Verfahrensinformation

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Fragen, welchen Anforderungen die Prognoseentscheidung eines Dienstherrn über die gesundheitliche Eignung einer Probebeamtin genügen muss und inwieweit die Gerichte diese überprüfen können. Die 1997 zur Beamtin auf Probe ernannte Klägerin befand sich von 1999 bis Februar 2005 in Mutterschutz, Erziehungsurlaub und Elternzeit. Anschließend war die Klägerin bis Januar 2007 krankgeschrieben. Die Beklagte verlängerte die Probezeit der Klägerin mehrfach, zuletzt bis September 2007. Im Oktober 2007 entließ die Beklagte die Klägerin mit Ablauf des Jahres 2007 wegen mangelnder Bewährung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Zeit, in der die Klägerin Dienst versehen habe, habe nicht ausgereicht, um ihre gesundheitliche Eignung hinreichend sicher festzustellen. Das Verwaltungsgericht hat die Entlassungsverfügung aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit zu ernennen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage demgegenüber nach Einholung zweier medizinischer Sachverständigengutachten abgewiesen. Die prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu 26 Monate ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Die beiden Diagnosen - zum einen mehrere Bandscheibenerkrankungen und zum anderen das damit zusammenhängende chronifizierte Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert - schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.


Pressemitteilung Nr. 76/2013 vom 30.10.2013

Gesundheitliche Eignung von Probebeamten

Eine Beamtin auf Probe, die ihre Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit anstrebt, ist gesundheitlich nicht nur dann ungeeignet, wenn ihre vorzeitige Pensionierung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich ist. Ihr fehlt die zum Abschluss der Probezeit erforderliche gesundheitliche Eignung auch dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Annahme rechtfertigen, sie werde bis zur Pensionierung häufige und erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweisen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Damit hat es im Anschluss an Urteile vom 25. Juli 2013 den zugunsten der Bewerber abgesenkten generellen Prognosemaßstab auch auf solche chronischen Erkrankungen angewendet, die zwar nicht zur vorzeitigen Zurruhesetzung führen, wohl aber regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten zur Folge haben.


Die im Dezember 1997 zur Beamtin auf Probe ernannte Klägerin befand sich von Anfang 1999 bis Februar 2005 wegen ihrer beiden Kinder im Mutterschutz, Erziehungsurlaub und anschließend in der Elternzeit. Von Februar 2005 bis Ende 2006 war die Klägerin infolge von Bandscheibenerkrankungen dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf wurde ihre Probezeit bis Ende September 2007 verlängert. Im Januar 2007 leistete die Klägerin teilweise Dienst, ab April 2007 in Vollzeit. Mit der Begründung, die Klägerin sei gesundheitlich ungeeignet, entließ die Behörde die Klägerin.


Das Oberverwaltungsgericht hat die Entlassungsverfügung der Behörde aufgrund einer eigenen Beweisaufnahme bestätigt. Die prognostische Einschätzung der Behörde hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Klägerin sei nicht zu beanstanden. Die Bandscheibenerkrankungen der Klägerin sowie das damit zusammenhängende chronifizierte Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert stünden einer positiven gesundheitlichen Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit entgegen.


Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die Revision der Klägerin das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird insbesondere erneut darüber zu entscheiden haben, ob die Klägerin nach dem neuen Prognosemaßstab zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit gesundheitlich ungeeignet war. Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung steht der Verwaltung - anders als bei der Beurteilung der fachlichen Eignung - kein nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Leidet eine Beamtin an einer chronischen Erkrankung und ist damit zu rechnen, sie werde über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen, so schließen diese Ausfallzeiten die gesundheitliche Eignung erst aus, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass sie deswegen eine erheblich geringere Lebensdienstzeit leisten wird.


