Beschluss vom 06.09.2007 -
BVerwG 1 WB 14.07ECLI:DE:BVerwG:2007:060907B1WB14.07.0

Leitsätze:

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Zum Beginn der Beschwerdefrist bei Nichtberücksichtigung eines Soldaten für einen angestrebten Dienstposten

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    BVerwG, Beschluss vom 06.09.2007 - 1 WB 14.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:060907B1WB14.07.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 14.07

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Major Falk und
die ehrenamtliche Richterin Oberfeldwebel Lageveen
am 6. September 2007 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der 1958 geborene Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid der ...dienststelle der Luftwaffe, mit dem sein Antrag auf Versetzung auf einen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten beim ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., abgelehnt worden ist. Der Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2011 enden wird. Zum Stabsfeldwebel wurde er am 3. März 1999 ernannt. Er ist ausgebildeter Flugbetriebsfeldwebel und wird seit dem 3. Juli 2006 auf einem nach Besoldungsgruppe A 09/07 bewerteten Dienstposten als Flugbetriebsfeldwebel und Datenverarbeitungsnutzer FGG 3 beim Stab Fliegende Gruppe ... in K. verwendet.

2 Mit Schreiben vom 16. Januar 2004 schlug das ...amt in Köln der ...stelle der Luftwaffe den Antragsteller für die zum 1. August 2006 vorgesehene Nachbesetzung des Oberstabsfeldwebel-Dienstpostens „Stabsdienstbearbeiter, Flugbetriebsfeldwebel und Flugberaterfeldwebel“ beim ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., Teileinheit/Zeile 020/005, vor. Die ...stelle der Luftwaffe teilte dem ...amt darauf mit Schreiben vom 27. Januar 2004 mit, dass der Antragsteller bei der Auswahlentscheidung mitbetrachtet werde.

3 Mit Lotus Notes-Nachricht vom 17. Oktober 2005 erklärte das ...amt der ...stelle der Luftwaffe, dass für den o.a. Dienstposten nach einer Umorganisation und teilweiser Änderung von Aufträgen in der Abteilung ein Nachfolger aus der Fachtätigkeit Flugberater benötigt werde. Der Verbandsvorschlag vom 19. (gemeint: 16.) Januar 2004 sei damit hinfällig. Um Berücksichtigung bei der Verwendungsentscheidung werde gebeten.

4 Am 20. Oktober 2005 wurde für den o.a. Dienstposten ein Soldat im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel ausgewählt, der über die militärfachliche Qualifikation als Flugberaterfeldwebel verfügt.

5 In einem Personalgespräch am 11. Mai 2006 teilte die ...stelle der Luftwaffe dem Antragsteller mit, dass über den von ihm angestrebten Dienstposten inzwischen entschieden sei. Es sei jedoch einem anderen, bereits im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel befindlichen Soldaten der Vorrang eingeräumt worden. Auf die Bitte des Antragstellers um Information, warum er bei der Nachbesetzung nicht zum Zuge gekommen sei, legte die ...stelle der Luftwaffe mit Lotus Notes-Nachricht vom 1. August 2006 dar, auf Betreiben des ...amtes sei eine STAN-Änderung erfolgt, aufgrund deren der Dienstposten nur noch mit einem Flugberaterfeldwebel zu besetzen sei. Da eine Besetzung des Dienstpostens mit dem Antragsteller mit Rücksicht auf dessen Vorverwendung nicht möglich sei, sei der Verbandsvorschlag durch das ...amt wieder zurückgezogen worden. Diese Lotus Notes-Nachricht wurde dem Antragsteller am 2. August 2006 eröffnet.

