Beschluss vom 05.04.2012 -
BVerwG 1 B 3.12ECLI:DE:BVerwG:2012:050412B1B3.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.04.2012 - 1 B 3.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:050412B1B3.12.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 3.12

  • VG Berlin - 23.12.2010 - AZ: VG 3 K 87.09 V Berlin
  • OVG Berlin-Brandenburg - 13.12.2011 - AZ: OVG 12 B 35.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. April 2012
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Dezember 2011 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die allein auf den Verfahrensmangel der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie legt den geltend gemachten Verfahrensmangel nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

2 Die Beschwerde trägt vor, das Berufungsgericht habe einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Visums zum Nachzug zu ihrem Vater nach § 32 Abs. 3 AufenthG deshalb verneint, weil der Vater nicht das alleinige Sorgerecht habe. Es sei der Auffassung, dass trotz der Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts Tetovo zugunsten des Vaters der Klägerin deren Mutter nach dem mazedonischen Familienrecht weiterhin substanzielle Mitentscheidungsrechte und -pflichten zustünden, sodass der Vater nicht alleiniger Inhaber der Personensorge gewesen sei. Dabei habe das Berufungsgericht aber seine Aufklärungspflicht nicht erfüllt. Denn das mazedonische Recht, insbesondere die einschlägigen Bestimmungen des mazedonischen Familiengesetzes könnten auch anders ausgelegt werden. Die „Obhut“, die dem Vater der Klägerin anvertraut worden sei, sei laut Definition des Dudens als „Obsorge“ zu verstehen und erfasse damit auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Angesichts derlei - möglicher - unterschiedlicher Sichtweisen hätte sich dem Berufungsgericht die Einholung eines Rechtsgutachtens zur Frage der Regelung des (alleinigen) Sorgerechts in Mazedonien aufdrängen müssen. Die Beweisaufnahme hätte ergeben, dass das mazedonische Familienrecht sehr wohl die Übertragung des alleinigen Sorgerechts im Sinne des § 32 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG ermögliche und dem Vater der Klägerin durch Urteil des Amtsgerichts Tetovo eben dieses alleinige Sorgerecht wirksam eingeräumt worden sei.

3 Damit und mit ihrem weiteren Vorbringen legt die Beschwerde eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar. Die Beschwerde macht selbst nicht geltend, dass die anwaltlich vertretene Klägerin im Verfahren vor dem Berufungsgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben sie nunmehr rügt, durch einen förmlichen Beweisantrag oder auf sonstige Weise hingewirkt hat. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht käme deshalb nur dann in Betracht, wenn sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen aus seiner rechtlichen Sicht von Amts wegen hätten aufdrängen müssen (stRpr, etwa Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 13 m.w.N.). Dies zeigt die Beschwerde indes nicht auf.

4 Zwar wird in der Beschwerdebegründung geltend gemacht, dass die einschlägigen Bestimmungen des mazedonischen Familiengesetzes entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts dahin ausgelegt werden könnten, dass mit der Übertragung der Obhut und Erziehung auf den Vater der Klägerin diesem auch das alleinige Sorgerecht zustehe. Dies und der Hinweis auf die Definition des Begriffs der „Obhut“ im Duden reichen hier allerdings zur Darlegung sich aufdrängender weiterer Ermittlungen nicht aus. Denn die Beschwerde setzt sich nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht in seinen von ihm in Bezug genommenen vorangegangenen Urteilen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 7. Dezember 2010 - OVG 12 B 11/08 und 29/09 - juris) maßgeblich auch darauf abgestellt hat, dass der von ihm erhobene gesetzliche Befund durch die mazedonische Rechtspraxis bestätigt werde. Danach verblieben - wie die Beklagte durch eine Befragung des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Amtsgerichts Skopje II überzeugend ermittelt habe - dem Elternteil, dem das Elternrecht nicht übertragen worden sei, weiterhin substanzielle Mitentscheidungsrechte, wie etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Warum unter diesen Umständen das Berufungsgericht ohne förmlichen Beweisantrag oder ein sonstiges Hinwirken der anwaltlich vertretenen Klägerin zu der Erkenntnis hätte kommen müssen, dass insoweit noch weitere Aufklärung zur Ermittlung des mazedonischen Rechts geboten sein sollte, lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Dass die angeführten Auskünfte über die Rechtspraxis in Mazedonien überholt oder aus sonstigen Gründen unzureichend seien und das Berufungsgericht sie deshalb von sich aus hätte in Zweifel ziehen müssen, trägt die Beschwerde nicht vor.

5 Andere Rügen werden von der Beschwerde nicht erhoben. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.