Beschluss vom 02.09.2014 -
BVerwG 8 PKH 2.13ECLI:DE:BVerwG:2014:020914B8PKH2.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.09.2014 - 8 PKH 2.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:020914B8PKH2.13.0]

Beschluss

BVerwG 8 PKH 2.13

  • VG Leipzig - 19.06.2013 - AZ: VG 1 K 1156/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. September 2014
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
und Dr. Held-Daab
beschlossen:

Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. S. zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, sie sei gemeinsam mit ihrer Schwester Edith V. und den Erben nach ihrer verstorbenen Schwester Johanna W. wegen überschuldungsbedingten Ausschlagens der Erbschaft nach ihrer Mutter Frieda Elsa K. restitutionsberechtigt bezüglich der Grundstücke F.straße ..., D.straße ..., G.Straße ... und H.straße ... in L. gewesen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin und ihre Schwestern hätten ihren Restitutionsantrag aufgrund einer Vereinbarung vom 26. November 1995, die mit der nachrangig berufenen Erbin Margot Sch. und der Firma T. GmbH geschlossen worden war, mit notariell beglaubigter Erklärung vom 27. November 1995 wirksam zurückgenommen und den dafür vereinbarten Geldbetrag sowie weitere Zahlungen erhalten. Jedenfalls sei der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch verwirkt. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Für dessen Durchführung begehrt sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten.

2 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die von der Klägerin erhobene Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 2 ZPO). Da die angegriffene Entscheidung sich auf zwei alternative, sie jeweils selbstständig tragende Begründungen stützt, kann die Beschwerde nur zum Erfolg führen, wenn für jede der beiden Alternativbegründungen ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO geltend gemacht wird und vorliegt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Das ist ungeachtet der umfangreichen Beschwerdebegründung offenkundig nicht der Fall.

3 1. Die Rügen betreffend die Annahme, der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch sei wegen wirksamer Rücknahme des Restitutionsantrags erloschen, greifen nicht durch. Die Rechtssache hat insoweit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Darlegungsanforderungen an eine Divergenzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Nr. 3 VwGO sind nicht erfüllt. Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf denen das verwaltungsgerichtliche Urteil insoweit beruhen könnte, sind teils schon nicht substantiiert dargetan und liegen im Übrigen nicht vor.

4 a) Die Beschwerdebegründung formuliert keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (zu diesem Erfordernis des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14). Sie macht lediglich Fehler bei der Anwendung der zivilrechtlichen Rechtsnormen, insbesondere über die Abgabe, Zurechnung und Wirksamkeit empfangsbedürftiger Willenserklärungen, sowie die Missachtung der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung geltend. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Sorgfalt der Klägerin und ihrer Schwestern überspannt, wirft ebenfalls keine rechtsgrundsätzlichen Fragen zu § 276 Abs. 2 BGB auf. Beanstandet wird nur die verwaltungsgerichtliche Subsumtion unter die bereits geklärten Maßstäbe dieser Norm. Soweit die Beschwerde ausführt, die zuständige Behörde habe nach Treu und Glauben nicht von einer wirksamen Rücknahmeerklärung ausgehen oder die Klägerin und deren Schwestern jedenfalls nicht daran festhalten dürfen, kritisiert sie die rechtliche Würdigung der Vorinstanz im Stil einer Berufungsbegründung, ohne rechtsgrundsätzliche Fragen herauszuarbeiten. Gleiches gilt für die Kritik an der verwaltungsgerichtlichen Würdigung des Vortrags zur Anfechtung der Rücknahmeerklärung, an dem die Klägerin im Übrigen nicht mehr festhält (vgl. S. 71 der Beschwerdebegründung).

