Beschluss vom 13.06.2007 -
BVerwG 10 B 61.07ECLI:DE:BVerwG:2007:130607B10B61.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.06.2007 - 10 B 61.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:130607B10B61.07.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 61.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 02.10.2006 - AZ: OVG 16 A 5004/05.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juni 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Richter sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.

2 Ohne Erfolg rügt die Beschwerde (Beschwerdebegründung unter I) eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und der Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO), „soweit die im vorliegenden Verfahren angefochtene Berufungsentscheidung als Beschluss gemäß § 130a VwGO“ ergangen sei.

3 Die Beschwerde macht zunächst geltend, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers zu seinem „Integrationsstand“, mit dem er sich unter anderem auf Art. 8 EMRK bezogen habe, nicht zur Kenntnis genommen. Insoweit legt die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar, inwiefern diese angebliche Gehörsverletzung entscheidungserheblich sein könnte (vgl. den den Beteiligten bekannten Beschluss vom 6. Juni 2007 - BVerwG 10 B 65.07 - unter 3.). Entsprechendes gilt, soweit die Beschwerde geltend macht, das Berufungsgericht hätte den „Integrationsstand“ des Klägers aufklären und sich in mündlicher Verhandlung ein eigenes Bild von ihm machen müssen.

4 Die Beschwerde rügt eine weitere Gehörsverletzung und einen Aufklärungsmangel, die sich aus Folgendem ergäben: Der Kläger habe in dem Verfahren, das seiner Erstanerkennung zugrunde liege, geltend gemacht, dass er im Verdacht stehe, an der Tötung eines Mitglieds der ehemaligen Baath-Partei mitgewirkt zu haben. Das Berufungsgericht nehme eine „überraschende Neubewertung der ursprünglichen Verfolgungsgründe des Klägers“ vor, indem es - im Gegensatz zu dessen Sachvortrag - ausführe, es sei „durchgreifend unrealistisch“, dass nach ihm ernsthaft gesucht werde. Der Kläger hätte der Beschwerde zufolge Gelegenheit zu vertiefender Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung bekommen müssen.

5 Damit macht die Beschwerde eine unzulässige Überraschungsentscheidung geltend, ohne den gerügten Verfahrensfehler in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise darzulegen. Unabhängig davon, ob das Berufungsgericht wegen der behaupteten „Neubewertung“ des ursprünglichen Verfolgungsvorbringens zu einem Hinweis auf seine Bewertung dieses Vorbringens nach § 86 Abs. 3 VwGO verpflichtet gewesen wäre, gibt die Beschwerde schon nicht - wie erforderlich - an, was der Kläger auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 9. März 2007 - BVerwG 1 B 171.06 - juris). Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass das Berufungsgericht eine „Neubewertung“ der ursprünglichen Verfolgungsgründe des Klägers vorgenommen hat. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) hat sich in der Begründung des Anerkennungsbescheids vom 16. März 2001, mit dem die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf die illegale Ausreise des Klägers und auf seine Asylantragstellung bejaht wurden, nicht mit den in Rede stehenden vom Kläger geltend gemachten Verfolgungsgründen befasst. Im erstinstanzlichen Urteil über den Widerrufsbescheid werden diese zwar erwähnt (UA S. 6), das Verwaltungsgericht konnte ihre Bedeutung aber offenlassen, da das Urteil auf andere Gründen (u.a. fehlende Ermessensentscheidung) gestützt ist. Das Berufungsgericht hat mithin im Rahmen der von der Beschwerde angegriffenen Erwägungen, mit denen es die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer nichtstaatlichen Verfolgung des Klägers im Irak verneint (BA S. 13), die erwähnten von diesem geltend gemachten Verfolgungsgründe nicht neu bewertet und sich im Übrigen - ebenso wie das Bundesamt und das Verwaltungsgericht - in diesem Zusammenhang auch nicht mit der Glaubwürdigkeit des Klägers befasst. Darüber hinaus legt die Beschwerde nicht dar, inwiefern der Kläger unter Zugrundelegung seines in Rede stehenden Vorbringens bezogen auf die derzeitigen Verhältnisse im Irak mit nichtstaatlicher Verfolgung zu rechnen hätte. Schließlich zeigt die Beschwerde auch keine weiteren Umstände auf, die die gerügten Verfahrensmängel begründen würden.

6 Auch die weiteren von der Beschwerde geltend gemachten Rügen bleiben ohne Erfolg. Insoweit wird auf den erwähnten Beschluss vom 6. Juni 2007 - BVerwG 10 B 65.07 - Bezug genommen.

7 Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.