6 Mit Schreiben vom 8. August 2006 beantragte der Antragsteller seine „Einweisung“ auf den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Teileinheit/Zeile 020/005 beim ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., und die Beförderung zum Oberstabsfeldwebel. Diesen Antrag lehnte die ...stelle der Luftwaffe mit Bescheid vom 21. August 2006 mit der wesentlichen Begründung ab, dass über die Besetzung dieses Dienstpostens bereits am 20. Oktober 2005 entschieden worden sei. Der Dienstposten sehe entsprechend der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung eine Vorverwendung als Flugbetriebsfeldwebel oder als Flugberaterfeldwebel vor. Seitens des Bedarfsträgers ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., sei aufgrund des Aufgabenschwerpunktes die Besetzung mit einem Soldaten der Fachtätigkeit Flugberaterfeldwebel als erforderlich erachtet worden. Der aus dem Kreis der Flugberaterfeldwebel ausgewählte Soldat sei bereits mit Wirkung vom 1. August 2006 auf den Dienstposten versetzt worden.

7 Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 5. September 2006 eine truppendienstliche Beschwerde ein, die der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 zurückwies.

8 Dagegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 4. Januar 2007, den der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 23. April 2007 dem Senat vorgelegt hat.

9 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Gegen die Besetzung des von ihm angestrebten Dienstpostens zum 1. August 2006 mit einem anderen Soldaten habe er rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Im Personalgespräch am 11. Mai 2006 habe man ihm die Auswahl eines anderen Soldaten nicht eindeutig mitgeteilt. Vielmehr sei ihm durch den Verbandsvorschlag der Vorrang eingeräumt worden. Außerdem habe ihn am 16. Mai 2006 Oberstleutnant S. vom ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., fernmündlich gefragt, „ob er zur Verfügung stehe“. Damit sei für ihn zu der Zeit ein Beschwerdegrund nicht ersichtlich gewesen. Entgegen der Darstellung in der Lotus Notes-Nachricht vom 1. August 2006, die ihm am 2. August 2006 eröffnet worden sei, habe eine Änderung der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung nicht stattgefunden. Mehrere Unterlagen zum Auswahlverfahren seien in seiner Personalgrundakte nicht enthalten.

10 Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der ...stelle der Luftwaffe vom 21. August 2006 und des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 21. Dezember 2006 festzustellen, dass seine, des Antragstellers, unterlassene Versetzung auf den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten, Teileinheit/Zeile 020/005, beim ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., rechtswidrig war.

11 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

12 den Antrag zurückzuweisen.

13 Der Feststellungsantrag sei wegen Subsidiarität unzulässig, weil der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren auch noch nach der Besetzung des von ihm angestrebten Dienstpostens mit einem Verpflichtungsantrag hätte verfolgen können. Soweit er sich gegen die Besetzung dieses Dienstpostens zum 1. August 2006 mit einem anderen Soldaten wende, sei seine Beschwerde verfristet. Denn vom Beschwerdeanlass habe er bereits im Personalgespräch am 11. Mai 2006 Kenntnis erhalten. Sein Versetzungsantrag habe abgelehnt werden müssen, weil der Dienstposten zum 1. August 2006 mit einem anderen Soldaten im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel besetzt worden sei. In der Sache sei diese Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden. Die vom Antragsteller als fehlend bezeichneten Unterlagen seien in der Personalgrundakte enthalten.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 09/07 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

16 Nach der auch im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO muss für einen nach Erledigung der truppendienstlichen Entscheidung oder Maßnahme gestellten Feststellungsantrag ein besonderes Feststellungsinteresse dargelegt werden. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = NZWehrr 2004, 163 und vom 8. August 2007 - BVerwG 1 WB 18.07 - m.w.N.). Abgesehen davon, dass hier hinsichtlich des Versetzungsbegehrens ein erledigendes Ereignis fehlen dürfte, hat der anwaltlich vertretene Antragsteller ein Feststellungsinteresse im vorgenannten Sinne nicht dargelegt. Ein solches ist für den Senat auch nicht ersichtlich.

17 Ein allgemeiner Feststellungsantrag entsprechend § 43 Abs. 1 VwGO ist - abgesehen von dem auch insoweit nicht ersichtlichen Feststellungsinteresse - im Hinblick auf die Subsidiaritäts-Regelung des § 43 Abs. 2 VwGO unzulässig, weil der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren mit einem Verpflichtungsantrag hätte verfolgen können.

