Verfahrensinformation

Der Kläger, ein Katholischer Kirchen- und Pfarrhaus-Baufonds, begehrt von der beklagten Stadt Bühl die Erstattung von Kosten, welche die katholische Kirchengemeinde Sankt Gallus in Bühl-Altschweier zur Renovierung ihrer Pfarrkirche aufgewandt hat. Der Kläger ist aus einer 1836 errichteten Pfarrstiftung hervorgegangen, die aus Mitteln einer Erbschaft dotiert war und den Zweck hatte, die Errichtung einer eigenständigen Kirchengemeinde und den Bau einer Pfarrkirche mit Pfarrhaus in der damals noch selbstständigen Gemeinde Altschweier zu ermöglichen. Diese gehört heute zur beklagten Stadt Bühl. Im Jahre 1868 schlossen der kirchliche Stiftungsvorstand als Vertreter des örtlichen Kirchenvermögens und die Gemeinde Altschweier einen Vertrag, durch den die Gemeinde Altschweier die subsidiäre (d.h. gegenüber dem Baufonds nachrangige) Baupflicht unter anderem zum Neubau und zur Unterhaltung der katholischen Kirche übernahm. Auf diesen Vertrag stützt der Kläger seinen Anspruch. Die beklagte Stadt wendet dem gegenüber ein, weil sich die Verhältnisse seit dem Abschluss des Vertrages wesentlich verändert hätten, sei ihr ein Festhalten am Vertrag nicht länger zumutbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Klage im Berufungsverfahren dem Grunde nach stattgegeben. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, unter welchen Voraussetzungen eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse anzunehmen ist, die einer Gemeinde das Festhalten an einer vertraglich vereinbarten Kirchbaulast unzumutbar machen.


Pressemitteilung Nr. 5/2009 vom 05.02.2009

Gemeinde muss vertraglich begründete Kirchenbaulast weiterhin erfüllen

Vor Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung begründete vertragliche Kirchenbaulasten sind trotz des Wandels, den die Weimarer Reichsverfassung im Verhältnis von Kirche und Staat bewirkt hat, grundsätzlich weiterhin zu erfüllen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger, ein Katholischer Kirchen- und Pfarrhaus-Baufonds, begehrt aus abgetretenem Recht von der beklagten Stadt Bühl die Erstattung von Kosten, welche die katholische Kirchengemeinde Sankt Gallus in Bühl-Altschweier zur Renovierung ihrer Pfarrkirche aufgewandt hat. Der Kläger ist aus einer 1836 errichteten Pfarrstiftung hervorgegangen, die aus Mitteln einer Erbschaft dotiert war und den Zweck hatte, die Errichtung einer eigenständigen Kirchengemeinde und den Bau einer Pfarrkirche mit Pfarrhaus in der damals noch selbstständigen Gemeinde Altschweier zu ermöglichen. Diese gehört heute zur beklagten Stadt Bühl. Im Jahre 1868 schlossen der kirchliche Stiftungsvorstand als Vertreter des örtlichen Kirchenvermögens und die Gemeinde Altschweier einen Vertrag, durch den die Gemeinde Altschweier die subsidiäre (d.h. gegenüber dem Baufonds nachrangige) Baupflicht unter anderem zum Neubau und zur Unterhaltung der katholischen Kirche übernahm. Auf diesen Vertrag stützt der Kläger seinen Anspruch. Die beklagte Stadt wendet dem gegenüber ein, weil sich die Verhältnisse seit dem Abschluss des Vertrages wesentlich verändert hätten, sei ihr ein Festhalten am Vertrag nicht länger zumutbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Klage im Berufungsverfahren dem Grunde nach im Wesentlichen stattgegeben.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der beklagten Stadt zurückgewiesen: Die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung, die Bestandteil des Grundgesetzes geworden sind, verböten finanzielle Leistungen der politischen Gemeinden an Kirchengemeinden nicht und machten die Erfüllung früher geschlossener Verträge deshalb nicht rechtlich unmöglich. Das Verbot der Staatskirche untersage zwar jede institutionelle Verbindung von Staat und Kirche. Der Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche schließe aber eine - auch finanzielle - Förderung von Religion und Religionsgemeinschaften nicht aus. Der Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates verbiete dem Staat, sich mit einer Religion, einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft inhaltlich zu identifizieren. An einer solchen unzulässigen Identifikation mit einer bestimmten Religion fehle es, wenn die öffentliche Hand vorkonstitutionell begründete Rechtspflichten erfülle. Der Anspruch der Bekenntnisse auf gleiche Behandlung (Grundsatz der Parität) erlaube es, bei der Gewährung staatlicher Vergünstigungen nach sachlichen Gesichtspunkten zu differenzieren. Dazu zählten beispielsweise die äußere Größe und Verbreitung einer Religionsgesellschaft, der Grad ihrer öffentlichen Wirksamkeit, ihre kultur- und sozialpolitische Stellung in der Gesellschaft. Eine entsprechende Differenzierung sei daher auch den Gemeinden bezogen auf die örtlichen Verhältnisse erlaubt. Dies könne eine nur einseitige Förderung einer Kirchengemeinde durch Beiträge zu den Lasten der Kirchenunterhaltung erlauben, wenn dies der örtlichen Bedeutung der Kirchengemeinde entspreche. Darüber hinaus beruhe die Fortsetzung finanzieller Förderung der Kirchengemeinde hier auf einer überkommenen vertraglichen Verpflichtung. Es sei nicht sachwidrig, danach zu differenzieren, ob ein Begünstigter einen vertraglichen Anspruch habe oder nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat ferner angenommen, der Wandel des Verhältnisses von Staat und Kirche seit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung habe keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage bewirkt, der die beklagte Stadt berechtige, sich vom Vertrag zu lösen. Ein solcher Wegfall der Geschäftsgrundlage sei auch nicht dadurch eingetreten, dass sich der Anteil der Katholiken an der Einwohnerschaft von Altschweier von 96 % auf 82 % vermindert habe und der Baufonds seit Inflation und Währungsumstellung vermögenslos sei mit der Folge, dass aus der nachrangigen Haftung der Stadt eine primäre Haftung geworden sei.