5 Unabhängig davon übersieht die Beschwerdebegründung, dass die Erheblichkeit von Rechtsfragen auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zu beurteilen ist, an die der Senat im angestrebten Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO mangels wirksamer Verfahrensrügen (dazu sogleich unter 1.c) gebunden wäre. Der in der „Chronologie der tatsächlichen Abläufe“ geschilderte und in der weiteren Beschwerdebegründung ausgeführte Sachverhalt kann der revisionsrechtlichen Prüfung daher nicht zugrunde gelegt werden, soweit er über die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen hinausgeht oder diesen widerspricht. So käme es auf die Frage, ob dem Dokument vom 27. November 1995 Erklärungswert zugemessen werden durfte, wenn die Unterschriften vor Abschluss der Vereinbarung als „Unterschriftsproben“ auf einem teilweise abgedeckten Blatt blanko geleistet und erst nachträglich ohne Wissen und Wollen der Unterzeichnenden durch den vorangestellten Rücknahmetext „ergänzt“ wurden, wegen der gegenteiligen, bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht an. Diese hat keine Blanko-Unterzeichnung angenommen, sondern ist davon ausgegangen, das zur Unterschrift vorbereitete Blatt habe den Rücknahmetext bei der Unterzeichnung durch die Klägerin und ihre Schwestern schon enthalten; selbst wenn der Text - dem Klägervorbringen zufolge - von Ausweispapieren verdeckt gewesen sein sollte, hätten die Klägerin und ihre Schwestern sich durch Beiseiteschieben dieser Papiere unschwer vergewissern können, worauf die von ihnen erbetenen Unterschriften sich bezogen (UA S. 19 f.). Der Vortrag der Beschwerde, die Unterschriften seien falsch beurkundet und in betrügerischer Absicht hinter dem Rücken der Betroffenen missbraucht worden (S. 47, 49, 69 der Beschwerdebegründung), geht von Tatsachen aus, die das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat, und wäre der revisionsrechtlichen Prüfung nicht zugrunde zu legen.

6 b) Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht prozessordnungsgemäß dargetan. Die Beschwerde hätte einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen müssen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen, deren Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprach (stRspr; z.B. Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 18). Sie macht nur geltend, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtssätze seien außer Acht gelassen oder unrichtig angewendet worden. Soweit sie sich auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bezieht, übersieht sie, dass diese nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht als Divergenzentscheidungen in Betracht kommen (vgl. Beschluss vom 26. Januar 2010 - BVerwG 9 B 40.09 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 48 unter 1.).

7 c) Die Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), die bezüglich der Annahme einer wirksamen Antragsrücknahme geltend gemachten werden, liegen, soweit sie ordnungsgemäß gerügt sind (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), nicht vor.

8 Mit den Einwänden gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist keine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 VwGO dargetan. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen bzw. unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, genügt dazu nicht. (Vermeintliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können daher grundsätzlich keinen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründen. Eine Ausnahme kommt bei aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Feststellungen in Betracht, ebenso bei Ausblenden wesentlichen Prozessstoffs oder bei Feststellungen ins Blaue hinein (stRspr; z.B. Beschluss vom 22. Mai 2008 - BVerwG 9 B 34.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 65). Derartige Mängel haften dem angegriffenen Urteil nicht an.

