Beschluss vom 05.10.2011 -
BVerwG 7 B 54.11ECLI:DE:BVerwG:2011:051011B7B54.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.10.2011 - 7 B 54.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:051011B7B54.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 54.11

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 23.06.2011 - AZ: OVG 4 LB 2/10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Oktober 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger ficht einen Bescheid des Beklagten an, in dem ihm aufgegeben wurde, abgelagerten Festmist von einem Grundstück zu entfernen, und mit dem ihm untersagt wurde, künftig Festmist in der bisherigen Form auf dem Grundstück zu lagern. Streitgegenständlich ist nur noch die Untersagung der künftigen Lagerung. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.

2 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

3 Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Es liegt auch kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 2.).

4 1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
wie groß und wie dauerhaft eine Festmistlagerstätte errichtet sein muss, um dem Anlagenbegriff des § 2 Abs. 1 VAwS zu unterfallen.

5 Dies ist keine Rechtsfrage des revisiblen Rechts. Die Verordnung des Landes Schleswig-Holstein über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Anlagenverordnung - VAwS) ist Recht des Landes und damit gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisibel.

6 Auch wenn man zu Gunsten der Beschwerde annimmt, sie halte für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
wie groß und wie dauerhaft eine Festmistlagerstätte errichtet sein muss, um dem Anlagenbegriff der §§ 62 und 63 WHG zu unterfallen,
hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

7 Die Beschwerde stellt in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen unterschiedliche Richtlinien zu der Frage, wie viele Monate eine derartige Lagerstätte betrieben werden muss, um eine „Anlage“ darzustellen. Insoweit ist die Frage nicht entscheidungserheblich; denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts handelt es sich hier in Würdigung der Umstände des konkreten Falls nicht um ein vorübergehendes Provisorium, sondern mangels Existenz einer zentralen Dungstelle um eine Dauerlösung (vgl. UA S. 11).

8 Die Frage, wie groß eine derartige Lagerstätte sein muss, um eine Anlage im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zu sein, lässt sich nicht fallübergreifend beantworten. Ob eine Lagerfläche eine Anlage darstellt, hängt vielmehr von verschiedenen Umständen ab und ist - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausführt - eine Frage des Einzelfalls. Es lässt sich deshalb keine feste Größe angeben, ab der eine Festmistlagerstätte eine Anlage bildet.

9 2. Es liegt kein prozessordnungsgemäß geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

10 a) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Danach ist das Gericht zwar verpflichtet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfGE 69, 233 <246>). Es ist jedoch nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht insbesondere schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, soweit nicht gegenteilige Anhaltspunkte vorhanden sind (BVerfGE 51, 126 <129>). An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier.

11 b) Selbst wenn man zu Gunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle auch eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) rügen, liegt kein Verfahrensfehler vor. Nach der maßgebenden materiellrechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist hier § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG (n.F.) entsprechend anwendbar. Danach müssen die dort genannten Anlagen so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Die Besorgnis der nachteiligen Veränderung dieser Eigenschaften setzt bereits im Vorfeld der polizeilichen Gefahr ein. Es genügt, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften bestehen. Solche Anhaltspunkte hat das Oberverwaltungsgericht bejaht. Dies steht nicht im Widerspruch zu der Aussage des Sachverständigen, eine wesentliche Belastung des Bodens durch eingetragene Nährstoffe sei nicht signifikant nachweisbar.

12 c) Eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine Aufklärungsrüge setzt die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Oberwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das Berufungsurteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Dem genügt die Beschwerde nicht.

13 d) Eine Verletzung der Bindung des Gerichts an das Klagebegehren (§ 88 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Streitgegenstand ist der vom Kläger angefochtene Bescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids. Soweit das Oberverwaltungsgericht bei Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit dieses Bescheids einen Umstand würdigt, der in dem Bescheid nicht angesprochen wird (nämlich die Höhe der Aufkantung der Festmistlagerstätte), geht dies über den Streitgegenstand nicht hinaus.

14 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Beschluss vom 09.11.2011 -
BVerwG 7 B 63.11ECLI:DE:BVerwG:2011:091111B7B63.11.0

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Beschluss

BVerwG 7 B 63.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. November 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 5. Oktober 2011 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge ist unzulässig. Der Kläger hat entgegen § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO nicht dargelegt, dass der Senat sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in seine Entscheidung einbezogen und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Kläger greift vielmehr die Sachentscheidung des Senats an.

2 Er macht zum einen geltend, der Senat hätte die grundsätzliche Bedeutung der Sache bejahen müssen. Er führt aber nicht aus, welches Vorbringen der Beschwerde der Senat in diesem Zusammenhang nicht zur Kenntnis genommen hat. Er macht insbesondere geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe ausgeführt, die Dungstelle sei eine Dauerlösung, obwohl gerade dies streitig gewesen sei. Dabei übersieht er, dass das Bundesverwaltungsgericht auf die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts verweist, wonach es sich um eine Dauerlösung handelt.

3 Zum anderen trägt der Kläger vor, das Bundesverwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es zu dem Ergebnis gelangt sei, eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) werde nicht prozessordnungsgemäß dargelegt. Insoweit beschränkt sich der Kläger darauf, zu behaupten, es hätte einer weiteren Beweisaufnahme bedurft und er habe dargelegt, dass das Gericht seine Aufklärungspflicht verletzt habe. Welches Vorbringen der Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang nicht zur Kenntnis genommen haben soll, wird aber nicht ausgeführt.

4 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.