Beschluss vom 06.08.2007 -
BVerwG 4 BN 25.07ECLI:DE:BVerwG:2007:060807B4BN25.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.08.2007 - 4 BN 25.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:060807B4BN25.07.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 25.07

  • Bayerischer VGH München - 28.03.2007 - AZ: VGH 14 N 04.943

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. August 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und Dr. Bumke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. März 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht.

3 Die Antragsteller rügen, das Normenkontrollgericht habe den vorgelegten Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2003 nicht berücksichtigt und sich überhaupt nicht mit den „steuerbaren Einkünften“ auseinandergesetzt. Darüber hinaus sei verkannt worden, dass die Stellungnahme des Landwirtschaftsamtes vom 29. Oktober 2004, in der bescheinigt werde, dass die Einkünfte der Antragsteller aus der Landwirtschaft nicht unerheblich im Sinne des BauGB seien, eine gutachterliche Stellungnahme darstelle, der erhebliches Gewicht bei der Beweiswürdigung zukomme. Bei Zweifeln an den Feststellungen des Landwirtschaftsamtes hätte das Gericht ein Sachverständigengutachten einzuholen gehabt.

4 1.1 Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden wäre. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (Beschlüsse vom 8. Juni 2000 - BVerwG 9 B 159.00 - juris und vom 26. Juni 1995 - BVerwG 8 B 44.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 2 <insoweit nicht veröffentlicht>).

5 Es ist nicht zu beanstanden, dass das Normenkontrollgericht den mit dem Prozesskostenhilfeantrag zum Nachweis der wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegten Einkommenssteuerbescheid 2003 in dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich erwähnt hat. Mit der Umschreibung im Tatbestand zum Vortrag der Antragsteller, dass „Gewinne“ erwirtschaftet würden (UA S. 2), wird sinngemäß Bezug genommen auf die von den Antragstellern vorgelegten Nachweise zu ihrer Einkommenssituation, zu denen u.a. der Einkommenssteuerbescheid gehörte. Dass dem Gericht die Nachweise unmittelbar vor Augen gestanden haben dürften, ergibt sich auch daraus, dass ihm das Prozesskostenhilfe-Heft mit den Nachweisen nach Akteneinsicht (erst) in der mündlichen Verhandlung zurückgereicht wurde, so dass auch erst dann die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag erging. Allein der Umstand, dass sich das Gericht in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich nur mit der von den Antragstellern - im Verfahren 14 NE 04.15 21 mit der Gegenvorstellung - vorgelegten „aktuellen“ Umsatzberechnung vom 31. August 2004 befasst hat, erlaubt nicht den Schluss, es habe die einkommenssteuerliche Situation der Antragsteller nicht auch im Blick gehabt.

6 Abgesehen davon fehlt es aber auch an der Darlegung, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Gehörsverstoß beruht. So beschränkt sich die Beschwerde auf den Einwand, dass es „zahlreiche Nebenerwerbsbetriebe geben (dürfte), die einen Überschuss in vergleichbarer Höhe aufweisen“. Das Gericht hat sich indes nicht auf Feststellungen zum (mangelnden) Nachweis der Gewinnerzielung beschränkt. Es hat vielmehr bei der Prüfung, ob die Antragsgegnerin abwägungsfehlerfrei die Belange der Antragsteller erkannt hat, selbstständig tragend - wie sich aus der Umschreibung „und“ ergibt - darauf abgestellt, dass die Antragsgegnerin „wegen fehlender objektiver Hinweise“ nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb ausgehen musste (UA S. 11). Damit meint das Gericht - wie es zuvor ausgeführt hat - den geringen Umfang der Tierhaltung (UA S. 9), den (damaligen) Hinweis der Antragsteller auf die Nutzung zur Selbstversorgung (UA S. 10) bzw. die Widersprüche hinsichtlich des tatsächlichen Bestands (UA S. 10 f.), dass die baulichen Anlagen keinen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen (UA S. 9) und dass die Tierhaltung nicht auf einer ausreichenden Futtergrundlage beruht (UA S. 9 f.). Zu diesen Feststellungen verhält sich die Beschwerde überhaupt nicht.

7 1.2 Soweit die Antragsteller rügen, das Normenkontrollgericht habe nicht beachtet, dass der Stellungnahme des Landwirtschaftsamtes vom 29. Oktober 2004 erhebliches Gewicht zukomme, und im Sinne einer Aufklärungsrüge meinen, das Gericht hätte bei Zweifeln „nochmals“ ein Gutachten einholen müssen, legen sie weder dar, dass sie etwa in der mündlichen Verhandlung auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben sie nunmehr monieren, hingewiesen haben, noch dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 22. März 2006 - BVerwG 4 B 15.06 - juris Rn. 7). Dabei liegt es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob es sich selbst die erforderliche Sachkunde für die Beurteilung und Würdigung eines Sachverhalts zutraut, oder ob es zur Klärung einer Beweisfrage ein Sachverständigengutachten heranzieht. Insofern wird von der Beschwerde nicht beachtet, dass sich das Normenkontrollgericht ausdrücklich auf zwei (andere) schriftsätzliche Stellungnahmen des Landwirtschaftsamtes (vom 22. Juni 2004 und vom 17. Februar 2003) gestützt hat (UA S. 10). Es hätte daher der Auseinandersetzung mit diesen Stellungnahmen bedurft, um zu begründen, warum sich dem Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen.

8 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

9 Bei der von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob
„das in § 50 BImSchG enthaltene Gebot, konfligierende Nutzungen zu trennen, dadurch verletzt (wird), dass eine Gemeinde in einem Bebauungsplan ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt, das unmittelbar an eine bestandsgeschützte, zum Zeitpunkt des Satzungserlasses aber nicht privilegierte landwirtschaftliche Tierhaltung angrenzt, von der voraussichtlich Geruchs- und Staubimmissionen auf das Wohngebiet ausgehen werden“,
wird von den Antragstellern zugrunde gelegt, dass eine bestandsgeschützte Tierhaltung vorliegt. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, die Grundlage für die Auffassung des Normenkontrollgerichts sind, dass sich die Antragsteller „nicht auf eine geschützte Rechtsposition berufen können“ (UA S. 12) bzw. dass „die der Tierhaltung dienenden Anlagen ... wegen des Beseitigungsverfahrens keinen Bestand haben werden“ (UA S. 8), mithin die bisherige Tierhaltung gerade nicht bestandsgeschützt ist, werden jedoch keine Revisionsgründe vorgebracht, so dass die Bindungswirkung gemäß § 137 Abs. 2 VwGO greift. Soweit sich die Antragsteller gegen die Rechtsauffassung des Gerichts zum mangelnden Bestandsschutz wenden, fehlt es wiederum an der Formulierung einer hierauf zielenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Vor diesem Hintergrund stellt sich die aufgeworfene Rechtsfrage nicht. Der Einwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die Tierhaltung nicht bestandsgeschützt sei bzw. der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht angenommen, dass die Anlagen beseitigt werden müssten, macht deutlich, dass sie sich letztlich nur im Gewande einer Grundsatzrüge gegen den materiell-rechtlichen Ansatz des Normenkontrollgerichts wenden.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.