Beschluss vom 12.08.2014 -
BVerwG 1 WB 53.13ECLI:DE:BVerwG:2014:120814B1WB53.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.08.2014 - 1 WB 53.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:120814B1WB53.13.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 53.13

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Jünemann und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Klotz
am 12. August 2014 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Aufhebung eines Bescheids des Personalamts der Bundeswehr, mit dem ihm gemäß § 28 Abs. 5 SG Betreuungsurlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge gewährt worden ist.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 30. April ... enden. Er wurde am 16. Mai ... zum Major ernannt. Seit dem 1. März ... wird er als IT-Stabsoffizier Bundeswehr und Kompaniechef bei der ...regiment ... in R. verwendet.

3 Mit Schreiben vom 18. März 2011 beantragte der Antragsteller Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge für die Zeit vom 28. März 2011 bis zum 30. April 2011. Zur Begründung führte er aus, dass sein Vater im November 2009 schwer erkrankt sei und seit diesem Zeitpunkt seiner besonderen Fürsorge bedürfe. Infolge der seit Januar 2011 zunehmenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei sein Vater gegenwärtig ganztägig pflegebedürftig. Er, der Antragsteller, habe dafür bis jetzt 42 Tage Erholungsurlaub und 56 Tage Freistellung vom Dienst eingebracht. Nunmehr sei eine Entwicklung eingetreten, die er nicht mehr regeln könne. Aus den ärztlichen Attesten ergebe sich, dass er die einzige Bezugsperson für seinen Vater darstelle, um dessen schwere Erkrankung in der nächsten Zeit zu begleiten. Er habe keine Geschwister; seine Mutter sei aufgrund ihrer chronischen Erkrankung nicht in der Lage, die Pflege sicherzustellen. Er bitte, die Ausführungsbestimmungen der ZDv 14/5 in der Weise zu interpretieren, dass Sonderurlaub im notwendigen Umfang gewährt werden könne. Über diesen Antrag wurde in der Folgezeit nicht entschieden.

4 Daraufhin beantragte der Antragsteller mit Formularantrag vom 24. März 2011 für den Zeitraum vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 die Bewilligung von Sonderurlaub ohne Bezüge gemäß § 28 Abs. 5 SG. Diesem Antrag gab das Personalamt der Bundeswehr mit Bescheid vom 18. April 2011 statt. Nach dessen Eröffnung am 6. Mai 2011 legte der Antragsteller keine Beschwerde ein.

5 Unter dem 25. April 2012 beantragte der Antragsteller nachträglich für den Zeitraum vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 die Gewährung von Urlaub mit Bezügen, und zwar Erholungsurlaub vom 30. März 2011 bis zum 1. April 2011 sowie vom 11. April 2011 bis zum 23. April 2011, Dienstzeitausgleich am 28. März und 29. März 2011 und Sonderurlaub mit Bezügen vom 4. April 2011 bis zum 8. April 2011. Diese Anträge genehmigte der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers am 25. April 2012.

6 Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 beantragte der Antragsteller beim Personalamt der Bundeswehr die Aufhebung des Bescheids vom 18. April 2011, mit dem ihm Betreuungsurlaub gewährt worden war. Zur Begründung führte er aus, dass der in Rede stehende Zeitraum im ...regiment ... durch Urlaub abgedeckt sei.

7 Den Antrag lehnte das Personalamt mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Juli 2012 mit folgender Begründung ab:
„Ihrem Antrag vom 05.06.2012 auf Aufhebung des Bescheides vom 18.04.2011 über die Gewährung von Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge gemäß § 28 Abs. 5 SG vermag ich nicht zu entsprechen, da der Bescheid vom 18.04.2011 bestandskräftig ist.“

8 Gegen diesen ihm am 13. August 2012 eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 22. August 2012 „Widerspruch“ ein, den er mit weiterem Schreiben vom 3. Juni 2013 dahin begründete, dass man ihm für den kompletten Zeitraum vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 Sonderurlaub mit Bezügen bzw. Erholungsurlaub bewilligt habe. Er habe einen Anspruch darauf, in dieser Zeitspanne seine Bezüge zu behalten. Die Wehrbereichsverwaltung Nord betreibe gegen ihn die Rückforderung der erhaltenen Geld- und Sachbezüge. Er beantrage deshalb, den bislang gültigen Bescheid über die Gewährung von Betreuungsurlaub zurückzunehmen bzw. aufzuheben.