BVerwG 7 C 11.08 - Urteil vom 05.02.2009


Beschluss vom 14.04.2008 -
BVerwG 7 B 57.07ECLI:DE:BVerwG:2008:140408B7B57.07.0

Beschluss

BVerwG 7 B 57.07

  • VGH Baden-Württemberg - 31.07.2007 - AZ: VGH 1 S 972/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. April 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg über die Nichtzulassung der Revision in seinem Urteil vom 31. Juli 2007 wird aufgehoben, soweit der Verwaltungsgerichtshof ein Grundurteil erlassen hat.
  2. In diesem Umfang wird die Revision zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit vorläufig - für das Revisionsverfahren auf jeweils 448 474,56 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil ist begründet. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie wirft die grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, unter welchen Voraussetzungen eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse anzunehmen ist, die einer Gemeinde das Festhalten an einer vertraglich vereinbarten Kirchbaulast im Sinne des § 60 VwVfG unzumutbar macht.

2 Die Festsetzung des Streitwerts beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG, für das Revisionsverfahren auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3, § 63 Abs. 1 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 7 C 11.08 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 05.02.2009 -
BVerwG 7 C 11.08ECLI:DE:BVerwG:2009:050209U7C11.08.0

Leitsatz:

Vor Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung begründete vertragliche Kirchenbaulasten sind trotz des Wandels, den die Weimarer Reichsverfassung in ihren nach Art. 140 GG fortgeltenden Bestimmungen im Verhältnis von Kirche und Staat bewirkt hat, grundsätzlich weiter zu erfüllen.

Urteil

BVerwG 7 C 11.08

  • VGH Mannheim - 31.07.2007 - AZ: VGH 1 S 972/04 -
  • VGH Baden-Württemberg - 31.07.2007 - AZ: VGH 1 S 972/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß, Neumann und Guttenberger
sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger, der katholische Kirchen- und Pfarrhaus-Baufonds A., begehrt aus abgetretenem Recht von der beklagten Stadt B. die Erstattung von Kosten, welche die katholische Kirchengemeinde G. in B.-A. zur Renovierung ihrer Pfarrkirche aufgewandt hat.

2 Der Kläger ist aus einer 1836 errichteten Pfarrstiftung hervorgegangen. Sie war aus Mitteln einer Erbschaft dotiert und hatte den Zweck, die Errichtung einer eigenständigen Kirchengemeinde und den Bau einer Pfarrkirche samt Pfarrhaus in der damals selbstständigen Gemeinde A. zu ermöglichen. Das Vermögen der Pfarrstiftung wurde im Jahre 1862 mehreren rechtlich gesonderten Fonds zugewiesen, darunter dem Kläger. Aus dessen Mitteln wurden in den Jahren 1863 bis 1867 Kirche und Pfarrhaus errichtet. Im Jahre 1868 schlossen der kirchliche Stiftungsvorstand als Vertreter des örtlichen Kirchenvermögens und die Gemeinde A. einen notariellen Vertrag. In ihm übernahm die Gemeinde A. die subsidiäre Baupflicht zum Neubau und zur Unterhaltung der Kirche sowie der Pfarrgebäude. Die primäre Baupflicht oblag danach dem Baufonds, dem Kläger. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs wurde der Kläger jedenfalls seit der Inflation nach dem 1. Weltkrieg nicht mehr seiner Aufgabe entsprechend dotiert. Er ist infolge von Inflation und Währungsumstellung vermögenslos.

3 Die Gemeinde A. ist seit 1973 auf Grund eines Vertrages mit der beklagten Stadt B. in diese eingegliedert. Die Gemeinde A. und später die Beklagte haben der Kirchengemeinde G. wiederholt Zuschüsse zu den Kosten für die Unterhaltung der Kirche gewährt. Im April 1989 wandte sich die Kirchengemeinde an die Beklagte mit der Bitte, sich an den Kosten für eine beabsichtigte Innenrenovierung des Kirchengebäudes zu beteiligen. Die Beklagte bewilligte statt eines erbetenen Zuschusses von 600 000 DM einen Betrag von 150 000 DM. Die Kirchengemeinde gab die Bau- und Restaurierungsmaßnahmen in Auftrag. Sie verlangte von der Beklagten den Betrag von 1 212 540 DM (im gerichtlichen Verfahren korrigiert auf 1 167 898 DM), der nach Abzug von Eigenmitteln aus Spenden, Mitteln des Denkmalschutzes und des Zuschusses der Beklagten noch offen war. Die Beklagte weigerte sich nach längeren Verhandlungen, diesen Betrag zu zahlen. Sie machte nunmehr (auch) geltend, die Kirchenbaulast sei infolge einer Veränderung der Verhältnisse erloschen. Die Kirchengemeinde trat ihren Anspruch gegen die Beklagte an den Kläger ab.