9 Ein Verstoß gegen Denkgesetze ist nicht schon anzunehmen, wenn das Tatsachengericht nach Auffassung der Klägerin unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezogen hat. Es muss sich vielmehr um Schlussfolgerungen handeln, die aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden können und objektiv willkürlich sind (stRspr; z.B. Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 und vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 S. 17 m.w.N.). Solche Schlussfolgerungen zeigt die Beschwerde nicht auf. Die auf Indizien gestützte Annahme des Verwaltungsgerichts, die Urkunde vom 27. November 1995 habe bei der Unterzeichnung bereits den Text der Rücknahmeerklärung enthalten, war nicht denklogisch ausgeschlossen. Von einer objektiv willkürlichen Beweiswürdigung kann ebenfalls nicht die Rede sein. Das gilt auch, soweit das Verwaltungsgericht die unter dem Datum des 26. November 1995 vereinbarte Verpflichtung der Klägerin und ihrer Schwestern, ihre vermögensrechtlichen „Ansprüche“ zurückzunehmen, als Indiz für das Bestehen eines Rücknahmewillens bei der Unterzeichnung des Schriftstücks vom 27. November 1995 gewertet hat. Die Behauptung der Klägerin, die Vereinbarung sei erst nach diesem Schriftstück am 27. November 1995 unterzeichnet worden, beruft sich auf einen abweichenden Geschehensablauf, ohne aufzuzeigen, dass die verwaltungsgerichtliche Würdigung denklogisch ausgeschlossen war. Die Gesetze der Logik und das Willkürverbot hinderten die Vorinstanz schließlich nicht, sich bei der Würdigung des Tatsachenvortrags zu den von der Klägerin erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen auch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Jahr 2002 zu berücksichtigen. Im Übrigen geht die Klägerin selbst davon aus, es sei nicht mehr aufzuklären, ob der Rücknahmetext erst nach der Unterschriftsleistung eingefügt worden sei (vgl. S. 30, erster Absatz der Beschwerdebegründung). Das Verwaltungsgericht hat auch nicht aus dem Fehlen einer Anfechtung der Rücknahme gefolgert, es liege keine Täuschung vor. Es hat lediglich geprüft, ob die nach seiner materiell-rechtlichen Beurteilung wirksame Rücknahme durch eine Anfechtung gemäß §§ 119, 121 BGB entfallen sein könnte.

10 Aktenwidrige Feststellungen und Tatsachenfeststellungen ins Blaue hinein werden nicht substantiiert dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Aktenwidrigkeit setzt einen zweifelsfreien, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlichen Widerspruch zwischen einer Feststellung der Vorinstanz und dem Akteninhalt voraus (Beschluss vom 16. März 1999 - BVerwG 9 B 73.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 7). Ein solcher Widerspruch ist nicht dargetan. Insbesondere genügt dazu nicht der Vortrag, das Verwaltungsgericht hätte die undatierten, nicht unterzeichneten, den Beteiligten nicht mitgeteilten Bescheidentwürfe, die bei den Unterlagen des Jahres 1994 abgeheftet waren, dem Jahr 1995 zuordnen und als Beleg für widersprüchliches, pflichtwidriges Handeln der Behörde werten müssen. Bei der Annahme der Vorinstanz, der Vereinbarung vom 26. November 1995 zufolge habe Herr B. der Beklagten die Rücknahmeerklärung übersenden sollen, handelt es sich nicht um eine Feststellung ins Blaue hinein, sondern um eine tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung. Sie stützt sich maßgeblich auf die verabredete Bedingung für die Zahlung von 250 000 DM an die Klägerin und ihre Schwestern. Der Vorwurf selektiver Verwertung des Prozessstoffs ist nicht substantiiert und übersieht, dass der Prüfung von Verfahrensfehlern die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz zugrunde zu legen ist, nach der es auf weitere von der Klägerin für wesentlich gehaltene Umstände und Tatsachenbehauptungen nicht ankam.

11 Ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) geht aus der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht hervor. Das Verwaltungsgericht hat weder wesentliches Klagevorbringen übergangen noch eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

12 Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist aber nicht verpflichtet, sich ausdrücklich mit sämtlichen Tatsachen und Rechtsansichten auseinanderzusetzen. Nur wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei zu einer Frage, die nach seiner eigenen Einschätzung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, lässt dies darauf schließen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat (stRspr; z.B. Urteil vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.). Das ist hier nicht dargelegt. Die Vorinstanz hat sich mit dem nach ihrer materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag, insbesondere zum Wortlaut des Schriftstücks vom 27. November 1995 und den Umständen seiner Unterzeichnung sowie den darauf bezogenen strafrechtlichen Vorwürfen im Einzelnen auseinandergesetzt. Gleiches gilt für den Vortrag zu angeblichen Pflichtverletzungen der zuständigen Behörde und die wesentlichen Einwände der Klägerin gegen die Annahme einer wirksamen Rücknahmeerklärung und ihrer Zurechenbarkeit. Auf die nach Auffassung der Klägerin bedeutsame Reihenfolge der Unterzeichnung der Vereinbarung und der Rücknahmeerklärung kam es aus der materiell-rechtlichen Sicht des Gerichts nicht entscheidungserheblich an. Wie sich aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen ergibt, hielt es vielmehr für maßgeblich, dass die Klägerin und ihre Schwestern sich jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Schriftstücks vom 27. November 1995 zur Rücknahme ihrer „Ansprüche“ gegenüber der zuständigen Behörde verpflichtet hatten, in dieser Verpflichtung zunächst bereits die Rücknahme sahen und den Abschluss der Vereinbarung auch später nicht in Abrede stellten. Die eidesstattlichen Versicherungen der Klägerin, deren Verhalten im weiteren Verfahren sowie die Anträge und Stellungnahmen ihrer Schwester Edith V. hat die Vorinstanz ebenfalls gewürdigt. Dass sie - ohne Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO (dazu oben Rn. 8 ff.) - zu einer anderen Sachverhaltswürdigung gelangt ist als die Klägerin und auch deren rechtlicher Würdigung nicht gefolgt ist, begründet keine Gehörsverletzung.