9 Das Bundesministerium der Verteidigung wertete den Widerspruch des Antragstellers als Beschwerde und wies diese mit Beschwerdebescheid vom 4. September 2013 zurück. Zur Erläuterung führte es aus, dass die Beschwerde vom 22. August 2012 unzulässig sei. Der Bescheid vom 18. April 2011 sei mit Ablauf des 6. Juni 2011 in Bestandskraft erwachsen, weil der Antragsteller keinen Rechtsbehelf eingelegt habe. Hinsichtlich seines Aufhebungsantrags vom 5. Juni 2012 habe das Personalamt in dem angefochtenen Bescheid vom 6. Juli 2012 keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern ihm lediglich mitgeteilt, dass seinem Begehren wegen der eingetretenen Bestandskraft nicht entsprochen werden könne. Die Aufhebung des Bescheids vom 18. April 2011 habe der Antragsteller nur mit fristgerechter Beschwerdeeinlegung erreichen können. Die Beschwerde vom 22. August 2012 sei auch deshalb unzulässig, weil der Antragsteller einen rückwirkenden Widerruf des genehmigten Betreuungsurlaubs anstrebe. Dieses Rechtsschutzbegehren sei auf ein rechtlich unmögliches Ziel, nämlich auf die Nichtinanspruchnahme von Betreuungsurlaub für die Vergangenheit gerichtet. Da der Zeitraum des genehmigten Betreuungsurlaubs abgelaufen sei, könne der Antragsteller für die gleiche Zeitspanne nicht mehr rückwirkend den beantragten Erholungs- bzw. Sonderurlaub antreten.
In den dienstaufsichtlichen Feststellungen des Beschwerdebescheids erklärte das Bundesministerium der Verteidigung, dass es das ...regiment ... gebeten habe sicherzustellen, dass dem Antragsteller der unter dem 25. April 2012 gewährte Sonder- bzw. Erholungsurlaub gutgeschrieben werde; neben dem gewährten Betreuungsurlaub könne er nicht gleichzeitig den über ein Jahr später beantragten und genehmigten Erholungsurlaub bzw. Sonderurlaub erhalten.

10 Gegen den ihm am 6. September 2013 eröffneten Beschwerdebescheid hat der Antragsteller am 7. Oktober 2013 (Montag) die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Diesen Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 30. Oktober 2013 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

11 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Für den strittigen Zeitraum vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 sei ihm Sonderurlaub mit Bezügen und Erholungsurlaub bewilligt worden. Der Bescheid vom 18. April 2011 über die Gewährung eines Betreuungsurlaubs sei vor diesem Hintergrund sachlich falsch. Zu Unrecht werde im Beschwerdebescheid seine Beschwerde als unzulässig gewertet. In den dienstaufsichtlichen Feststellungen im Beschwerdebescheid räume das Bundesministerium der Verteidigung ausdrücklich Fehler in der Sachbehandlung ein. Er habe Anspruch auf Genehmigung eines Sonderurlaubs mit Bezügen. Hätte sich der zuständige Disziplinarvorgesetzte frühzeitig der Bearbeitung seines ersten Urlaubsantrags vom 18. März 2011 angenommen, wäre es ihm, dem Antragsteller, ohne Weiteres möglich gewesen, für den strittigen Zeitraum entsprechende Freistellungen vom Dienst bzw. Erholungsurlaube zu beantragen, was aber erst am 25. April 2012 nachgeholt worden sei. Sein ursprüngliches Rechtsschutzbegehren sehe er als erledigt an, weil der angestrebte Urlaubszeitraum längst verstrichen sei. Er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides vom 6. Juli 2012, weil er einen etwaigen Schadensersatzprozess vorbereiten wolle. Aus seiner Sicht werde ihm zu Unrecht entgegengehalten, dass er die im strittigen Zeitraum erhaltenen Geld- und Sachbezüge zurückzahlen müsse. Darüber hinaus berufe er sich auf ein Rehabilitierungsinteresse, nicht vermeintlich rechtsgrundlos erhaltene Bezüge zurückerstatten zu müssen, obwohl er tatsächlich für den in Rede stehenden Zeitraum einen Urlaubsanspruch unter Beibehaltung der Geld- und Sachbezüge habe. Schließlich bestehe auch eine Wiederholungsgefahr, weil nicht auszuschließen sei, dass ihm bei künftigen Urlaubsanträgen wiederum unzumutbar lange Bearbeitungszeiten zugemutet würden.