4 Der Kläger hat Klage erhoben, mit der er in erster Instanz zuletzt beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 597 136,76 € nebst 4 v.H. Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5 Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers durch (Teil-)Endurteil zurückgewiesen, soweit der Kläger die Zahlung von mehr als 448 474,56 € begehrt hat: Insoweit lägen der Forderung Kosten für Maßnahmen zugrunde, die schon gegenständlich von der Baulast nicht erfasst würden. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof durch (Teil-)Grundurteil den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt: Der Vertrag vom 27. Oktober 1868 sei jedenfalls auch zu Gunsten der Kirchengemeinde abgeschlossen worden und räume ihr unmittelbar eigene Ansprüche ein. Dieser vertraglich begründete Anspruch habe weiter Bestand. Die tiefgreifenden Veränderungen der staatskirchenrechtlichen Rahmenbedingungen seit dem Ende des Kaiserreichs, insbesondere der Übergang zum bekenntnisneutralen Staat und der Grundsatz der Parität, ließen die Zulässigkeit von Kirchenbaulasten der öffentlichen Hand unberührt. Indem die Verfassung Ansprüche aus Kirchenbaulasten durch die Kirchengutsgarantie in Art. 140 GG, Art. 138 Abs. 2 WRV gewährleiste, setze sie den Fortbestand dieser Rechte voraus. Aus diesem Grund stelle der Wegfall der hoheitlichen Religionsfürsorge auch keine Änderung der Verhältnisse dar, die es der Beklagten im Sinne des § 60 VwVfG unzumutbar mache, am Vertrag weiter festzuhalten. Die Möglichkeit, Kirchensteuern zu erheben, stelle keine beachtliche Änderung der Verhältnisse dar, die einer Kirchenbaulast die Grundlage entziehen könne. Ebenso wenig gebe die mittlerweile fehlende Finanzausstattung des Klägers als des primär Baupflichtigen der Beklagten das Recht, sich vom Vertrag zu lösen. Der Ausfall des primär Baupflichtigen liege in der Risikosphäre der Beklagten. Im Vertrag fehle eine Regelung, die zu einer Bewirtschaftung des Baufonds verpflichte und etwa eine regelmäßige Zuführung neuen Kapitals vorsehe. Die ursprüngliche Kapitaldeckung des Klägers sei angesichts der ihm zugedachten Aufgabe zudem von vornherein unzureichend gewesen. Schließlich sei in der konfessionellen Zusammensetzung der Gemeindebevölkerung keine Änderung eingetreten, die ein Erlöschen oder jedenfalls eine inhaltliche Anpassung der Kirchenbaulast rechtfertigen könnte. Abzustellen sei auf den Ortsteil A. Dort seien 1999 noch über 82 % der Einwohner Katholiken gewesen. Der danach fortbestehende Anspruch der Kirchengemeinde richte sich unmittelbar auf Kostenerstattung. Die Kirchengemeinde sei nicht verpflichtet, ein vorheriges Einvernehmen mit der politischen Gemeinde über den Umfang von Unterhaltungsarbeiten herbeizuführen.

6 Gegen dieses (Grund-)Urteil richtet sich die vom Senat insoweit zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts im vollen Umfang zurückzuweisen. Sie macht geltend: Der Vertrag habe der hoheitlichen Religionsfürsorge Rechnung getragen. Diese sei mit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung, jedenfalls mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, und dem dadurch bewirkten Übergang zum bekenntnisneutralen Staat weggefallen. Damit sei der wesentlich auf ihr beruhende Vertrag selbst verfassungswidrig und damit unwirksam geworden. Zumindest hätten sich die Verhältnisse seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass ihr ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar sei (§ 60 VwVfG). Erhebliche Änderungen der Verhältnisse stellten zum einen das Ende der hoheitlichen Religionsfürsorge und zum anderen die Verschiebung in der konfessionellen Zusammensetzung der Bevölkerung dar. Eine Abweichung von 17 % im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses falle durchaus ins Gewicht. Die Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG, Art. 138 WRV stehe dem Erlöschen der Kirchenbaulast wegen grundlegender Veränderung der Verhältnisse nicht entgegen. Selbst wenn der Vertrag wirksam sein sollte, habe er nicht den Inhalt, den der Verwaltungsgerichtshof ihm beigemessen habe. Der Vertrag lasse nicht exakt erkennen, wer durch ihn berechtigt werde. Die politische Gemeinde habe sich nur zu einer subsidiären Baulast verpflichtet. Deshalb sei eine Auslegung des Vertrages unzulässig, nach der die fehlende Finanzausstattung des Baufonds der Gemeinde kein Recht gebe, sich vom Vertrag zu lösen, wenn damit ihre subsidiäre Baupflicht zu einer primären geworden sei. Der Inhalt der Leistung sei zudem weder bestimmt noch eindeutig bestimmbar. Die Kirchengemeinde könne die Arbeiten selbstständig und eigenverantwortlich in Auftrag geben und dadurch praktisch selbst entscheiden, welche Baupflichten an der Kirche entstünden, deren Kosten dann die politische Gemeinde zu tragen habe. Eine solche Auslegung des Vertrags belaste einseitig die Gemeinde. Das wäre allenfalls dann zulässig, wenn die Kirchengemeinde als Ausgleich vor Ausführung der Arbeiten die baulastpflichtige Gemeinde zur Sache zu hören hätte, um ihr Gelegenheit zu geben, ihre Einwendungen geltend zu machen.

7 Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil: Das Verbot der Staatskirche in Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 1 WRV treffe keine Aussage über die Zulässigkeit von Kirchenbaulasten. Der Verfassungsgeber habe den Fortbestand dieser Rechte in Art. 140 GG, Art. 138 Abs. 1 und 2 WRV vorausgesetzt. Die inzwischen fehlende Finanzausstattung des primär Baupflichtigen räume der Beklagten kein Recht ein, sich vom Vertrag zu lösen. Sinn und Zweck einer subsidiären Baupflicht sei es gerade, den Unterhalt des Kirchengebäudes auch dann sicherzustellen, wenn der primär Baupflichtige seiner Verpflichtung wegen Vermögenslosigkeit nicht mehr nachkommen könne. Die Höhe der Kosten obliege keineswegs willkürlicher Entscheidung der Kirchengemeinde. Der Umfang der Baulast ergebe sich vielmehr aus dem jeweiligen Baulasttitel, der Bedarfsleistungspflicht sowie dem Grundsatz der Notwendigkeit. Es bestehe keine Obliegenheit, die erforderlichen Arbeiten vorab zu vereinbaren. Die Beklagte sei vor Ausführung der Arbeiten in vollem Umfang über die Arbeiten informiert worden. Die Voraussetzungen einer Anpassung oder Kündigung des Vertrages nach § 60 VwVfG lägen nicht vor.

