Beschluss vom 10.08.2004 -
BVerwG 4 B 43.04ECLI:DE:BVerwG:2004:100804B4B43.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.08.2004 - 4 B 43.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:100804B4B43.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 43.04

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 30.03.2004 - AZ: OVG 20 D 128/00.AK

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. März 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 564,59 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerin beimisst.
1. Mit den Fragen, "ob die Vermeidung von Neubelastungen zulässig ist, obwohl dies zwangsläufig zu Mehrbelastungen eines bereits belasteten Gebietes führt, und ob eine Neubelastung auch dann vorliegt, wenn eine belastete Streckenfestlegung zwar normiert, aber tatsächlich nicht beflogen wurde", möchte die Beschwerde ungeachtet des Zuschnitts der Fragen auf die Besonderheiten des Einzelfalles die Kriterien klären lassen, nach denen das Luftfahrt-Bundesamt den Fluglärm zwischen betroffenen Gemeinden zu verteilen hat. Da sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - (zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen) hierzu inzwischen geäußert hat, bedarf es der Durchführung des angestrebten Revisionsverfahrens nicht. Der Gesetzgeber begnügt sich in § 29b Abs. 2 LuftVG mit der allgemeinen Direktive an die Luftfahrtbehörden, zu denen auch das Luftfahrt-Bundesamt in seiner Eigenschaft als oberste Bundesbehörde gehört, auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken. Ansonsten enthält er sich normativer Vorgaben. Namentlich überlässt er dem Luftfahrt-Bundesamt die Wahl zwischen verschiedenen Alternativen zur Bewältigung der Lärmproblematik. Das Luftfahrt-Bundesamt hat nach Maßgabe der Erfordernisse der Flugsicherheit zu beurteilen, ob die Flugbewegungen eher gebündelt oder gestreut werden und die Lärmbelastung nach Art eines großräumigen Lastenausgleichs aufgeteilt werden oder bestimmte Gebiete möglichst verschont bleiben sollen. Ebenso ist seiner Entscheidung vorbehalten, ob bei der Bewertung der Belange stärker auf das Ausmaß der Betroffenheit oder die Zahl der betroffenen Bewohner abgestellt werden soll. Mehr ist verallgemeinernd nicht zu sagen.
2. Die Frage, "ob bei Streckenfestlegungen auch Fluglärmgesichtspunkte additiv zu berücksichtigen sind, die unterschiedliche Teile desselben Stadtgebiets betreffen", wird von der Beschwerde an die Feststellung des Erstgerichts angeknüpft, die Festlegung der umstrittenen Abflugverfahren führe nicht deshalb zu einer unzumutbaren Belastung der Klägerin, weil ihr Stadtteil K. zusätzlich durch eine erhebliche Anzahl von Anflügen belastet sei. Die Frage nötigt ebenfalls nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Es versteht sich von selbst, dass eine Lärmbelastung, die für sich genommen zumutbar ist, die Grenze des Zumutbaren nur überschreiten kann, wenn der Einwirkungsort zusätzlichem Lärm aus einer anderen Quelle ausgesetzt ist. Ein "Summationseffekt" durch An- und Abfluglärm tritt vorliegend jedoch nicht ein, weil nach den erstinstanzlichen Feststellungen, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO mangels Verfahrensrügen gebunden ist, die anfliegenden und die abfliegenden Flugzeuge verschiedene Gebiete des Stadtteils K. verlärmen. Dem Befund des Erstgerichts, die Gebiete lägen soweit auseinander, dass völlig gesonderte Betroffenheiten vorlägen, ist zu entnehmen, dass es keine Bereiche gibt, die sowohl von An- als auch von Abfluglärm betroffen sind.
Die Revision wäre auch dann nicht zuzulassen, wenn die Beschwerde geklärt wissen wollte, ob eine Gemeinde die Belastung ihres Gebietes mit einem Abflugverfahren unter Hinweis auf eine bereits bestehende Belastung mit einem Anflugverfahren abwehren kann. Dem Erstgericht ist ohne weiteres darin beizupflichten, dass einer Gemeinde zum Ausgleich für lagebedingte Nachteile keine Lärmminderungen an anderer Stelle zugestanden werden müssen. Die Beklagte weist in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend darauf hin, dass sich die Frage, ob eine Gemeinde in ihren Rechten aus Art. 28 Abs. 2 GG oder § 903 ff. BGB beeinträchtigt wird, nur nach der tatsächlichen räumlichen Betroffenheit einzelner Stadtteile, nicht jedoch durch eine Addition der Belastungen unterschiedlicher Gemeindegebiete beantworten lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 72 Nr. 1 GKG n.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.