Beschluss vom 13.08.2003 -
BVerwG 1 B 359.02ECLI:DE:BVerwG:2003:130803B1B359.02.0

Beschluss

BVerwG 1 B 359.02

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 17.07.2002 - AZ: OVG 4 A 3398/01.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. August 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Juli 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch der behauptete Verfahrensfehler durch Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) in einer Weise dargelegt werden, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine bestimmte klärungsfähige und klärungsbedürftige R e c h t s frage aufgezeigt wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage (vgl. Beschwerdebegründung S. 3 f.), ob eine extreme Gefährdung von Rückkehrern in die Demokratische Republik Kongo (DRK) nicht daraus folge, dass Rückkehrer aus Europa - anders als die im Großraum Kinshasa ansässige Bevölkerung - Überlebensstrategien in Form des Kleinsthandels und des Anbaus von Lebensmitteln nicht entwickeln können und dass in der DRK das Gesundheitswesen zusammengebrochen sei und die Rückkehrer durch den Auslandsaufenthalt nicht nur die ggf. früher vorhandene Semi-Immunität gegen Krankheitskeime in Nahrungsmittel und Wasser oder beispielsweise gegen Krankheiten wie Malaria verloren hätten, sondern auch das zum Überleben erforderliche familiäre und soziale Auffangnetz, zielt nicht auf eine Rechtsfrage, sondern betrifft die den Tatsacheninstanzen vorbehaltene Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse in der DRK. Dem steht nicht entgegen, dass - wie die Beschwerde noch ergänzend vorträgt (Schriftsatz vom 2. Januar 2003) - ein weiterer Senat des Berufungsgerichts die Gefahrenlage in der DRK möglicherweise abweichend von der angegriffenen Entscheidung beurteilt. Denn die Beschwerde zeigt nicht auf, dass es sich dabei um eine Abweichung in einer der bundeseinheitlichen Klärung zugänglichen R e c h t s frage und nicht lediglich - wovon auszugehen ist - um eine unterschiedliche Tatsachenfeststellung und -würdigung handelt.
Auch mit der Rüge, das Berufungsgericht habe das rechtliche Gehör verweigert, indem es sich in den Urteilsgründen nicht mit dem Vorbringen des Klägers zu seinem Verfolgungs-
schicksal auseinander gesetzt habe (vgl. Beschwerdebegründung S. 1 f.), legt die Beschwerde den behaupteten Verfahrensfehler nicht schlüssig dar. Die Beschwerde bringt vor, der Kläger habe die auf Asylanerkennung sowie auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 51 Abs. 1 AuslG gerichteten Klageanträge lediglich im Hinblick auf die seinerzeitige Spruchpraxis des Verwaltungsgerichts zurückgenommen, bei allen Flüchtlingen der DRK das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festzustellen. Soweit das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit aufgehoben habe, sei das ursprüngliche auf politische Verfolgung gestützte Schutzbegehren jedenfalls im Rahmen des § 53 AuslG zu prüfen. Dem Kläger sei es ersichtlich darauf angekommen, nicht in die DRK abgeschoben zu werden. Ihm sei egal gewesen, ob dies mit politischer Verfolgung oder mit einer allgemeinen Gefahrenlage begründet werde. § 53 AuslG stelle einen "Auffangtatbestand" dar. Die vom Kläger dargelegte und begründete individuelle Verfolgungsfurcht wäre - was das Berufungsgericht unter Begehung eines Gehörsverstoßes missachtet habe - bei der vorliegenden prozessualen Konstellation im Rahmen der Prüfung des § 53 AuslG vollumfänglich zu prüfen gewesen.
Diesem Vorbringen ist der behauptete Verfahrensfehler nicht zu entnehmen. Ein Rechtssuchender kann nämlich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur dann mit Erfolg rügen, wenn er zuvor die nach Lage der Sache gegebenen prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen (vgl. BVerfGE 74, 220 <225> m.w.N.). Dazu trägt die Beschwerde nichts vor: Nach Aktenlage hat der Kläger dies hier versäumt. Nach Zulassung der Berufung auf der Grundlage des ausführlich begründeten Antrags des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten und der Anhörungsmitteilung vom 28. Mai 2002 durch das Berufungsgericht und nach eigener teilweiser Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 24. Juli 2001 musste der Kläger damit rechnen, dass sein ursprünglicher Vortrag zur Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Betätigung nicht Gegenstand der Berufungsentscheidung würde. Es hätte dementsprechend an ihm gelegen, bereits in der Berufungsinstanz - spätestens nach der den Erfolg der Berufung ankündigenden Anhörungsmitteilung - vorzubringen, dass er sich ungeachtet der teilweisen Klagerücknahme auch noch im Rahmen des § 53 Abs. 6 AuslG auf seinen früheren Verfolgungsvortrag berufe. Da dies unterblieben ist, ergibt sich der behauptete Gehörsverstoß aus dem erst mit der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgten Vorbringen nicht.
Die mit Schriftsatz vom 8. Juli 2003 nachgetragene Erkrankung des Klägers ergänzt den Vortrag allein im Tatsächlichen und darf schon deshalb hier keine Berücksichtigung finden.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.