8 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs bei.

II

9 Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass der 1868 geschlossene Vertrag mit der Gemeinde A. noch wirksam ist und die Beklagte als ihre Gesamtrechtsnachfolgerin dem Grunde nach verpflichtet, in dem jetzt noch streitigen Umfang die Kosten zu erstatten, die der Kirchengemeinde G. durch die Renovierung ihrer Pfarrkirche entstanden sind.

10 1. Der Vertrag ist nicht mit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung (WRV) und des durch sie bewirkten grundlegenden Wandels des Verhältnisses von Staat und Kirche verfassungswidrig und deshalb nichtig geworden.

11 Verträge über Kirchenbaulasten zwischen einer politischen Gemeinde und der Kirche sind öffentlich-rechtliche Verträge. Kann auf Grund einer Rechtsänderung eine vertragliche Leistung, die vordem zulässig hätte erbracht werden dürfen, nunmehr rechtens nicht mehr erbracht werden, ist nachträglich ein rechtliches Erfüllungshindernis im Sinne nachträglicher rechtlicher Unmöglichkeit entstanden. Ein solches Erfüllungshindernis führt aus sich heraus zum Fortfall der Leistungspflicht, ohne dass es etwa einer Kündigung des Vertrages bedarf (Urteil vom 24. Februar 1978 - BVerwG 4 C 12.76 - NJW 1979, 327 <329 f.>).

12 Die Weimarer Reichsverfassung verbietet aber in ihren nach Art. 140 GG fortgeltenden Bestimmungen finanzielle Leistungen der politischen Gemeinden an Kirchengemeinden nicht. Ihr Inkrafttreten hat die seinerzeit noch bestehende Gemeinde A. rechtlich nicht gehindert, den Vertrag mit der Kirchengemeinde G. zu erfüllen, noch hindert die Fortgeltung der staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung heute die Beklagte an der Erfüllung des Vertrages.

13 a) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich ein Verbot, überkommene Kirchenbaulasten weiterhin zu erfüllen, nicht daraus herleiten, dass die Weimarer Reichsverfassung die obrigkeitliche Religionsfürsorge („cura religionis“) beseitigt hat (so aber Renck, Kommunale Kirchenbaulastverträge und Wegfall der cura religionis, DÖV 2001, 103).

14 Unter der cura religionis wird die Verantwortung der staatlichen Obrigkeit für die Kirche verstanden, wie sie dem Staatsverständnis seit dem Mittelalter entsprach. Zu den danach selbstverständlichen Aufgaben des Staates gehörte die materielle Ausstattung der Kirchen (vgl. etwa von Campenhausen/de Wall, Staatskichenrecht, 4. Aufl. 2006, S. 282; ferner auch BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1977 - 1 BvR 329/71 u.a. - BVerfGE 44, 37 <56 f.>.). Auch auf örtlicher Ebene wurde der Bau und die spätere Unterhaltung einer eigenen Kirche als eine Verpflichtung begriffen, die sich aus der cura religionis, also aus der Fürsorge für das Kirchenwesen, ableitete (vgl. hierzu Böttcher, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1995, § 39 S. 24).

15 Diese hoheitliche Religionsfürsorge ist spätestens mit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung weggefallen (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1977 a.a.O.). Art. 137 Abs. 1 WRV beseitigte mit dem Verbot der Staatskirche das staatliche Kirchenregiment und damit die Grundlage der hoheitlichen Religionsfürsorge.

16 Das Verbot der Staatskirche untersagt zwar jede institutionelle Verbindung von Staat und Kirche. Die institutionelle Trennung verbietet die Wahrnehmung von Staatsaufgaben durch religiöse Organisationen und von religiösen Aufgaben durch staatliche Organisationen (vgl. etwa: Morlok, in: Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2008, Art. 137 WRV Rn. 18; Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2009, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 2; Korioth, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 4). Der Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche schließt aber eine - auch finanzielle - Förderung von Religion und Religionsgemeinschaften nicht aus (BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1977 a.a.O.). Eine Gemeinde kann sich der Förderung der in ihr tätigen Religionsgemeinschaften annehmen. Ebenso wie sie die kulturellen Bedürfnisse ihrer Einwohner etwa durch Förderung privater kultureller Einrichtungen unterstützen kann, kann sie auch die religiösen Bedürfnisse ihrer Einwohner etwa durch Leistungen an die Kirchengemeinde unterstützen.

17 Schon die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung selbst belegen, dass der Verfassungsgeber der Weimarer Reichsverfassung finanzielle Leistungen der öffentlichen Hand an die Religionsgemeinschaften nicht ausnahmslos und sofort hat beenden wollen.

18 Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV werden die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Mit Ablösung ist die zwangsweise Aufhebung gegen Entschädigung gemeint. Die Grundsätze hierfür hatte nach Art. 138 Abs. 1 Satz 2 WRV zunächst das Reich und hat jetzt der Bund aufzustellen. Nach dieser Vorschrift haben die von ihr erfassten Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften so lange unverändert Bestand, wie sie nicht durch Landesgesetze abgelöst werden. Grundsätze für diese Landesgesetzgebung hatte weder das Reich aufgestellt noch hat der Bund dies bisher getan. Die auf Ablösung der Staatsleistungen zielende Bestimmung hat sich deshalb in eine Bestandsgarantie für diese Staatsleistungen gewandelt (vgl. hierzu im Einzelnen: von Campenhausen/ de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, S. 281 ff.). Aus Art. 138 Abs. 1 WRV ergibt sich danach, dass die Weimarer Reichsverfassung zwar auch anstrebte, die finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirche zu entflechten, insoweit aber Leistungen an die Kirchen nicht untersagte, sondern die vorhandenen Ansprüche anerkannte und damit ihre weitere Erfüllung garantierte.

