Beschluss vom 14.08.2007 -
BVerwG 7 B 42.07ECLI:DE:BVerwG:2007:140807B7B42.07.0

Leitsätze:

Für Abfallentsorgungsanlagen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist der Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG maßgeblich.

Die Verbrennung gebrauchter Frittierfette zur Stromerzeugung in einem Heizkraftwerk ist eine Abfallverwertung i.S.v. Nr. 8.1 Buchst. a Sp. 1 des Anhangs der 4. BImSchV.

  • Rechtsquellen
    BImSchG § 4 Abs. 1 Satz 1
    KrW-/AbfG § 3 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; § 31 Abs. 1
    4. BImSchV § 1 Abs. 1 Anhang Nr. 1.3, Nr. 8.1

  • OVG Koblenz - 23.05.2007 - AZ: OVG 1 A 11463/06 -
    OVG Rheinland-Pfalz - 23.05.2007 - AZ: OVG 1 A 11463/06.OVG

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.08.2007 - 7 B 42.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:140807B7B42.07.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 42.07

  • OVG Koblenz - 23.05.2007 - AZ: OVG 1 A 11463/06 -
  • OVG Rheinland-Pfalz - 23.05.2007 - AZ: OVG 1 A 11463/06.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. August 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und Guttenberger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Stilllegung ihres Heizkraftwerks zur Verbrennung von Frittierfetten mit einer Feuerungsleistung von 30 kW/h. Sie bestreitet die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit ihrer Anlage. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts bedarf die Anlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, weil die Frittierfette als Abfälle energetisch verwertet werden. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beschwerde hält für rechtsgrundsätzlich, ob die von ihr verbrannten Frittierfette als Abfall i.S.d. Nr. 8.1 Buchst. a oder als Brennstoff i.S.d. Nr. 1.3 des Anhangs zu § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV einzustufen sind. Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich ohne weiteres anhand des Gesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung beantworten lässt.

3 Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bedürfen Errichtung und Betrieb von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen einer Genehmigung; dazu gehören namentlich Anlagen, deren Hauptzweck in der Beseitigung oder Verwertung von Abfällen durch Verbrennung besteht. Da § 31 Abs. 1 KrW-/AbfG für Abfallbeseitigungsanlagen ausdrücklich auf die Genehmigungspflicht nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verweist, ist nicht zweifelhaft, dass sich der Abfallbegriff nach § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG bestimmt; denn bei einem „gespaltenen“ Abfallbegriff könnte die Verweisung ihre Funktion, die Genehmigungsbedürftigkeit sämtlicher Abfallbeseitigungsanlagen zu regeln, nicht erfüllen. Für Anlagen zur Abfallverwertung gilt im Ergebnis nichts anderes. Zwar bezieht sich § 31 KrW-/AbfG nicht auf Anlagen zur Abfallverwertung, weil deren Zulassung anders als diejenige von Abfallbeseitigungsanlagen weniger in das materielle Abfallrecht eingebunden ist (vgl. Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl. 2003, § 31 Rn. 4). Für die ebenfalls dem § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG unterfallenden Abfallverwertungsanlagen ist aber kein anderer Abfallbegriff maßgebend als für Abfallbeseitigungsanlagen. Das folgt schon daraus, dass die Vorschrift zwischen diesen Anlagenarten nicht unterscheidet.

