Beschluss vom 06.04.2004 -
BVerwG 9 B 21.04ECLI:DE:BVerwG:2004:060404B9B21.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.04.2004 - 9 B 21.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:060404B9B21.04.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 21.04

  • Hessischer VGH - 17.12.2003 - AZ: VGH 5 UE 1734/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. April 2004
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t und Dr. N o l t e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 020,03 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die als Revisionszulassungsgrund allein geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen, soweit die Rügen den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügen, nicht vor.
1. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, ihm sei rechtliches Gehör verwehrt worden, da er keine ausreichende Gelegenheit gehabt habe, die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen zu sichten und dazu Stellung zu nehmen. Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist die erfolglose vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 1964 - BVerwG 8 C 350.63 - BVerwGE 19, 231 <237>; Urteil vom 3. Juli 1992 - BVerwG 8 C 58.90 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 248; Beschluss vom 30. Dezember 1997 - BVerwG 11 B 3.97 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 1). Sah sich der anwaltlich vertretene Kläger ohne genauere Durchsicht der Unterlagen nicht im Stande, zu ihnen sachgerecht Stellung zu nehmen, so oblag es ihm, in der mündlichen Verhandlung auf eine Unterbrechung zu dringen, um das Material einzusehen und zu prüfen. Weder dem Sitzungsprotokoll noch der Beschwerdebegründung ist zu entnehmen, dass er einen entsprechenden Antrag gestellt oder dass das Gericht einen solchen gar abschlägig beschieden hätte.
2. Die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, weil es die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen keiner eingehenden sachlichen Überprüfung unterzogen habe, greift ebenfalls nicht durch.
Das gilt zunächst hinsichtlich des Gutachtens des Ingenieurbüros H. Ausweislich der im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen hatte die Beklagte zu einem im August 2002 vorgelegten, die so genannten Hessentagsstraßen betreffenden Teil des Gutachtens dargelegt, dessen Ergebnisse seien bereits in die Kalkulation eingeflossen. Dass sich dem Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit dieses Vortrags aufdrängen mussten, die es zu einer eingehenden inhaltlichen Würdigung dieses Gutachtenteils hätten veranlassen müssen, wird in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert dargetan; der allgemeine, nicht speziell auf die Hessentagsstraßen bezogene Hinweis, aufgrund des Gutachtens seien erheblich geringere Kosten zu erwarten als in der Kalkulation der Beklagten zugrunde gelegt, reicht dafür nicht. Den weiteren, erst im August 2003 bei der Beklagten eingegangenen Gutachtenteil brauchte das Berufungsgericht inhaltlich nicht auszuwerten, da nach seiner Rechtsauffassung, auf die für die Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <221>), dessen Ergebnisse für die Beurteilung der Beitragskalkulation nicht entscheidungserheblich waren. Zutreffende Grundlage der Kalkulation sind nach den Urteilsgründen die "gegenwärtig maßgeblichen Planungen". Die Ergebnisse des zweiten Gutachtenteils zählt das Berufungsgericht nicht dazu, weil sie von den politischen Gremien der Beklagten "noch nicht in die Planung einbezogen worden" seien.
Soweit die Beschwerde geltend macht, die Zeit zwischen mündlicher Verhandlung und Urteilsverkündung habe nicht ausgereicht, um die von der Beklagten als Beleg für die Richtigkeit ihrer Globalkalkulation vorgelegten Unterlagen auszuwerten, geht sie von falschen Annahmen aus. Der betreffende Karton mit den Kalkulationsunterlagen ist nämlich, wie sich aus der Gerichtsakte ergibt, bereits mit Schriftsatz der Stadtwerke Hessisch Lichtenau vom 4. Dezember 2003 an den Verwaltungsgerichtshof übersandt worden und dort am 5. Dezember 2003 eingegangen; die Unterlagen konnten deshalb bereits bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden.
Der Vorwurf, weitere, die Verminderung der Geschossflächenzahlen von Grundstücken im Ortsteil Hirschhagen betreffende Unterlagen seien nicht ausgewertet worden, wird dem durch das Sitzungsprotokoll und die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils belegten Vorgehen des Verwaltungsgerichtshofs nicht gerecht. Danach ist in der mündlichen Verhandlung anhand der von den Beteiligten vorgelegten Pläne, Fotos und sonstigen Unterlagen die Situation der einzelnen Grundstücke erörtert und namentlich geprüft worden, inwieweit Trümmer und Leitungsflächen eine Verminderung der Geschossflächenzahlen rechtfertigen. In welcher Hinsicht zu dieser Problematik weitergehender Klärungsbedarf bestanden haben sollte, legt die Beschwerde nicht dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.