BVerwG 2 C 16.12 - Urteil vom 30. Oktober 2013

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 6 B 20.09 - Urteil vom 05. September 2011 -

VG Berlin, 7 A 147.08 - Urteil vom 29. Juni 2009 -


Beschluss vom 10.06.2009 -
BVerwG 6 B 20.09ECLI:DE:BVerwG:2009:100609B6B20.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.06.2009 - 6 B 20.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:100609B6B20.09.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 20.09

  • Niedersächsisches OVG - 08.01.2009 - AZ: OVG 4 LB 693/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Graulich
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 579,74 € festgesetzt.

Gründe

1 Die allein auf die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seiner Klage durch das Oberverwaltungsgericht, mit der er die Aufhebung eines Gebührenbescheides des Beklagten für die Bereithaltung eines Rundfunkempfangsgerätes in einem landwirtschaftlich genutzten Schlepper in der Zeit vom Mai 1989 bis Dezember 2000 begehrt hat. Er ist der Ansicht, die entsprechende Gebührenforderung des Beklagten in Höhe von 579,74 € sei verjährt, und diese Einrede könne auch nicht mit dem Hinweis auf unzulässige Rechtsausübung abgewehrt werden. Es gehe allein um die Rechtsfrage, ob jemand, der - ohne Kenntnis einer entsprechenden Verpflichtung - Rundfunkgebühren, zu deren Leistung er objektiv verpflichtet gewesen wäre, nicht entrichtet hat, bei einer späteren Inanspruchnahme die Einrede der Verjährung erheben könne oder aber ob dies eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. Im Rahmen der Frage nach dem Vorliegen einer unzulässigen Rechtsausübung sei insbesondere zu klären, inwieweit eine solche ein „subjektives Element“ aufweisen müsse, d.h. ob auch eine Kenntnis des - objektiven - Gebührenschuldners von seiner Zahlungs-/ Anzeigepflicht bestehen müsse.

3 Dieses Vorbringen kann die Grundsatzrüge nicht tragen, denn die Frage, ob einem Rundfunkteilnehmer, der sich auf die Verjährung der Gebührenschuld beruft, der Einwand unzulässiger Rechtsausübung schon wegen des bloßen Unterlassens der in § 3 Abs. 1 RGebStV vorgeschriebenen Anzeige oder nur bei einem über dieses Unterlassen hinausgehenden aktiven Tun entgegengehalten werden kann, berührt im vorliegenden Rechtsstreit noch irrevisibles Landesrecht. Die Bestimmungen dieses Staatsvertrags wurden erst durch § 10 RGebStV i.d.F. des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags für revisibel erklärt (s. Gesetz vom 26. Januar 2007, Nds. GVBl S. 54). Die Revisibilität gilt noch nicht für das Staatsvertragsrecht, das für die hier umstrittene Rundfunkgebührenpflicht hinsichtlich eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraums maßgeblich ist. Denn unter den in § 10 RGebStV nunmehr als revisibel bezeichneten „Bestimmungen dieses Staatsvertrags“ sind die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags in der Fassung zu verstehen, die dieser durch Art. 7 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags erhalten hat, nicht hingegen das - hier noch maßgebliche - bisherige Gebührenstaatsvertragsrecht (vgl. Beschlüsse vom 5. April 2007 - BVerwG 6 B 15.07 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 42 Rn. 4 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - NVwZ-RR 2008, 704 Rn. 4).

4 An dieser Einordnung ändert sich auch insoweit nichts, als das Berufungsgericht ergänzend auf bundesrechtliche Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch zurückgegriffen hat. Soweit Landesrecht auf bundesrechtliche Regelungen Bezug nimmt, erlangen auch die so rezipierten Bestimmungen den Charakter nicht revisiblen Landesrechts, da das für anwendbar erklärte Bundesrecht nicht aus sich heraus, sondern kraft normativer Entscheidung des Landesgesetzgebers gilt (Urteile vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 64.89 - BVerwGE 91, 77 <81> = Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 173 S. 22 und vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 3).

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.