13 Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe ohne vorherigen Hinweis auf den Ausgang des Ermittlungsverfahrens abgestellt, ist ebenfalls unbegründet. Da das Klagebegehren sich maßgeblich auf den Vortrag stützte, die Rücknahmeerklärung sei durch strafbare Täuschung und Betrug erwirkt worden, musste die bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretene Klägerin auch ohne ausdrücklichen gerichtlichen Hinweis von der Relevanz des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ausgehen. Dass das Urteil erhebliches Vorbringen zu Mängeln der strafrechtlichen Beurteilung übergangen hätte, ist nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen räumt die Beschwerdebegründung (S. 10) selbst ein, der richterliche Untersuchungsbericht spreche nur von einem Verdacht auf „eventuell unrechtmäßige Handlungen“ und stelle fest, der Berichtsfall der Klägerin und ihrer Schwestern habe im Einzelnen nicht mehr untersucht werden können.

14 Ein Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht prozessordnungsgemäß nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargetan. Dazu hätte substantiiert dargelegt werden müssen, welche tatsächlichen Fragen aufklärungsbedürftig waren, welche Beweise die Klägerin angetreten hat oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht nach dessen Rechtsauffassung auch ohne förmlichen Beweisantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches Ergebnis von einer entsprechenden Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre und inwieweit dies zu einer für sie günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Urteile vom 12. Februar 1998 - BVerwG 3 C 55.96 - BVerwGE 106, 177 <182> = Buchholz 421.8 Stiftungsrecht Nr. 6 und vom 20. April 2004 - BVerwG 1 C 13.03 - BVerwGE 120, 298 <303> = Buchholz 402.240 § 87 AuslG Nr. 2). Das ist hier weder in Bezug auf den Stand der behördlichen Abstimmung betreffend die rechtliche Einschätzung unvollständiger Kettenerbausschlagungen im November 1995 geschehen, noch in Bezug auf die Umstände der Unterzeichnung des Schriftstücks vom 27. November 1995 und der auf den 26. November 1995 datierten Vereinbarung. Auch die übrigen Vorwürfe mangelnder Aufklärung werden pauschal erhoben, ohne darzulegen, weshalb die angeblich noch klärungsbedürftigen Umstände nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wären.

15 2. Die zweite selbstständig tragende, auf eine Verwirkung etwaiger Restitutionsansprüche abstellende Begründung wird ebenfalls nicht mit wirksamen Rügen angegriffen. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe den Begriff der Verwirkung verkannt und nicht auf schutzwürdiges Vertrauen von Frau Sch. abstellen dürfen, bezeichnet weder eine grundsätzlich klärungsbedürftige und im Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage, noch arbeitet sie einen Rechtssatzwiderspruch zu einer Divergenzentscheidung heraus (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO). Der Kritik an der Annahme einer Verwirkung sind auch keine substantiierten Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu entnehmen; sie setzt lediglich die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Klägerin an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichts.

