Beschluss vom 13.02.2002 -
BVerwG 1 B 40.02ECLI:DE:BVerwG:2002:130202B1B40.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.02.2002 - 1 B 40.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:130202B1B40.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 40.02

  • Hessischer VGH - 14.11.2001 - AZ: VGH 10 UE 3920/96.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Februar 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r , die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k und den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. November 2001 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die allein auf die Verletzung von Verfahrensrecht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die geltend gemachten Verfahrensmängel der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers (Art. 103 Abs. 1 GG) und des Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 VwGO) sind nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan.
Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es die psychischen Erkrankungen des Klägers, die durch Atteste eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie eines Arztes für Allgemeinmedizin belegt seien, weder bei der Prüfung einer inländischen Fluchtalternative im Großraum Colombo noch bei der Prüfung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG hinreichend berücksichtigt habe. Sie zeigt indes keinerlei Umstände auf, die einen Gehörsverstoß ergeben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden; nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Tatsachenstoffs verletzt hat, kann ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG im Einzelfall festgestellt werden (vgl. etwa BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.). Derartige Umstände legt die Beschwerde nicht dar. Wie sie selbst einräumt, hat sich das Berufungsgericht in den Urteilsgründen ausdrücklich mit beiden Attesten auseinander gesetzt und ist insbesondere auch auf die fachärztliche Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung eingegangen (UA S. 25 f.). Es hat hierzu unter anderem ausgeführt, diese Diagnose sei zwar aufgrund der Tatsache, dass der Facharzt den Kläger offensichtlich am 10. September 2001 zum ersten Mal untersucht und sodann das Attest ausgestellt habe, wenig aussagekräftig, hierauf komme es aber im Ergebnis nicht an, da nicht ersichtlich sei, dass sich hinsichtlich der psychischen Situation des Klägers etwas ändern sollte, je nachdem ob er sich weiterhin im Bundesgebiet oder in seinem Heimatland aufhalte. Er müsse schließlich nicht in seine Heimatregion in Sri Lanka zurückkehren, wo er gegebenenfalls an den Tod seines Bruders und den damit zusammenhängenden Bombenangriff erinnert werden könnte, sondern könne sich im Großraum Colombo ansiedeln. Diese Ausführungen zeigen ebenso wie die eingehende Darstellung der vom Kläger eingereichten Atteste im Tatbestand des Urteils (UA S. 4 f.), dass das Berufungsgericht diese in seine Erwägungen einbezogen hat. Demgegenüber greift der Einwand der Beschwerde, das Berufungsgericht hätte sich auch bei der Erörterung der Personenüberprüfung der Rückkehrer in Sri Lanka mit der besonderen Situation des Klägers als psychisch Erkrankten auseinander setzen müssen, nicht durch. Hierzu bestand schon deshalb kein Anlass, weil weder den Attesten noch dem sonstigen Vorbringen des Klägers insoweit konkrete, für das Klagebegehren erhebliche Gesichtspunkte zu entnehmen waren. In Wahrheit wendet sich die Beschwerde mit ihrem Vorbringen gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Etwaige Mängel dieser Würdigung sind aber regelmäßig - und so auch hier - nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und sind daher nicht geeignet, einen Verfahrensmangel zu begründen (vgl. Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 = DVBl 1996, 108).
Auch soweit die Beschwerde bemängelt, das Berufungsgericht habe die im Verhandlungstermin benannten notwendigen drei Medikamente in seinen Entscheidungsgründen nicht berücksichtigt und nicht die Verfügbarkeit und die Finanzierbarkeit dieser Medikamente in Sri Lanka überprüft, ist damit eine Gehörsrüge nicht schlüssig erhoben. Von der Beschwerde ist weder dargetan noch ist es sonst ersichtlich, dass der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hätte, die fraglichen Medikamente seien für ihn in Sri Lanka nicht erhältlich. Hierfür ergaben sich auch aus den Attesten keinerlei Anhaltspunkte. Es fehlt daher schon an der Darlegung eines entscheidungserheblichen Tatsachenvorbringens seitens des Klägers, auf das das Gericht hätte eingehen müssen.
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht rügen will (§ 86 VwGO), genügt sie ebenfalls nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde zeigt weder auf, dass und warum sich dem Berufungsgericht insoweit eine weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, obwohl der anwaltlich vertretene Kläger selbst hierzu nichts vorgetragen und erst recht nicht auf eine Aufklärung hingewirkt hat, noch legt sie - wie erforderlich - dar, inwieweit die vermisste weitere Aufklärung voraussichtlich zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F.