Beschluss vom 09.04.2002 -
BVerwG 7 B 40.02ECLI:DE:BVerwG:2002:090402B7B40.02.0

Beschluss

BVerwG 7 B 40.02

  • VG Berlin - 13.12.2001 - AZ: VG 22 A 7.98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. April 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Dr. F r a n ß e n und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Klägerin macht vermögensrechtliche Ansprüche auf Grundstücke geltend, die Gegenstand eines im April 1936 geschlossenen notariellen Grundstücksveräußerungsvertrags waren. Darin veräußerten die in Wien lebenden Eigentümer jüdischer Herkunft sechs Berliner Grundstücke zum Kaufpreis von 248 000 RM an den österreichischen Rechtsvorgänger der Klägerin, der die auf den Grundstücken lastenden Hypotheken in Höhe von 185 000 GM übernahm und sich wegen des Restkaufpreises verpflichtete, den Eigentümern zwei Grundstücke in Wien zu übereignen. Die Berliner Grundstücke wurden ab 1968 in Volkseigentum überführt. Der Beklagte lehnte den Rückübertragungsantrag der Klägerin ab, übertrug der Beigeladenen zu 2 das Eigentum an fünf Grundstücken und stellte im Übrigen deren Entschädigungsberechtigung fest. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen, weil die Klägerin die Vermutung, dass die Berliner Grundstücke verfolgungsbedingt veräußert worden seien, nicht widerlegt habe.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Das angegriffene Urteil beruht weder auf den geltend gemachten Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), noch hat die Sache die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Da das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt ist, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn gegen jede seiner Begründungen ein Zulassungsgrund durchgreift. Das ist jedenfalls in Bezug auf die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe die in § 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 REAO aufgestellte Vermutung des verfolgungsbedingten Vermögensverlusts nicht durch den Beweis widerlegt, dass die Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten haben (Art. 3 Abs. 2 REAO), nicht der Fall.
Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge ist unbegründet. Soweit die Beschwerde die Ermittlung des angemessenen Kaufpreises und des Werts der Gegenleistungen als rechtsfehlerhaft beanstandet, weil das Verwaltungsgericht die Gleichwertigkeit der vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen verkannt habe, wendet sie sich gegen die dem materiellen Recht zugeordnete Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz; mit derartigen Angriffen lässt sich eine Verfahrensrüge nicht begründen. Abgesehen davon ist die Ansicht der Beschwerde, der Wert der beiden Wiener Grundstücke habe um 33 % höher veranschlagt werden müssen, spekulativ; demgegenüber spricht für die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, der Verkehrswert dieser Grundstücke habe entsprechend der im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung insgesamt 170 000 öS betragen, angesichts des ebenfalls im Kaufvertrag bestimmten gleichen Werts der beiden Grundstücke untereinander auch die verfahrensfehlerfrei festgestellte Tatsache, dass das eine Grundstück zeitnah zum Kaufpreis von 85 000 öS weiterveräußert wurde. Bereits aus diesem Grund musste sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens nicht aufdrängen. Ebenso durfte das Verwaltungsgericht von einer Vernehmung des Herrn Eric B. zur Frage der Angemessenheit des Kaufpreises absehen; von dessen Aussage waren hierzu schon deshalb keine brauchbaren Ergebnisse zu erwarten, weil er in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 16. November 2001 angegeben hatte, dass er "wenig von den technischen Bedingungen, wie genau der Wert der ausgetauschten Immobilien bestimmt werden kann, um den Beweis der Gleichwertigkeit zu bestehen", verstehe.
Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde aufgeworfene Frage der "Wertäquivalenz von Tauschverträgen mit Auslandsberührung aus dem Zeitraum 1933 bis 1945" rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Soweit die Frage der Angemessenheit der Gegenleistung bei einem gemischten Grundstücks-Kauf- und Tauschvertrag einer fallübergreifenden Beurteilung zugänglich ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das Merkmal des "angemessenen Kaufpreises" als gleichwertige Gegenleistung zu verstehen ist, die auch in der Übereignung von Sachwerten bestehen kann (Urteil vom 16. Dezember 1998 - BVerwG 8 C 14.98 - BVerwGE 108, 157 <166> m.w.N.). Die Beschwerde legt nicht dar, welche weiteren Erkenntnisse von grundsätzlicher Bedeutung ein Revisionsverfahren zu der aufgeworfenen Frage erbringen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.