19 Art. 138 Abs. 1 WRV bezieht sich allerdings nicht auf die gemeindlichen Kirchenbaulasten, gleichgültig auf welchem Titel sie beruhen (Urteil vom 3. November 1967 - BVerwG 7 C 68.66 - BVerwGE 28, 179 <183>; Urteil vom 23. April 1971 - BVerwG 7 C 4.70 - BVerwGE 38, 76 <79>). Jedoch fallen die Rechte einer Kirche aus einer gemeindlichen Kirchenbaulast unter den Schutz der Kirchengutsgarantie aus Art. 140 GG, Art. 138 Abs. 2 WRV. Nach Art. 138 Abs. 2 WRV werden das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen gewährleistet. Ansprüche aus gemeindlichen Kirchenbaulasten gehören zu dem sonstigen Vermögen, das für Kultuszwecke bestimmt ist. Art. 138 Abs. 2 WRV erfasst nicht nur die Kultusgegenstände selbst, sondern auch das für Kultuszwecke bestimmte Vermögen. Dazu gehören zweckgebundene Ansprüche, die der Erhaltung von Kirchen als einem dem Kultus bestimmten Gebäude dienen (Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 7 C 1.08 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>). Der Verfassungsgeber der Weimarer Reichsverfassung hat zwar überkommene gemeindliche Kirchenbaulasten in Art. 138 Abs. 2 WRV nicht eigens erwähnt. Da sich aber, wie Art. 138 Abs. 1 WRV zeigt, der Weimarer Reichsverfassung kein generelles Verbot finanzieller Leistungen der öffentlichen Hand an die Kirchen entnehmen lässt, erfasst Art. 138 Abs. 2 WRV die bei seinem Inkrafttreten bestehenden vermögensrechtlichen Ansprüche und garantiert diese.

20 b) Leistungen der öffentlichen Hand an die Kirchen unterliegen zwar seit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung Einschränkungen, die sich aus ihren fortgeltenden staatskirchenrechtlichen Bestimmungen herleiten lassen. Es sind dies der Grundsatz der weltanschaulichen und religiösen Neutralität des Staates sowie der Grundsatz der Parität. Die Erfüllung überkommener gemeindlicher Kirchenbaulasten ist aber mit diesen Grundsätzen vereinbar.

21 aa) Der Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates verbietet dem Staat, sich mit einer Religion, einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft inhaltlich zu identifizieren (Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, S. 166 ff.; Morlok, in: Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2008, Art. 137 WRV Rn. 20; Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2009, Art. 140 GG/ Art. 137 WRV Rn. 2; Korioth, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 140 GG/ Art. 137 WRV Rn. 9). An einer solchen Identifikation mit einer bestimmten Religion fehlt es, wenn die öffentliche Hand vorkonstitutionell begründete Rechtspflichten erfüllt. In derartigen Leistungen verwirklicht sich kein Engagement der öffentlichen Hand zu Gunsten einer bestimmten Religion (Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, S. 169).

22 bb) Der Grundsatz der Parität bedeutet den Anspruch der Bekenntnisse auf gleiche Behandlung. Er ist die staatskirchenrechtliche Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 GG. Der Grundsatz der Parität verbietet die Erfüllung vorkonstitutionell begründeter gemeindlicher Kirchenbaulasten nicht.

23 Das lässt sich allerdings nicht mit der Erwägung begründen, dem Paritätsgebot werde genügt, wenn es in vornehmlich katholischen Gegenden Kirchenbaulasten für katholische Kirchengemeinden und in vornehmlich protestantischen Gegenden Kirchenbaulasten für protestantische Kirchengemeinden gebe (so aber noch Urteil vom 23. April 1971 - BVerwG 7 C 4.70 - BVerwGE 38, 76 <80>). Art. 3 GG verpflichtet den einzelnen Hoheitsträger, der für seinen jeweiligen Zuständigkeitsbereich den Gleichheitssatz zu beachten hat. Das ist hier die Gemeinde. Die Frage einer Ungleichbehandlung der verschiedenen Bekenntnisse ist deshalb auf dieser Ebene zu prüfen. Eine Ungleichbehandlung dort kann nicht durch eine möglicherweise entgegengesetzte Ungleichbehandlung im Bereich eines anderen Hoheitsträgers ausgeglichen werden (Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, S. 181).

24 Jedoch verlangt das Grundgesetz nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich behandelt. Vielmehr sind Differenzierungen zulässig, die durch tatsächliche Verschiedenheiten der einzelnen Religionsgemeinschaften bedingt sind. Deshalb ist der Staat insbesondere bei Maßnahmen zulässiger positiver Religionspflege nicht gehalten, alle Gemeinschaften ohne Unterschied zu fördern, wenn sachliche Gesichtspunkte für eine differenzierende Behandlung vorhanden sind. Zu den zulässigen Differenzierungskriterien bei der Gewährung staatlicher Vergünstigungen zählen die äußere Größe und Verbreitung einer Religionsgesellschaft, der Grad ihrer öffentlichen Wirksamkeit oder ihre kultur- und sozialpolitische Stellung in der Gesellschaft (Urteil vom 15. November 1990 - BVerwG 7 C 9.89 - BVerwGE 87, 115 <127 f.>).

25 Eine entsprechende Differenzierung ist daher auch den Gemeinden bezogen auf die örtlichen Verhältnisse erlaubt. Dies kann eine nur einseitige Förderung einer Kirchengemeinde durch Beiträge zu den Lasten der Kirchenunterhaltung erlauben, wenn dies der örtlichen Bedeutung der Kirchengemeinde entspricht.

