Beschluss vom 06.03.2007 -
BVerwG 4 BN 9.07ECLI:DE:BVerwG:2007:060307B4BN9.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.03.2007 - 4 BN 9.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:060307B4BN9.07.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 9.07

  • Bayerischer VGH München - 18.12.2006 - AZ: VGH 1 N 05.2027

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und Dr. Hofherr
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nur gegeben, wenn die Rechtssache eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss die grundsätzliche Bedeutung in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt nicht vor, wenn die Beurteilung der Sache ausschlaggebend von der Würdigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls abhängt und demgemäß nicht auf eine Rechtsfrage führt, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten lässt (vgl. Beschluss vom 13. April 1989 - BVerwG 1 B 54.89 - NVwZ-RR 1990, 220).

4 Das Beschwerdevorbringen misst sinngemäß den Fragen grundsätzliche Bedeutung zu,
ob eine städtebauliche Planung im Wege einer Außenbereichssatzung (gemeint ist eine Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3) als sog. „Gefälligkeitsplanung“ gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz des § 1 Abs. 3 BauGB verstößt und die Satzung deshalb rechtsungültig ist, wenn die Satzung nur wegen einiger weniger Grundstücke erlassen wird und nur Mitglieder einer Familie begünstigt werden,
und
ob ein rechtlich erheblicher Abwägungsfehler beim Erlass einer solchen Satzung vorliegt, wenn eine Gemeinde/
Stadt im Hinblick auf die „Wohnbedürfnisse“ der ortsansässigen Bevölkerung durch sie neues Bauland schafft und nur ein kleiner Personenkreis begünstigt wird, der an anderer Stelle des Stadtgebiets ohnehin schon über Bauland verfügt.

5 Bezüglich beider Fragen legt die Beschwerde schon nicht hinreichend im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dar, weshalb ihnen über den vorliegenden Fall hinaus im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts allgemeine Bedeutung zukommen soll. Allein der Gesichtspunkt, dass es zu diesem Fragenkomplex keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, reicht nicht aus.

6 Im Übrigen ist die Frage, ob eine mit § 1 Abs. 3 BauGB nicht vereinbare „Gefälligkeitsplanung“ vorliegt, nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise zu klären. Maßgeblich ist, ob die Planung - hier in der Form einer planersetzenden Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB - im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Welches Maß an Gestaltungsfreiheit eine Gemeinde bei einer Planung im Rahmen der Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 BauGB für sich in Anspruch nehmen kann, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (vgl. den Beschluss des Senats vom 18. Oktober 2006 - BVerwG 4 BN 20.06 ). Dasselbe gilt für die Frage, ob sich die Gemeinde im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Planung nicht von städtebaulichen sondern von unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen.

7 Ebenfalls von den konkreten Umständen des Einzelfalls hängt es ab, ob die Antragsgegnerin die abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung ihrer Praxis, im Rahmen eines „Einheimischenmodells“ neues Bauland für die Wohnbedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung zu schaffen, fehlerfrei abgewogen hat. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass im Rahmen einer städtebaulichen Planung die betroffenen Grundstückseigentümer als Person und damit auch die Frage, ob sie an anderer Stelle des Gemeindegebiets bereits Bauland besitzen, keine Rolle spielen, da das Bauplanungsrecht grundstücksbezogen und nicht eigentümerbezogen ist. Soweit hier ausnahmsweise auch auf die Person der Grundstückseigentümer im Satzungsgebiet abzustellen ist, weil dem Erlass der Satzung die Verwirklichung eines „Einheimischenmodells“ zugrunde liegt, lässt sich die Frage, ob die Kriterien dieses Modells nicht zu beanstanden sind und die Antragsgegnerin ihnen als öffentlicher Belang Vorrang bei der Abwägung einräumen durfte, nur unter Würdigung der örtlichen und individuellen Gegebenheiten und damit der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.