Beschluss vom 11.08.2005 -
BVerwG 1 B 1.05ECLI:DE:BVerwG:2005:110805B1B1.05.0

Beschluss

BVerwG 1 B 1.05

  • Niedersächsisches OVG - 31.08.2004 - AZ: OVG 13 LB 2296/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. August 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2004 wird verworfen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZVO).

2 Die allein auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

4 Die Beschwerdeführer machen geltend, "aufgrund der Sonderlage für Juden aus der ehemaligen Sowjetunion habe die deutsche Regierung dauerhaft anerkennen lassen, dass man von einer Durchsetzung ihrer grundsätzlich bestehenden Ausreiseverpflichtung absehen werde". Entgegen der im Berufungsurteil vertretenen Auffassung und entgegen dem Wortlaut der Ziff. 8 des Runderlasses des Niedersächsischen Ministers des Innern vom 7. Juni 2004 über die Aufnahme jüdischer Emigrantinnen und Emigranten aus der ehemaligen UdSSR (Nds. MBl. 2004, S. 454) beinhalte diese Anordnung eine "Sonderbehandlung für Personen jüdischer Herkunft im Bundesgebiet, die außerhalb des geregelten Aufnahmeverfahrens eingereist" seien. Der Erlass sehe nämlich in Ziff. 8.1 - unabhängig von den allgemeinen ausländerrechtlichen Kriterien für die Aussetzung der Abschiebung - vor, "den weiteren Aufenthalt zu dulden, gleich, ob die Abschiebung durchsetzbar wäre oder nicht". Daher gälten für Personen jüdischer Abstammung besondere Regeln, welche diesen, auch wenn sie außerhalb des geregelten Aufnahmeverfahrens eingereist seien, "eine Verheißung auf eine - wenn auch verzögernde - Festigung ihres Aufenthalts in Deutschland" versprächen.

5 Damit und mit ihren weiteren Ausführungen wendet sich die Beschwerde in der Art einer Berufungsbegründung gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende rechtliche und tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts in dem angefochtenen Urteil, ohne eine in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage zu formulieren. Damit kann sie die Zulassung der Revision nicht erreichen. Darüber hinaus zeigt die Beschwerde nicht - wie erforderlich - auf, dass die in Ziff. 8.1 des Runderlasses vom 7. Juni 2004 getroffene Regelung, auf die sie maßgeblich abstellt, zu den gemäß § 137 Abs. 1 VwGO revisiblen Rechtsvorschriften gehört und damit in einem Revisionsverfahren der Auslegung und Anwendung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. auch Beschluss vom 14. März 1997 - BVerwG 1 B 66.97 - NVwZ-RR 1997, 568 = Buchholz 402.240 § 32 AuslG Nr. 3). Sie befasst sich weder mit der Frage, weshalb dieser Regelung Normqualität zukommen sollte, noch inwiefern es sich gegebenenfalls nicht um Landesrecht, sondern um Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO handeln sollte.

6 Unabhängig hiervon macht die Beschwerde auch nicht ersichtlich, dass die angesprochene Problematik in einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein könnte. Sie befasst sich namentlich nicht mit der Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage die von ihr behauptete "Festigung" des Aufenthalts eintreten könnte und setzt sich nicht mit den diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts (vgl. UA S. 9 f.) auseinander.

7 Ohne Erfolg macht die Beschwerde weiter geltend, nach Außer-Kraft-Treten des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge am 31. Dezember 2004 (vgl. Art. 15 Abs. 3 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I S. 1950) gelte das ganze Aufnahmeverfahren für den in Rede stehenden Personenkreis nicht mehr. Diese Beschwerdeführer müssten "tatsächlich damit rechnen, entgegen den bisherigen Verheißungen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ausgesetzt zu sein". Unabhängig davon, ob Letzteres zutrifft (vgl. BTDrucks 15/420 S. 77 f. zu § 23 Abs. 2 AufenthG), war diese Problematik jedenfalls für das Berufungsgericht nicht entscheidungserheblich und kann schon deshalb nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen (vgl. Beschluss vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - NJW 2005, 2170 - nur Leitsatz -).

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 GKG.