26 Abgesehen davon beruht die Fortsetzung finanzieller Förderung der Kirchengemeinde hier auf einer überkommenen vertraglichen Verpflichtung. Es ist nicht sachwidrig, danach zu differenzieren, ob ein Begünstigter einen vertraglichen Anspruch hat oder nicht.

27 2. Die Beklagte kann nicht wegen einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, nach § 60 VwVfG BW eine Anpassung des Vertrages verlangen oder sich vom Vertrag lösen.

28 a) § 60 VwVfG BW ist unmittelbar auch auf solche Verträge anwendbar, die vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgeschlossen wurden, aber als Dauerschuldverhältnisse noch nicht abgewickelt sind. § 60 VwVfG BW regelt ganz allgemein die Anpassung bereits bestehender Verträge an grundlegend veränderte Verhältnisse (Urteil vom 26. Januar 1995 - BVerwG 3 C 21.93 - BVerwGE 97, 332 <340>).

29 Der Anspruch auf Anpassung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an wesentlich veränderte Verhältnisse nach § 60 VwVfG BW ist bei Weigerung des Vertragsgegners nicht ausschließlich durch eine Klage geltend zu machen, die auf die Anpassung des Vertrages gerichtet ist. Der Anspruch kann vielmehr als rechtsvernichtende Einrede auch einer Leistungsklage entgegengesetzt werden, die auf den Vertrag gestützt ist (Urteil vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 3 C 1.01 - Buchholz 316 § 60 VwVfG Nr. 6).

30 Kommunale Kirchenbaulasten fallen zwar unter den Schutz der Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG, Art. 138 Abs. 2 WRV. Sie werden dadurch aber nicht schlechthin vor den Rechtsfolgen bewahrt, welche die Rechtsordnung auch sonst an eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse knüpft, auf denen ein Recht beruht. So können kommunale Kirchenbaulasten, die auf Gewohnheitsrecht beruhen, wegen grundsätzlicher Veränderung der Verhältnisse untergehen (Urteil vom 3. November 1967 - BVerwG 7 C 68.66 - BVerwGE 28, 179, 183; Urteil vom 23. April 1971 - BVerwG 7 C 4.70 - BVerwGE 38, 76). Daraus ergibt sich ohne Weiteres, dass vertraglich begründete kommunale Kirchenbaulasten bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse grundsätzlich der Anpassung nach § 60 VwVfG BW unterliegen.

31 b) Jedoch haben sich die Verhältnisse seit Abschluss des Vertrages nicht so wesentlich verändert, dass der Beklagten das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht mehr zuzumuten ist.

32 aa) Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt zwar in dem Wegfall der hoheitlichen Religionsfürsorge. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich und den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, die hoheitliche Religionsfürsorge habe die vereinbarte Unterstützung der Errichtung einer eigenständigen Pfarrei in A. maßgeblich bestimmt.

33 Jedoch ist der Beklagten zumutbar, an dem Vertrag festzuhalten. Diese Zumutbarkeit kann nicht, jedenfalls nicht ausschließlich, subjektiv nach den Vorstellungen nur einer Partei bestimmt werden. Es greift deshalb zu kurz, nur danach zu fragen, ob die Beklagte auch heute ohne den Hintergrund einer hoheitlichen Religionsfürsorge den Vertrag noch so wie seinerzeit abschließen würde. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch objektive Umstände, die die fortdauernde Erfüllung einer Verpflichtung als zumutbar oder unzumutbar beeinflussen können. Dazu gehören namentlich die Wertungen der Verfassung.

34 Kommunale Kirchenbaulasten werden durch die Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG, Art. 138 Abs. 2 WRV erfasst. Da der Verfassungsgeber der Weimarer Reichsverfassung die kommunalen Kirchenbaulasten unter den Schutz der Kirchengutsgarantie des Art. 138 Abs. 2 WRV gestellt hat, können als bestandsverändernd nicht solche Umstände berücksichtigt werden, die dem Verfassungsgeber bekannt waren, weil er sie selbst geschaffen hat, wie die Beseitigung des landesherrlichen Kirchenregiments in Art. 137 Abs. 1 WRV und damit einhergehend der Wegfall der hoheitlichen Religionsfürsorge. Jedenfalls rechtfertigt die Wertentscheidung des Verfassungsgebers der Weimarer Reichsverfassung in Art. 138 Abs. 2 WRV zu Gunsten eines Schutzes überkommenener Kirchenbaulasten, dass die gleichzeitig durch Art. 137 Abs. 1 WRV bewirkte Beseitigung der hoheitlichen Religionsfürsorge nicht als ein Umstand bewertet werden darf, der den verpflichteten Gemeinden ein Festhalten an den hergebrachten Verpflichtungen im Verständnis von § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG BW unzumutbar macht.

35 Davon abgesehen kann sich die Gemeinde der Förderung der in ihr tätigen Religionsgemeinschaften annehmen, auch wenn keine staatliche Verpflichtung zu hoheitlicher Religionsfürsorge mehr besteht. Die eingegangene Verpflichtung zur Unterhaltung des Kirchengebäudes verliert damit durch den Verfassungswandel ihren Sinn nicht in einer Weise, dass ein Festhalten an der Verpflichtung unzumutbar wird.

36 Dem entspricht das konkrete Verhalten der Beteiligten. Mag zunächst die hoheitliche Religionsfürsorge in der Vorstellung beider Vertragsparteien die Übernahme der Baulast durch die Gemeinde maßgeblich bestimmt haben, so haben beide Vertragsparteien doch trotz Wegfalls dieser Grundlage den Vertrag unangefochten über viele Jahrzehnte weiter praktiziert. Der Verwaltungsgerichtshof hat für den Senat bindend festgestellt, dass nicht nur die Gemeinde A., sondern auch die Beklagte unter Hinweis auf ihre subsidiäre Baupflicht Zuschüsse zu Baumaßnahmen der Kirchengemeinde geleistet haben. Die Vertragsparteien haben sich damit auf die neue Lage nach dem verfassungsrechtlichen Wandel des Verhältnisses von Staat und Kirche eingestellt und ihren Vertrag auf eine neue Geschäftsgrundlage gestellt. Die Beklagte kann auch aus diesem Grund eine Anpassung nicht auf Grund eines Umstandes verlangen, dessen Eintritt Jahrzehnte zurückliegt, ohne dass sie oder ihre Rechtsvorgängerin ihre Leistungspflicht in Frage gestellt hätten.