16 3. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe versäumt, die Erben der Frau Margot Sch. beizuladen, ist ebenfalls nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Das angegriffene, klageabweisende Urteil kann nicht auf diesem Verfahrensmangel beruhen. Da das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nicht zu den absoluten Revisionsgründen des § 138 VwGO zählt, kommt es darauf an, ob der Beiladungsmangel sich im Hinblick auf den Zweck des § 65 Abs. 2 VwGO auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann (Urteil vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 30.84 - BVerwGE 74, 19 <22> = Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 36 S. 16 f.; Beschlüsse vom 17. Juli 1990 - BVerwG 3 C 77.88 - IFLA 1991, 47 f. und vom 22. April 2003 - BVerwG 8 B 144.02 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 143 S. 13). Das Unterbleiben einer notwendigen Beiladung kann sich nicht auswirken, wenn dem Beizuladenden aus dem angegriffenen Urteil keine Nachteile entstehen können und die Sachentscheidung - mangels anderer wirksam gerügter Mängel - Bestand haben muss (Beschlüsse vom 23. September 1988 - BVerwG 7 B 150.88 - BVerwGE 80, 228 <230> = Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 93 und vom 30. Juli 1990 - BVerwG 7 B 71.90 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 109 S. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Das angegriffene Urteil hat die Klage auf Feststellung der vermögensrechtlichen Berechtigung bezüglich der von Frau Sch. veräußerten Grundstücke abgewiesen. Es bietet damit keine Grundlage für Forderungen der Klägerin gegen die Erben der Frau Sch., deren Durchsetzbarkeit ohne neuerliche gerichtliche Prüfung der Berechtigung von einer Einbeziehung der Erben in die Rechtskraftwirkung der Entscheidung abhinge. Die weiteren gegen das Urteil erhobenen Rügen greifen aus den oben unter 1. und 2. dargelegten Gründen ebenfalls nicht durch. Mit Rücksicht auf den Regelungszweck des § 65 Abs. 2 VwGO kann das Urteil auf dem Unterbleiben der Beiladung auch nicht schon beruhen, weil eine Beteiligung der Beigeladenen am Verfahren den Prozessverlauf - womöglich zugunsten der Klägerin - beeinflusst haben könnte. § 65 Abs. 2 VwGO bezweckt nicht, die Position eines am Verfahren Beteiligten zu stärken und in seinem Interesse die Möglichkeiten der Sachaufklärung zu verbessern; die Vorschrift dient allein dem Schutz des Beizuladenden und der Prozessökonomie (Beschlüsse vom 4. April 2000 - BVerwG 7 B 190.99 - VIZ 2000, 661 f., vom 22. April 2003 - BVerwG 8 B 144.02 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 143 und vom 16. September 2009 - BVerwG 8 B 75.09 - NVwZ-RR 2010, 37 f.).

17 Da der Klägerin keine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, kann ihr auch kein Prozessbevollmächtigter gemäß § 121 ZPO beigeordnet werden.

Beschluss vom 04.11.2014 -
BVerwG 8 B 70.13ECLI:DE:BVerwG:2014:041114B8B70.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.11.2014 - 8 B 70.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:041114B8B70.13.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 70.13

  • VG Leipzig - 19.06.2013 - AZ: VG 1 K 1156/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. November 2014
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser und Dr. Held-Daab
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 258 031,97 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, sie sei gemeinsam mit ihrer Schwester Edith V. und den Erben nach ihrer verstorbenen Schwester Johanna W. wegen überschuldungsbedingten Ausschlagens der Erbschaft nach ihrer Mutter Frieda Elsa K. restitutionsberechtigt bezüglich der Grundstücke F.straße, D.straße, G.-Straße und H.straße in L. gewesen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin und ihre Schwestern hätten ihren Restitutionsantrag aufgrund einer Vereinbarung vom 26. November 1995, die mit der nachrangig berufenen Erbin Margot S. und der Firma T. GmbH geschlossen worden war, mit notariell beglaubigter Erklärung vom 27. November 1995 wirksam zurückgenommen und den dafür vereinbarten Geldbetrag sowie weitere Zahlungen erhalten. Jedenfalls sei der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch verwirkt. Die Revision gegen dieses Urteil hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Da die angegriffene Entscheidung sich auf zwei alternative, sie jeweils selbstständig tragende Begründungen stützt, ist der Beschwerde nur stattzugeben, wenn für jede der beiden Alternativbegründungen ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO geltend gemacht wird und vorliegt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Zur Geltendmachung ist gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 VwGO eine fristgemäße substantiierte Darlegung des jeweiligen Zulassungsgrundes erforderlich. Daran fehlt es bezüglich der erhobenen Grundsatz- und Divergenzrüge sowie hinsichtlich des überwiegenden Teils der Verfahrensrügen; die verbleibenden Rügen sind unbegründet.