12 Der Antragsteller beantragt zuletzt,
festzustellen, dass die Mitteilung des Personalamtes der Bundeswehr, Abteilung I 2/ZAPF 4.3, vom 6. Juli 2013 (richtig: 2012), aufgrund derer seinem Antrag vom 5. Juni 2012 auf Aufhebung des Bescheides des Personalamtes, Abteilung I 2/ZAPF 4.3, vom 18. April 2011 über die Gewährung von Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge gemäß § 28 Abs. 5 SG nicht entsprochen worden ist, in Gestalt des Beschwerdezurückweisungsbeschlusses des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom 4. September 2013 rechtswidrig ist.

13 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

14 Es verteidigt den Inhalt des angefochtenen Beschwerdebescheides und vertritt im Übrigen die Auffassung, dass sich das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nicht erledigt habe. Deshalb stehe dem Antragsteller kein Feststellungsinteresse zu. In dem Bescheid vom 6. Juli 2012 habe das Personalamt keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern dem Antragsteller lediglich mitgeteilt, dass seinem Begehren auf Aufhebung des gewährten Betreuungsurlaubs wegen der eingetretenen Bestandskraft des Bescheids vom 18. April 2011 nicht entsprochen werden könne. Der erste Sonderurlaubsantrag des Antragstellers vom 18. März 2011 sei seinerzeit nicht beschieden worden, weil er durch den zweiten Antrag auf Bewilligung von Betreuungsurlaub gegenstandslos geworden sei. Unabhängig davon hätte der unter dem 18. März 2011 beantragte Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge unter keinen Umständen im begehrten Umfang bewilligt werden können. Der dem Antragsteller von seinem Disziplinarvorgesetzten am 25. April 2012 genehmigte Urlaub (Sonderurlaub mit Bezügen, Erholungsurlaub und Dienstzeitausgleich) sei am 6. September 2013 vom ...regiment ... aufgehoben worden; die entsprechenden Urlaubs- und Freistellungstage habe man dem Antragsteller gutgeschrieben.

15 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - .../13 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

16 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

17 1. Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

18 Der Antragsteller hat diesen Antrag ausdrücklich auf ein Feststellungsinteresse wegen Rehabilitierung, Wiederholungsgefahr und Präjudiziabilität gestützt.

19 Soweit er damit sinngemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO in Bezug nimmt, sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt. Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die - wie hier - keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, oder die Ablehnung einer solchen Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die danach für einen gerichtlichen Feststellungsausspruch erforderliche Erledigung der truppendienstlichen Maßnahme liegt (nur dann) vor, wenn sich das Begehren eines Antragstellers in der Hauptsache materiell erledigt hat und/oder wenn die Regelungswirkung der strittigen Maßnahme und die daraus resultierende Beschwer für den Betroffenen weggefallen sind (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 8. August 2007 - BVerwG 1 WB 52.06 - Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 12 Rn. 27 und vom 21. März 2013 - BVerwG 1 WB 67.11 - juris Rn. 20 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 402.8 § 12 SÜG Nr. 1>).

