Beschluss vom 10.06.2004 -
BVerwG 3 B 10.04ECLI:DE:BVerwG:2004:100604B3B10.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.06.2004 - 3 B 10.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:100604B3B10.04.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 10.04

  • OVG Rheinland-Pfalz - 04.11.2003 - AZ: OVG 7 A 10959/03.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juni 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. November 2003 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist unzulässig. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) werden nicht schlüssig dargelegt, obwohl dies geboten gewesen wäre (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Die zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung in der maßgeblichen Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) dahin ausgelegt, dass der Beklagte dem Kläger die Verwendung von Etiketten untersagt hat, die denjenigen entsprechen, die der Kläger mit Schreiben vom 20. Februar 2001 als Muster dem Chemischen Untersuchungsamt Speyer eingereicht hatte (UA S. 10). Der Kläger rügt insofern, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO nicht aufgeklärt, welche Etiketten er bei der Vermarktung seiner Weine tatsächlich verwende. Er legt indes nicht dar, inwiefern zu einer derartigen Aufklärung Anlass bestanden haben soll. Namentlich behauptet er nicht, dass die angefochtene Verfügung deshalb ins Leere gehe, weil er Etiketten nach Art der von ihm selbst mit Schreiben vom 20. Februar 2001 vorgelegten Muster tatsächlich überhaupt nicht verwende und dies auch nicht beabsichtige. Im Gegenteil hat er im Widerspruchsverfahren ausdrücklich hervorgehoben, dass er zwischenzeitlich Etiketten nach dem vorgelegten Muster verwende (Schriftsatz vom 3. September 2001, Bl. 28 - 30 der Verwaltungsakte). Dies diente im Übrigen der Versicherung, dass er die zuvor verwendeten Etiketten nicht länger in den Verkehr bringe. Diese älteren Etiketten glichen den späteren, enthielten jedoch zu der vorliegend beanstandeten Bezeichnung "Kaiserstuhl" noch nicht den abschwächenden Zusatz "Weingut" bzw. "Weinhaus" (vgl. die Anlage zum Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Freiburg vom 5. Oktober 2000, Bl. 5 - 7 der Verwaltungsakte) und waren aus Sicht des Beklagten daher erst recht zu beanstanden.
b) Des weiteren sieht der Kläger darin einen Verstoß gegen Denkgesetze, dass das Berufungsgericht das Verwendungsverbot als Dauerverwaltungsakt angesehen hat, die Gestattung, bereits etikettierte Flaschen noch binnen einer Frist auf den Markt zu bringen, jedoch nicht. Das kann der Senat nicht nachvollziehen. Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob in der nachgelassenen "Aufbrauchfrist" ein Dauerverwaltungsakt zu sehen sei, nicht Stellung genommen. Sie stellte sich auch gar nicht. Ist hiernach schon unklar, was der Kläger meint, so lässt sich auch nicht erkennen, inwiefern in dem behaupteten Verstoß gegen Denkgesetze ein Verfahrensmangel - etwa eine Verletzung von § 108 Abs. 1 VwGO - zu sehen sein sollte.
Die weiteren Ausführungen lassen vermuten, dass sich der Kläger in Wahrheit dagegen wendet, dass das Berufungsgericht seinen Angriff gegen die "Aufbrauchfrist" als unzulässig, weil durch deren Ablauf erledigt gewürdigt hat (UA S. 9). Richtig ist, dass der Kläger ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils bemängelt hatte, die "Aufbrauchfrist" sei zu kurz bemessen. Ein derartiger Vortrag erledigt sich noch nicht allein durch den Ablauf der zu kurzen Frist; Erledigung tritt hier vielmehr nur dann ein, wenn dem Betroffenen innerhalb dieser Frist - oder doch hernach, aber ohne Beanstandung durch die Behörde - der Abverkauf seiner Restbestände auch gelungen ist. Zur schlüssigen Darlegung eines Verfahrensmangels hätte dann aber die Angabe gehört, dass der Kläger eine längere als die gewährte "Aufbrauchfrist" benötigt hätte, weil ihm der Verkauf der im Zeitpunkt des Verwendungsverbotes bereits etikettierten Flaschen in der gewährten Frist nicht gelungen sei. Daran fehlt es.
2. Auch die Grundsatzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind unzulässig. Hierzu hätte es der Bezeichnung einer Rechtsfrage, die sich dem Berufungsgericht entscheidungserheblich gestellt hat, und der näheren Darlegung bedurft, inwiefern diese Rechtsfrage der - ggfs. erneuten oder weiteren - Klärung bedarf, inwiefern die Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist und inwiefern dies zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beitragen wird. Das leistet der Kläger nicht. Er bezeichnet zwar mehrere Fragen, lässt jedoch die erforderlichen näheren Ausführungen zum Klärungsbedarf oder zur Klärungserwartung vermissen. Im Einzelnen:
a) Der Kläger ist Inhaber eines Weingutes und einer Weinkellerei im Anbaugebiet Pfalz. Der Betriebssitz befindet sich in einer Weinbergslage, die bis 1995 die Bezeichnung "Kaiserstuhl" führte. Der Betrieb ist nach wie vor mit der Firma "Weingut Kaiserstuhl" im Handelsregister eingetragen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger diese handelsrechtliche Firma seines Betriebes führen dürfe und dass ihm daher auch weinrechtlich die Führung dieser Bezeichnung im Rahmen der Erzeuger- bzw. Abfüllerangabe auf seinen Flaschenetiketten nicht untersagt werden dürfe. Es hat die angefochtene Verfügung jedoch dahin ausgelegt, dass die in Rede stehenden Etiketten nicht wegen der Erzeuger- bzw. Abfüllerangabe, sondern wegen der von dieser inhaltlich und gestalterisch abgesetzten, zusätzlichen und obendrein blickfangartig hervorgehobenen Verwendung der Bezeichnung "Kaiserstuhl" beanstandet worden seien. Es hat dies als rechtmäßig angesehen, weil die derartige Verwendung der Bezeichnung "Kaiserstuhl" - auch mit dem kleiner gehaltenen Zusatz "Weinhaus" oder "Weingut" - wegen der Verwechslungsgefahr mit dem gleichnamigen Weinbaubereich im Anbaugebiet Baden gegen das in § 25 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 WeinG, Art. 48 VO (EG) Nr. 1493/1999 und Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 753/2002 enthaltenen Irreführungsverbot verstoße.