3 Zur ersten wie zur zweiten selbstständig tragenden Alternativbegründung legt die Beschwerdebegründung keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dar, weil sie keine grundsätzlich klärungsbedürftige und im Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft. Die Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO sind ebenfalls für keine der beiden Alternativbegründungen erfüllt. Insoweit kann jeweils auf die Ausführungen in den Randnummern 3 bis 5 sowie 6 und 15 des Beschlusses des Senats vom 2. September 2014 - BVerwG 8 PKH 2.13 - verwiesen werden, mit dem das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin abgelehnt wurde.

4 Der Schriftsatz der Klägerin vom 9. Oktober 2014 kann den Mangel substantiierter Darlegung nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht beheben, weil er erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingereicht wurde. Die Frist endete zwei Monate nach Zustellung des vollständigen Urteils mit dem 22. Oktober 2013. Nach Fristablauf kann eine fehlende prozessordnungsgemäße Darlegung nicht mehr nachgeholt werden; die gerichtliche Prüfung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist auf fristgerecht dargelegte Zulassungsgründe beschränkt (vgl. Beschlüsse vom 14. Januar 1966 - BVerwG 5 B 148.65 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 50 S. 55 f. und vom 11. September 1990 - BVerwG 1 CB 6.90 - juris Rn. 2 <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 300 § 185 GVG Nr. 2>; Pietzner/Bier, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 133, Stand: Mai 2010, Rn. 28 m.w.N.).

5 Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge greift, soweit sie eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) durch aktenwidrige Feststellungen und Feststellungen ins Blaue hinein geltend macht und beanstandet, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt (§ 86 Abs. 1 VwGO), schon mangels substantiierter Darlegung der gerügten Verfahrensfehler nicht durch. Gleiches gilt für den Vortrag zur Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) durch Übergehen entscheidungserheblichen Vorbringens und sonstigen Prozessstoffs. Insoweit wird auf die Ausführungen in Randnummern 8 und 10 bis 15 des zitierten Beschlusses des Senats vom 2. September 2014 Bezug genommen. Eine Heilung der Darlegungsmängel durch das schriftsätzliche Vorbringen vom 9. Oktober 2014 ist wegen des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist ebenfalls nicht möglich.

6 Die weiteren Rügen, das Verwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz durch eine gegen die Denkgesetze verstoßende Beweiswürdigung verletzt und durch Missachtung der gerichtlichen Hinweispflicht gegen das Recht auf rechtliches Gehör verstoßen, sind unbegründet. Die mit der Beschwerdebegründung angegriffenen Schlussfolgerungen der Vorinstanz sind weder denklogisch schlechthin unmöglich noch objektiv willkürlich (vgl. Beschluss vom 2. September 2014 a.a.O. Rn. 9). Die bereits vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Klägerin musste nach ihrem eigenen, unter anderem auf strafrechtliche Vorwürfe gestützten Klagevorbringen auch ohne ausdrücklichen gerichtlichen Hinweis davon ausgehen, dass das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens für die verwaltungsgerichtliche Sachentscheidung erheblich sein konnte (vgl. Beschluss vom 2. September 2014 a.a.O. Rn. 13). Hinsichtlich beider Rügen rechtfertigen die näheren Erläuterungen der Klägerin im Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 keine abweichende Beurteilung. Sie beschränken sich darauf, die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz im Einzelnen zu kritisieren und deren revisionsrechtlich bindender Sachverhalts- und Beweiswürdigung die abweichende Sachdarstellung und Beweiswürdigung der Klägerin gegenüber zu stellen. Soweit dabei sinngemäß Mängel geltend gemacht werden, die nicht schon in der Beschwerdebegründung bezeichnet wurden, kommt es auf diese Beanstandungen wegen des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist nicht an.

