Beschluss vom 13.01.2009 -
BVerwG 8 B 90.08ECLI:DE:BVerwG:2009:130109B8B90.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.01.2009 - 8 B 90.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:130109B8B90.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 90.08

  • VG Gera - 05.06.2008 - AZ: VG 6 K 505/06 Ge

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund mündlicher Verhandlung vom 5. Juni 2008 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 1. Die Klägerin leitet rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, und Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, aus einem Schreiben des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen vom 1. Juni 1948 an eine N. B. GmbH über die Aufhebung der Sequestrierung ab. Auf dieses Schreiben und deren eventuelle Rechtsfolge für die Anwendbarkeit des Vermögensgesetzes sowie auf die geltend gemachten Zulassungsgründe, die sich darauf beziehen, könnte es jedoch erst ankommen, wenn die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 ThürVwVfG gegeben sind. Dies aber hat das Verwaltungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint (vgl. dazu unter Nr. 3).

3 2. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensrügen sind unbegründet. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht weder den Überzeugungsgrundsatz noch gebotenes rechtliches Gehör deshalb verletzt, weil es in seiner Urteilsbegründung auf das vorstehend genannte Schreiben und den dazu erfolgten Vortrag der Klägerin nicht näher eingegangen ist. Da nach seiner Auffassung Wiederaufgreifensgründe nicht vorliegen, brauchte sich das Verwaltungsgericht mit diesen Ausführungen der Klägerin nicht auseinanderzusetzen. Es hat zu Recht darauf hingewiesen (vgl. UA S. 14), dass erst bei Wiederaufgreifen des Verfahrens „in der Sache neu“ zu „entscheiden“ ist.

4 3. Die Verfahrensrügen, die sich auf die Bewertung der russischen Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft und des Hauptstaatsarchivs beziehen, können unabhängig von ihrer inhaltlichen Richtigkeit deshalb nicht erfolgreich sein, weil diese Schreiben nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur unecht und unwahr sind, sondern ihnen auch jegliche Aussagekraft fehlt. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt (UA S. 19), dass sowohl die Enteignungslisten (Listen A) als auch die Freigabelisten (Listen B) länderweise nach Kreisen und kreisfreien Städten geführt wurden. Die Existenz einer einheitlichen Liste für Thüringen bzw. für die gesamte sowjetische Besatzungszone sei dem Gericht, das seit Jahren mit diesem Rechtsgebiet befasst sei, nicht bekannt. Die in den vorgelegten Schreiben vom 30. August 2001 und 7. September 2001 aufgestellte Behauptung, die Klägerin habe sich „auf einer Liste B“ befunden, sei zu allgemein gehalten und sage nichts darüber aus, welche Liste B gemeint sei. Ob damit das Grundvermögen in Nordhausen gemeint wäre, lasse sich nicht eindeutig beurteilen. Diese Bewertung des Verwaltungsgerichts ist für seine Entscheidung von selbständig tragender Bedeutung. Die Beweismittel müssen - um ein Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtfertigen zu können - derart beschaffen sein, dass sie die Richtigkeit der tatsächlichen Entscheidungsgründe des unanfechtbaren Verwaltungsakts erschüttern können (Beschluss vom 30. August 2006 - BVerwG 8 B 121.05 - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 49). Zur mangelnden Relevanz beider Schreiben verhält sich die Klägerin in ihrer Beschwerde jedoch nicht. Deshalb können ihre Verfahrensrügen keine revisionseröffnende Wirkung haben.

5 4. Aus diesem Grund kommt es schließlich nicht auf die Grundsatzrüge an, ob
echte Auskünfte der Moskauer Militärstaatsanwaltschaft bzw. der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation den (widerleglichen) Beweis der inhaltlichen Richtigkeit dieser Auskünfte tragen.

6 Auch bei inhaltlicher Richtigkeit bliebe der Einwand bestehen, dass die Eignung des neuen Beweismittels für eine günstigere Entscheidung vom Antragsteller des Wiederaufgreifensverfahrens schlüssig darzulegen ist. Ein Schlüssigkeitsmangel führt zur Zurückweisung der Beschwerde.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 GKG.