18 Sollte der Antrag im Interesse des Antragstellers dahin auszulegen sein, dass er auch die am 20. Oktober 2005 zugunsten eines anderen Soldaten getroffene Auswahlentscheidung für die Nachbesetzung des Oberstabsfeldwebel-Dienstpostens Teileinheit/Zeile 020/005 beim ...amt, Abteilung Flugbetrieb ..., anfechten will, ist der Antrag ebenfalls unzulässig.

19 Insoweit hat der Antragsteller nicht das erforderliche Vorverfahren durchgeführt (vgl. zu dieser Voraussetzung: Beschlüsse vom 29. Oktober 1991 - BVerwG 1 WB 62.91 - und vom 4. März 2004 - BVerwG 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = Buchholz 403.11 § 20 BDSG Nr. 1 = NZWehrr 2007, 165 <insoweit nicht veröffentlicht>). Es fehlt an einer (Beschwerde-)Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung im Sinne des § 21 Abs. 1 WBO bzw. an einer Beschwerdeentscheidung eines der in § 22 WBO genannten Vorgesetzten. Vielmehr hat der Antragsteller darauf verzichtet, die Besetzung des o.a. Dienstpostens mit einem anderen Soldaten rechtzeitig mit einer (Konkurrenten-)Beschwerde anzufechten. Ihm gegenüber ist deshalb die Besetzungsentscheidung unanfechtbar geworden.

20 Nach § 6 Abs. 1 WBO beginnt die Beschwerdefrist mit der Kenntnis vom Beschwerdeanlass. Der Beschwerdeanlass, nämlich seine Nichtberücksichtigung für die Nachbesetzung des von ihm seit 2004 angestrebten Dienstpostens, ist dem Antragsteller im Personalgespräch am 11. Mai 2006 mitgeteilt worden. Ausweislich der Niederschrift über das Personalgespräch wurde ihm eröffnet, dass über die Besetzung des Dienstpostens mittlerweile entschieden worden sei. Ihm wurde ferner erklärt, dass „einem anderen, bereits im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel befindlichen Soldaten der Vorrang eingeräumt“ worden sei. Damit war dem Antragsteller bereits am 11. Mai 2006 bekannt, dass seine eigene, durch den ursprünglichen Verbandsvorschlag vom 16. Januar 2004 unterstützte Bestrebung, für den Dienstposten ausgewählt zu werden, erfolglos geblieben war. Innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung hat der Antragsteller eine Beschwerde nicht eingelegt.

21 Selbst wenn man mit Rücksicht auf die Bitte des Antragstellers um ergänzende Informationen auf die Mitteilungen in der Lotus Notes-Nachricht vom 1. August 2006 abstellt, verbleibt es dabei, dass eine rechtzeitige Anfechtung der Auswahl- und Nachbesetzungsentscheidung unterblieben ist. In der Lotus Notes-Nachricht vom 1. August 2006, die dem Antragsteller nach dem übereinstimmenden Vorbringen seines Bevollmächtigten und des Bundesministers der Verteidigung am 2. August 2006 eröffnet wurde, erhielt der Antragsteller eine noch weitergehende Begründung dafür, dass er bei der Nachbesetzung des Dienstpostens nicht berücksichtigt worden war. Innerhalb von zwei Wochen nach dem 2. August 2006 hat er indessen ebenfalls keine Beschwerde gegen die Besetzung des Dienstpostens mit einem „Konkurrenten“ eingelegt. Ein derartiger Rechtsbehelf ist auch nicht seinem Antrag vom 8. August 2006 zu entnehmen. In diesem Schreiben setzt sich der Antragsteller mit keinem Wort mit der getroffenen Auswahl- und Nachbesetzungsentscheidung auseinander, sondern reduziert sein Vorbringen schlicht auf den Versetzungs- und Beförderungsantrag.

22 Eine Belastung des Antragstellers mit Verfahrenskosten spricht der Senat nicht aus, weil die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 WBO nicht vorliegen.