20 Das ist hier nicht der Fall. Gegenstand des Feststellungsantrages ist der Bescheid vom 6. Juli 2012, mit dem das Personalamt der Bundeswehr die vom Antragsteller gewünschte Aufhebung des Bescheids vom 18. April 2011 über die Gewährung von Betreuungsurlaub (ohne Geld- und Sachbezüge) abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsbescheid hat seine Regelungswirkung nicht verloren - ebenso wenig wie der Bewilligungsbescheid vom 18. April 2011. Vielmehr ergibt sich aus beiden Bescheiden die fortdauernde Beschwer des Antragstellers, für den in Rede stehenden Urlaubszeitraum möglicherweise ohne Rechtsgrund Geld- und Sachbezüge erhalten zu haben und mit einer Gehaltsrückforderung der Wehrbereichsverwaltung Nord konfrontiert zu sein. Der Bescheid des Personalamts vom 18. April 2011 hat seine Regelungswirkung auch nicht durch die nachträgliche Bewilligung von Sonderurlaub mit Bezügen, Erholungsurlaub und Dienstzeitausgleich für den strittigen Zeitraum eingebüßt. Denn die entsprechenden Genehmigungen des Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers vom 25. April 2012 hat das ...regiment ... auf dienstaufsichtliche Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung am 6. September 2013 - noch vor der Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung - aufgehoben.

21 Das materielle Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist ebenfalls nicht erledigt, sondern nach wie vor auf die Aufhebung des Bescheids des Personalamts vom 6. Juli 2012 (in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. September 2013) sowie darauf gerichtet, den Bescheid des Personalamts vom 18. April 2011 über die Gewährung von Betreuungsurlaub aufheben zu lassen. In Anbetracht der am 6. September 2013 erfolgten Aufhebung der Urlaubs- und Dienstzeitausgleichsbewilligung vom 25. April 2012 erstreckt sich das Begehren des Antragstellers bei sach- und interessengerechter Auslegung auch darauf, das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, den für die Zeit vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 bewilligten Urlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

22 2. Ein derartiger Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag ist zulässig.

23 a) Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. April 2014 an seinem Feststellungsantrag festgehalten hat. § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO in der seit dem 1. Februar 2009 geltenden Fassung verlangt - abweichend von der vergleichbaren Vorschrift in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO - nicht die Stellung eines förmlichen Feststellungsantrages. Es obliegt vielmehr dem Wehrdienstgericht, von Amts wegen zu untersuchen, ob eine Erledigung der strittigen Maßnahme eingetreten ist, und gegebenenfalls sodann - unabhängig von einem Feststellungsantrag - zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein vom Antragsteller darzulegendes berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung begründen (stRspr zu § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO n.F.; vgl. z.B. Beschluss vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 WB 37.10 - juris Rn. 84). Angesichts dieser Normstruktur des § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO n.F. ist es bei fehlender Erledigung der truppendienstlichen Maßnahme für das Wehrdienstgericht nicht ausgeschlossen, von einem Feststellungsantrag des Antragstellers wieder zurückzuschalten zu dem korrespondierenden Gestaltungs- und Verpflichtungsantrag, wenn dieser Antrag im vorangegangenen Beschwerdeverfahren bereits Streitgegenstand war. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, denn der Antragsteller hat in der Beschwerdebegründung vom 3. Juni 2013 ausdrücklich die Aufhebung bzw. die Rücknahme des Bescheides vom 18. April 2011 beantragt.

24 b) Da hiernach das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers weiterhin mit einem Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag verfolgt werden kann, ist es mit Rücksicht auf die Subsidiaritätsklausel in § 43 Abs. 2 VwGO nicht sachgerecht, den Feststellungsantrag des Antragstellers als Antrag im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 23a Abs. 2 WBO zu interpretieren.

25 c) Der Zulässigkeit des Anfechtungs- und Verpflichtungsantrags steht ferner nicht entgegen, dass der strittige Urlaubszeitraum bereits abgelaufen ist. Zwar kann der Antragsteller den für den strittigen Zeitraum beantragten Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung nachträglich nicht mehr in Anspruch nehmen; wohl aber kann er die Rechtswirkungen des ihm stattdessen gewährten Betreuungsurlaubs ohne Sach- und Geldbezüge auch für eine in der Vergangenheit liegende Zeit beseitigen (ebenso für das Beamtenrecht: Urteil vom 25. Juni 1992 - BVerwG 2 C 14.90 - juris Rn. 15 = Buchholz 232.4 § 1 SUrlV Nr. 1 S. 2 m.w.N.).