7 Die angegriffene Entscheidung kann schließlich nicht auf dem gerügten Mangel der Beiladung der Erben der Frau Margot S. beruhen (vgl. Beschluss vom 2. September 2014 a.a.O. Rn. 16).

8 Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 beanstandet, der Senat habe zu Unrecht die materiell-rechtliche Rechtsauffassung und Rechtsanwendung der Vorinstanz bestätigt, unterstellt sie dem Beschluss vom 2. September 2014 eine Aussage, die dieser nicht trifft. Er hat nur das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin zum Gegenstand. Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 2 ZPO prüft er deshalb lediglich die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die von der prozessordnungsgemäßen Darlegung und dem Vorliegen von Revisionszulassungsgründen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO abhängen. Nur dazu verhält er sich auch.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

10 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 08.09.2015 -
BVerwG 8 B 3.15ECLI:DE:BVerwG:2015:080915B8B3.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.09.2015 - 8 B 3.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:080915B8B3.15.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 3.15

  • VG Leipzig - 19.06.2013 - AZ: VG 1 K 1156/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. September 2015
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Dr. Rublack
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin vom 21. Februar 2015 gegen den Beschluss des Senats vom 4. November 2014 - BVerwG 8 B 70.13 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge bleibt gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ohne Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob die am 23. Februar 2015 per Telefax eingegangene Rügeschrift die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO wahrt. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob der Vortrag zur verspäteten Kenntnis vom angegriffenen, bereits am 10. November 2014 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Post gegebenen und nicht als unzustellbar an das Gericht zurückgelangten Beschluss den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO genügt. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls nicht begründet, weil der angegriffene Beschluss den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

2 Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, rechtlich erhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168, 1509/89 und 638, 639/90 - BVerfGE 87, 363, 392 m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - 9 C 49.85 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 m.w.N. und vom 20. November 1995 - 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Nur wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei zu einer Frage, die nach seiner eigenen Einschätzung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, so lässt dies darauf schließen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat (Urteil vom 20. November 1995 a.a.O. S. 23 m.w.N.). Solche Umstände sind nicht zu erkennen.

3 Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Senat davon ausgegangen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil auf zwei jeweils selbständig tragenden Erwägungen beruht, sodass die Beschwerde nur Erfolg haben konnte, wenn bezüglich beider selbständig tragender Erwägungen ein Zulassungsgrund fristgerecht wirksam geltend gemacht wurde und vorlag. Dies hat der Senat verneint (vgl. Rn. 2 des angegriffenen Beschlusses). Seine Annahme, bezüglich der selbständig tragenden Erwägung der Verwirkung des vermögensrechtlichen Anspruchs sei kein Zulassungsgrund gegeben, beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör. Der Senat hat das Beschwerdevorbringen zu den rechtlichen wie zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Verwirkung berücksichtigt. Dabei ist er, entgegen dem Rügevorbringen, auch auf die materiell-rechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Annahme einer Verwirkung eingegangen. Einen Zulassungsgrund vermochte er insoweit nicht zu erkennen, weil weder die Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache noch an die Darlegung einer Divergenz fristgerecht erfüllt waren (vgl. Rn. 3 f. des angegriffenen Beschlusses und die in Rn. 3 in Bezug genommene Rn. 15 des im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschlusses vom 2. September 2014). Bei der Prüfung der Verfahrensrüge musste auf die materiell-rechtlichen Einwände nicht eingegangen werden, weil mit dieser Rüge nur Verstöße gegen Verfahrensnormen geltend zu machen sind. Dass eine nach § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO fristgerechte und ordnungsgemäß substantiierte Darlegung eines bestimmten Verfahrensverstoßes im Beschwerdeverfahren übersehen worden wäre, ist der Begründung der Anhörungsrüge nicht zu entnehmen. Ihr Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt weder gewürdigt noch Beweise erhoben, sondern die Voraussetzungen der Verwirkung unterstellt, rügt keine Gehörsverletzung im Beschwerdeverfahren, sondern (angebliche) Verfahrensmängel des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

