Beschluss vom 13.09.2002 -
BVerwG 7 B 45.02ECLI:DE:BVerwG:2002:130902B7B45.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.09.2002 - 7 B 45.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:130902B7B45.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 45.02

  • VG Schwerin - 11.07.2001 - AZ: VG 7 A 2418/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. September 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l , K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 656,54 € (entspricht 13 019,07 DM) festgesetzt.

I


Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung zur Wiedereintragung von Aufbaugrundpfandrechten.
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 14. Mai 1992 das Eigentum an einem Grundstück zurückübertragen. Dabei ordnete das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen u.a. an, dass sämtliche dinglichen Belastungen aus der Abteilung 2 und 3 des Grundbuchs, die zum Zeitpunkt des Übergangs in Volkseigentum eingetragen gewesen seien, wieder einzutragen seien. Diesen Bescheid nahm das Vermögensamt mit Bescheid vom 26. November 1993 beschränkt auf die genannte Anordnung zurück und setzte für die in Abteilung 3, Folium 14 bis 17, früher eingetragenen Aufbaugrundpfandrechte einen Ablösebetrag fest. Gegen die Höhe der Ablösungssumme legte der Kläger Widerspruch ein. Unter dem 22. April 1996 erließ das Vermögensamt einen "Abhilfebescheid", in dem neben anderen, hier nicht entscheidungserheblichen Regelungen erneut derselbe Ablösebetrag für die Aufbaugrundpfandrechte festgesetzt wurde, der aber eine Rücknahme der Anordnung zur Wiedereintragung aller Grundpfandrechte nicht mehr enthielt. Auf einen erneuten Widerspruch des Klägers, mit dem er darauf hinwies, dass er nach wie vor nicht bereit sei, die Ablösesumme zu zahlen, erging ein Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1997, mit dem die Bescheide vom 22. April 1996 und 26. November 1993 aufgehoben wurden. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Ausgangsbescheid vom 14. Mai 1992 rechtmäßig gewesen sei, so dass für seine Rücknahme kein Raum gewesen sei. Demzufolge sei dieser Bescheid so zu vollziehen, dass auch die Aufbaugrundpfandrechte wiederbegründet würden.
Die dagegen erhobene Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheides begehrt, soweit die Wiedereintragung der Aufbaugrundpfandrechte angeordnet worden sei, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung hat es sinngemäß ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid keine eigenständige Beschwer für den Kläger, sondern nur für ihn günstige Regelungen enthalte. Der Widerspruchsbescheid habe lediglich den bestandskräftigen Ausgangsbescheid wiederhergestellt, gegen den der Kläger sich nicht gewandt habe.

II


Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg.
Dem Kläger ist allerdings zuzugestehen, dass die Verneinung seiner Beschwer durch das Verwaltungsgericht fragwürdig ist; denn die durch ihn angegriffene Teilregelung des Widerspruchsbescheides belastet ihn insoweit, als mit ihr im Ergebnis ein zwischenzeitlich zu seinen Gunsten geänderter Ausgangsbescheid wiederhergestellt wird. Wiederbegründet wird die im Ausgangsbescheid geregelte Pflicht zur Eintragung der Aufbaugrundpfandrechte, an deren Stelle mittlerweile die Pflicht zur Zahlung einer Ablösesumme getreten war. Da der Kläger sich aber gegen die Wiedereintragung der Grundpfandrechte wendet, liegt es nahe, dass die von ihm angegriffene Teilregelung des Widerspruchsbescheides ihn beschwert.
Dieses und die weiteren Probleme, die der Klageantrag und seine Behandlung durch das Verwaltungsgericht aufwerfen,
insbesondere die Frage, ob die wiederbegründete Pflicht zur Eintragung der Aufbaugrundpfandrechte zum alleinigen Gegenstand eines Rechtsbehelfs gemacht werden kann, obwohl die mit demselben Bescheid zurückgenommene Festsetzung der Ablösesumme aus der Sicht der festsetzenden Behörde als zwingende Alternative zu der Wiedereintragung angesehen worden ist,
müssten jedoch in einem Revisionsverfahren nicht behandelt werden; denn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar, § 144 Abs. 4 VwGO, so dass aufgrund dieser im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbaren Vorschrift auch eine Zulassung der Revision nicht in Betracht kommt.
Der Kläger hat ersichtlich keinen Anspruch auf die begehrte Teilaufhebung des Widerspruchsbescheides. Die Widerspruchsbehörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Überleitungsvorschrift des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) für den Kläger noch die Fassung des Vermögensgesetzes vom 18. April 1991 (BGBl I S. 957) anwendbar war mit der Folge, dass die aufgrund privat erteilter Vollmacht eingetragen gewesenen Aufbaugrundpfandrechte wieder eingetragen werden müssen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 VermG a.F.).
Die Widerspruchsbehörde durfte diese Regelung auch treffen, obwohl der Widerspruch des Klägers auf die Pflicht zur Zahlung der Ablösesumme beschränkt war. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass nach Maßgabe des jeweils anzuwendenden Bundes- oder Landesrechts zu entscheiden ist, ob eine reformatio in peius im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zulässig ist. Wenn solche Regelungen fehlen, ist nach den Grundsätzen über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten zu entscheiden (vgl. Urteil vom 18. Mai 1982 - BVerwG 7 C 42.80 - BVerwGE 65, 313 <319> m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen bestehen weder aus formellrechtlicher noch materiellrechtlicher Sicht Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Widerspruchsentscheidung; denn das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat nach § 25 Abs. 1 Satz 3 VermG ein unbeschränktes Selbsteintrittsrecht, und es sind weder Gesichtspunkte vorgetragen worden noch ersichtlich, die es hätten rechtfertigen können, trotz erkannter Rechtswidrigkeit der Rücknahme der ursprünglich angeordneten Wiedereintragung der Grundpfandrechte von der nach § 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - zulässigen und aus rechtsstaatlicher Sicht grundsätzlich gebotenen Rücknahme dieser rechtswidrig getroffenen Rücknahmeentscheidung abzusehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.