In diesem Zusammenhang wirft der Kläger die Frage auf, ob die Weiterverwendung einer - zu ergänzen ist: ehemaligen - Lagebezeichnung in hervorgehobener Form auf den Etiketten verboten werden kann, wenn sie langjährig - nach seinen Angaben 70 Jahre lang - geführt wurde, weiterhin Bestandteil der handelsrechtlichen Firma des Betriebs und außerdem weiterhin geographisch verankert ist (Katastername, Straßenname). Der Kläger legt indessen nicht dar, inwiefern diese Frage der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Namentlich fehlt es an jeglichen Ausführungen dazu, aus welchem rechtlichen Grund die Frage verneint werden sollte. Hierzu bestand aber aller Anlass. Wäre sie nämlich zu verneinen, so dürfte der Gesetzgeber niemals Lagebezeichnungen ändern oder aufheben, um die Verwechslungsgefahr mit gleich- oder ähnlichlautenden Bezeichnungen anderer Lagen zu beseitigen. Schon diese einfache Überlegung zeigt, dass die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage der näheren Erläuterung bedurft hätte.
Sein eigentliches Anliegen macht der Kläger mit der weiteren Frage deutlich, ob die Weiterverwendung einer ausgelaufenen Lagebezeichnung aus Gründen des gebotenen Bestandsschutzes und der Verhältnismäßigkeit nicht wenigstens noch für eine Übergangszeit gestattet werden müsse. Er legt indessen nicht dar, inwiefern eine Klärung dieser Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten wäre. Schon das Berufungsgericht ist auf die Frage nicht eingegangen. Hierzu bestand auch kein Anlass. Die ehemalige Lagebezeichnung "Kaiserstuhl", die der Kläger fortführen möchte, ist 1995 aufgehoben worden. Die angefochtenen Bescheide datieren vom 19. Juli 2001 und vom 22. März 2002. Dem Kläger hat also ohnehin bereits eine Übergangszeit von über sechs Jahren zugestanden. Ohne nähere Darlegung ist nicht erkennbar, inwiefern sich aus den rechtlichen Gesichtspunkten des Bestandsschutzes oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben sollte, dass eine längere Übergangszeit geboten gewesen wäre, und welche.
Schließlich hält der Kläger die Frage für klärungsbedürftig, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem Übergang vom Verbots- zum Missbrauchsprinzip im europäischen Weinbezeichnungsrecht zukommt, der mit dem Erlass der Verordnung (EG) Nr. 1493/99 vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl Nr. L 179/1) verbunden war (S. 13 des Schriftsatzes zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde), bzw. inwieweit mit dem Übergang vom Verbots- zum Missbrauchsprinzip eine Lockerung der Bezeichnungsvorschriften auch mit Wirkung für das vorliegende Problem zu sehen sei (S. 14). Er legt indes nicht dar, welchen Einfluss der Übergang vom Verbots- zum Missbrauchsprinzip auf das - vorher wie nachher gültige - Irreführungsverbot haben soll (vgl. auch Beschluss vom 27. März 2003 - BVerwG 3 B 62.02 - Buchholz 418.72 WeinG Nr. 28 = ZLR 2003, S. 448 m.Anm. Koch S. 458).
b) Das Berufungsgericht hat die Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Verbotsverfügung im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz gefunden. Der Kläger hält auch das für falsch. In diesem Zusammenhang wirft er sinngemäß die Frage auf, ob sich aus § 31 Abs. 1 WeinG ergibt, dass das Landesrecht weitere als die dort bundesrechtlich geregelten Eingriffsbefugnisse nicht vorsehen dürfe. Er legt jedoch nicht näher dar, weshalb § 31 Abs. 1 WeinG eine derartige Sperrwirkung entfalten sollte. § 31 Abs. 1 WeinG regelt - parallel zu den §§ 40 ff. LMBG, auf die § 31 Abs. 7 WeinG ergänzend verweist - lediglich besondere Eingriffsbefugnisse im Zusammenhang mit der Überwachung, schweigt hingegen über die allgemeine Eingriffsbefugnis der zuständigen Landesbehörden angesichts von Rechtsverstößen. Die von Art. 83 GG vorgezeichnete Folge ist, dass insofern die Länder zur Regelung befugt sind. Weshalb sich aus § 31 WeinG ausnahmsweise anderes ergeben sollte, ist ohne nähere Darlegung nicht erfindlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.