Beschluss vom 04.09.2007 -
BVerwG 3 B 1.07ECLI:DE:BVerwG:2007:040907B3B1.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.09.2007 - 3 B 1.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:040907B3B1.07.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 1.07

  • VG Greifswald - 18.10.2006 - AZ: VG 5 A 266/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der KAM_NAM1 \* MERGEFORMAT 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. September 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 18. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin begehrt Rehabilitierung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG - wegen des Entzugs eines Seefahrtbuches und der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem VEB Deutsche Seereederei. Mit Bescheid vom 23. Februar 1999 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab; es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin Verfolgte im Sinne des BerRehaG sei, da sie wegen ihrer MfS-Tätigkeit von der Gewährung von Leistungen nach § 4 BerRehaG ausgeschlossen sei. Auf den gerichtlichen Hinweis, wonach eine Feststellung zur Verfolgteneigenschaft auch bei Vorliegen von Ausschließungsgründen erforderlich sei, hob der Beklagte mit Bescheid vom 23. Juli 2004 den Bescheid vom 23. Februar 1999 auf, lehnte die Rehabilitierungsanträge der Klägerin jedoch dennoch ab. Trotz umfangreicher Recherchen hätten sich keine hinreichenden Hinweise darauf ergeben, dass der Klägerin das Seefahrtbuch aus politischen Gründen oder willkürlich entzogen worden sei. Sie sei auch nicht aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verwaltungsentscheidung an der Ausübung des Berufs als Obersteward (-ess) noch eines sozial gleichwertigen Berufs gehindert gewesen, so dass sie auch nicht Verfolgte im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG sei. Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Bescheid vom 23. Juli 2004 gerichtete Klage abgewiesen, da die Entziehung des Seefahrtbuches und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht auf einer politischen Verfolgung beruht hätten.

2 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2006 bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.), noch liegt ein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 3 VwGO vor, auf dem das Urteil beruht (2.).

3 1. a) Die Klägerin hält zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein ehemaliger Mitarbeiter des MfS von dem Schutzbereich des § 1 Abs. 2 VwRehaG erfasst wird. Die Klärung dieser Frage bedarf schon deswegen keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil die Antwort auf der Hand liegt. Im Gesetz ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, wonach es auf ehemalige Mitarbeiter des MfS nicht anwendbar sein sollte. Das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz trennt allerdings, wie das Berufliche Rehabilitierungsgesetz und zahlreiche andere Rehabilitierungsgesetze, zwischen der Rehabilitierung an sich und der grundsätzlich daraus folgenden sozialen Ausgleichsleistung. So sind nach § 2 Abs. 2 VwRehaG, ähnlich wie etwa nach § 4 BerRehaG, Folgeansprüche ausgeschlossen, wenn der Berechtigte oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. Diese Voraussetzungen können bei einem ehemaligen Mitarbeiter des MfS vorliegen, so dass dann Folgeansprüche ausgeschlossen sein können. Dementsprechend zielt wohl auch der ergänzende, hier aber irrelevante, Vortrag der Klägerin in diese Richtung. So soll offenbar dargelegt werden, dass ihre Tätigkeit für das MfS nicht gegen die Grundsätze der Menschlichkeit verstieß, da sie lediglich dem Zweck gedient habe, das Berufziel Seefahrt zu verwirklichen. Ein Umkehrschluss aus der Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 2 VwRehaG belegt freilich zusätzlich, dass auch ein ehemaliger Mitarbeiter des MfS grundsätzlich vom Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz erfasst wird.

4 b) Es ist aus Sicht der Klägerin weiterhin von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Entziehung des Seefahrtbuches eine nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zu überprüfende Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 1 VwRehaG darstellt. Auch mit diesem Vortrag wirft die Klägerin keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, die sich mit der Auslegung des § 1 VwRehaG befasst. Vielmehr stellt sie eine Frage, die dem Bereich der Tatsachenfeststellung zuzuordnen ist. Ob die Entziehung des Seefahrtbuches eine Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 2 VwRehaG darstellt, kann nur einzelfallbezogen beantwortet werden. Wenn die Tatsacheninstanz auf weitere Feststellungen einzelner Tatbestandsmerkmale einer Norm verzichtet, weil sie festgestellt hat, dass weitere Tatbestandsmerkmale dieser Norm nicht vorliegen, begründet dies zudem schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung, weil es auf die Klärung der aufgeworfenen Frage nicht ankommt.

5 2. Soweit die Klägerin die Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO rügt, weil das Gericht nicht jedwede Beweiserhebung durchgeführt habe, um das Vorliegen der von dem Beklagten aufgeführten Differenzen aufzuklären, rechtfertigt dies nicht die Annahme eines Verfahrensfehlers. Zunächst scheitert die Aufklärungsrüge bereits daran, dass von einer anwaltlich vertretenen Partei im Allgemeinen - so auch hier - erwartet werden kann, dass eine von ihr für notwendig erachtete Sachaufklärung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt wird. Wenn der Anwalt dies versäumt hat, kann sein Mandant eine mangelnde Sachaufklärung nicht mehr erfolgreich rügen (vgl. z.B. Urteil vom 27. Juli 1983 - BVerwG 9 C 541.82 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 146). Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2006 keine Beweisanträge gestellt. Das Gericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die Situation, in der sich die Klägerin seinerzeit befand, ausführlich behandelt. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich dem Gericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen.

6 Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.