37 Im Übrigen gibt § 60 VwVfG ein Gegenrecht, dessen Ausübung seinerseits den Geboten von Treu und Glauben unterliegt. Schon vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze standen nach einem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts öffentlich-rechtliche Verträge unter dem Vorbehalt, dass sich die Geschäftsgrundlage nicht wesentlich ändert. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin haben die sich daraus ergebenden Rechte über nahezu acht Jahrzehnte nicht ausgeübt, sondern ihre vertraglichen Pflichten vorbehaltlos erfüllt. Die Eingliederung der Gemeinde A. in die Beklagte bildet dabei keinen Einschnitt. Die Beklagte muss sich als Gesamtrechtsnachfolgerin der Gemeinde A. deren Verhalten zurechnen lassen. Ihr geltend gemachtes Recht, die Anpassung des Vertrages zu verlangen oder ihn zu kündigen, ist damit jedenfalls verwirkt. Die Kirchengemeinde konnte sich darauf einstellen, dass der Vertrag fortgilt, und deshalb beispielsweise davon absehen, Rücklagen für allfällige Instandhaltungsmaßnahmen zu bilden.

38 bb) Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist hier nicht durch eine Verschiebung in der konfessionellen Zusammensetzung der Einwohnerschaft im Gebiet der Gemeinde bewirkt worden. Maßgeblich abzustellen ist dabei auf den Ortsteil A. Er stellt nach wie vor den Bezugspunkt der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung dar.

39 Das Bundesverwaltungsgericht hat es als unschädlich angesehen, wenn sich der Anteil der Einwohner, die einer anderen Konfession angehören, an der Gesamteinwohnerschaft von früher 10 % auf 25 % gesteigert hat (Beschluss vom 17. Dezember 1973 - BVerwG 7 B 67.73 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 18).

40 Der konkrete Fall bietet keinen Anlass, eine zahlenförmig ausgedrückte Grenze festzulegen, von der an eine Verschiebung in der Konfessionszugehörigkeit der Bevölkerung eine so wesentliche Änderung der Verhältnisse bedeutet, dass einer Gemeinde das Festhalten an einer Baulastverpflichtung nicht mehr zumutbar ist. Ebenso wenig bedarf einer Entscheidung, ob allein die Änderung der konfessionellen Zusammensetzung der Bevölkerung einer Gemeinde überhaupt geeignet ist, den Wegfall einer Kirchenbaulast wegen Änderung der maßgebenden Verhältnisse zu rechtfertigen (Beschluss vom 25. März 1981 - BVerwG 7 B 52.80 - Buchholz 11 Art 140 GG Nr. 28). Maßgeblich wird allgemein sein, ob die in Rede stehende Kirche auch bei geänderter konfessioneller Zusammensetzung der Bevölkerung für die örtliche Gemeinschaft noch von einer solchen Bedeutung ist, dass ihre weitere Förderung der baupflichtigen Gemeinde nicht unzumutbar ist. Von einer solchen Unzumutbarkeit kann hier keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, bezogen auf den maßgeblichen Ortsteil A. der Beklagten habe nach den verfügbaren Angaben für das Jahr 1999 der weit überwiegende Teil der Bevölkerung (nämlich 82 %) noch der römisch-katholischen Kirche angehört.

41 cc) Die mittlerweile fehlende Finanzausstattung des Klägers gibt der Beklagten nicht das Recht, sich wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse vom Vertrag zu lösen oder dessen Anpassung zu verlangen.

42 Dass der primär Baupflichtige nicht zahlungsfähig ist, stellt für sich allein noch keine Änderung der Verhältnisse dar, sondern ist gerade vertragliche Voraussetzung für die Einstandspflicht der Beklagten. Die Vertragsparteien mögen die Vorstellung gehabt haben, dass der Kläger als primär Baupflichtiger bei Notwendigkeit baulicher Unterhaltungsmaßnahmen über Mittel verfügt, die Kosten zumindest teilweise zu tragen. Die Gemeinde A. ist aber ihre Verpflichtung gerade für den Fall eingegangen, dass diese Erwartung enttäuscht wird. Sie soll das Risiko abdecken, dass der primär Baupflichtige nicht zahlungsfähig ist. Sie trägt das Risiko mangelnder Zahlungsfähigkeit des primär Baupflichtigen.

43 Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die mangelnde Zahlungsfähigkeit des Klägers auf dessen völliger Vermögenslosigkeit beruht. Die Beklagte wird zwar nicht deshalb in Anspruch genommen, weil aus dem (zunächst) vorhandenen Kapital nicht hinreichend Erträge erwirtschaftet wurden, um im konkreten Baulastfall die Kosten zu decken. Vielmehr ist das Kapital selbst nicht mehr vorhanden. Der Vertrag unterscheidet aber nicht danach, auf welchen Gründen die mangelnde Zahlungsfähigkeit des primär baupflichtigen Klägers beruht.

44 Die Beklagte könnte gegen ihre Inanspruchnahme allenfalls den Einwand des Rechtsmissbrauchs erheben, wenn die Kirchengemeinde die subsidiäre Inanspruchnahme der Beklagten als Dauerzustand durch mangelnde Ausstattung des Klägers mit finanziellen Mitteln herbeigeführt hätte. Das setzte aber wiederum voraus, dass die Kirchengemeinde verpflichtet war und ist, für eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Klägers zu sorgen.