26 3. Der Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag ist jedoch unbegründet.

27 Der Bescheid des Personalamts vom 6. Juli 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Aufhebung oder Rücknahme des Bescheids des Personalamts vom 18. April 2011 sowie auf Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, eine neue Sachentscheidung über den für die Zeit vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 bewilligten Urlaub zu treffen und diesen als Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu genehmigen.

28 a) Der Bescheid des Personalamts vom 18. April 2011 über die Gewährung von Betreuungsurlaub ohne Geld- und Sachbezüge ist bestandskräftig geworden. Er ist dem Antragsteller aktenkundig am 6. Mai 2011 eröffnet worden. Die gemäß § 6 Abs. 1 WBO einzuhaltende Beschwerdefrist endete damit am 6. Juni 2011. Bis zu diesem Zeitpunkt - und auch in der Folgezeit - hat der Antragsteller gegen den vorgenannten Bescheid keinen Rechtsbehelf eingelegt.

29 b) Eine Durchbrechung der Bestandskraft des Bescheids vom 18. April 2011 käme nur in Betracht, wenn das Personalamt trotz eines entsprechenden Anspruchs des Antragstellers zu Unrecht ein Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt hätte. Das ist indessen nicht der Fall. Das Personalamt hat ohne Rechtsfehler eine wiederholende Verfügung erlassen und damit inzident das Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt.

30 aa) Der Bescheid des Personalamts vom 6. Juli 2012 stellt keine neue Sachentscheidung (Zweitbescheid) über den strittigen Urlaub dar, sondern eine wiederholende Verfügung. Unter einer wiederholenden Verfügung ist die Wiederholung einer unanfechtbaren Entscheidung oder Maßnahme oder der Hinweis auf eine solche Entscheidung oder Maßnahme zu verstehen, ohne dass eine erneute Sachentscheidung ergeht (Beschluss vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 56.09 - Rn. 26 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 82 SG Nr. 6>). Ob ein Bescheid (ganz oder teilweise) als Zweitbescheid oder lediglich als wiederholende Verfügung anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob und inwieweit die Behörde durch ihre Verlautbarung eine neue Sachentscheidung getroffen hat. Das ist durch Auslegung des Bescheides zu ermitteln (stRspr des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C 36.95 - juris Rn. 11 = Buchholz 428.1 § 4 InVorG Nr. 6 S. 18 m.w.N.). Die Begründung des Bescheids vom 6. Juli 2012 dokumentiert unmissverständlich, dass das Personalamt keine neue Sachentscheidung über das Urlaubsbegehren des Antragstellers mit der Maßgabe der Belassung der Geld- und Sachbezüge in Erwägung gezogen, sondern lediglich auf die Bestandskraft des Urlaubsbewilligungs-Bescheids vom 18. April 2011 hingewiesen hat. Der Hinweis auf eine bestandskräftig gewordene Regelung oder Maßnahme genügt für die Annahme einer lediglich wiederholenden Verfügung; die Qualifikation der in Rede stehenden Entscheidung als Zweitbescheid kommt dann nicht in Betracht (stRspr, grundlegend: Urteil vom 10. Oktober 1961 - BVerwG 6 C 123.59 - BVerwGE 13, 99 <101> = Buchholz 232 § 173 BBG Nr. 2 S. 2 f.).

31 bb) Die Entscheidung vom 6. Juli 2012 weist keine Ermessensfehler auf.

32 Es ist grundsätzlich nicht ermessenfehlerhaft, wenn ein Vorgesetzter oder eine Dienststelle eine neue Sachentscheidung im Hinblick auf eine vorangegangene bestandskräftige Entscheidung ablehnt. Weitergehende Ermessenserwägungen hätte das Personalamt insoweit nur dann anstellen müssen, wenn der Antrag-steller einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hätte. Das ist indessen nicht der Fall.

