Beschluss vom 06.11.2007 -
BVerwG 7 B 40.07ECLI:DE:BVerwG:2007:061107B7B40.07.0

Beschluss

BVerwG 7 B 40.07

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 21.03.2007 - AZ: OVG 3 L 159/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. November 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger zu 2 wendet sich gegen einen Bescheid, durch den die Beklagte ein Vorkaufsrecht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (DSchG-MV) in der hier anzuwendenden Fassung vom 6. Januar 1998 (GVOBl. S. 13) ausgeübt hat.

2 Die Klägerin zu 1 veräußerte durch notariellen Kaufvertrag vom 17. Dezember 1996 ein Grundstück an den Kläger zu 2. Mit Schreiben vom 7. März 1997, eingegangen bei der Gemeinde Niepars am 10. März 1997, fragte der Notar an, ob ein gesetzliches Vorkaufsrecht bestehe und ausgeübt werde. Durch Eilentscheidung vom 20. März 1997 beschloss der Haupt- und Finanzausschuss der Gemeindevertretung der Gemeinde Niepars die Ausübung des Vorkaufsrechts. Durch Bescheid vom 30. April 1997 übte das beklagte Amt für die Gemeinde Niepars das Vorkaufsrecht aus. Unter dem 21. Mai 1997 genehmigte die Gemeindevertretung der Gemeinde Niepars den Beschluss ihres Haupt- und Finanzausschusses vom 20. März 1997.

3 Auf die Klage des Klägers zu 2 hat das Oberverwaltungsgericht im Berufungsrechtszug den Bescheid des beklagten Amtes über die Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben und zur Begründung im Kern angeführt: Die Gemeinde habe ihr Vorkaufsrecht nicht rechtmäßig innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages ausgeübt. Über die Ausübung des Vorkaufsrechtes hätte die Gemeindevertretung beschließen müssen. Die Voraussetzungen für eine Eilentscheidung des Haupt- und Finanzausschusses der Gemeindevertretung hätten nicht vorgelegen. Die Genehmigung der Eilentscheidung durch die Gemeindevertretung habe den Mangel nicht mehr heilen können, weil der Beschluss der Gemeindevertretung erst nach Ablauf der Ausschlussfrist für die Ausübung des Vorkaufrechtes getroffen worden sei. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufrechtes sei eine Ausschlussfrist, innerhalb derer sämtliche für die Ausübung des Vorkaufrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssten. Das gelte insbesondere für etwa erforderliche Genehmigungen. Nach Ablauf der Frist sei die rückwirkende Genehmigung einer Erklärung über die Ausübung des Vorkaufrechts nicht mehr möglich.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II

5 Der Senat kann offen lassen, ob die Beklagte ihre Beschwerde innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet hat oder ob die Beschwerde mangels fristgerechter Begründung unzulässig ist. Der Beschwerde muss unabhängig davon der Erfolg versagt bleiben. Die Revision kann nicht wegen einer allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Die Beklagte wirft mit ihrer Beschwerde nur eine Frage auf, deren Beantwortung sich nach Landesrecht richtet. Fragen des Landesrecht können indes im Revisionsverfahren nicht geklärt werden (§ 137 Abs. 1 VwGO). Soweit Fragen des Landesrechts inmitten stehen, wäre der Senat vielmehr in dem angestrebten Revisionsverfahren an die Auslegung dieser Vorschriften durch das Berufungsgericht gebunden (§ 173 VwGO, § 560 ZPO).

6 Die Beklagte möchte die Frage geklärt haben,
ob zur Wahrung einer Ausschlussfrist ein in jeder Hinsicht rechtmäßiger Verwaltungsakt erforderlich ist oder ob sich nicht vielmehr aus dem Umstand, dass auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt wirksam ist, solange er nicht nichtig ist, ergibt, dass eine Ausschlussfrist auch durch einen wirksamen, wenngleich anfechtbaren Verwaltungsakt gewahrt wird und daher eine Heilung des zur Rechtswidrigkeit führenden Fehlers auch nach Ablauf der Ausschlussfrist möglich ist.

7 Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für die Beantwortung dieser Frage nicht auf den nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen § 43 VwVfG-MV an. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil nicht in Zweifel gezogen, dass der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts trotz seiner Rechtswidrigkeit wirksam war. Dass dieser Verwaltungsakt trotz seiner Fehlerhaftigkeit wirksam war, sagt nichts darüber aus, ob der ihm anhaftende Mangel noch nach Ablauf der Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts geheilt werden konnte, mit der Folge, dass er auf die Klage des betroffenen Klägers nicht mehr wegen des ihm ursprünglich anhaftenden Mangels hätte aufgehoben werden dürfen. Ob eine solche Heilung nach Ablauf der Frist möglich und die Aufhebung des Bescheids deshalb ausgeschlossen war, richtet sich in erster Linie nach der insoweit einschlägigen materiellen Norm, hier nach § 22 DSchG-MV und damit nach irrevisiblen Landesrecht. Aus § 22 DSchG-MV ergibt sich, welche Anforderungen ein Bescheid erfüllen muss, damit er die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts wahrt. Ebenso ergibt sich aus § 22 DSchG-MV, ob die Ausübungsfrist als Ausschlussfrist ausgestaltet ist, die eine nachträgliche rückwirkende Heilung eines ursprünglich unterlaufenen Mangels nicht mehr zulässt. Auf die Rechtsprechung zu Ausschlussfristen in anderen Gesetzen, namentlich in den Denkmalschutzgesetzen anderer Bundesländer, kommt es nicht an.

8 Ebenso wenig kommt es darauf an, dass gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG eine Verletzung von Verfahrensvorschriften grundsätzlich unbeachtlich ist, wenn der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird. Denn diese Bestimmung hat nur verfahrensrechtliche Wirkung und lässt deshalb Vorschriften des materiellen Rechts (hier § 22 DSchG-MV), die eine Nachholung ausschließen, unberührt.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.