Beschluss vom 06.06.2006 -
BVerwG 4 VR 1.05ECLI:DE:BVerwG:2006:060606B4VR1.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.06.2006 - 4 VR 1.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:060606B4VR1.05.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juni 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Erlass einer luftaufsichtlichen Verfügung in Anspruch.

2 Die Antragstellerin ist Miteigentümerin eines Wohngrundstücks in der Nähe des Flughafens Berlin-Tegel. Im Dezember 2004 zeigte die Beigeladene als Betreiberin des Flughafens dem Antragsgegner u.a. an, als Ersatz für aufzugebende Vorfeldflächen im nördlichen Bereich des Flughafengeländes zusätzliche Abfertigungspositionen im südlichen Bereich schaffen zu wollen. Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 stellte der Antragsgegner fest, dass das Vorhaben weder einer Planfeststellung noch einer Plangenehmigung bedürfe. Die Antragstellerin, die den Verzicht auf die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für rechtswidrig hält, verlangte mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 vom Antragsgegner, der Beigeladenen die Herstellung und Inbetriebnahme von zusätzlichen Vorfeldflächen auf dem Südteil des Flughafens zu untersagen. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 22. November 2005 ab. Mit ihrem bereits am 29. September 2005 eingereichten Antrag begehrt die Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz.

II

3 Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegen nicht vor.

4 Mit ihrem Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Beigeladenen den Betrieb auf den neu hergestellten Vorfeldflächen auf dem Südteil des Flughafens Berlin-Tegel zu untersagen, begehrt die Antragstellerin keine vorläufige Maßnahme, sondern eine Vorwegnahme der Hauptsache. Einem solchen Antrag ist im Eilverfahren nur ausnahmsweise stattzugeben, nämlich dann, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Rechtsschutzbewerber unzumutbar wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1999 - BVerwG 11 VR 8.98 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 26). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat dem Senat nicht die für einen Erfolg im Eilverfahren hinreichende Überzeugung davon vermitteln können, dass die beanstandete Verlegung der Vorfeldflächen vom nördlichen zum südlichen Bereich des Flughafengeländes an ihrem Wohngrundstück zu zusätzlichem Überfluglärm führen wird, der auch für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht hinnehmbar ist. Ihre Behauptung, es würden mindestens sechs zusätzliche Abstellpositionen geschaffen mit der Folge, dass sich auch die Anzahl der Flugbewegungen erhöhen werde, ist entgegen § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Dabei kommt es auf die zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage, ob zwischen der Abfertigungskapazität und der Zahl der Starts und Landungen überhaupt ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, nicht an; denn die Antragstellerin ist schon einen Fingerzeig dafür schuldig geblieben, dass aus Anlass der Verlagerung der Vorfeldflächen die Zahl der Abstellpositionen aufgestockt wird. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben übereinstimmend vorgetragen, dass die Vorfeldflächen im Ergebnis verkleinert werden und sich infolgedessen die Zahl der möglichen Abstellplätze vermindert. Bestätigt wird dies durch den Inhalt der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakte. Unklar ist lediglich der Umfang der Reduzierung. Im Bescheid des Antragsgegners vom 22. November 2005 ist von 6 330 m², im Schriftsatz vom 28. November 2005 von ca. 20 000 m² die Rede. Die Behauptung der Antragstellerin, es sollten mindestens sechs zusätzliche Abstellpositionen geschaffen werden, ist durch nichts untermauert und findet im Verwaltungsvorgang keine Stütze.

5 Jedenfalls im Eilverfahren braucht nicht entschieden zu werden, ob die Abstellflächen Nord als planfestgestellt gelten. Selbst wenn dies nicht der Fall und die Herstellung der Vorfeldflächen Süd deshalb planfeststellungsbedürftig sein sollte, muss der Eilantrag scheitern, weil die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass die umstrittene Baumaßnahme im Vergleich zur bisherigen Lärmsituation zusätzliche, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht hinnehmbare Lärmbelastungen zeitigt.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.