45 Eine ausdrückliche Verpflichtung hierzu enthält der Vertrag nicht, wie der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch keine Tatsachen festgestellt, auf deren Grundlage im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung eine Pflicht der Kirchengemeinde zur Dotierung des Klägers angenommen werden müsste. Eine solche Verpflichtung entspräche nicht den Vorstellungen der Vertragsparteien, wie sie sich im Vertrag und den festgestellten Umständen seines Abschlusses niedergeschlagen haben. Festgelegt ist nur eine primäre Baulast des Klägers als Baufonds. Dieser machte nur einen Teil des gesamten Vermögens der Kirchengemeinde aus. Daraus folgt, dass die politische Gemeinde nicht nachrangig nach dem gesamten Vermögen der Kirchengemeinde einstehen sollte. Das spricht dagegen, die Kirchengemeinde müsse mit ihrem übrigen Vermögen den Baufonds dotieren, um eine Inanspruchnahme der politischen Gemeinde zu vermeiden. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind die Gründung einer eigenen Kirchengemeinde und der Bau von Kirche und Pfarrhaus nur dadurch zustande gekommen, dass hierfür Vermögen testamentarisch gestiftet worden war. Die politische Gemeinde A. hatte von vornherein erklärt, die Mittel für Bau und Unterhaltung der Kirche aufzubringen, soweit das gestiftete Vermögen nicht ausreiche. Vor diesem Hintergrund wird ebenfalls deutlich, dass über das gestiftete Vermögen hinaus kein Vermögen der Kirchengemeinde für Bau und Unterhaltung des Kirchengebäudes eingesetzt werden sollte.

46 Wie der Verwaltungsgerichtshof zudem festgestellt hat, war der Kläger von vornherein nur mit einem Kapital ausgestattet, das auf Dauer nicht ausreichen konnte, aus seinen Erträgen die Unterhaltung der Kirche zu finanzieren. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen hat die Beklagte keine Verfahrensrüge erhoben. Ein Verzehr auch des Kapitals und damit die generelle Leistungsunfähigkeit des Klägers war damit bei Abschluss des Vertrages absehbar. Die vor Errichtung der Kirche noch geäußerte Erwartung, der Gemeinde werde aus der Errichtung der Kirche keine Last erwachsen, war dadurch hinfällig geworden, dass die Errichtung der Kirche die Mittel des Baufonds im Wesentlichen aufgezehrt hatte. Gleichwohl hat die politische Gemeinde sich in dem Vertrag darauf eingelassen, dass ihr nur der Baufonds als Baulastpflichtiger vorgeht.

47 Eine mangelnde Dotierung des Baufonds könnte die Beklagte der Kirchengemeinde danach allenfalls dann als treuwidriges Verhalten vorwerfen, wenn das vorhandene Kapital durch zweckwidrige Verwendung oder Misswirtschaft geschwunden wäre. So liegt der Fall indes nicht. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf ein Schreiben der zuständigen Stelle der Erzdiözese festgestellt hat, ist das Vermögen mit der Inflation nach dem 1. Weltkrieg und der Währungsumstellung verloren gegangen.

48 3. Der danach weiter zu erfüllende Vertrag räumt in seiner Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof der Kirchengemeinde G. als Begünstigter unmittelbar einen eigenen Anspruch ein. Der Anspruch der Kirchengemeinde ist auf eine bloße Kostenerstattung gerichtet. Die Beklagte schuldet danach auf Grund des Vertrages nicht die notwendigen Maßnahmen zur Unterhaltung des Kirchengebäudes, die sie entweder selbst vorzunehmen oder in Auftrag zu geben hätte. Sie schuldet vielmehr nur (subsidiär) die Erstattung der Kosten, welche die Kirchengemeinde für Maßnahmen der Unterhaltung des Kirchengebäudes hat aufwenden müssen. Die Leistungspflicht der Beklagten setzt dabei nicht voraus, dass die Kirchengemeinde zuvor ein Einvernehmen mit der Beklagten über Art und Umfang der Baumaßnahmen hergestellt hat.

49 An diese Auslegung des Vertrages ist der Senat gebunden. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht gegen die allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) verstoßen. Nach diesen Regeln bestand auch kein Anlass, die Notwendigkeit eines vorherigen Einvernehmens mit den beabsichtigten Baumaßnahmen als zusätzliches Erfordernis in den Vertrag hineinzuinterpretieren, weil die Beklagte anderenfalls der Willkür der Kirchengemeinde ausgeliefert ist, wie sie meint. Was unter der Unterhaltung der Kirche zu verstehen ist, ergibt sich aus einer Auslegung des Vertrages, die auch die seinerzeit allgemein praktizierte Übung bei Kirchenbaulasten einbezieht. Geschuldet wird nur die Erstattung von Kosten für Maßnahmen, die notwendig waren. Hierüber haben - wie geschehen - im Streitfalle die Gerichte zu entscheiden. Im Übrigen ist die Frage, in welcher Höhe der geltend gemachte Anspruch besteht, Gegenstand des Betragsverfahrens.

50 Allerdings ist die Kirchengemeinde G. bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche auch gehalten, auf die haushaltsrechtlichen Möglichkeiten der Beklagten Rücksicht zu nehmen. Der Beklagten stehen - auch mit Blick auf weitere Kirchengemeinden in ihrem Stadtgebiet - jährlich nur begrenzte Haushaltsmittel zur Verfügung. Das kann ein Einvernehmen zwischen Kirchengemeinde und Beklagter erforderlich machen, ob Baumaßnahmen zeitlich gestreckt verwirklicht werden oder die Kirchengemeinde in Vorlage geht und die Beklagte ihre Verpflichtung über mehrere Haushaltsjahre verteilt erfüllt. Zu weiteren Erörterungen hierzu gibt der konkrete Fall keinen Anlass.

51 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.