dass die Klägerin eine individuelle Entschädigung nicht erhielt, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesrepublik Deutschland, sondern in den der Republik Österreich und kann schon deshalb eine Verletzung von Art. 14 GG nicht begründen.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Allein mit dem Satz, das angefochtene Urteil führe "letztendlich zu einer entschädigungslosen Enteignung der Klägerin", ist eine Abweichung von dem genannten Beschluss des Senats vom 16. August 2000 (BVerwG 3 B 103.00 ) nicht dargetan. Im Übrigen trifft die darin aufgestellte Rechtsbehauptung nicht zu; dass die Klägerin keine Entschädigung erhalten hat, beruht nicht auf § 1 Abs. 8 Buchstabe b VermG und dessen Auslegung durch das Verwaltungsgericht, sondern auf der Entscheidung der österreichischen Behörden, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts unrichtig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.