Beschluss vom 14.08.2002 -
BVerwG 7 B 89.02ECLI:DE:BVerwG:2002:140802B7B89.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.08.2002 - 7 B 89.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:140802B7B89.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 89.02

  • VG Leipzig - 09.04.2002 - AZ: VG 7 K 249/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. August 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Dr. F r a n ß e n und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 370 686 € festgesetzt.

Die Klägerin begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Schädigung des Rechtsvorgängers der Klägerin eine solche der Rechtsvorgänger der Beigeladenen nach § 1 Abs. 6 VermG zeitlich vorausgegangen sei (§ 3 Abs. 2 VermG). Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die allein geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht verletzt. Es hat den Beweisantrag der Klägerin, ein weiteres Sachverständigengutachten zum Verkehrswert des streitigen Grundstücks einzuholen, ohne Verstoß gegen Verfahrensrecht abgelehnt.
Dem Tatsachengericht steht bei der Bestimmung von Art und Zahl einzuholender Sachverständigengutachten nach § 98 VwGO in Verbindung mit den §§ 404, 412 ZPO Ermessen zu. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung eines weiteren Gutachtens absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 30. März 1995 - BVerwG 8 B 167.94 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 48). Das ist der Fall, wenn das bereits vorliegende Gutachten nicht verwertbar ist, weil es erkennbare Mängel aufweist, namentlich von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder unlösbare Widersprüche enthält, oder wenn Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter bestehen (Beschluss vom 4. Dezember 1991 - BVerwG 2 B 135.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 238). Ein Tatsachengericht ist dagegen nicht allein deshalb verpflichtet, ein weiteres Gutachten einzuholen, weil ein Beteiligter ein bereits vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält.
Gestützt (auch) hierauf hat das Verwaltungsgericht der Sache nach den Beweisantrag der Klägerin abgelehnt. Es ist davon ausgegangen, dass einer Verwertung des von ihm eingeholten Gutachtens keine Mängel entgegenstehen, wie sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt. Dort hat das Verwaltungsgericht sich im Einzelnen mit den Einwendungen befasst, welche die Klägerin gegen das Sachverständigengutachten erhoben hatte.
Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Unzutreffend ist ihre Rüge, sie habe keine ausreichende Zeit gehabt, das Gutachten zu prüfen und substantiierte Einwände vorzubringen, die das Verwaltungsgericht zur Einholung eines weiteren Gutachtens hätten veranlassen müssen. Die Klägerin hat das Gutachten etwa einen Monat vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis erhalten. Diese Zeit reicht grundsätzlich aus, ein Gutachten zu prüfen und substantiierte Einwände vorzubringen. Wenn die Klägerin im konkreten Fall mehr Zeit hierfür benötigte, insbesondere selbst ein Gegengutachten einholen wollte, hätte sie die Verlegung der mündliche Verhandlung oder deren Vertagung beantragen müssen (§ 173 VwGO, § 227 ZPO). Das hat sie aber unterlassen. Sie hat es damit versäumt, sich in der Tatsacheninstanz das für erforderlich gehaltene Gehör zu verschaffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.