4 Demgemäß herrscht auch in der Literatur die Ansicht vor, dass der Abfallbegriff i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nach § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG zu bestimmen ist (Jarass, BImSchG, 6. Aufl. 2005, § 4 Rn. 7 m.w.N.). Für den in der untergesetzlichen Norm des § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 8 des Anhangs verwendeten Abfallbegriff kann nichts anderes gelten, da der Verordnungsgeber zu dessen abweichender Definition nicht ermächtigt ist. Angesichts dessen ist die Verbrennung von gebrauchten Frittierfetten ein Vorgang der Abfallentsorgung, so dass sich die Genehmigungsbedürftigkeit der entsprechenden Anlage nach der für die Verwertung und Beseitigung maßgeblichen Vorschrift der Nr. 8 des Anhangs richtet. Dass die bei der Verbrennung der Frittierfette in der Anlage der Klägerin gewonnene Energie in das Stromnetz eingespeist wird, begründet den Verwertungszweck des Verbrennungsvorgangs. Der Vorrang der speziellen Regelung der Nr. 8 vor der für Anlagen zur Stromerzeugung durch Brennstoffe in Nr. 1.2 und 1.3 des Anhangs bleibt davon unberührt, da die in Nr. 8 aufgeführten Abfälle zur Verwertung nicht zugleich Brennstoffe i.S.d. für Energieerzeugungsanlagen geltenden Vorschriften sein können. Für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen zur Verbrennung von Frittierfetten kommt es nicht darauf an, ob der durch die Verbrennung erzeugte Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütungspflichtig ist.

5 Grundsätzliche Bedeutung verleiht der Rechtssache auch nicht die Frage, ob gebrauchte Frittierfette nach ihrer Filtrierung zum Zweck der Verbrennung als Abfall einzustufen sind. Da Frittierfette nach ihrem Gebrauch zur Zubereitung von Speisen ihre ursprüngliche Zweckbestimmung verloren haben und an deren Stelle nicht unmittelbar ein neuer Verwendungszweck tritt, ist anzunehmen, dass der frühere Besitzer sich ihrer entledigen will (§ 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG). Mit Blick auf den neuen Zweck einer Verwertung der Frittierfette durch Verbrennung stellt sich die Vorbehandlung nur als Zwischenschritt dar, der die Abfalleigenschaft der Frittierfette nicht entfallen lässt. Die Abfalleigenschaft von zur energetischen Verwertung bestimmten Abfällen endet erst mit dem Abschluss des konkreten Verwertungsvorgangs, also mit ihrer ordnungsgemäßen und schadlosen Verbrennung (Urteil vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 7 C 4.06 - NVwZ 2007, 338 <339>). Das gilt in gleicher Weise für vorbehandelte Frittierfette, die zur Verbrennung bestimmt sind. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen.

6 Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, „wann eine Anlage oder mehrere Anlagen im Sinne von § 3 Abs. 5 BImSchG vorliegen“, rechtfertigt die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung schon deswegen nicht, weil sie einen Sachverhalt zugrunde legt, den das Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellt hat. Nach Ansicht der Beschwerde betreibe die Klägerin „streng genommen zwei Anlagen, eine Anlage zur Aufbereitung von Altfetten, in der die bereits beim Lieferanten gefilterten Fette durch Erwärmung und Sedimentation motorentauglich gemacht werden, und eine Anlage zur Stromerzeugung“. Demgegenüber ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nur von einer Anlage auszugehen, nämlich von einem Heizkraftwerk zur Verbrennung von vorbehandelten Frittierfetten. Die Vorbehandlung stellt sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts so dar, dass die Klägerin den gastronomischen Betrieben Filterfässer zur Verfügung stellt, in denen durch Sedimentierung ein in ihrem Kraftwerk als Brennstoff verwertbares Frittierfett entsteht. Die nach Auffassung des Beklagten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage ist hiernach das Heizkraftwerk, in dem die vorbehandelten Frittierfette verbrannt werden, während die Sedimentation in den Filterfässern als zum Betrieb des Heizkraftwerks notwendiger Verfahrensschritt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 der 4. BImSchV) einzustufen ist. Davon abgesehen ändert, wie bereits erwähnt, die Vorbehandlung nichts an der Abfalleigenschaft der Frittierfette, so dass für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Heizkraftwerks die Nr. 8.1 Buchst. a Sp. 1 des Anhangs der 4. BImSchV maßgeblich ist.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.