4 Das Verneinen eines Revisionszulassungsgrundes bezüglich der Erwägung der Verwirkung hat danach Bestand. Da diese Erwägung das verwaltungsgerichtliche Urteil selbständig trägt, kommt es auf die Gehörsrügen bezüglich der zweiten, ebenfalls selbständig tragenden verwaltungsgerichtlichen Erwägung zur Rücknahme des vermögensrechtlichen Antrags nicht mehr an. Auch diesbezüglich ist im Übrigen der Vorwurf, wesentliches Beschwerdevorbringen der Klägerin sei übergangen worden, nicht berechtigt.

5 Der angegriffene Beschluss setzt sich mit dem Vorbringen gegen die verwaltungsgerichtliche Annahme einer wirksamen Rücknahmeerklärung auseinander und führt aus, dass auch insoweit keine fristgerecht substantiierte Grundsatz- oder Divergenzrüge erhoben wurde (vgl. Rn. 3 f. des angegriffenen Beschlusses und die in Rn. 3 in Bezug genommenen Rn. 3 bis 6 des Beschlusses vom 2. September 2014). Soweit die Klägerin zu Randnummer 5 des Beschlusses vom 2. September 2014 beanstandet, der Senat habe die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zur Unterzeichnung der Rücknahmeerklärung missverstanden und sehe sich zu Unrecht an unzutreffende Sachverhaltsannahmen gebunden, rügt sie keine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, sondern einen Verstoß gegen § 137 Abs. 2 VwGO. Ihr Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Frage der Blankounterzeichnung auf Seite 14 der Entscheidungsgründe seines Urteils offen gelassen, vernachlässigt außerdem die nachfolgenden Ausführungen auf Seite 16 f. des Urteils. Dort wird im Einzelnen erläutert, dass und weshalb das Verwaltungsgericht dem klägerischen Vortrag, die Unterschriften seien durch Täuschung erschlichen worden, nicht gefolgt ist. Die Frage, ob die Unterschriften blanko geleistet wurden, erklärt die Klägerin überdies selbst für unerheblich.

6 Aus dem Rügevorbringen ergibt sich schließlich nicht, dass der Senat bei der Behandlung der Verfahrensrügen bezüglich der Feststellungen zur Rücknahme (vgl. Rn. 5 f. des angegriffenen Beschlusses) nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin unberücksichtigt gelassen hätte. Mit ihrer Kritik an den in der Beschwerdeentscheidung ergänzend in Bezug genommenen Randnummern 9 bis 12 und 14 des vorangegangenen Beschlusses vom 2. September 2014 wiederholt sie im Wesentlichen ihre Angriffe gegen die verwaltungsgerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und trägt vor, der Senat hätte bei zutreffender Berücksichtigung des klägerischen Beschwerdevorbringens im Sinne der Klägerin entscheiden müssen. Dabei übersieht sie, dass der Prüfung von Verfahrensmängeln stets die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz zu Grunde zu legen ist und dass nur fristgerecht substantiierte Rügen zum Erfolg führen können. Das Beschwerdeverfahren hat keine umfassende Richtigkeitsprüfung der vorinstanzlichen Entscheidung zum Gegenstand, sondern nur die Klärung prozessordnungsgemäß geltend gemachter Revisionszulassungsgründe. Dass die Beschwerdeentscheidung bei der Würdigung des fristgerechten Vorbringens gegen das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu anderen als den von der Klägerin für richtig gehaltenen Ergebnissen gelangt, belegt kein Übergehen wesentlichen Beschwerdevortrags. Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet dazu, das klägerische Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen, nicht jedoch dazu, ihm auch zu folgen.

7 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.