33 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Vorgesetzte grundsätzlich berechtigt, unanfechtbar gewordene Maßnahmen zugunsten eines Soldaten zu ergänzen, zu ändern oder wiederaufzugreifen. Ein Anspruch des Soldaten auf Wiederaufgreifen eines bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens setzt jedoch - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 VwVfG - voraus, dass sich die der unanfechtbaren Entscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat oder neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO vorliegen (vgl. Beschlüsse vom 16. Mai 2002 - BVerwG 1 WB 7.02 - juris Rn. 7 = Buchholz 402.8 § 2 SÜG Nr. 2 S. 2 und vom 23. Juni 2004 - BVerwG 1 WB 12.04 - juris Rn. 3 = Buchholz 402.8 § 17 SÜG Nr. 2 S. 3). Ein Wiederaufgreifensantrag zugunsten des Betroffenen ohne eine Änderung der Sach- und Rechtslage kommt in eng begrenzten Ausnahmefällen nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände dem Vorgesetzten oder der zuständigen Dienststelle Anlass geben, die bestandskräftig gewordene Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu ändern oder aufzuheben. Das kann der Fall sein, wenn sich aus dem Zusammenhang mit anderen Rechtsvorschriften oder angesichts der besonderen Umstände des konkreten Falles ergibt, dass eine Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Entscheidung schlechthin unerträglich wäre (Beschlüsse vom 16. Mai 2002 und vom 23. Juni 2004, jeweils a.a.O. m.w.N.; ebenso auch: Urteil vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 12.92 - BVerwGE 95, 86 <92> = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 31 S. 6 f.).

34 Hiernach liegen die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG nicht vor. Insbesondere ist keine neue Sach- oder Rechtslage zugunsten des Antragstellers eingetreten. Auf die am 25. April 2012 erteilten Genehmigungen von Sonderurlaub mit Bezügen, Erholungsurlaub und Dienstzeitausgleich im strittigen Zeitraum vom 28. März 2011 bis zum 23. April 2011 kann sich der Antragsteller insoweit nicht berufen, weil diese Genehmigungen des Disziplinarvorgesetzten im Wege des dienstaufsichtlichen Einschreitens des Bundesministeriums der Verteidigung am 6. September 2013 durch das ...regiment ... aufgehoben worden sind und deshalb keine Rechtswirkungen mehr entfalten.

35 Die Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Entscheidung des Personalamts vom 18. April 2011 erweist sich auch nicht als schlechthin unerträglich, sodass auch nicht aus diesem Grund ein Wiederaufgreifen im Sinne der Reduzierung pflichtgemäßen Ermessens geboten gewesen wäre.

36 Die Bewilligung von Betreuungsurlaub ohne Geld- und Sachbezüge im Bescheid vom 18. April 2011 zur Betreuung seines pflegebedürftigen Vaters, den der Antragsteller ausdrücklich und ohne Formulierung eines Vorbehalts beantragt hat, entspricht der gesetzgeberischen Konzeption des § 28 Abs. 5 SG. Diese Norm stellt für längerfristig notwendige Betreuungssituationen eine lex specialis gegenüber den sonstigen Regelungen über Sonderurlaub dar. In diesen Fällen ist aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung in Kauf zu nehmen, dass die Gewährung dieser Urlaubsform unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge erfolgt.

37 Die ermessensregelnden Bestimmungen in Teil F 511 der ZDv 14/5 zur Ausfüllung der Sonderurlaubsbestimmungen gemäß § 28 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 SG in Verbindung mit § 9 der Verordnung über den Urlaub der Soldatinnen und Soldaten ermöglichen im Übrigen ebenfalls nicht die Genehmigung eines Sonderurlaubs unter Belassung der Geld- und Sachbezüge in dem vom Antragsteller gewünschten Umfang; vielmehr dokumentieren sie in Nr. 80 Abs. 3 ZDv 14/5 Teil F 511, dass schwere Erkrankungen eines (im Haushalt des Soldaten lebenden) Angehörigen nur im Umfang von einem Arbeitstag im Urlaubsjahr zur Bewilligung von Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge führen sollen.

38 Schließlich ist aus dem Inhalt der vorgelegten Akten nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nichts dazu vorgetragen, dass der Wegfall der Geld- und Sachbezüge für den in Rede stehenden Zeitraum bei ihm zu einem unerträglichen finanziellen oder wirtschaftlichen Engpass geführt hätte.